Drucksache - 2398/IV  

 
 
Betreff: Prüfkriterien für die Umsetzung der sozialen Erhaltungsverordnung in den Erhaltungsgebieten nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB in Mitte
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion Bündnis 90/Die GrünenBezirksamt Mitte von Berlin
Verfasser:Briest Urbatsch Bertermann und die übrigen Mitglieder der Fraktion 
Drucksache-Art:DringlichkeitsantragVorlage zur Kenntnisnahme
Beratungsfolge:
BVV Mitte von Berlin Entscheidung
19.11.2015 
44. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin ohne Änderungen in der BVV beschlossen   
BVV Mitte von Berlin Entscheidung
17.03.2016 
48. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin      

Sachverhalt
Anlagen:
1. Dringlichkeitsantrag
2. Beschluss
3. VzK vom 03.03.2016
4. Schlussbericht

 

Wir bitten zur Kenntnis zu nehmen:

 

 

(Text siehe Rückseite)


Bezirksamt Mitte von Berlin                                          Datum:   .01.2016

Abt. Stadtentwicklung, Bauen, Wirtschaft und OrdnungTel.: 44600

 

 

BezirksverordnetenversammlungDrucksache Nr.

Mitte von Berlin2398/IV

 

Vorlage - zur Kenntnisnahme

über

Prüfkriterien für die Umsetzung der sozialen Erhaltungsverordnung in den Erhal-tungsgebieten nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB in Mitte

Wir bitten, zur Kenntnis zu nehmen:

Die Bezirksverordnetenversammlung hat in ihrer Sitzung am 19.11.2015 folgendes Ersuchen an das Bezirksamt beschlossen (Drucksache Nr. 2398/IV):

 

Das Bezirksamt wird ersucht, im Rahmen der Präsentation der Ergebnisse der vertiefenden Untersuchungen für die Verdachtsgebiete für die Voraussetzungen zum Erlass sozialen Erhaltungsverordnung in den Erhaltungsgebieten nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB in Mitte beglich möglicher Prüfkriterien für die Umsetzung der sozialen Erhaltungsverordnungen in den zukünftigen Erhaltungsgebieten Folgendes darzustellen:

 

1.Welche Prüfkriterien für die Umsetzung der sozialen Erhaltungsverordnung in den Erhaltungsgebieten nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB werden in den Berliner Bezirken, die diesbezügliche Erhaltungssatzungen beschlossen haben, angewandt?

2.Welche der unter 1. genannten Prüfkriterien sollen warum in den potentiellen Erhaltungsgebieten in Mitte zur Anwendung kommen?

3.Welche Prüfkriterien sollen nicht in den potentiellen Erhaltungsgebieten in Mitte zur Anwendung kommen und warum nicht?

 

 

Das Bezirksamt hat am   02.02.2016 beschlossen, der Bezirksverordnetenversammlung dazu Nachfolgendes als Schlussbericht zur Kenntnis zu bringen.

Zu 1.

Das Baugesetzbuch regelt im „Besonderes Städtebaurecht“ mit dem § 172 die „Erhaltung baulicher Anlagen und die Eigenart von Gebieten. Damit kann der Bezirk durch den Erlass einer Rechtsverordnung, nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Gebiete festlegen, in denen die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung erhalten und die Bewohner vor Verdrängungen geschützt werden sollen. Die soziale Erhaltungsverordnung regelt, dass der Rückbau, die Änderung oder die Nutzungsänderung baulicher Anlagen der Genehmigung bedürfen.

Das bedeutet, dass genehmigungspflichtige Vorhaben grundsätzlich erlaubt bleiben, jedoch einer konkreten Prüfung durch das Bezirksamt bedürfen, um die von ihnen ausgehende Gefährdung für das Erhaltungsziel zu bestimmen. Damit sind z. B. bauliche Maßnahmen, die zur Herstellung des zeitgemäßen Ausstattungszustandes einer durchschnittlichen Wohnung unter Becksichtigung der bauordnungsrechtlichen Mindestanforderungen beantragt werden, grundsätzlich erst einmal zu genehmigen (gemäß § 172 Abs. 4 Satz 3 Nummer 1 BauGB), da eine soziale Erhaltungsverordnung nicht dazu dient einen baulichen Substandard im Gebiet zu konservieren oder als ein Instrument des individuellen Mieterschutzes fungiert.
- 2

r die Überprüfung der genehmigungspflichtigen Vorhaben im Rahmen von sozialen Erhaltungssatzungen werden in den Berliner Bezirken unterschiedliche Prüfverfahren durchgeführt, je nach Zielsetzung der jeweiligen Bezirke, aufgrund von unterschiedlichen Strukturen der Gebiete und Anwendungen der Satzungen. Alle Verfahren haben zum Ziel, den Wohnungsbestand grundsätzlich zu erhalten, indem Abriss oder Umnutzung sowie Grundrissänderungen, insbesondere die Zusammenlegung von Wohneinheiten, verhindert werden.

Die Bezirke Pankow, Friedrichshain- Kreuzberg und Tempelhof- Schöneberg wenden zur Überprüfung der genehmigungspflichtigen Vorhaben einen pauschal für alle Anträge entwickelten Kriterienkatalog an. Darunter llt u.a. die generelle Versagung von Fußbodenheizungen, Panoramafenster, Zweitbalkone oder die Schaffung besonders großgiger Wohnungsgrundrisse durch Zusammenlegung von Wohnungen sowie das Errichten bzw. Entfernen von nicht aussteifenden Bauteilen. Auch Nutzungsänderungen, durch die dem Gebiet Wohnraum entzogen wird, sind in der Regel nicht genehmigungsfähig. Genehmigungsfähig sind hingegen z. B. der Einbau von Erstbalkonen bis 4 m², die Schaffung zusätzlichen Wohnraums oder Maßnahmen, durch die eine Grundausstattung mit Sanir-,Frischwasser-, Abwasser- sowie Elektroinstallationen gesichert wird. Einer Einzelfallprüfung unterliegt unter anderem der Ein- bzw. Anbau von Aufzügen, Fassadendämmungen oder Wohnungsteilungen (genaue Angaben zu den einzelnen Kriterien der einzelnen sozialen Erhaltungsgebiete der einzelnen Bezirke sind dem Amtsblatt, bei der Bekanntmachung der Rechtsverordnung, zu entnehmen).

r den Bezirk Mitte haben die Gutachter der vertiefenden Untersuchungen von einem pauschalen Kriterienkatalog abgesehen und empfohlen jeden Antrag als einen Einzelfall zu prüfen. Die Prüfkriterien, die den sozialen Erhaltungssatzungen zugrunde gelegt werden, sollten im besten Fall ermessensleitende Kriterien sein, die dafür sorgen, dass das Ermessen gleichmäßig ausgeübt wird. Prüfkriterien sind gebietsspezifisch und sollten sich direkt aus der Untersuchung des Bestands ergeben.

 

Zu 2. und 3.

Im Rahmen der vertiefenden Untersuchung haben die Gutachter neben der Empfehlung der Festsetzung von sozialen Erhaltungsgebieten auch gleichzeitig eine Empfehlung für ein rechtssicheres, durchsetzbares und wirkungsstarkes Prüfschema vorgegeben. Der Bezirk Mitte wird nach dem Erlass von sozialen Erhaltungsgebieten, dieses Prüfschema entsprechend anwenden, um den Erhaltungszielen gerecht zu werden.

Die vertiefenden Untersuchungen der Gebiete haben ergeben, dass sich die meisten Wohnungen bereits in einem zeitgemäßen Ausstattungsstandard befinden, sodass in diesem Fall keine besonderen Spielräume bezüglich der Herstellung zeitgemäßer Ausstattungsstandards gemäß Berliner Mietenspiegel gegeben sind. Die Gutachter haben im Ergebnis keine Ausstattungsmerkmale identifiziert, die in den neuen sozialen Erhaltungsgebieten zu einer besonderen Aufwertung und damit Verdrängung führennnten. Somit werden r die neuen Erhaltungsgebiete keine Prüfkriterien in Bezug auf bestimmte Ausstattungsmerkmale der Wohnungen empfohlen.

Eine Verdrängungsgefahr für die angestammte Bevölkerung ergibt sich insbesondere aus Umwandlungen und Verkäufen sowie einer Veränderung des Wohnungsschlüssels. Die Untersuchungsgebiete weisen einen relativ hohen Anteil kleiner Wohnungen auf, was mit einem hohen Anteil kleiner Haushalte korrespondiert. Die Umwandlung und Zusammenlegung dieses kleinteiligen Wohnungsbestandes würde trotz hoher Gebietsbindung zu einer Verdrängung kleiner und einkommensschwacher Haushalte führen. Durch die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen würde damit dem Wohnungsmarkt ein wichtiger Teil des bezahlbaren Wohnraums entzogen, der zur Versorgung insbesondere von Haushalten mit geringen Einkommen und Transferleistungsbezug benötigt wird.

Daher wird das Bezirksamt folgende Veränderungen des Wohnraumes im Bestand, die eine Verknappung von geeignetem Wohnraum für die angestammte Bevölkerung im Gebiet zur Folge habennnen, zukünftig im Einzelfall prüfen und ggf. versagen:


- 3 -

  • Modernisierungsmaßnahmen
  • Abriss von Wohnungen
  • Zusammenlegung von Wohnungen
  • Nutzungsänderungen von Wohnraum in Gewerbe
  • Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen.

 

Um sicherzustellen, dass etwaige Mietsteigerungen nach Modernisierung moderat ausfallen, wird sich das Bezirksamt bei der Prüfung der Anträge an den kiezspezifischen Mietspiegel, den die Gutachter r die einzelnen sozialen Erhaltungsgebiete erstellt haben, orientieren. Nach Modernisierungsabschluss kann eine Mieterhöhung nach § 558 BGB grundsätzlich frühestens nach 12 Monaten erfolgen. Hiermit haben die Gutachter ein durchsetzbares und rechtssicheres Kriterium entwickeltet, welches auch vom Gericht als Hilfsindikator zur Orientierung anerkannt wurde.

A) Rechtsgrundlage:

 

§ 13 i.V. mit § 36 BezVG

 

B) Auswirkungen auf den Haushaltplan und die Finanzplanung:

 

a. Auswirkungen auf Einnahmen und Ausgaben:

 

b. Personalwirtschaftliche Ausgaben:

 

Mit Erlass der neuen sozialen Erhaltungsgebiete entsteht ein Stellenbedarf von               2,5 Stellen. Diese wurden mit der Stellenplananmeldung 2016/2017 bereits beantragt.

 

 

Berlin, den

 

 

 

 

Bezirksbürgermeister Dr. HankeBezirksstadtrat Spallek

 

 
 

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