Auszug - Schwarzarbeit in Berlin – Ursachen, Umfang und Instrumente ihrer Eindämmung BE: Referenten Herr Alexander Bergant und Herr Dipl. Volkswirt Lothar Kolenberger
Frau
Matischok-Yesilcimen merkt an, dass aus der letzten BVV-Sitzung die
Drucksachen-Nr. 0217/III und 0219/III in den Wirtschaftsausschuss überwiesen
wurden. Sie geht davon aus, dass die Drucksachen mitbehandelt werden können. Die
Mitglieder sind mit dem Vorschlag einverstanden. Frau
Matischok-Yesilcimen begrüßt Herrn Bergant und Herrn Kolenberger, die über das
Thema Schwarzarbeit berichten. Den Mitgliedern ist vorab eine pdf-Datei
zugegangen. Herr
Kolenberger führt aus, dass bei der Begrifflichkeit der Schwarzarbeit sehr viel
dargestellt wird, was den Sachverhalt nicht trifft. Der Begriff der
Schattenwirtschaft ist hier sehr oft in der Diskussion. Die Begriffe
Schattenwirtschaft und Schwarzarbeit haben zwar etwas miteinander zu tun, wobei
die Schwarzarbeit eine Teilmenge der Schattenwirtschaft ist. Jedoch ist die
Schattenwirtschaft im übergreifenden Bereich nicht ungesetzlich, so wie es die
Schwarzarbeit im Sinne des Gesetzes ist. Wenn in der Zeitung steht, das Berlin
die Hauptstadt der Schwarzarbeit ist, dann betrifft das hauptsächlich Zahlen,
die sich eigentlich mit der Schattenwirtschaft beschäftigen. Es handelt sich
also um eine Aussage, die man so nicht stehen lassen kann. Die
Schattenwirtschaft ist ein Bereich der Wirtschaft, der gewissermaßen neben der
offiziellen Wirtschaft steht. Man könnte darunter den Teil der Wirtschaft
verstehen, der seine Umsätze dem Statistischen Landesamt meldet. Die
Schattenwirtschaft wird im Sinne dieser Meldung nicht erfasst. Und zu dieser
Schattenwirtschaft gehört auch der große Bereich der sog.
Selbstversorgungswirtschaft (z.B. Wohnungsrenovierung, sauber machen).
Weiterhin gibt es den Bereich der sog. Untergrundwirtschaft, der ebenfalls als
Schattenwirtschaft bezeichnet wird und worunter man die sog. Schwarzarbeit
versteht. Wenn also über Schwarzarbeit gesprochen wird, dann muss man darunter
den engeren Bereich im Sinne des Gesetzes (Untergrundwirtschaft) verstehen.
Wenn man das Wort „Schwarzarbeit“ hört oder liest, dann ist damit meistens der
große Bereich der Selbstversorgungswirtschaft (Nachbarschaftshilfen) gemeint.
Betreffend es Umfangs gibt es unterschiedliche Schätzungen von Instituten,
Universitäten u.a. Es gibt jedoch keine amtlichen Schätzungen. Eine Universität
geht von einer Größenordnung von ca. 17 % Schattenwirtschaft in Deutschland
aus. Wobei dieser Bereich nicht zum engeren Sinne der Schwarzarbeit
(Untergrundwirtschaft) gehört. Eine andere Studie (dänische Stiftung) besagt,
dass die Größenordnung bei 4 % liegt. Man kann davon ausgehen, dass die
Schwarzarbeit deutlich niedriger liegt, als es bei den Schattenwirtschaftszahlen
suggeriert wird. Die Systematik, mit der die Schwarzarbeit erfasst wird, ist
keine unmittelbare, sie wird nicht gemeldet. Aber die Statistiker verfügen über
ausgefeilte, komplizierte Methoden, um Schwarzarbeit dem Bruttoinlandsprodukt
zuzuschätzen. Diesen Unterschied wollte Herr Kolenberger vorab darstellen. In
Berlin selbst gibt es laut den Beobachtern einen Schwerpunkt der Schwarzarbeit
in der Baubranche, im Reinigungsgewerbe und in der Gastronomie. Schwarzarbeit
findet offensichtlich in Branchen statt, die sehr arbeitsintensiv sind. Frau
Matischok-Yesilcimen fragt nach, wenn jemand ohne Lohnsteuerkarte arbeitet,
obwohl die Tätigkeit lohnsteuerkartenpflichtig und anmeldepflichtig wäre, dann
ist es doch auch möglich, in der Industrie schwarz zu arbeiten. Herr
Kolenberger führt aus, dass dies der Bereich der illegalen Beschäftigung wäre,
eine Sonderform der Schwarzarbeit. Weiterhin geht es hierbei auch schon um den
Bereich der Hinterziehung von Abgaben. Schwarzarbeit
zu bekämpfen heißt auch, von der Schwarzarbeit zu lernen. Ein anderer Aspekt
aus ökonomischer Sicht ist der, das Schwarzarbeit, wo immer sie stattfindet,
natürlich einen Preisdruck verursacht. Das bedeutet, dass auch diejenigen, die
mit Schwarzarbeit nichts zu tun haben, von der Schwarzarbeit profitieren. Es
sieht auch nur auf den ersten Blick so aus, als würde sich der
„Schwarzarbeiter“ Steuerzahlungen und Beitragszahlungen völlig entziehen. Wenn
er seine Materialien einkauft bzw. verkauft, dann führt dies wiederum dazu,
dass Abgaben geleistet werden, so dass insgesamt aus ökonomischer Sicht gesagt
werden kann, dass Schwarzarbeit auch zur Wohlstandswährung beiträgt. Die
Ausführungen von Herrn Bergant sind leider sehr schlecht zu verstehen. Herr
Bergant führt aus, dass man keine konkrete Verfolgungszuständigkeit hat. Man
sieht sich eher als koordinierende Stelle. Man fungiert als Schnittstelle
zwischen den Bundesbehörden und zwischen den jeweils zuständigen Stellen im
Land. Im Rahmen dieses Koordinierungsauftrages werden jährliche Beratungen mit
zuständigen Stellen in Berlin und Brandenburg durchgeführt. Weiterhin wird in
Berlin eine zentrale Informations- und Anlaufstelle für Jedermann betrieben.
Man versteht den Auftrag insbesondere in der Information und Aufklärung über
Schwarzarbeit. Im Rahmen der zentralen Informations- und Anlaufstelle werden
Faltblätter und Berichte ausgegeben (werden an die Mitglieder verteilt). Wenn
von Schwarzarbeit gesprochen wird, dann spricht man immer von den Tatbeständen,
die der Gesetzgeber seit 01.08.2004 gesetzlich normiert hat. Es handelt sich um
die gesetzliche Definition der Schwarzarbeit. Diese werden in fünf Bereiche
unterteilt (z.B. Sozialversicherungsrechtliche Verstöße, steuerrechtliche
Verstöße, Leistungsmissbrauch, gesetzwidrige Gewerbeausführungen u.a.). Es
liegt keine Schwarzarbeit vor, wenn solche Dienst- oder Werksleistungen von
Angehörigen erbracht werden, auf Gefälligkeiten beruhen und es sich um
Nachbarschaftshilfe oder Selbsthilfe handelt. Ansonsten
spricht man von illegaler Beschäftigung in drei Bereichen. Die illegale
Ausländerbeschäftigung, Verstöße gegen das Arbeitnehmerentsendegesetz und der
illegalen Beschäftigungs..?... (erwerbsmäßige Verleihung von Arbeitnehmern. Je
nach Art und Intensität des Verstoßes setzen unterschiedliche Sanktionen ein.
Ein Bußgeld ab 1.000 € bis zu 500.000 €, bei illegaler Ausländerbeschäftigung
von 500.000 € bis hin zum Straftatbestand mit einer Geldstrafe bzw.
Freiheitsentzug. Der
Bundesgesetzgeber hat die weitverzweigte Zuständigkeit der Schwarzarbeit zum Großteil
beim Zoll konzentriert. Damit einhergehend hat der Gesetzgeber auch eine
Verschiebung des Aufgabenschwerpunktes vorgenommen. Wurde früher der
Schwerpunkt auf die Verfolgung von Verstößen gegen die Gewerbeordnung gesetzt,
liegt der Schwerpunkt mittlerweile bei den fiskalischen Aspekten
(Steuerhinterziehung, Hinterziehung von Beiträgen). Deshalb auch die
Konzentration beim Zoll und beim Bundesfinanzministerium. Die
bezirkliche Zuständigkeit liegt vor bei Leistungsmissbrauch und Verstoß gegen
die Gewerbeordnung. Der Zoll hat im Jahre 2005 bundesweit 355.000 Personen
kontrolliert. In diesem Zusammenhang wurde ein Schaden in Höhe von rd. 563 Mio.
€ festgestellt. Weiterhin wurden 81.300 Strafverfahren eingeleitet und etwa in
gleichem Umfang Strafverfahren zum Abschluss gebracht. Bei den abgeschlossenen
Strafverfahren wurden insgesamt Freiheitsstrafen in Höhe von 995 Jahren und
Geldstrafen in Höhe von 21,2 Mio. € verhängt. Weiterhin wurden 60.000
Bußgeldverfahren eingeleitet und rd. 54.000 Bußgeldverfahren zum Abschluss
gebracht. Das führte zu einer Festsetzung von Bußgeldern in Höhe von 67 Mio. €.
Der
Berliner Zoll hat im Jahre 2005
17.700 Arbeitnehmer und 5.000 Arbeitgeber überprüft. Er hat 2.800
Strafverfahren zum Abschluss gebracht und rd. 2.000 Ordnungswidrigkeitenverfahren
zum Abschluss gebracht. Im Rahmen dieser Verfolgungstätigkeit wurden rd. 12
Mio. € Schaden festgestellt. Weiterhin wurden Bußgelder in Höhe von 2,4 Mio. €
und Geldstrafen in Höhe von 1,5 Mio. € verhängt. Die Summe der Haftstrafen betrug
insgesamt 312 Monate. Sieht
man sich die Zahlen für die Bezirke an, dann gibt es einen Anstieg bis 1999 von
festgesetzten Bußgeldern in Höhe von 800.000 €. Seit 1999 sind die Zahlen
rückläufig und sinken kontinuierlich. Im Jahr 2005 gab es Bußgeldfestsetzungen
in Höhe von 200.000 €. Es
gibt eine Vielzahl von Erscheinungsformen der Schwarzarbeit. Demzufolge gibt es
auch viele Formen, dem zu begegnen. Frau
David merkt an, dass gerade die Bauwirtschaft durch Schwarzarbeit belastet sei.
Sie fragt nach, ob es Anhaltspunkte gibt, woran man die Schwarzarbeit erkennt. Herr
Bergant führt aus, dass es leider nicht mehr so offensichtlich festzustellen
ist, wie vor ca. 10 oder 20 Jahren. Die Täterseite hat sich in den vergangenen
Jahren nicht unwesentlich professionalisiert. Es werden kaum noch
Aufzeichnungen aufgefunden. Für die Kontrolleure ist es nicht einfach,
Schwarzarbeit zu erkennen. Diese Annahme allein darauf abzustellen, dass viele
Ausländer auf einer Baustelle tätig sind, ist auch kein schlüssiges Kriterium. Frau
Kliemann bezieht sich auf die organisierte Schwarzarbeit in den neuen
EU-Staaten und fragt nach, wie die staatenübergreifende Zusammenarbeit
(Europol, Interpol) funktioniert. Die
Ausführungen von Herrn Bergant sind leider nicht zu verstehen. Herr
Koch würde es gut finden, wenn es bei der Senatsverwaltung ein Internet-Portal
(ähnlich dem Wirtschaftsportal) geben würde, wo man möglichst transparent
macht, welche Möglichkeiten in diesen Grenzbereichen (haushaltsnahe
Dienstleistungen, Kleingewerbetreibende) möglich sind. Weiterhin fragt er beim
Bezirksamt nach, ob es noch andere Informationsmöglichkeiten geben könnte. Herr
Zeller führt aus, wenn es solche Informationsangebote gäbe, dann wären diese
sicherlich auch mit der Homepage des Bezirksamtes verlinkt. Die weiteren
Ausführungen sind leider nicht zu verstehen. Herr Kolenberger ergänzt, dass solche Informationen auch auf der Homepage der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit und Frauen nachzulesen sind. Auch die Kleingewerbetreibenden können sich dort erkundigen. Herr Zeller ergänzt, dass die Bekämpfung der Schwarzarbeit nicht zu den Aufgaben des Ordnungsamtes gehört. Dort wo es Verdachtsmomente im Rahmen der Gewerbeanzeigen gibt, wird dies den zuständigen Behörden mitgeteilt. Bei den Bauvorhaben, die durch die öffentliche Hand (BA-Mitte) ausgelöst werden, ist es Teil der Ausschreibung, dass eine Tariftreueerklärung erwartet wird. Dies wird auch überprüft. Dazu gibt es eine spezielle Einrichtung bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Werden Verstöße festgestellt, führt dies oftmals zu einer zeitlich befristeten oder sogar zu einer dauerhaften Streichung aus dem Unternehmer- und Lieferantenverzeichnis. Frau David bezieht sich auf die mögliche Zusammenarbeit mit dem LKA, die auf Ersuchen des Bezirksamtes bei illegaler Gewerbeausübung stattfindet und fragt nach, ob ein solches Ersuchen schon ein Mal ergangen ist, wenn ja, wie oft und liegen weitere Zahlen darüber vor. Weiterhin bezieht sie sich auf das Berliner Bündnis für „Regeln am Bau“ und fragt nach, ob es Informationen darüber gibt, wie sich das Abgeordnetenhaus dazu verhalten hat. Herr Zeller teilt mit, dass er zurzeit keine Zahlen nennen kann. Die müsste er nachliefern. In der Regel ist es so, dass der Gewerbeaußendienst des LKA diese Überprüfung vornimmt und dabei in Amtshilfe die Mitarbeit der berzirklichen Gewerbeämter in Anspruch nimmt. Umgekehrt könnte es aber auch möglich sein. Herr Kolenberger führt zum Berliner Bündnis „Regeln am Bau“ aus, dass dies von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung unterstützt wird. Die weiteren Ausführungen sind leider nicht zu verstehen. Dieses Bündnis würde sehr gerne eine sog. Identitäts-/Chipkarte für Bauarbeiter erreichen. Dabei handelt es sich jedoch um ein sehr großes Ziel und es gibt auch sehr große Hürden (z.B. Änderung des Rentengesetzes) zu überwinden. Herr Sander bezieht sich auf das Vergabegesetz und der damit zusammenhängenden Verfassungsbeschwerde, die zurückgewiesen wurde, und fragt nach, ob es noch immer Einschränkungen gibt bzw. kann das Land Berlin/der Bezirk auf Tariftreue bestehen oder muss der günstigere Anbieter genommen werden. Herr Bergant führt aus, dass das Vergaberecht vom Verfassungsgericht als verfassungskonform angesehen wurde. Frau Matischok-Yesilcimen bedankt sich bei Herrn Kolenberger und Herrn Bergant für die Ausführungen. |
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