Drucksache - 1513/IV  

 
 
Betreff: Parken von Elektro-Fahrzeugen in Mitte
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion der SPDBezirksamt Mitte von Berlin
Verfasser:Matischok-Yesilcimen Draeger Fraktion die Linke Schrader 
Drucksache-Art:AntragVorlage zur Kenntnisnahme
   Beteiligt:Fraktion DIE LINKE
   Fraktion der CDU
Beratungsfolge:
BVV Mitte von Berlin Entscheidung
19.06.2014 
31. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin ohne Änderungen in der BVV beschlossen   
BVV Mitte von Berlin Entscheidung
21.05.2015 
40. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin mit Abschlussbericht zur Kenntnis genommen   

Sachverhalt
Anlagen:
1. Antrag vom 10.06.2014
2. Beschluss
3. VzK vom 05.05.2015
4.Schlussbericht

Wir bitten zur Kenntnis zu nehmen:

 

 

(Text siehe Rückseite)


Bezirksamt Mitte von Berlin                                                                                                                  .04.2015

Abt. Stadtentwicklung, Bauen, Wirtschaft und Ordnung                                                            44600

 

Bezirksverordnetenversammlung                                                                                    Drucksache-Nr.

Mitte von Berlin                                                                                                                             

 

Vorlage - zur Kenntnisnahme

 

über Parken von Elektrofahrzeugen in Mitte

 

Die Bezirksverordnetenversammlung hat in ihrer Sitzung am 19.06.2014 folgendes Ersuchen an das Bezirksamt beschlossen (Drucksache Nr. 1513/IV):

 

Das Bezirksamt wird ersucht, zu prüfen, welche Möglichkeiten es gibt, für privat genutzte Elektrofahrzeuge im Bezirk Mitte in Gebieten mit Parkraumbewirtschaftung das kostenlose bzw. kostenreduzierte Parken zu gestatten, z.B. an Ladestationen.

Dabei sollte auch die Umsetzung bedacht werden: ob mit speziellen Parkvignetten für Elektro-Fahrzeuge oder mit anderen Mitteln.

Um das Ziel "E-City Berlin" zu untermauern, könnte das auch zunächst ein zeitlich limitiertes Angebot sein, um die finanziellen Auswirkungen auf das Einnahmeergebnis für Parkraumbewirtschaftung zu testen.

Der BVV ist bis 18.09.2014 zu berichten.

 

 

Das Bezirksamt hat am 28.04.2015 beschlossen, der Bezirksverordnetenversammlung dazu Nachfolgendes als Schlussbericht zur Kenntnis zu bringen.

 

Die Beantwortung des BVV-Beschlusses setzt die Prüfung voraus, inwieweit der Bezirk Mitte ermächtigt und grundsätzlich rechtlich in der Lage wäre, privat genutzte Elektrofahrzeuge das pilothafte, also zeitlich begrenzte, kostenfreie bzw. kostenreduzierte Parken innerhalb der Parkraumbewirtschaftungszone zu ermöglichen.

 

Dabei sind die Vorschriften der Straßenverkehrsordnung heranzuziehen, die auch Rechtsgrundlage der Errichtung der Parkraumbewirtschaftungszonen sind.

Nach § 45 Abs. 1 der Straßenverkehrsordnung (StVO) können die Straßenverkehrsbehörden die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten.
Nach § 45 Abs. 1 b Ziffer 2a StVO treffen die Straßenverkehrsbehörden auch die notwendigen Anordnungen im Zusammenhang mit der Kennzeichnung von Parkmöglichkeiten für Bewohner städtischer Quartiere mit erheblichem Parkraummangel durch vollständige oder zeitlich beschränkte Reservierung des Parkraums für die Berechtigten oder durch Anordnung der Freistellung von angeordneten Parkraumbewirtschaftungsmaßnahmen.
Nach § 45 Abs. 1b Ziffer 5 StVO können dies auch Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm und Abgasen oder zur Unterstützung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung sein.
Dabei ordnen die Straßenverkehrsbehörden die Parkmöglichkeiten für Bewohner, die Kennzeichnung von Fußgängerbereichen, verkehrsberuhigten Bereichen und Maßnahmen zum Schutze der Bevölkerung vor Lärm und Abgasen oder zur Unterstützung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung im Einvernehmen mit der Gemeinde an.

Mit Beschluss der BVV Mitte wurde 2007 im Bezirk die Umsetzung des "Gesamtkonzeptes Parkraumbewirtschaftung im Bezirk Mitte von Berlin" beschlossen. Damit wurden Modifizierungen in den bestehenden Parkzonen vorgenommen und der Bedarf zur Einführung weiterer Parkzonen festgestellt.
 

                                                                                   

Der Bezirk ging dabei davon aus, dass durch den erheblichen Parkplatzmangel erhöhter Parkplatzsuchverkehr entsteht und die Lärm- und Umweltbelastungen drastisch zunehmen. Als positive Aspekte wurden die Verdrängung der Langzeitparker und Berufspendler, mehr Parkmöglichkeiten für Kunden und Bewohner und eine Verdrängung des Parksuchverkehrs genannt.

Nach der StVO gibt es für einige Nutzerinnen und Nutzer der Parkplätze in Bereichen der Parkraumbewirtschaftung Ausnahmen. Diese sind in der StVO bzw. in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung (VwV-StVO) zu § 45 StVO geregelt. Z.B. sind Zusatzbeschilderungen möglich, die Anwohnerinnen und Anwohner der betroffenen Quartiere sowie Menschen mit besonderen gesundheitlichen Einschränkungen beim Parken privilegieren.

Ein besonderer Ermessensspielraum bzw. Ausnahmetatbestände, die für voll elektrisch fahrende Kraftfahrzeuge genutzt werden könnten, sind nicht vorgesehen.

Eine Änderung der StVO bzw. der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung wäre dafür erforderlich.

Die Straßenverkehrsordnung ist eine Rechtsverordnung zur Regelung des Straßenverkehrs. Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung ist durch § 6 des Straßenverkehrs-gesetzes ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates diese Rechtsverordnungen (hier die StVO) zu erlassen. Um die StVO durch eine spezielle Regelung für E-Fahrzeuge zu ergänzen, wäre dies über das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung durch Änderung der StVO möglich.

Eine bezirkliche "Allein"-Regelung zu Gunsten von Elektrofahrzeugen würde einer verwaltungsgerichtlichen Prüfung nicht standhalten.

Eine Nachfrage zum "kostenfreien Parken für reine Elektroautos" bei der zuständigen Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt hat eine ablehnende Haltung aufgezeigt. Es wurde wie folgt geantwortet:
"Es gibt nach der derzeitigen bundeseinheitlichen Rechtslage keine Privilegierungsmöglichkeiten für Elektrofahrzeuge bzw. von schadstoffarmen Fahrzeugen generell hinsichtlich der Parkgebühren.
Maßgeblich für die Erhebung von Parkgebühren ist § 6a Abs. 6 Straßenverkehrsgesetz (StVG). Nach der Gesetzesbegründung kommt es bei der Festsetzung von Parkgebühren auf die örtlichen Verkehrsverhältnisse an. Im Übrigen handelt es sich um Benutzungsgebühren des Straßenlands. Hierbei sind das Äquivalenzprinzip und der Gleichheitsgrundsatz zu berücksichtigen. Es ist also auf den Wert des Parkraumes und nicht auf die Antriebsart abzustellen.
Damit ist ein Parkgebührenerlass auf normalen parkraumbewirtschafteten Parkflächen (also nicht auf angeordneten Ladeparkplätzen) rechtlich nicht möglich, auch nicht als Pilotprojekt."

Die Senatsverwaltung sieht bei einer kostenfreien oder kostenreduzierten Parkmöglichkeit für Elektroautos die Festsetzung der eigentlichen Parkraumgebühren, das Äquivalenzprinzip und den Gleichbehandlungsgrundsatz des Grundgesetzes als verletzt an.

Zentrale Ermächtigungsgrundlage für die Erhebung von Gebühren ist das Gesetz über Gebühren und Auslagen des Bundes (Bundesgebührengesetz [BGebG]). Das Gesetz regelt die Erhebung von Verwaltungsgebühren und Auslagen im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Verwaltungstätigkeit der Behörden.

Nach § 9 Abs.4 BGebG kann aus Gründen des öffentlichen Interesses oder der Billigkeit eine niedrigere Gebühr als die in den Absätzen 1 bis 3 vorgesehene Gebühr oder eine Gebührenbefreiung bestimmt werden.

 


Bei der Erhebung von Gebühren müssen die Behörden bestimmte Grundsätze (Gebührengrundsätze) beachten. Das Äquivalenzprinzip fordert, dass die Gebühr in einem angemessenen Verhältnis zum Wert der Leistung steht.
 

Ob Fahrzeuge mit elektromobilem Antrieb durch die schadstofffreie Nutzung der Innenstadtbereiche einen erheblichen (durchaus messbaren) Wert darstellen würden, steht derzeit nicht fest. Ein diesbezügliches Pilotprojekt könnte im begründbaren öffentlichen Interesse liegen. Eine auch im Bundes-, Landes- und Bezirksinteresse liegende Untersuchung obläge der zuständigen Senatsverwaltung.

 

Nach § 9 Abs. 4 BGebG könnte durch angemessene Begründung dieses öffentlichen Interesses eine Gebührenreduzierung von Elektrofahrzeugen im Rahmen eines zeitlich begrenzten Pilotprojektes erfolgen, auch ohne dem Äquivalenzprinzip zu widersprechen, da der öffentliche Nutzen eine Aussetzung der Gebühren angemessen erscheinen lassen könnten.

me SenStadtUm zu der Auffassung, ein öffentliches Interesse ausreichend begründen zu können, müssten dennoch auch die grundgesetzlichen Einschränkungen des Art. 3 GG (Gleichbehandlungsgrundsatz) beachtet werden.

 

Da diese rechtlichen Probleme nicht nur in Berlin, sondern auch in anderen Bundesländern signifikant den Einsatz von Elektromobilität hemmen und initiativ werdenden Kommunen keine klaren rechtlichen Spielräume einräumen oder Rechtssicherheit vermitteln, wurde von der Bundesregierung im September 2014 das Gesetz zur Bevorrechtigung der Verwendung von elektrisch betriebenen Fahrzeugen (EmoG) beschlossen.
 

Das neue Elektromobilitätsgesetz soll im Frühjahr 2015 in Kraft treten.

Nach dem Gesetzesentwurf soll es möglich werden, Regelungen zur Förderung der Elektromobilität zu schaffen, die das Reservieren von Parkflächen für Elektrofahrzeuge ermöglichen. Ebenso sind Ermäßigungen oder Befreiungen beim Erheben von Gebühren für das Parken auf öffentlichen Straßen oder Wegen für elektrisch betriebene Fahrzeuge vorgesehen.

 

Ziel dieses Gesetzes soll die Förderung einer nachhaltigen umwelt- und klimafreundlichen Mobilität sein.

 

Wie sich das Land Berlin ab Inkrafttreten des Gesetzes zur Förderung von Elektromobilität verhalten wird, ist noch nicht bekannt. Im Rahmen der Eröffnungsrede zum Moabiter Energietag im September 2014 wurde von Herrn StS Gaebler eine ablehnende Haltung zum freien oder kostenreduzierten Parken formuliert.
 

In der Drucksache 18/298 des Gesetzentwurfes des Bundesrates vom 15.1.2014 heißt es:

"Das Straßenverkehrsgesetz (StVG) enthält bisher keine klaren Ermächtigungsgrundlagen, die eine rechtssichere Regelung von Parkvorrechten und Parkgebührenbefreiungen für Elektrofahrzeuge und andere besonders emissionsarme Kraftfahrzeuge im öffentlichen Verkehrsraum ermöglichen. Dies führt zu Rechtsunsicherheit in den Ländern, die sich beim Gesetzesvollzug nachteilig auf die Förderung der Elektromobilität auswirkt."

 

In der Gesetzesbegründung formuliert also auch der Bundesrat das Problem des Bezirks zur Umsetzung des Pilotprojektes.

Obwohl ein öffentliches Interesse eventuell begründbar wäre, besteht Rechtsunsicherheit.

 

Es bleibt demnach abzuwarten, ob und wenn welche Regelungsmöglichkeit der Senat aufgrund des Elektromobilitätsgesetzes umsetzt und wie mit den Gebührenmindereinnahmen bei einer generellen Berlin weiten Regelung umgegangen wird.

 

 

 

A)              Rechtsgrundlage:

 

              § 13 i.V. mit § 36 BezVG

 

 

B)              Auswirkungen auf den Haushaltplan und die Finanzplanung:

 

a)               Auswirkungen auf Einnahmen und Ausgaben:

                            Keine

 

b)               Personalwirtschaftliche Auswirkungen:
              Keine, weil kein zusätzliches Personal benötigt wird.

 

 

 

 

Berlin, den

 

 

 

Bezirksbürgermeister Dr. Hanke                                          Bezirksstadtrat Spallek

 

 

 
 

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