Drucksache - 1078/III
Wir bitten zur Kenntnis zu nehmen:
(Text siehe Rückseite)
Wirtschaft, Bauen, Stadtentwicklung und Ordnung
Bezirksverordnetenversammlung Drucksache Nr. Mitte von Berlin 1078/III
Vorlage - zur Kenntnisnahme –
über
Verbraucherinformationsgesetz bürgerfreundlich umsetzen
Die Bezirksverordnetenversammlung hat in ihrer Sitzung am 16.10.2009 folgendes Ersuchen an das Bezirksamt beschlossen: (Drucksache Nr. 1078/III)
Das Bezirksamt wird ersucht, nach der Auswertung der Ergebnisse des Pilotprojektes in Pankow zu prüfen, inwieweit ab 1.1.2010 alle Voraussetzungen dafür geschaffen werden können, damit das Verbraucherinformationsgesetz bürgerfreundlich und mit einem möglichst geringen Verwaltungsaufwand umgesetzt werden kann.
Das Bezirksamt hat am 24.04.2012 beschlossen, der Bezirksverordnetenversammlung dazu Nachfolgendes als Schlussbericht zur Kenntnis zu bringen.
Nach der Einschätzung des Rechtsamtes ergibt sich folgende Rechtslage:
Die Veröffentlichung der Bewertung der amtlichen Kontrollergebnisse in Noten stößt auf verfassungsrechtliche Bedenken. Danach ist es nicht ausgeschlossen, dass ein Gericht zu der Ansicht gelangen könnte, dass die Bewertung in Noten eine Beeinträchtigung des Schutzbereiches der Berufsfreiheit aus Art. 12 GG darstellt, die zu ihrer Rechtfertigung einer gesetzlichen Grundlage bedürfte.
Ob § 5 Abs. 1 Satz 2 Verbraucherinformationsgesetz (VIG) eine ausreichende gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für die Veröffentlichung der Bewertung in Noten darstellt, ist zweifelhaft. Dagegen spricht, dass die staatliche Stelle hier nicht nur informiert, sondern auch zensiert, also ein mit amtlicher Autorität versehenes Werturteil abgibt.
Zweifelhaft ist, ob § 5 Abs. 1 Satz 2 VIG eine ausreichende gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für die Veröffentlichung von Leistungstests darstellt. So mangelt es bereits an der gesetzlichen Festlegung eines einheitlichen Testverfahrens. Ob hier ergänzend die Allgemeine Verwaltungsvorschrift über Grundsätze zur Durchführung der amtlichen Überwachung der Einhaltung lebensmittelrechtlicher, weinrechtlicher und tabakrechtlicher Vorschriften (AVV-RÜB) herangezogen werden kann, ist zweifelhaft, da die AVV-RÜB ursprünglich der Festlegung der Kontrollhäufigkeit und nicht der Bewertung der Betriebe in Noten dient.
Darüber hinaus handelt es sich bei § 5 Abs. 1 Satz 2 VIG um eine Ermessensentscheidung. Das bedeutet, dass die informationspflichtige Stelle über das "ob" der Veröffentlichung zu entscheiden hat. Die Maßnahme muss geeignet, angemessen und verhältnismäßig im engeren Sinne sein. Zwar ist es grundsätzlich möglich im Rahmen einer Ermessungsrichtlinie das Ermessen bereits vorab zu konkretisieren. Diese Vorschrift darf jedoch nicht dazu führen, dass das gesetzlich eingeräumte Ermessen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 VIG nicht mehr ausgeübt wird.
Hier wird allerdings vorgesehen, dass auf Grundlage des § 5 VIG sämtliche Kontrollergebnisse und deren Bewertung -und zwar unabhängig von der Schwere des Verstoßes- veröffentlicht werden sollen. Inwieweit diese flächendeckende Veröffentlichung im Internet noch mit dem Übermaßverbot vereinbar ist, ist zweifelhaft.
Dem verfassungsrechtlichen Übermaßverbot kommt eine nicht zu unterschätzende Funktion zu. So kann eine von amtswegen veröffentlichte Verbraucherinformation für das betroffene Unternehmen eine Existenz vernichtende Wirkung haben; mit allen daraus resultierenden Folgen.
Diese Rechtsauffassung des Rechtsamtes ist nachvollziehbar und für die Veterinär- und Lebensmittelaufsicht bindend, um nachteilige Folgen für das Bezirksamt zu vermeiden.
Rechtsgrundlage:
§ 13 BezVG
Auswirkungen auf den Haushaltplan und die Finanzplanung:
a) Auswirkungen auf Einnahmen und Ausgaben: keine
b) Personalwirtschaftliche Auswirkungen: keine
Berlin, den 24. April 2012
Dr. Christian Hanke Carsten Spallek Bezirksbürgermeister Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung, Bauen, Wirtschaft, und Ordnung
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