Drucksache - 1261/IV  

 
 
Betreff: Jedem Jugendlichen eine Ausbildungschance
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion Bündnis 90/Die GrünenBezirksamt Mitte von Berlin
Verfasser:Briest Urbatsch Fraktion die Linke Urchs 
Drucksache-Art:DringlichkeitsantragVorlage zur Kenntnisnahme
   Beteiligt:Fraktion DIE LINKE
Beratungsfolge:
BVV Mitte von Berlin Entscheidung
23.01.2014 
27.öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin ohne Änderungen in der BVV beschlossen   
BVV Mitte von Berlin Entscheidung
19.02.2015 
37. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin mit Abschlussbericht zur Kenntnis genommen   

Sachverhalt
Anlagen:
1. Dringlichkeitsantrag
2. Beschluss
3. VzK vom 15.01.2015
4. Anlage 1
5. Anlage 2
6. Anlage 3
7. VzK vom 09.02.2015
8. Anlage 1
9. Anlage 2
10. Anlage 3
11. VzK vom 19.02.2015

Die Bezirksverordnetenversammlung möge beschließen:

Wir bitten um Kenntnisnahme

 

 

(Text siehe Rückseite)


Bezirksamt Mitte von Berlin

                                                    07.01.2015

Abt. Soziales und Bürgerdienste

                                                    (918)42660

 

 

 

 

 

Bezirksverordnetenversammlung

Mitte von Berlin

                                Drucksache Nr. 1261/IV

 

 

 

 

 

 

Vorlage - zur Kenntnisnahme  -

 

über  " Jedem Jugendlichen eine Ausbildungschance "

 

Wir bitten, zur Kenntnis zu nehmen:

 

Die Bezirksverordnetenversammlung hat in ihrer Sitzung am  23.01.2014 folgendes Ersuchen an das Bezirksamt beschlossen (Drucksache Nr. 1261/IV):

 

"Das Bezirksamt wird ersucht, in Zusammenarbeit mit der Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen sicherzustellen, dass alle Jugendlichen in Mitte eine Ausbildungschance erhalten. Sollte es absehbar nicht gelingen, die ausbildungsfähigen Jugendlichen in ein betriebliches Ausbildungsverhältnis oder in eine geförderte Ausbildung in einen Betrieb zu integrieren, so sollen diese Jugendlichen die Möglichkeit zu einer integrativen Ausbildung bei einem Ausbildungsträger erhalten. Dies gilt insbesondere für die Jugendlichen, bei denen ein Jugendhilfebedarf vom Jugendamt festgestellt wurde. Dabei ist anzustreben, dass sich bei der integrativen Ausbildung der Anteil der erfolgreichen  Ausbildungsabschlüsse durch mehr Praxisnähe erhöht und die Wechselquote von einer Trägerausbildung in eine betriebliche Ausbildung verbessert. Der Senat und die Agentur für Arbeit sind in ihren Bemühungen zu unterstützen, die Unternehmen und Betriebe stärker für die Ausbildung auch von Jugendlichen mit erhöhtem Bildungs- und Entwicklungsbedarf in die Verantwortung zu nehmen."

 

Das Bezirksamt hat am 13.01.2015 beschlossen, der Bezirksverordnetenversammlung dazu Nachfolgendes als Schlussbericht zur Kenntnis zu bringen:

 

 

Das Projekt MiA (Mitte in Ausbildung) ist Teil eines mehrstufigen Förderkonzepts, um auch jungen Menschen mit erhöhtem sozialpädagogischen Unterstützungsbedarf die Integration in berufliche Bildung, Ausbildung und in den ersten Arbeitsmarkt zu ermöglichen und dadurch die Gefahr einer lebenslangen Abhängigkeit von Transferleistungen zu beseitigen.

Mit dieser Zielsetzung haben im November 2009 die Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Berlin Mitte, Frau Dr. Schröder, und der Stadtrat für Jugend und Finanzen des Bezirksamts Mitte, Herr Fritsch einer aus dem Jobcenter, dem Jugendamt und der Schulaufsicht bestehenden Arbeitsgruppe den Auftrag erteilt, ein mehrstufiges Förderkonzeptes für benachteiligte junge Menschen im Bezirk Mitte zu erarbeiten. (Anlage 1)

Das erarbeitete Förderkonzept und der dafür notwendige rechtliche Rahmen wurden in den Sitzungen der Trägervertretung am 4.03.2010 und 25.08.2010 ausführlich diskutiert. In der Sitzung der Trägervertretung am 2.07.2010 wurde das Jobcenter beauftragt, mit dem Jugendamt des Bezirksamtes Mitte eine Kooperationsvereinbarung zu erarbeiten. (Anlage 2)

Am 16.03.2011 wurde zwischen dem Geschäftsführer des Jobcenters, Herrn Dr. Günther, und der für Jugend, Schule und Sport zuständigen Bezirksstadträtin, Frau Schrader, diese Kooperationsvereinbarung unterzeichnet (Anlage 3).

Im April 2011 wurde durch das Bezirksamt Mitte/Abt. Jugend, Schule und Sport auf Basis der getroffenen Vereinbarungen ein öffentliches Interessenbekundungsverfahren für das Projekt MiA mit Start September 2011 ausgeschrieben.

Es wurde ein Trägerkonsortium von 7 Jugendberufshilfeträgern ausgewählt, die 22 Berufsbilder anboten.

Im Januar 2012 stellte die Agentur für Arbeit die Rechtmäßigkeit von MiA in Frage und veranlasste das Jobcenter, die Maßnahme zu stoppen. Auf Intervention des Bezirksamts und seiner unmissverständlichen Hinweise auf die bestehenden vertraglichen Vereinbarungen sowie mögliche Regressforderungen konnte die Maßnahme wie ursprünglich geplant mit 36 TN fortgesetzt werden. Nachbesetzungen wurden ermöglicht, es sollte aber keine Verlängerung der Maßnahme geben.

Stattdessen kam es im Sommer 2012 zu einer regulären Ausschreibung einer integrativen BaE über das Regionale Einkaufszentrum (REZ) der Arbeitsagentur mit der Möglichkeit einer zweimaligen Verlängerung um jeweils ein Jahr.

Damit veränderten sich die Rahmenbedingungen des Projektes deutlich:

Charakteristika der ursprünglichen Regelungen:

  • Trägerauswahl erfolgte über ein IBV durchgeführt von Jug
  • § 5 SGB VIII - Wunsch- und Wahlrecht (bezogen auf Berufsbild und durchführenden Träger) der jungen Menschen kann deshalb angewandt werden
  • Fehlzeitenkonzept kann individuell pro Klient angewandt werden
  • Jug erhielt vom JCBM einen Zuwendungsbescheid über die Kofinanzierung
  • Tger wurden von Jug bezahlt - Verrechnung erfolgte zwischen den Rechtskreisen II und VIII
  • Finanzierung erfolgte bezogen auf die Trägerkosten, die Ausbildungsvergütung und den SV Beitrag zu 54 % Jug - 46 % JCBM
  • Federführung lag bei Jug              ?Jugendhilferelevante Kriterien konnten einfließen

?Zielgruppe war weiter/großzügiger definiert
 

?    Dokumentationsaufwand für die Träger geringer, mehr Zeit für Klienten

 

  • Zuweisung in die Maßnahme erfolgte durch das SGB II, nachdem sich das JC und Jug über die Teilnehmer abgestimmt hatten
  • Kooperation der operativen Ebene auf Augenhöhe

 

Veränderte Regelungen durch Ausschreibungen des REZ

  • eingeschränktere Zielgruppe
  • Zugang zu einer integrativen BaE ist hochschwelliger, es gilt die Definition der Ausbildungsreife der Agentur für Arbeit
  • hoher Dokumentationsaufwand für die Träger, da diese beide Systeme parallel bedienen müssen
  • doppelter Abrechnungsaufwand für die Träger jeweils mit SGB II und SGB VIII
  • Kooperationsprojekt konnte nur mit "Glück" weiter umgesetzt werden, da ein Träger der Jugendhilfe die Ausschreibung "gewonnen" hat, sonst wäre eine Mitwirkung durch Jug nicht möglich gewesen
  • reduzierte Auswahl an Berufsbildern durch Vorgaben des REZ
  • Vorgegebene Platzzahl in den Berufsbildern, Umwidmungen nur in begrenzter Anzahl möglich ? d.h. junge Menschen konnten teilweise in MiA nicht "untergebracht" werden
  • Abstimmung bei der Aufnahme von jungen Menschen in das Projekt gestaltet sich auf "Augenhöhe" zunehmend schwieriger
  • Haltung der Agentur: "es ist eine integrative BaE - zu einer Einndung muss Jug nicht zustimmen", Abstimmung zwischen JCBM und Jug erfolgt sozusagen auf freiwilliger Basis des Fallmanagements
  • Jugendhilfekriterien können nur noch schwer Anwendung finden
  • auch nichtbesetzte Plätze müssen durch das SGB II finanziert werden

 

Zum Ausbildungsjahr 2014/2015 musste das Jobcenter entscheiden, ob die Möglichkeit der einjährigen Verlängerung des Projektes genutzt wird. Entsprechende Planungen wurden von der Regionaldirektion der Arbeitsagentur unterbunden, da in Abstimmung mit der Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen ab diesem Zeitpunkt auf geförderte Ausbildungen bei Trägern (BaE integrativ) grundsätzlich verzichtet werden sollte.

Bemühungen des Jobcenters, für das Projekt MiA und seine maximal 36 Plätze eine Ausnahme zu erwirken, waren erfolglos. Da die Regionaldirektion für Arbeit aber kein direktes operatives Weisungsrecht gegenüber einzelnen Jobcentern hat, untersagte sie dem REZ, eine mögliche Verlängerung des Projektes auszuschreiben.

Nachdem das Bezirksamt gegenüber der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Berlin-Mitte, der Geschäftsführung der Regionaldirektion der Agentur für Arbeit Berlin-Brandenburg und der zuständigen Senatsverwaltung keine Veränderung dieser dogmatischen Haltung erreichen konnte, wandte es sich mit Schreiben vom März 2014 vertraulich an den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg. Daraufhin konnte Ende März das Bezirksamt mit der Regionaldirektion für Arbeit Berlin-Brandenburg vereinbaren, dass das Projekt um ein weiteres Jahr verlängert wird. Bezirksamt und Arbeitsagentur stimmten überein, dass die zukünftige Teilnehmerauswahl so gestaltet sein sollte, dass die Erfolgsquote der teilnehmenden Jugendlichen möglichst hoch sein sollte, ohne von der Zielgruppe der benachteiligten Jugendlichen abzuweichen. In mehreren Arbeitstreffen wurde zwischen der Arbeitsagentur, dem Jobcenter und dem Bezirksamt das weitere Verfahren abgestimmt.

Allerdings wurde die Verfahrensumsetzung durch die Arbeitsagentur mit operativen, dem Bezirksamt nicht zur Kenntnis gegebenen Hinweisen an das Jobcenter verbunden, die eine vollständige Auslastung des Projektes erschwerten. So wurden u.a. von der Arbeitsagentur Haftungsfragen gegenüber Sachbearbeitern des Jobcenters bei einer möglicher Weise nicht fachgerechten Zuweisung von Jugendlichen in den Raum gestellt und die in der Vergangenheit erfolgten Zuweisungen einer dezidierten Überprüfung unterzogen. Das Bezirksamt verwahrte sich erneut gegenüber der Regionaldirektion gegen ein solches Vorgehen und den damit verbundenen Vertrauensbruch.

Zum 31. Oktober 2014 konnten aus Mitte 16 und aus anderen Bezirken 4 Zuweisungen in das Projekt realisiert werden. Damit werden nur 2/3 der 30 ausfinanzierten Plätze in diesem Projekt genutzt. Mit der Arbeitsagentur ist aber verabredet, dass geprüft wird, ob die noch offenen Plätze für zweijährige Ausbildungen mit Ausbildungsbeginn 2015 geöffnet werden können.

Wie zukünftig die im Sinne von benachteiligten Jugendlichen dringend notwendige Kooperation zwischen dem SGB II, dem SGB VIII und auch dem SGB III gestaltet werden kann - nicht zuletzt vor dem Hintergrund der landesseitig angestrebten Jugendberufsagentur - bleibt angesichts der frustrierenden Erfahrungen mit MiA abzuwarten. Das Beispiel MiA hat gezeigt, dass eine Kooperation ohne Kooperationswillen aller Beteiligten nicht erfolgreich sein kann.

 

 

Rechtsgrundlage

 

§ 13 i. V. mit § 36 BezVG

 

Auswirkungen auf den Haushaltsplan und die Finanzplanung:

 

a)               Auswirkungen auf Einnahmen und Ausgaben: keine

             

b)               Personalwirtschaftliche Auswirkungen: keine

             

 

 

 

Berlin, ....................

 

 

 

Dr. Hanke                                                                                                                              von Dassel

Bezirksbürgermeister                                                                                 Bezirksstadtrat

 

 
 

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