Auszug - Kindertagesstätten: Probleme, Lösungen und Entwicklungen BE: Vorstand der GEW Berlin (n.n.), Kathrin Starke (Kita-Leitung Lichtenberger Straße, Kindergärten City), Ute Gracia (Kita-Leitung Ramlerstraße, Kindergärten-City), Katrin Molkentin (Bezirkselternausschuss Kita-Mitte)  

 
 
14. öffentliche Sitzung des Jugendhilfeausschusses
TOP: Ö 5
Gremium: Jugendhilfeausschuss Beschlussart: erledigt
Datum: Do, 04.01.2018 Status: öffentlich
Zeit: 17:30 - 20:07 Anlass: ordentlichen Sitzung
Raum: BVV-Saal
Ort: Karl-Marx-Allee 31, 10178 Berlin
 
Wortprotokoll

Frau Dietzsch übernimmt für diesen TOP den Vorsitz.

 

Frau Dietzsch berichtet, dass in dem Bericht der Fokus auf die Qualität gelegt werde, auch vor dem Hintergrund des Ausbaus der Plätze im Jahr 2017. Mit den Gästen werde über die Notstände und die dringendsten Probleme vor Ort gesprochen, die sich auch aus dem Personalmangel ergeben. Daran anknüpfend werden Qualitätsmerkmale definiert und die Handlungsfelder identifiziert, an denen die Bezirksverwaltung unterstützend Einfluss nehmen könne.

 

Frau Molkentin berichtet über das Maß der Beteiligung von Eltern, die als Erziehungspartnerschaft verstanden werden sollte, nicht als reiner Informationsaustausch, so sehe es das Berliner Bildungsprogramm vor. Als wichtige Themen spricht sie den Wechsel der Erzieher sowie die Übergänge aus der Kita in die Schule an. Bezüglich des Personalschlüssels müsste zur Realisierung des Alltags eine Überbelegung eingerechnet werden.

 

Herr Kraft (Leitung Vorstandsbereich Kinder-, Jugendhilfe und Sozialarbeit) und Frau Weißhoff berichten, dass die Erzieher am Rand der persönlichen Kapazitäten arbeiten. Den Ausschussmitgliedern werden die Forderungen in Form von Pressemitteilungen ausgehändigt. Die Verbesserung des Entgelts ist nur ein Aspekt, der sich auf die Qualität auswirke.

 

Frau Gracia berichtet als Leiterin der Kita in der Ramlerstraße über den Fachkräftemangel und die Kompetenzerwartungen an den Beruf „Erzieherin/Erzieher“. Diese entwickelten sich über die letzten Jahre und Jahrzehnte hin zur Heil- und Sozialpädagog*in, sodass die Grundlagen, die vor Jahrzehnten noch ausreichten, erweitert werden müssten. Um sich auf die pädagogische Arbeit konzentrieren zu können, sollten die Erzieher*innen von den Sekretariatstätigkeiten (Telefonanrufe, E-Mails) entlastet werden. Ist das Wissen und die Kompetenz vorhanden, fehle die Zeit, um diese umzusetzen. Wenn die Kitas als Bildungseinrichtung gesehen werden, müsse nachgebessert werden, um den Erwartungen des Bildungsprogramms auch nachzukommen. Die skandinavischen Länder würden sich als Vorbild eignen.

 

Frau Starke berichtet als Leiterin der Kita in der Lichtenberger Straße von dem Wandel in der Eltern- als auch Erzieherschaft in den vergangenen Jahren. Zur Gewinnung neuer Fachkräfte sei viel bewegt worden, auch 14-tägige Auswahlverfahren habe es gegeben, jedoch leider ohne den avisierten Erfolg, da es bereits an Bewerbern mangele. Den eingestellten Fachkräftenachwuchs zu halten, sei die nächste schwere Herausforderung. Diese zu meistern sei für die Entwicklung der Qualität jedoch sehr wichtig und bedinge eine here Beteiligungsmöglichkeiten jeder einzelnen Fachkraft. Eine Erhöhung der Quereinsteigerquote bedinge, dass Kapazitäten vorhanden sind, diese vor dem Hintergrund der Erwartungen an Fachkräfte anzuleiten. In ihrer Kita seien diese Kapazitäten nicht vorhanden, andernfalls würden Einbußen an anderen Stellen erfolgen.

 

Die amtierende Vorsitzende (Frau Dietzsch) fasst die konkreten Themen und Wünsche aus den Berichten zusammen:

-          Ombudsperson, als Vermittlung zwischen Kita und Verwaltung

-          Kampagne zur Auswertung des Berufsbildes Erzieher*in

-          Person für Sekretariatstätigkeiten für die Kita-Leitung

-          Veränderte Ausbildung, mehr Heil- und Sozialpädagogen

 

Frau Schauer-Oldenburg betrachtet die Forderungen der Kitas aus Sicht einer Gewerkschafterin und bittet um Konkretisierung, mit welchen Maßnahmen diese Forderungen umsetzbar wären, welche Motivation einfließe und wie die Verhandlungen mit Frau Scheeres aussähen. Herr Kraft erläutert dazu, dass die Pressemitteilung die anzupassenden Rahmenbedingungen abbilden solle. Gespräche mit einzubindenden Akteuren fänden statt.

 

Herr Siewer von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fasst zusammen, dass das Hauptproblem der Fachkräftemangel sei, bzw. die Gewinnung von Fachkräften in allen drei Phasen (Akquise und Ausbildung, Einmündung in den Beruf, Kompensation der Kräftebindung in der Ausbildungszeit). Er erkundigt sich, ob es über die Sekretariatstätigkeiten hinaus weitere Entlastungen der Pädagogen gäbe und welchen Einfluss das Bezirksamt und die BVV auf die identifizierten Handlungsfelder habe. Herr Kraft erläutert, dass bezgl. der monetären Verbesserung die Möglichkeit des Streiks nicht zur Verfügung stehe. Die Öffentlichkeit werde auf andere Weise darauf aufmerksam gemacht.

Aus Sicht einer Kitaleitung könne beispielsweise die Wäsche an Dritte weitergegeben werde, um die Pädagog*innen zu entlasten, auch wenn nicht vollumfänglich. Die Hauptentlastung läge bei den Sekretariatstätigkeiten.

 

Herr BV Kociolek von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erfragt die Fluktuation bei jungen Erzieher*innen, insbesondere nach der Ausbildung, sowie die Förderung der Quereinsteiger.

In den jeweils vertretenen Kitas gibt es unterschiedliche Erfahrungen, auch damit zusammenhängend, dass nicht in jeder Kita junge Erzieher tätig seien. Die Ausbildung von Nachwuchskräften binde Ressourcen des bestehenden Personals und wirke sich auf den Personalschlüssel aus, obwohl die auszubildende Kraft nur einen Teil der Zeit in der Einrichtung verbringe. Die praxisnahe Ausbildung sei aber auch sehr wichtig.

Die Eltern nähmen die Situation ähnlich wahr. Frau Molkentin berichtet, dass aus Ihrer Erfahrung jüngere Erzieher*innen mobiler seien. Quereinsteiger wiederum dürften nicht alle Aufgaben ausführen, was die Fachkräfte selbst auf längere Sicht nicht entlaste. Manche Themen, wie das Qualitätsgesetz, müssten beim Bund platziert werden. Bezüglich der Finanzierung plädieren die Eltern für eine gedrittelte Finanzierung: Bund, Land, Kommune. Der bereits erreichte Erfolg als Bildungseinrichtung sollte gemeinsam weiterentwickelt und nicht gegeneinander gerichtet diskutiert werden. Einige Maßnahmen können die Kitas im Rahmen ihrer Möglichkeiten und unter Beteiligung der Eltern einführen, ohne dass es einer politischen Entscheidung bedarf. Es fehle zum Teil an Raum, Zeit und Geld.

 

Es werde sich erkundigt sich, ob ein soziales Anerkennungsjahr helfen würde, und auch, welches Wohlbefinden die Kinder äerten.

Aus der Kita wird berichtet, dass heute individueller auf das Kind geachtet werde. Die Kinder und Erzieher*innen hätten durchaus Freiräume, die Tage seien nicht durchgeplant. Die Freiräume seien noch ausbaubar. Erwähnenswert sei die Diskrepanz mit den Eltern, die häufig noch aus ihren einstigen Erfahrungen übertragen wollten.

 

Frau Depil plädiert dafür, das Berufsbild der Erzieher*innen und insbesondere die Attraktivität des Berufs, differenziert zu betrachten, abhängig vom Schulabschluss. Der Erzieher*innenberuf müsse nicht akademisiert werden.

 

Die begleitende Anleitung angehender Fachkräfte sei gefordert worden und sollte nun nicht kritisiert werden. Bezüglich der Forderungen, insbesondere den von Frau Molkentin angesprochenen Vorschlag, die Netto-Arbeitszeit in die Berechnung des Personalschlüssels zugrundezulegen, könne sich das Bezirksamt den Trägern anschließen, da die Forderungen bereits gegenüber dem Land gestellt würden.

 

Herr BV Torno von der Fraktion der AfD bekräftigt den Redebeitrag Frau Schauer-Oldenburgs und bittet Frau Starke, die Erläuterungen zur Entwicklung des männlichen Personal konkreter auszuführen. Frau Starke berichtet, dass männliche Erzieher in einigen Einrichtungen nicht vorhanden sind und sich im Verhältnis gesehen sehr wenige Männer für diesen Beruf interessieren.

 

Frau BzStRätin Dr. Obermeyer spricht sich dafür aus, den Druck auf die Eigenbetriebe herauszunehmen. Man könne nicht die Anzahl der Kräfte in den Kitas erhöhen und die Umsetzbarkeit der Ausbildung und Anleitung außer Acht lassen. Dem gegenüber stehe die Gewährleistungspflicht der Bezirke, Kita-Plätze zur Verfügung zu stellen, und das auch qualitativ gut. Den Kindertagesstätten, die sich daran beteiligten, wird großer Dank ausgesprochen. Sie erkundigt sich, welche weiteren Möglichkeiten für andere Fachkräfte im Sinne von multiprofessionellen Teams gesehen werden, um die Kitas noch stärker zu öffnen.

Zu erwähnen sei auch die Energie, die in die Neugewinnung von Fachkräften gesetzt werde. Allein die Eigenbetriebe müssten jährlich 10% des Personals ersetzen. Die Senatsverwaltung werden zu den Statistiken in Zusammenhang mit der Personalgewinnung informiert.

Die Kostenblattverhandlungen seien gerade abgeschlossen worden, sodass eine Einflussnahme nicht mehr möglich sei. Es werde jedoch für Kitas, die neue Plätze schaffen, einen Bonus geben. Als BzStRätin wünsche sie sich, dass das Bonusprogramm funktioniere und die 7,5 Mio. € abgerufen würden.

 

Frau Molkentin berichtet, dass die Kostenblattverhandlungen den Eigenanteil der Kitas von 6,5% auf 5% reduzierten. Das bedeute jedoch in der Praxis, dass voraussichtlich diese 5% am Kind eingespart würden. Der Aspekt der Miethöhen ist ein weiteres Problem, da diese unterschiedlich seien. Unter dem quantitativen Aspekt sollten die Bezirke Flächen sichern, denn es werde Platz benötigt. Das Bonusprogramm des Senats sehe sie sehr kritisch, da auf bestehender Fläche mehr Plätze geschaffen, im Gegenzug die qualitative Nutzung der Flächen reduziert worden sei. Weiter sei es kritisch, den Beruf der Erzieher*innen als Mangelberuf zu bezeichnen. Das würde den Bund motivieren, die Quereinsteiger zu fördern und keine Fachkräftegewinnungsstrategie zur Folge hätte. In Quedlinburg wurde die Einrichtung einer Arbeitsgruppe zur Gewinnung von Fachkräften beschlossen. Die Zusammensetzung ist in Hinblick auf die Umsetzung des Bildungsprogramms von Vorteil, da mehrere Ministerien und Verbände beisammen seien.

 

Frau Goral bezieht Stellung zu mehreren Themen:

-          Die Vorweggewährung bzw. die „Anerkennung von Erfahrungsstufen“ sei bestenfalls eine Notlösung, einzelfallbezogen und keine Kompensationr eine Anpassung des Tarifs.

-          Sie bewerte den Wegfall der Anerkennungsjahre (in Berlin) als nachteilig mit evtl. fachliche katastrophalen Auswirkungenr den Berufszweig der Erzieher*innen.

-          Bezüglich des Fachkräfteerhalts sollte das Augenmerk auf die originäre Aufgabe des Berufs „Erzieher*in“ gelegt werden, die Sekundärtätigkeiten (Bürotätigkeiten u.a.) sollten reduziert oder gar vermieden werden.

 

Frau Schauer-Oldenburg bittet den Ausschuss, zu den angesprochenen Aspekten Handlungs- und Lösungsansätze zu bilden, um weitere Schritte einzuleiten und nicht nur darüber zu reden.

 

Die Leiterin der Kita Gottschedstraße, Frau Graß, betont, dass die Bezahlung der Erzieher*innen eine wichtige Rolle spiele und sich je Land unterscheide, aber auch zwischen freien Trägern und Eigenbetrieben. Die Einstufung in „schwierige Einzugsgebiete“ wirke sich auf die Unterschiede aus, das Gebiet um den Nauener Platz sollte als solches eingestuft werden. Ein weiterer Aspekt seien die körperlichen Belastungen, die von den Gegebenheiten vor Ort abhängen (Straße, Garten u.a.). Logopädische Kenntnisse würden inzwischen häufiger benötigt, sodass die Kitas davon profitierten, würde eine solche Fachkraft zur Verfügung stehen.

 

Frau Koch (Jugendamt) bezieht Stellung zum angesprochenen Thema, „wie kann der Bezirk zur Qualität beitragen?“. Im Bezirk Mitte werde das „Landesprogramm der guten gesunden Kita“ umgesetzt. Es impliziert neben dem Bildungsprogramm für die Kinder auch die Verbesserung der Gesundheit für die Erzieher. Mit der Verbesserung der Arbeitsbedingungen für die Erzieher*innen könne das Personal gehalten werden. Inzwischen startete die Phase 4. Es seien noch ausreichend Mittel zur Verfügung, um Kitas, die sich daran beteiligen möchten, zu unterstützen. Das heute gezeichnete Bild sei düsterer gezeichnet, als von ihr in der Praxis wahrgenommen.

 

 

 
 

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