Auszug - Maßregelvollzug, Abt. für Forensische Psychiatrie besonderer organisatorischer Bereich für externe Patienten/-innen Gast: Herr OA Dr. med. Dipl.-Psych. Jürgen Beckmann  

 
 
43. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Gesundheit
TOP: Ö 1.1
Gremium: Gesundheit Beschlussart: erledigt
Datum: Do, 26.05.2011 Status: öffentlich
Zeit: 17:30 - 20:05 Anlass: ordentlichen Sitzung
 
Wortprotokoll
Beschluss

Sehr geehrte Frau Stein, mir ist es nicht möglich, den ersten Teil des Berichts nieder zu schreiben, da das Tonband streikte

Die Situation von Straftätern, die aus dem Maßregelvollzug in den „offenen Vollzug“ oder die „offene Unterbringung“ wechseln, stellt für das Wohnumfeld häufig ein Problem dar. Bei den Bewohner/-innen bestehen Ängste, dass die Personen wieder straffällig werden. In der Öffentlichkeit besteht teilweise ein Informationsdefizit über die Anzahl der Straftäter und die rechtliche Situation.

Herr Dr. Beckmann kann nicht beantworten, wie viele Menschen in den Justizvollzugsanstalten in Berlin zukünftig eine Sicherheitsverwahrung oder im „offenen Vollzug“ erhalten müssen. Vergegenwärtigt man sich, dass im Jahre 2009 in Deutschland insgesamt 1 Mio. Menschen zu Haftstrafen verurteilt wurden, davon ca. 600 Menschen zur Unterbringung im Maßregelvollzug nach § 63 und davon ca. 100 in die Sicherungsverwahrung, kann man sich vorstellen, dass das herunter gebrochen auf Berlin keine große Anzahl an Menschen darstellen wird. Er betont, dass das Problem aber weiterhin bestehen bleibe. Jeder Sicherheitsverwahrte, der entlassen werden muss, stellt für die jeweiligen Bezirke, für die jeweilige Wohnumgegend ein Problem dar. Wird es bekannt, vertreten viele Bürger/-innen   die Meinung, dass man in seinem Umfeld die Sicherheitsverwahrten, die möglicherweise als Sexualstraftäter mit Sexualstraftaten gegenüber Kindern aufgefallen sind, nicht haben möchte. Das sei aber nicht so. Die Sexualstraftäter, die aus der Haft entlassen werden oder die Sexualstraftäter aus dem Maßregelvollzug sind Menschen, die von der forensisch-therapeutischen Ambulanz betreut werden. Die Therapeuten haben Erfahrungen in der Therapie und Resozialisierung der Straftäter.

 

Die Vorsitzende, Frau Stein dankt für die Einführung und für die Erläuterungen und eröffnet die Diskussion.

 

Frau BV Matischok-Yesilcimen (SPD) möchte wissen, ob die Menschen, die sich in der Forensischen Psychiatrie befinden und nicht verurteilt wurden und wegen Unzurechnungsfähigkeit stationär oder in geschlossen Abteilungen behandelt werden und immer wieder in bestimmten Abständen überprüft werden, doch aus dem Maßregelvollzug entlassen werden könnten. Herr Dr. Beckmann stellt klar, dass die Unterbringung im Maßregelvollzug Eingangsvoraussetzungen haben. Das sei im § 63 des Strafgesetzbuches festgelegt. Leidet jemand unter schweren psychischen Störungen (z. B. Schwachsinn) oder an anderen seelischen Abartigkeiten, dann ist er/sie im Maßregelvollzug unterzubringen, wenn für die ihr/ihm vorgeworfenen rechtswidrigen Taten Schuldunfähigkeit oder verminderte Schuldfähigkeit bestehen und zu erwarten ist, dass sie/er ohne Behandlung weitere rechtswidrige Taten begehen wird. Das heißt nicht, dass jeder, der Gräueltaten begangen hat, auch in den Maßregelvollzug kommt. Voraussetzung ist wirklich eine im Zusammenhang mit der Tat stehende „psychiatrische Erkrankung“. Für Gräueltaten kann man auch ins Gefängnis kommen und man wird bestraft. Bei den Bestraften ist es so, dass die Haftstrafe eine zeitige Strafe ist. Die Täter wissen, wann sie genau entlassen werden. Das ist bei den Maßregelvollzugspatienten nicht so. Geprüft wird jedes Jahr, ob die Unterbringung im Maßregelvollzug fortdauern wird. Sicher sei, dass aus dem Krankenhaus des Maßregelvollzugs der gesetzliche Auftrag sehr ernst genommen wird. Niemand soll entlassen werden von dem man weiß, dass sie/er eine Gefährdung für die Öffentlichkeit darstelle. Herr Dr. Beckmann führt weiterhin aus, dass es immer eine Entscheidung sei, die auf mehreren Schultern ruhe, die immer von einem Team von Mitarbeitern/-innen getroffen wird. Die Entscheidung wird nie von einem einzelnen Arzt allein getroffen. Steht aber fest, Haftbedingungen für die/den Patient/-in können gelockert werden, weil sie/er aus Sicht der Psychiatrie keine Gefährdung der Öffentlichkeit mehr darstelle, dann kommt man an den Punkt, an dem die Entlassung fällig werde. Dann wird man (ist vom Gesetzgeber so vorgesehen) ein externes Gutachten erstellen lassen. Das Gericht (in diesem Fall die Strafvollstreckungskammer) legt fest, dass ein Gutachter von Außen begutachtet, ob diese Entlassung gerechtfertigt ist oder nicht. Stimmt die Einschätzung der Psychiatrie mit der Einschätzung des externen Sachverständigen überein, dann findet erneut eine Gerichtsverhandlung statt und es wird in der Regel eine auflagengestützte Bewährungsentlassung beschlossen. Die/der Patient/-in hat dann nach Entlassung eine Auflage z. B. sie/er wohnt weiter in dem Projekt von ZeitRaum. Sie/er geht regelmäßig in die psychiatrische Institutsambulanz vom St. Hedwig-Krankenhaus und sie/er nimmt regelmäßig ihre/seine Medikamente ein. Sie/er darf keinen Alkohol trinken, keine Drogen nehmen und keine Straftaten begehen. Auch hat sie/er eine Führungsaufsicht; einen/eine Bewährungshelfer/-in, mit der/dem sie/er Kontakt zu halten hat. Das sieht für die/den Entlassene(n) aus dem Strafvollzug anders aus. Wenn sie/er eine Bewährung erhält, hat sie/er einen Bewährungshelfer/-(in) und die/der Bewährungshelfer/-in sieht sich konfrontiert mit derTatsache, ca. 100 Klienten/-innen zu haben. Da den Kontakt zu halten und regelmäßig daran zu bleiben, sei sehr schwierig. Sie/er kann auch diese Menge an Auflagen, die ein(e) psychisch Kranke/r hat, gar nicht erhalten. Hat ein(e) psychisch Kranke/r ist die Endstrafenzeit erreicht, gibt es keine Bewährung mehr.

 

Die Vorsitzende, Frau Stein, möchte wissen, ob in der Abt. für Forensische Psychiatrie eine gewisse Vorbereitung auf die Entlassung stattfindet oder ist das ausschließlich Aufgabe der entsprechenden Wohnprojekte?. Herr Dr. Beckmann teilt mit, dass in der Abt. für Forensische Psychiatrie die Entlassungsvorbereitung stattfinde. Es werde therapiert. Man gebe nicht nur Medizin, man versuche den Menschen beizubringen, wie sie mit ihrer Erkrankung umzugehen haben. Man versuche ihnen beizubringen, wie man einen Haushalt führt. Man versucht, bevor sie in die offene Unterbringung kommen, sie z. B. in Zuverdienstbetrieben des Bezirks probeweise zu beschäftigen. Wenn dann die Patienten/-innen in die Einrichtungen angekommen sind, übernimmt diese Tätigkeit der Entlassungsvorbereitung auch das Team von Frau von Massenbach. Man trifft sich regelmäßig und redet über die/den einzelne(n) Patienten/-in.


 

 
 

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