Auszug - Grüne Politik in Mitte: Die Anzahl der Straßenbäume sinkt!?  

 
 
21. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin (mit LIVE-STREAM)
TOP: Ö 9.6
Gremium: BVV Mitte von Berlin Beschlussart: beantwortet
Datum: Do, 18.10.2018 Status: öffentlich
Zeit: 17:30 - 23:00 Anlass: ordentlichen Sitzung
Raum: BVV-Saal
Ort: Karl-Marx-Allee 31, 10178 Berlin
1453/V Grüne Politik in Mitte: Die Anzahl der Straßenbäume sinkt!?
   
 
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Gruppe der PiratenGruppe der Piraten
Verfasser:Konrad, Freitag 
Drucksache-Art:Große AnfrageGroße Anfrage
 
Wortprotokoll

  1. Wie hat sich der Bestand von Straßenbäumen in diesem Jahr im Vergleich   zu den letzten beiden Jahren verändert?

 

Frau BzStaRin Weißler antwortet: Sehr geehrte Verordnete, sehr geehrter Herr Vorsteher, sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Freitag. Aus Gründen der Verkehrssicherungspflicht mussten im laufenden Jahr 2018 bis zum 11.10.2018 271 Straßenbäume gefällt werden. Die Ursachen dafür waren Straßenbaumschäden. Darüber Auskunft gibt der Straßenzustandsbericht Berliner Innenstadt aus dem Jahre 2015. Auch wenn dieser Bericht aus dem Jahre 2015 ist, hat sich daran leider nichts verändert. Ich zitiere: Das Zusammenwirken verschiedenster Schadfaktoren am innerstädtischen Straßenstandort macht es aber in der Regel unmöglich einen Schaden am Baum einer eindeutigen Ursache zuzuordnen. Insbesondere, da baumschädigende Einflüsse zeitlichen und örtlichen Veränderungen unterworfen sind. Beispielsweise zählen hierzu Ausgrabungen im Wurzelbereich und Verkehrsunfälle mit Baumschäden. Auffällig ist, dass hochbelastete und geringbelastete Baumstandorte dicht nebeneinander liegen. Aus den dargestellten Untersuchungsergebnissen lassen sich daher keine genauen Hinweise auf die Ursachen einzelner Baumschäden ableiten. Zitat Ende. Der Schadensbericht gibt schon Hinweise, aber er ersetzt nicht die ständige Beobachtung unserer Straßenbäume, die sehr intensiv geführt wird. Wir führen für jeden Baum ein Protokoll. Die Bäume werden zwei Mal pro Jahr betrachtet. Die für den Zeitraum 2010 und 2015 festgestellte weitere Verschlechterung des Zustandes der innerstädtischen Straßenbäume in Berlin zeigt leider, dass die Summe aller einwirkenden Schadfaktoren offenbar zugenommen hat. Es wurden bis zum 12.10.2018 leider nur 111 Straßenbäume nachgepflanzt. Der Grund dafür sind die extremen Witterungsbedingungen in diesem Jahr. Zudem sind die Schadursachen vielfältig und deswegen müssen in diesem Jahr mehr Bäume gellt werden, als das SGA ersetzen kann. Das ist nicht überraschend für das SGA. Das Fachamt hat wiederholt darauf hingewiesen, dass die Personal- und Finanzknappheit langfristig schädigend für den Baumbestand wirken wird. Erst seit den letzten zwei Jahren stehen wieder mehr Mittel zur Verfügung, aber substanzielle Verbesserungen und die zwingend erforderlichen Erneuerungen des Baumbestandes, gerade im Hinblick auf den Klimawandel, können damit nicht aufgefangen werden. Sie erinnern sich vielleicht um die Diskussion um die Kastanienbäume in der Levetzowstraße. Wir haben das Problem, dass wir einen Baumbestand, als Straßenbaumbestand haben, der nicht mit den so entwickelten Klimaverhältnissen zurechtkommt. Wir müssen diese Straßenbäume Zug um Zug durch andere Arten bzw. Sorten ersetzen. Gleichzeitig ist natürlich der Erhalt und Ausbau des Grüns in der Stadt immer bedeutender. Nur durch Straßenbäume können wir kein innerstädtisches Klima erzeugen, dass einigermaßen angenehm und erträglich ist. Die Witterungsextreme sind nicht nur die Hitze, sondern auch die Dürre. Wir haben angefangen, Sensoren einzusetzen und versuchen verstärkt, die Feuchte an den Bäumen zu messen. Für all das brauchen wir natürlich Personalmittel und Finanztechnik. Das ist Ihnen mit Sicherheit klar. Das ist auch etwas, was wir im BA immer diskutieren und was ich Ihnen, bei Ihren Entscheidungen bezüglich des Haushaltes, nur ans Herz legen kann. Wir haben gleichzeitig das Problem, dass sich in der Kosten- und Leistungsrechnung Veränderungen ergeben haben, die für uns nicht von Vorteil sind. Wir müssen unseren Straßenbaumbestand unter besonderen Bedingungen erhalten. Das ist aufwändiger als in Gegenden, die gewaltige Grünzonen haben. Unsere Budgetierungsergebnisse sind nicht wie man sich das wünscht. Wir hoffen, dass wir ein Umdenken bewirken können und dass diese besondere Situation in den Innenstadtbezirken Charlottenburg, Kreuzberg und Mitte Berücksichtigung, als ein besonderer Tatbestand bei der Erhaltung, findet. Diese Erhaltung der Straßenbäume und des Grüns in der Mitte der Stadt ist eine Sache für das gesamte Stadtklima.

 

 

  1. Wieviel Bäume wurden abgeholzt und wie viele Bäume wurden neu gepflanzt in diesem bzw. den letzten beiden Jahren?

 

 

Frau BzStaRin Weißler antwortet: Im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht mussten im Jahre 2016 208 Bäume gefällt werden. Im Jahr 2017, das Jahr mit den drastischen Stürmen, waren es 610 Bäume. Das hatte ich schon einmal berichtet. Für das Jahr 2018 sind es bis zum Oktober 271 Bäume. Nachgepflanzt wurden im Jahr 2016 295 Bäume, 2017 295 Bäume und dieses Jahr bisher 111 Bäume. Die Bäume werden nicht im Sommer gepflanzt, sondern im Herbst, bis der Frost kommt. Die Containerpflanzen, die wir bestellt haben und auch schon da sind, können wir auch nach dem Frost pflanzen. Hauptsache ist, dass wir das Loch gegraben haben. Wir werden es bis Jahresende auf bis zu 200 Bäume schaffen. Das wären 95 weniger als in den letzten zwei Jahren. Das liegt daran, dass wir Mittel und Personen nicht nur zur Bepflanzung einsetzen können, sondern auch zum Erhalt. Es liegt zudem daran, dass wir nicht genügend junge Gärtner haben. Wir bilden derzeit verstärkt Gärtner aus. Die sind jung und halten auch einiges aus, aber die müssen es auch erstmal werden. Man muss dazu sagen, es ist eine harte Arbeit und wir haben derzeit eine unausgewogene Altersverteilung. Mit einer verstärkten Ausbildung arbeiten wir daran. Das ist auch deswegen wichtig, weil selbstgepflanzte Bäume deutlich preiswerter sind. Das ist ungefähr das Zehnfache, wenn wir es vergeben. Insofern lohnt es sich in die Ausbildung zu investieren, damit wir ein ausgewogenes Altersspektrum bei den Gärtnern haben und junge Gärtner, die uns bei der Baumpflege bzw. Baumpflanzung helfen. Dankeschön.

 

Herr BV Freitag (Die Piraten): Ich danke Ihnen für die ausführliche Beantwortung. Ich habe jetzt noch zwei Nachfragen. Haben Sie einen Allgemeinüberblick darüber, wie viele Bäume insgesamt fehlen? nnen Sie vielleicht eine finanzielle Angabe machen, wie viel Geld man bräuchte, damit man das in den Haushalt stecken kann?

 

Frau BzStaRin Weißler: Die Statistiken, die wir haben Herr Freitag, gehen weiter als zwei Jahre zurück. Ich habe sie nur leider nicht dabei. Ich weiß, dass ich sie schon einmal in einem anderen Zusammenhang, in einer Schriftlichen Anfrage, beantwortet habe. Ich habe sie nicht im Kopf. Da müsste ich nachschauen. Frau Kreitmair hat sie, hier ist das Archiv. Es ist die Schriftliche Anfrage 0429/V. Die Entwicklung der Zahlen der Bäume. Zu den Kosten kann ich Ihnen keine verlässliche Zahl sagen, aber seien sie gewiss, dass ich bis zu den Haushaltsberatungen diese Zahlen parat haben werde.

 

Herr BV Hennig (CDU): Ich habe mal eine Nachfrage. Gibt es eigentlich Erkenntnisse darüber wie oft Bäume nicht anwachsen oder nicht ordnungsgemäß geschützt sind?

 

Frau BzStaRin Weißler: Das ist ein total interessantes Thema. Wir haben ja schon einmal über Grünzeug am Kapelle-Ufer geredet. Gehen Sie da mal oben auf der Straße lang und dann sehen Sie die Bäume, die gepflanzt worden sind. Die Bäume haben keinen ausreichenden Schutzanstrich bekommen, stehen an der Südseite und bekommen die ganze Sonne ab. Die Bäume zeigen das mit einer Spaltung der Rinde. Da darf man dann sehr gespannt sein, ob die das überleben. Deswegen haben wir das mit der Fremdenvergabe nur teilweise gern. Manchmal klappt es und manchmal geht es komplett in die Gewährleistung. Solche Fälle hatten wir zum Beispiel in Moabit. Die beauftragte Firma musste dann komplett neu pflanzen. Man kann nicht grundsätzlich sagen, dass Bäume aus der Vergabe nicht anwachsen. Ich würde sagen, das ist mein Gefühl aus der täglichen Arbeit, dass 80 bis 90 Prozent der Bäume auch anwachsen. Aber wenn, dann sind es meistens solche Fehler. Gerade am Kapelle-Ufer hatten wir das Problem, dass wir gerne Bewässrungsanlagen gehabt hätten. Diese brutale Südseite, die geradezu nach Baumverlust schreit. Das ist aus irgendwelchen Spargründen nicht gemacht worden. Jetzt sehen die Bäume sehr kritisch aus. Angewachsen sind sie, die Kronen sind auch, bis auf zwei oder drei Ausnahmen, einigermaßen in Ordnung. Aber die große Frage ist, ob die Bäume mit den beschädigten Stämmen alt werden. Das weiß ich nicht. Wir werden sehen, wie viele Schadstoffe dort eindringen. Das ist das, was ich Ihnen aus dem Ärmel sagen kann.

 

Frau BV Kreitmair (SPD): Sehr geehrter Herr Vorsteher, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Frau Weißler. Danke für die ausführliche Auskunft. Ihre letzte Bemerkung veranlasst mich zu der Frage, ob bei der Neupflanzung von Bäumen an bestimmten Standorten eine Bewässerung vorgesehen? Bei jedem Standort eine Bewässerung anzulegen kann man weder verlangen noch ist es notwendig. Es re wichtig, dass man bei gefährdeten Standorten eine Bewässerung vorsieht. Danke.

 

Frau BzStaRin Weißler: Ja, nur zu. Sie haben vielleicht alle schon einmal das Wort Rigole gehört. Wenn man hier irgendwo den Sparten in die Erde tut, dann haben Sie sofort die Berliner Geschichte auf der Schippe und die ist nicht „rigolenfreundlich“. Da haben Sie dann Leitungen, Kampfmittel, Sand und Trümmerteile. Das ist alles total schwierig. Das können Sie nur machen, wenn Sie alle Straßen komplett neuanlegen. Im Nachhinein zu sagen, dass die Bäume hier und dort schlecht wachsen und das dann anzulegen, das klappt nicht. Sie alle kennen diese verschiedenen Versuche, die die Grünflächenämter gemacht haben, um herauszufinden, wie die Wasserversorgung für die Bäume in der Stadt stabilisiert werden kann. Da gab es diesen feinen, grauen Kies bzw. Steinchen, aber tatsächlich am besten bewährt haben sich diese komischen grünen Säcke. Die stehen auch in der Karl-Marx-Allee. Diese scheinen den Bäumen, über eine gewisse Zeit, die Feuchte zu sichern. Das funktioniert am besten. Wenn man Straßen komplett aufreißt und komplett neu macht, dann gerne. Am Kapelle-Ufer hätten wir das gerne gehabt. Das war zu teuer.

 

 

 

 
 

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