Auszug - Diskussion  

 
 
Gemeinsamen 18. (außerordentlichen) öffentliche Sitzung des Ausschusses für Soziales und Gesundheit und der 14. (außerordentlichen) öffentliche Situng des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit, Ordnungsamt und Gleichstellung
TOP: Ö 3
Gremium: Soziales und Gesundheit Beschlussart: erledigt
Datum: Fr, 27.04.2018 Status: öffentlich
Zeit: 16:00 - 18:00 Anlass: außerordentlichen Sitzung
Raum: BVV-Saal des Rathauses Mitte (1. Etage), Karl-Marx-Allee 31, 10178 Berlin
Ort:
 
Wortprotokoll

 

Der Vorsitzende, Herr Draeger, fragt die Ausschussmitglieder, ob für die Gäste Rederecht erteilt werden könne. Dem wird zugestimmt.

 

Frau Schilling, Seniorenvertretung Mitte, dankt der Verwaltung, dass sie sich als menschlich bezeichne. Sie vermittelt, dass Ende des letzten Jahres die Landesarmutskonferenz stattfand und sich dem gleichen Thema gewidmet habe. Man habe sich darüber verständigt, welche Strukturen es in Berlin gebe und festgestellt, dass es in Berlin keine Fachstelle nach dem Karlsruher Modell gebe. Sie fragt nach, inwieweit die Fachstelle in Mitte die Arbeitsaufgaben, Strukturen und Strategien der Fachstelle in Karlsruhe durchführe? Herr BzStR Gothe teilt mit, dass darüber diskutiert wurde, ob das Stellenkonzept vom Deutschen Verband das richtige sei. Interessanter Weise haben alle zugestimmt, dass das der richtige Ansatz sei, der von allen verfolgt werden soll. Des Weiteren habe man festgestellt, dass die Struktur der 12 Sozialämter recht unterschiedlich sei. Bei dem Versuch, die Struktur der Sozialämter auf einen Nenner zu bringen, wurde festgestellt, dass das eine Aufgabe sein werde, die man nicht bewältigen könne, man habe sich darauf konzentriert, die Ziele, die in dem Fachstellenkonzept verankerten Kernaufgaben noch einmal zu definieren. Das habe man getan. Herr Dr. Schlese führte das in seinen Ausführungen aus. Derzeit arbeite man daran und schaue, welche Ressourcen die Sozialämter benötigen, um die Kernaufgaben zu erfüllen, möglichst nach einem einheitlichen Standard. Das werde der Kern der Empfehlungen sein, die in der nächsten Strategiekonferenz zusammenfassend dargestellt werden. Vom Senat erwarte man, dass die Bezirke die Ressourcen erhalten.

Herr BV Kurt (Grüne) dankt für die Präsentation. Er meint, dass der Bezirk Mitte am Ende der Kette stehe mit den Regelungen der Sozialgesetzbücher. Mitte sei konfrontiert mit Dingen, wie mit dem Anstieg der Mieten, wo das BA versuche, gegen zu steuern. Er meint, was in den alten Leitlinien stand, könne man heute noch unterschreiben. Zu erkennen sei, dass in den letzten 20 bis 30 Jahre wenig passiert sei. Er habe sich einige Protokolle der Strategiekonferenz angeschaut. Es gebe keine klare Aufgabenverteilung. Er stelle die Frage, für was sei der Bezirk und für was der Senat zuständig? Er sei nicht davon überzeugt, dass mehr Angebote benötigt werden. Es gebe viele Angebote. Viele Anfragen dazu gab es im Berliner Abgeordnetenhaus dazu. Zum Thema bezirkliche Strategie vermittelt er, dass der Bezirk Mitte mutiger sein sollte. Man müsse das Fachstellenkonzept erhöhen. Auch das Thema „Schrottimmobilien“ komme ihm ein wenig zu kurz. Er wünsche sich eine engere Zusammenarbeit zwischen Gesundheits- und Sozialamt und der Wohnungsaufsicht.

Herr BzStR Gothe vermittelt, dass der Bezirk Mitte Pilotprojekt für die erste mögliche Zwangsverwaltung eines Hauses sei. Er habe mit Frau BzStR´in Dr. Obermeyer verabredet, damit man sich diesem Thema widmen könne, sobald absehbar sei, wenn es mit dem Eigentümer keinen handhabbaren Weg gebe. Der Senat sei sehr daran interessiert, dass man das neue Zweckentfremdungsverbotsgesetz an diesem Fall teste. Mitte werde schauen, ob ausreichend gesetzlicher Rahmen geschaffen sei, um tatsächlich mit einer Wohnungsbaugesellschaft eine Zwangsverwaltung einzuführen.
Es sei richtig, dass man das nicht so weit kommen lassen darf, dass so ein Haus nicht mehr zu halten sei. Man müsse früher intervenieren. Das BA weiß aber, dass der Eigentümer sehr starke Rechte habe. Selbst als das BA Zwangsmaßnahmen einsetzte, um das Treppengeländer wiederherzustellen, den Müll aus dem Hof abzufahren, bedeute das nicht, dass das BA in der Lage war, den Abwärtsgang eines Hauses aufzuhalten.

 

Herr Pohl von der Bahnhofsmission Zoologischer Garten dankt für die Einladung und vermittelt, dass man sehr konstruktiv mit den Kollegen der Bundespolizei, Landespolizei, und des Ordnungsamtes Charlottenburg zusammenarbeite. Er bemerkt, dass kein Mensch gerne Fäkalien beseitige. Die Kollegen wurden eingeladen und man versuche Empathie zu trainieren. Dabei sei herausgekommen, dass Fäkalien immer noch nicht gern weggemacht werden, aber mit einem größeren Verständnis für solche Menschen. Dadurch haben sich die Situationen etwas entspannt.
Abschließend lädt Herr Pohl ein, sich die Gegend um den Bahnhof Zoo anzuschauen. Kollegen der Stadtmission werden darüber berichten, was sie vorhaben. Man möchte besser mit den Menschen arbeiten. Vermutlich leben 4.000 bis 6.000 Menschen auf der Straße. Es verbleiben nur wenig Hilfe für psychisch erkrankte Menschen übrig. Das mache die Situation nicht leichter.

 

Der Vorsitzende, Herr Lötzer, ist froh darüber, dass beide Ämter zusammenarbeiten und dass die Tendenzen und Verbesserungen, die in den Abläufen geschildert wurden und noch in Planung seien, in eine gute Richtung gehen. Herr Lötzer vermittelt, dass sich der Ausschuss für Soziales und Gesundheit mit gesundheitlich-psychisch kranker obdachlosen Menschen auseinandergesetzt habe und dass hier noch viel zu tun sei.
Eine einfache Ortsveränderung helfe oft nicht, das Problem zu lösen. Dass das OA für Recht und Ordnung sorgen müsse, sei gut. Wenn aber diese Menschen nicht in eine Einrichtung gehen oder gar nicht gehen können, dann findet ein einfacher Ortswechsel statt. Die Polizei kenne das wohl näher. Im vergangenen Jahr wurde der Tiergarten geräumt, weil es zu viele Drogenhändler gab. Aus Lichtenberg kam dann die Meldung, dass die Betreffenden sich dort aufhalten. Herr Lötzer bittet im Rat der Bürgermeister noch einmal darüber nach zu denken. Es müssen für Obdachlose ganzjährig Unterkünfte geschaffen werden. Es müsse doch in Berlin Ressourcen und ein angemessener Umgang mit solchen Themen geben. Obdach in irgendeiner Weise, minimale medizinische und gesundheitliche Versorgung. Hier müsse man noch nachdenken.

 

Herr BzBm von Dassel vermittelt, dass es am Dienstag einen regen Austausch mit dem Staatssekretär für Soziales und Gesundheit gab. Mitte habe sehr gute Angebote im Winter mit einer vierstelligen Platzzahl, in dem das gerade von Herrn Lötzer gewünschte angeboten werde. Im Sommer gebe es solche Hilfsangebote nicht. Der Senat überlege, die Zahl der Unterkunftsplätze, die niederschwellig und voraussetzungslos genutzt werden können, auch im Sommer deutlich auszuweiten. Was finanzierbar sein könnte, könne Herr von Dassel jetzt noch nicht mitteilen. Worauf immer hingewiesen werden müsse, dass es sozialhilferechtlich diese Möglichkeit gebe. Das BA müsse lernen, dass offensiv an zu bieten, weil es mit den Überbrückungshilfen des SGB XII diese Hilfen gebe, die dann das volle sozialhilferechtliche Paket anbieten können (von gesundheitlicher Unterstützung bis Unterbringung und Mittel für den Lebensunterhalt). Aber die Überbrückungshilfen seien Überbrückungshilfen und richten sich insbesondere an diejenigen, die keinen Anspruch oder zumindest, wo nicht von vornherein absehbar sei, dass sie einen Regelanspruch auf Regelleistungen haben, und zwar unbefristet. Das BA konnte bisher feststellen, dass die Übergangshilfen von vielen Menschen, insbesondere aus EU-Staaten nicht angenommen werden, weil mit der Überbrückungshilfe auch verbunden sei zu schauen, ob die Person ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht habe oder wenn erkennbar sei, hier liege eine Beschäftigung vor, hier sei auch keine Schwarzarbeit geleistet worden und man könne hier helfen, die Rechte der Person gegenüber einem Arbeitsgeber durchzusetzen. Die nächste Stufe der Übergangshilfe würde dann greifen. Das BA müsse dann schauen, ob die Person in ihrem Heimatland keine besseren Existenzchancen habe. Vor dieser zweiten Stufe schrecken viele Personen zurück, die absolutes Hilfebedarf haben. Deshalb gebe es die Situation, die jetzt vorgefunden werde. Es gebe aber auch eine geringe Anzahl von Personen, die sich jeglicher sozialer Kontrolle und jeglicher Hilfeinanspruchnahme verweigern und sich lieber dem Alkohol widmen. Sie seien so schwer suchtkrank, dass sie für niemanden erreichbar seien, aber trotzdem noch für den öffentlichen Raum ein Ärgernis und auch zum Teil eine Bedrohung darstellen.

Deshalb müsse man zwischen 3 Gruppen unterscheiden:

  • Personen, die Hilfeansprüche haben
  • Personen, die sie in Form von Überbrückungshilfen hätten
  • Kleine Personengruppe, die den öffentlichen Raum dominieren und sich allem verweigern

 

Herr BzStR Gothe dankt zunächst einmal dafür, dass es eine Anlaufstelle am Bahnhof Zoo von der Stadtmission gebe. Das sei ein sehr wichtiger Anlaufpunkt für die City West und mit Nähe zum Großen Tiergarten, das sei für den Bezirk Mitte eine wichtige Einrichtung. Am Hauptbahnhof in der Lehrter Straße habe Mitte selbst einen guten Standort der Stadtmission. Es gebe zwischen den Stadträten der verschiedenen Bezirke auch Konsens, dass es nicht nur diese beiden Anlaufpunkte gebe, sondern dass es weitere Hauptanlaufpunkte für Obdachlose geben sollte. Diese sollten sich im S-Bahn-Ring befinden. Herr Gothe schlug vor, bei der Weiterentwicklung des Hauses der Statistik auch eine solche Einrichtung einzuplanen, weil die Nähe zum Alexanderplatz prädestiniert wäre. Auch sollte es solche Stützpunkte in Neukölln und Schöneberg geben, damit die Hauptanlaufpunkte auch in der Berliner Innenstadt dezentralisiert werden.
Herr Gothe vermittelt weiter, dass es nicht nur um Wohnungen gehe, sondern auch um gewerbliche Räume, die für soziale Einrichtungen dienen können (wie Evas Haltestelle, EJF). Auch für Klick e.V. war es schwierig, im Rahmen des Tausches innerhalb von Immobilien einer Wohnungsbaugesellschaft einen Raum zu finden. Die Immobilienfrage sei für die Träger sehr wichtig, aber auch für die Angebote über die städtischen Wohnungsbaugesellschaften städtische Wohnungen zu haben. Es gebe 200.000 Wohnungen im Bezirk Mitte, nur 24.000 Wohnungen davon seien städtische Wohnungsbaugesellschaften. Man müsse stark daran arbeiten, den Stand mit den städtischen Wohnungsbaugesellschaften zu vermehren. Im Stadtentwicklungsausschuss habe er vorgerechnet, wie viel man in Mitte bauen müsste, um das Ziel des Senats von 300.000 auf 400.000 städtische Wohnungen zu kommen. 10.000 Wohnungen müsste man neu mit den städtischen Wohnungsbaugesellschaften nur im Bezirk Mitte schaffen. Schöner wäre es, die Zahl zu verdoppeln. Alle seien aufgerufen, das zu ermöglichen, wenn es ein Grundstück gebe, an das das BA Mitte herankomme, um dort mit einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft möglichst viele Wohnungen zu bauen. Er möchte die Bedeutung klarmachen. Im Sozialamt Mitte habe man bei der Betreuung Kosten der Unterkunft rd. 40.000 Bedarfsgemeinschaften. Mitte müsse an die städtischen Wohnungsbaugesellschaften Jahr für Jahr 250 Mio. € ausreichen. Von den 40.000 Bedarfsgemeinschaften wohnen 10% in Wohnungen von städtischen Wohnungsbaugesellschaften. 90% von den 250 Mio. € fließen direkt in die Taschen privater Wohnungseigentümer. Das sei ein Irrsinn, dass alle 4 Jahre 1 Mrd. € von staatlicher Seite an private Immobilienbesitzer gehen. Die Anstrengungen mit eigenem Kapital der Stadt Wohnraum zu kaufen oder zu erstellen, müsse man erheblich ausdehnen, um nicht hinzunehmen, dass Jahr für Jahr rd. 220 Mio. € in die Taschen von privaten Hauseigentümern geben, nur damit dort Menschen wohnen können und nicht auf die Straße gesetzt werden. Des Weiteren vermittelt Herr Gothe, dass es eine Wohnungsvermittlung über das EJF gebe, die es im letzten Jahr schaffte, 56 Wohnungen für 208 Personen zu akquirieren. Diese 208 Personen haben in Unterkünften, in denen sie wohnten, 700.000 € gekostet. Dadurch, dass die Personen in Wohnungen vermittelt wurden, koste die Miete nur noch 200.000 €. Auch hier könne man feststellen, dass es dringend geboten sei, dass normale Wohnungen verfügbar gemacht werden, um wohnfähige Menschen, die von Obdachlosigkeit bedroht seien, unter zu bringen. Das sei auch preislich günstiger, als betreutes Wohnen.

 

Herr BV Hauptenbuchner (SPD) dankt für die Beiträge und findet die heutige Debatte sehr wichtig. Das angesprochene Problem des Nichtvorhandenseins von Wohnraum und Prävention sei ein wichtiger Aspekt in Mitte, worüber man diskutieren müsse. Zwangsräumungen müssten weitestgehend vermieden werden. Er fragt nach, ob das Amt schneller eingreife, damit keine entsprechenden größeren Lager mehr entstehen? Zu den an Personen verteilte Flyer sei ihm noch nicht klar, woher die Person weiß, wohin sie gehen müsse? Des Weiteren möchte er wissen, ob es zutreffe, dass eine Person auf einer Parkbank liegen darf. Welcher Zustand muss vorhanden sein, wenn die Person angetroffen werde? Abschließend fragt er nach, ob eine Hospitation von Seiten des Amtes in der Bahnhofsmission möglich sein könnte?

 

Herr von Dassel teilt mit, dass andere Bezirke auch mit dem Problem von Lagerstätten kämpfen (wie Treptower Park). Ob das aufgrund des Handelns des BA geschehen sei oder weil man nach wie vor Zuzüge von Menschen mit einer prekären oder gar keiner Unterbringung im Land Berlin erlebe, könne man schwer feststellen. Einen direkten Zusammenhang spüre man nicht.

Der Bezirk Mitte könne sich glücklich schätzen, dass es 8 soziale Träger gebe, die über das europäische Programm zur Unterstützung von besonders von Armut betroffenen Menschen tätig seien. Mit allen Trägern habe das BA Mitte Kooperationsvereinbarungen geschlossen, um sicher zu stellen, wenn sie Personen treffen, die einen Hilfebedarf haben, sie zu unterstützen und ihnen zu vermitteln, dass sie Anspruch auf ergänzende Leistungen des Jobcenters haben. Damit haben sie auch einen Anspruch auf eine Unterbringung. Man stelle aber fest, dass die Träger kaum Personen benennen. Herr von Dassel bemerkt, dass hier Zweifel aufkommen, ob man überhaupt mit Straßensozialarbeit einen großen Zugang zu den Personen und erfolgreiche Überführung in das Hilfesystem hinbekomme. Auch das Sozialamt gebe unterschiedliche Einschätzungen dazu. Das müsse man ausprobieren. Sicher sei aber nicht, dass das gelingen werde.

 

Herr Kummert teilt zur Verdrängung in andere Bezirke mit, dass das nicht stattfinde. Er habe Gespräche mit anderen Amtsleitungen geführt. Durch den Vorfall Mord im Tiergarten, habe der Vorfall eine sehr starke mediale Aufmerksamkeit erregt. Die Bevölkerung sei wesentlich aufmerksamer. Andere Bezirke haben das auf ihre TO gesetzt und die Ordnungsämter dort haben das Thema aufgegriffen. Die AO-Kräfte sind nicht nur für das Thema Obdachlosigkeit zuständig, sondern sie sind für die Straßensondernutzung, Ruhestörung, Nichtraucherschutz, Jugendschutzgesetz, Alexwache, Abschleppen und Vermüllung im öffentlichen Raum zuständig. Die wenigen Mitarbeiter*innen des OA in Mitte können nicht so viele Menschen ansprechen.

Wegen einer einzelnen Person, die auf einer Parkbank nachts liege, werde niemand etwas sagen. Hier werde das Opportunitätsgesetz angewandt. Bei Ordnungswidrigkeiten habe die Verwaltung des OA einen gewissen Spielraum und könne entscheiden, ob man das vehement ahnden müsse.

Es gehe tatsächlich darum, wenn Zelte aufgeschlagen werden.

Herr Kummert sagt zu, die Anregung von Herrn BV Hauptenbuchner für eine Hospitation in der Bahnhofsmission des Bahnhofs Zoo weiter an seine Kollegen*innen zu geben.

 

Herr Dr. Schlese teilt mit, dass es Anfang 2017 eine sehr intensive Begleitung gegeben habe. Dabei habe sich herausgestellt, dass in keinem einzigen Fall ein Hilfeangebot angenommen wurde. Das habe dazu geführt, dass die physische Begleitung von den zuständigen Fachbereichsleitern nur noch auf die Fälle reduziert werde, wo es tatsächlich eine explizite Abfrage gebe. Es habe sich gezeigt, dass das Sozialamt im Zusammenhang mit Räumungen eher als die „böse Staatsgewalt“ wahrgenommen werde. Der Weg sei nicht effektiv, wirklich Menschen anzusprechen. Das Amt möchte nun versuchen, bestimmte Betreuungsleistungen in Kooperation mit externen Trägern zu erfüllen. Es gebe Obdachlose, wofür das Amt Leistungen zahle. Idee sei nun, die Zahlung nicht im Amt, sondern dort zu zahlen, wo die Obdachlosen hingehen und sonst betreut werden. Man möchte einen Anreiz schaffen, das Amt anders wahr zu nehmen. Das Amt habe beschossen, das durch zu führen, aber entsprechende Gespräche müssen noch mit den in Frage kommenden Trägern geführt werden. Das Amt möchte sein Image verändern. Des Weiteren möchte man die aufsuchende Sozialarbeit besser strukturieren, um eine bessere Zusammenarbeit zu erzielen.

 

Frau Holzinger von der Berliner Stadtmission, Fachbereich Wohnungslosenhilfe, dankt, dass sich das Bezirksamt diesem Thema gestellt habe. Sie bittet das Bezirksamt, wenn es um Sozialarbeit gebe, solle man sie in die Prävention stecken. Sie bemerkt anschließend und bezieht sich auf die Menschen, die dem Alkohol verfallen sein, dass sie einen Anspruch im deutschen Hilfesystem haben. Die Berliner Stadtmission sei ein Träger, der am Modellprojekt „housing first“ mitmache. An dieses Modell seien berechtigte Hoffnungen geknüpft, um eine Gruppe von Menschen zu erreichen, die im Hilfesystem durchfallen. Des Weiteren vermittelt Frau Holzinger, dass es mittlerweile 37 Rollstuhlfahrer gebe, die verelendet seien. Hier benötige man keine Sozialarbeit und auch keine Rückkehrberatung, sondern hier stelle sich die Frage, wie möchte man als reiches Land mit Menschen umgehen, die auf der Straße sterben, oder gebe es eine Alternative? Man sollte nicht die sozialen Träger als das letzte Glied in der Kette alleine lassen. Man sollte sich als Bürger*innen eines reichen Landes mit dieser Frage auch auseinandersetzen.

 

Herr BV Kurt (Grüne) spricht seine Anfrage zu 2 leerstehenden bezirkseigenen Wohnungen an und fragt nach, warum diese Wohnungen nicht genutzt werden? Diese Wohnungen könnten an schutzbedürftige Menschen über „housing first“ angeboten werden. Da seine Anfrage nicht ausreichend beantwortet sei, bittet er das Bezirksamt, zu antworten. Des Weiteren fragt er zu den Rollstuhlfahrern nach, in wie weit sich die Strategiekonferenz dem Thema gewidmet habe? Wenn Menschen sich aufgegeben haben und auch keine Hilfe wollen, gebe es Angebote, wo diese Menschen sterben könnten? Diese Menschen benötigen Pflege und Unterstützung. Da es auf Landesebene Clearingstellen geben soll, meint, er, dass das Bezirksamt gebeten wurde, sich dafür einzusetzen.

 

Frau BV Dr. Freikamp (DIE LINE) fragt nach, inwieweit das Sozialamt mit dem sozialpsychiatrischen Dienst in der Präventionsarbeit zusammen arbeite? Bei Menschen, die sich aufgegeben haben, sei das keine Tätigkeit, wo man hingehe und einen Flyer abgebe und eine Beratung von 30 min. durchführe, sondern das sei eine Arbeit über Jahre. Hier werde Kontinuität benötigt. Sie fragt nach, ob das in der Planung mit aufgenommen wurde.

 

Herr BD Dr. Pathe (CDU) merkt an, da von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr das OA keinen Dienst auf der Straße verrichte, könne der auf einer Parkbank schlafende Obdachlose nicht gestört werden. In der letzten Wirtschaftsausschusssitzung wurde darüber beraten, ob man die Dienstzeit des OA verlängern könnte.

 

Frau BV Stein (Grüne) fragt nach, ob das Bezirksamt Ideen entwickelt habe, wie die Kosten für Bedarfsgemeinschaften für Wohnungsbau ausgegeben werden könnten? Wie könne es gelingen, dass die Mittel zur Verfügung stehen? Wie könnte die öffentliche Hand schneller sein, Immobilien zu bekommen, um sie für die Bevölkerung zu sichern?

 

Herr BzBm von Dassel beantwortet die Fragen wie folgt:

Zu den bezirkseigenen Wohnungen teilt er mit, dass allen bekannt sei, welchen Wert Wohnungen haben. Der Bezirk könne es sich nicht leisten, dass Wohnungen leer stehen, die dem Bezirk selbst gehören. Es gebe aber nur eine begrenzte Anzahl von Wohnungen. Es liege derzeit eine abgeschlossene Prüfung zu den Dienstwohnungen und den allgemeinen Wohnungen vor. Die beiden Dienstwohnungen werden geprüft, inwieweit sie vermietbar seien. Sie seien in einem Zustand, dass sie nicht mehr vermietbar seien. Nach der Prüfung werde man die Dienstwohnungen schnell vermieten oder man werde den Zustand wiederherstellen, dass man sie vermieten könne. Ob sich die Wohnungen für das „housing first“ eignen, habe Herr von Dassel Zweifel. Eine sinnvolle Verwendung werde man finden. Problematik sei immer, dass sie diese Wohnungen auf dem Schulgelände befinden. Hier gelten besondere Bedingungen. An jeden könne man diese Wohnungen nicht vermieten.

Zur Clearingstelle wünsche er sich, dass diese Stelle einen etwas breiteren Ansatz habe und nicht nur schaue, welche Krankenversicherungsansprüche bestehen, an einer anderen Stelle aber schaue, ob Beschäftigungsverhältnisse bestehen. Aus seiner Sicht bräuchte man eine Stelle, wo das gebündelt abgefragt, beraten und ggf. gelöst werden kann. Er habe sich angeschaut, wie München mit diesem Thema umgehe. Dort gebe es deutliche Synergieeffekte, wenn man eine zentrale Anlaufstelle schaffe und dann gebündelt zu allen Fragen beraten könne und nicht wieder auf verschiedene Träger aufteile.

 

Herr BzStR Gothe teilt zum sozial-psychiatrischen Dienst und der aufsuchenden Arbeit und der Zusammenarbeit mit dem Sozialamt mit, dass es einen sehr guten Leiter gebe. Er habe ausprobiert, was es bedeute, wenn versucht werde, einer obdachlosen frisch erkrankten Person zu helfen. Es sei sehr schwierig und bedarf viel Zeit (mindestens 10 Besuche) bis man diese Person soweit habe, dass er mit in das Amt komme, um sich weiter beraten zu lassen. Es sei extrem aufwendig, an diese Fälle über den sozial-psychiatrischen Dienst soweit heran zu kommen, um in einen Modus zu kommen, wo man helfen könnte. Man müsse die bittere Entscheidung treffen, ob man diesen einen Fall betreue und 10 andere Fälle, die man mit einer einmaligen Beratung helfen könnte, dann nicht. Unter den derzeitigen Verhältnissen sei es sehr schwer, diese aufsuchende Tätigkeit über den SPD zu leisten.

Zur Frage von Frau Stein, wie man die KdU-Mittel in den Wohnungsbau umleiten könnte, teilt er mit, dass das nicht gehe, sondern es sollte ein Beispiel sein, wie enorme Summen im Jahr konsumtiv in dieses Thema hineinfließen. Das relativiere ein wenig die erheblichen Anstrengungen, die der Senat mit seinen Wohnungsbaugesellschaften macht. Es zeige, wie gut es eine Stadt habe, die über einen großen städtischen Wohnungsbaubestand verfüge. Auch sei man froh darüber, dass private Vermieter an Haushalte vermieten, die vom Sozialamt unterstützt werden. Dass das Wohltäter sein, könne man aber nicht sagen. Das hänge immer davon ab, ob so ein Haus noch in einer Phase sei, dass es gerade gebaut wurde, kreditfinanziert sei, der Eigentümer tatsächlich viel Geld aufwenden müsse, um den Kredit abzubezahlen. Da mag das sein, dass die Marge relativ gering sei. Aber in einem abbezahlten Haus betrage die Kostenmiete im Prenzlauer Berg ca. 4 €. Der Eigentümer, wenn er frei vermieten würde, könnte 14,00 € Nettokaltmiete nehmen. Er würde Personen mit sozialer Unterstützung gar nicht nehmen. Herrn Gothe stört, dass der gleiche Eigentümer vor 10 Jahren 8,00 € nehmen konnte und jetzt 14,00 € nehmen könne, ohne dass sich an seiner Leistung irgendetwas geändert habe. Der Markt nutze das gnadenlos aus. Es sei bedauerlich, dass die Mietpreisbremse bisher nicht gehalten habe, was sie versprochen habe. Er befürchtet, dass die nächste große Koalition nicht besonders voranschreite.

 

Herr Dr. Schlese teilt zu den Rollstuhlfahrern mit, dass man sich hinsichtlich dieser Thematik noch einmal zusammensetzen möchte. Man werde hinsichtlich der 37 Rollstuhlfahrer prüfen, welche rechtlichen Möglichkeiten man habe. Des Weiteren vermittelt er, dass der SPD sehr angespannt sei. Es gebe eine enge Zusammenarbeit. Es gebe die Chance, die Kollegen*innen bei der Eingliederungshilfe zu entlasten. In den nächsten Jahren werde es ein anderes Modell geben. Herr Dr. Schlese hofft, dass diese Entlastung Arbeitszeit freisetzen werde, die dann in die Betreuung gesteckt werden könnte. 9.000 Geflüchtete werden seit 2015 betreut. Dem Bezirk Mitte sei es gelungen, etwa 3.000 Geflüchtete in Wohnungen unter zu bringen oder ihnen die Möglichkeit gegeben, sich selbst eine Wohnung zu suchen.

 

Ein Vertreter der Polizei, Abschnitt 34, teilt abschließend mit, dass er die Darlegung von Herrn Kummert vom OA so auch sehe. Die Polizei werde das OA begleiten. Die Polizei sei sich der Rolle bewusst, dass man das alleine nicht lösen könne, denn es handele sich um ein soziales Problem. Die Frage der Verdrängung werde auch oft an die Polizei gestellt, ob es Sinn mache. Es gebe die Bedürftigen, wo versucht werde, sie von der Straße weg zu bekommen. Aber für andere sei das eine Ordnungsstörung.

 

Der Vorsitzende, Herr Lötzer, bedankt sich bei allen für ihre Beiträge. Es können einige Anregungen mitgenommen werden.

 

 
 

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