Drucksache - 0554/III
Wir bitten zur Kenntnis zu nehmen:
(Text siehe Rückseite)
Bezirksbürgermeister 32201
Bezirksverordnetenversammlung Drucksache Nr. Mitte von Berlin 0554/III
Vorlage - zur Kenntnisnahme –
über
Infotafel im Afrikanischen Viertel
Wir bitten, zur Kenntnis zu nehmen:
Die Bezirksverordnetenversammlung hat in ihrer Sitzung am 22.11.2007 folgende Anregung an das Bezirksamt beschlossen (Drucksache Nr. 0554/III)
„Das Bezirksamt wird ersucht, nachfolgenden Text auf einer Infotafel im afrikanischen Viertel aufzustellen:
Die Straßennamen im Afrikanischen Viertel
Die planmäßige Anlage des Afrikanischen Viertels begann 1899. Die Benennung seiner ersten Straßen erfolgte nach Namen deutscher Kolonien. In den Jahren vor und nach der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert hatten die Bestrebungen der europäischen Mächte – darunter des Deutschen Reiches – zur Beherrschung und Unterwerfung ganz Afrikas ihren Höhepunkt erreicht. Mit der Afrika-Konferenz von Berlin im Jahre 1884/85 – auch als „Kongo-Konferenz“ bekannt – und in deren Folge wurde der afrikanische Kontinent völlig und willkürlich aufgeteilt. Die neuen Grenzen verliefen vielfach durch die alten, überkommenen Siedlungs- und Weideplätze verschiedener Völker und Stämme, die dadurch auseinandergerissen wurden. Deutsche Kolonien in Afrika (offiziell „Schutzgebiet“ genannt) wurden Kamerun (erworben 1884/1911), Togo (erworben 1884), Deutsch-Südafrika (erworben 1884; heute Namibia), Deutsch-Ostafrika (erworben1885/1890; seit 1966 durch Vereinigung mit Sansibar Tansania). Die Benennung der Straßen im Afrikanischen Viertel ab 1899 nach deutschen Kolonien und nach Männern, die sich bei der Inbesitznahme von Territorien in Afrika hervorgetan hatten, spiegelte den Stolz auf die Kolonialpolitik des Deutschen Reiches wider. Zu dieser Kolonialpolitik gehörte auch die blutige Niederschlagung des Herero-Aufstandes von 1904-1908 in Deutsch-Südwest-afrika. Weitere Straßen erhielten Namen afrikanischer Länder, die Kolonien anderer euro-päischer Mächte waren. Mit dem weiteren Ausbau des Afrikanischen Viertels nach dem 1. Weltkrieg entstanden neue Straßen. Ihre Benennung erfolgte ohne sichtbaren Bruch mit der bisherigen Kolonial-Tradition. Das Sich-nicht-abfinden-Wollen mit dem Verlust der deutschen Kolonien nach dem 1. Weltkrieg war schon in der Zeit der Weimarer Republik bedeutsam und keinesfalls nur rechten Kreisen vorbehalten. Mit der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten wurde die Rückeroberung der ehemaligen Kolonien zu einem wichtigen Schwerpunkt deutscher Außenpolitik. So ist auffällig, dass in dieser Zeit nur noch Straßen nach früheren Gebieten benannt wurden, was ein Anspruchsrecht auf den Rückerwerb unterstreichen sollte. Die letzte Straßenbenennung um Afrikanischen Viertel erfolgte 1958. Im Jahre 1986 wurde die Petersallee, vormals benannt nach Carl Peters, deutscher Kolonialpolitiker in Ostafrika umbenannt nach dem gleichnamigen Berliner Politiker und Juristen Hans Peters (1896-1986).
Chronologie der Straßenbenennung
· Kameruner Str. (deutsch) 1899 · Kongostr. (belgisch und französisch) 1912 · Sansibarstr. (zuerst deutsch; kam im Austausch gegen Helgoland an Großbritannien) · 1912 Senegalstr. (französisch) 1927 · Langastr. (spanisch, danach britisch; ab 1912 internationale Zone) 1927 · Togostr. (deutsch) 1899 · Transvaalstr. (britisch) 1907 · Guineastr.(französisch und portugisisch) 1903 · Otavistr. (deutsch) 1911 · Damarastr. (deutsch) 1937 · Windhuker Str. (deutsch) 1910 · Swakoomunder Str. (deutsch) 1910 Ghanastr. (bristisch) 1958 · Mohasistr. (deutsch) 1937 · Usambarastr. (deutsch) 1938 · Dualastr. (deutsch) 1927 Ugandastr. (britisch) 1927 · Sambesistr. (britisch) 1927
Lüderitzstr. seit 1902 Adolf Lüderitz (1856-1918) Bremer Großkaufmann; erwarb 1883 Angra Paquena in der später nach Ihm benannten Lüderitz-Bucht. Sie wurde zum Kern von Deutsch-Südwestafrika.
Nachtigalplatz seit 1910 Gustav Nachtigal (1834-1885), Arzt und Afrika-Reisender, erforschte 1867-74 Tibesti und den Sudan, stellte 1884 Togo und Kamerun unter deutschen Schutz.“
Das Bezirksamt hat am 14.06.2011 beschlossen, der Bezirksverordnetenversammlung dazu Nachfolgendes als Schlussbericht zur Kenntnis zu bringen.
Die Bezirksverordnetenversammlung hat in ihren Ausschüssen und Gremien den Text der Gedenktafel intensiv diskutiert. Darüber hinaus sind Initiativen und Verbände mit in den Ideen- und Gedankenaustausch eingetreten. In der Sitzung der BVV Mitte vom 19.05.2011 wurde das Ergebnis dieses Prozesses in Form eines anderen Textes für die Infotafel beschlossen (Drucksache Nr. 2110/III). Die Drucksache Nr. 2110/III macht die Drucksache Nr. 0554/III obsolet.
Rechtsgrundlage:
§ 13 i. V. mit § 36 BezVG
Auswirkungen auf den Haushaltplan und die Finanzplanung:
a) Auswirkungen auf Einnahmen und Ausgaben:
keine
b) Personalwirtschaftliche Ausgaben:
keine
Berlin, den 14.06.2011
Dr. Christian Hanke Bezirksbürgermeister
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