Auszug - Café "Semit Evi", Rathausplatz Müllerstraße: Aktueller Stand und Aussicht BE: BA Mitte: BzStR Carsten Spallek  

 
 
14. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung, Sanieren, Bauen und Bebauungspläne
TOP: Ö 6.1
Gremium: Stadtentwicklung Beschlussart: erledigt
Datum: Mi, 13.12.2017 Status: öffentlich/nichtöffentlich
Zeit: 17:30 - 20:00 Anlass: ordentlichen Sitzung
Raum: BVV-Saal
Ort: Karl-Marx-Allee 31, 10178 Berlin
 
Wortprotokoll

BzStR Spallek hat dem Ausschuss vorab schriftlich eine Chronologie der Vorgänge zur Verfügung gestellt. Er weist darauf hin, dass die dort genannten Mietpreise u. U. der Nichtöffentlichkeit unterliegen. Er stellt die Sachlage wie folgt dar: In der vergangenen Woche ist die Situation zum Café Simit Evi im Rechnungsprüfungsausschuss vorgestellt worden. Das Gebäude befindet sich im Eigentum des Bezirks Mitte und wird derzeit bis März 2018 vermietet. Seit 2015 bestehe der Auftrag, zu prüfen, unter welchen Bedingungen eine Weitervermietung über März 2018 hinaus möglich wäre. Das Gebäude sei stark instandssetzungsbedürftig. Die Kostenschätzungen vom Aktiven Zentrum und dem Stadtteilzentrum im Jahr 2015 lagen bei ca. 500.000,- €. Inzwischen liege eine Bauplanungsunterlage (BPU) vor, die Kosten in Höhe von 616.000,- € prognostiziere. Die hier genannten Maßnahmen seien unverzichtbar, sofern eine gastronomische Weiternutzung beabsichtigt sei und bedingen eine Unterbrechung des Betriebes. Gemäß § 7 LHO ist eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung vorgenommen worden, in der die Sanierungskosten den Erträgen (Mieteinnahmen) in einem Zeitraum gegenübergestellt werden. In der rein finanziellen Betrachtung würden sich die Sanierungskosten nach 12 ½ Jahren amortisieren. Da geplant sei, auf dem Rathausvorplatz ab 2026 einen weiteren Bau der Schillerbibliothek zu errichten, müssten sich die Sanierungskosten für das Café Simit Evi innerhalb der nächsten 7 Jahre rechnen/amortisieren. Mit einer Verlängerung der Mietlaufzeit würde sich der Bau der Bibliothek verzögern. Eine Erhöhung der Miete, wie sie nach einer Sanierung und an dieser Lage ortsüblich wäre, läge bei einer Erhöhung um knapp 140% und käme politisch nicht in Betracht. In Betracht käme eine Erhöhung um 50%. Bliebe einzig die Komponente, die Sanierungskosten an der Außenhülle zu reduzieren, was bis zu einem Betrag von 80.000,- € möglich sei. Diese Kostenreduzierung würde dennoch entweder die Verlängerung der Mietzeit oder die weitere Erhöhung der Mietkosten erfordern. Die Betrachtung befindet sich in einer Kette anderer Ereignisse und Beschlüsse, wie zum Beispiel die erwähnte Erweiterung der Schillerbibliothek bis 2026, die eventuell vorgezogen werden könnte, um beide Maßnahmen miteinander zu kombinieren. Die Unterbrechung des Betriebs des Café Simit Evi sei jedoch unvermeidlich, da während des Baus kein Betrieb möglich sei. Die Inanspruchnahme öffentlicher Fördermittel aus dem AZ-Programm würde die Problematik nicht entspannen, da es eine Bindungsfrist von 10 Jahren gebe.

 

Der Vorsitzende berichtet, dass den Ausschussmitgliedern Im Vorfeld vom Gebietsbeauftragten für das Sanierungsgebiet Jahn, Mack & Partner eine Zusammenfassung übersandt worden sei (siehe Anlage 3), aus der hervorgehe, wie aus Sicht des Sanierungs- und AZ-Gebiets die Lage dort eingeschätzt werde, inwieweit dort eine große Unterstützung bestehe, dass die jetzige Nutzung auch durch die jetzige Betreiberin aufgrund des speziellen Angebots für den Kiez weitergenutzt wird. Auch die Stadtteilvertretung „Mensch Müller“ hat im Vorfeld sich per E-Mail dazu eingebracht und dafür ausgesprochen. Der Vorsitzende stellt fest, dass ein Zielkonflikt zwischen den Sozialen Zielen der Stadterneuerung und den Erfordernissen des Facility Managements (FM) gegenüberstehe.

 

Der Vorsitzende fasst die verschiedenen Sachbestände und Möglichkeiten aus seiner Sicht zusammen:

-          Der Mietvertrag sei zu Ende März 2018 gekündigt.

-          Eine Lösung für den Zeitraum danach liege noch nicht vor.

-          Die Möglichkeit, die Sanierungsmaßnahmen von der Betreiberin gegen Mieterlass (o.a.) durchführen zu lassen, sei noch nicht besprochen.

-          Lt. Aussage der BzStRätin Weißler liege derzeit weder ein konkreter Zeitplan für den Erweiterungsbau der Schillerbibliothek vor, noch seien Mittel dafür vorhanden.

 

Mit Zustimmung des Ausschusses stellt die Betreiberin des Café Simit Evi ihre Sicht des aktuellen Standes dar. Sie habe bereits bei Bezug 130.000€ investieren müssen, da das Gebäude ihr in einem nicht gebrauchsfähigen Zustand vermietet wurde. 15 Angestellte sind im Cafe beschäftigt. Sie berichtet zum sozialen Stellenwert des Café in dem Kiez, insbesondere für Frauen mit Migrationshintergrund. In dem Café würde den Gästen Hilfestellungen geboten, sei es beim Ausfüllen von Antragsbögen sämtlicher Art oder anderer alltäglicher Fragen. Auch gegen die politisch-motivierten Angriffe aus der Türkei habe man sich gemeinsam erfolgreich verteidigt. Bei der Frage der Weiterführung des Cafés sei man aus dem Bezirksamt nicht auf sie zugegangen, um verschiedene Möglichkeiten zu besprechen.

 

Herr BV Draeger von der Fraktion der SPD spricht sein Erstaunen darüber aus, dass trotz der Gespräche vor Monaten noch keine Lösung in Sicht sei. Er spricht zudem sein Bedauern aus, dass der BVV keine Handlungsmöglichkeit zur Verfügung stehe, außer dem Bezirksamt die Unterstützung zuzusichern. Der Leopoldplatz sei ein wichtiger Standort für diese Art Café.

 

Frau BV Mayer erkundigt sich nach der Größe des Cafés und der Quadratmeterpreise vor und nach der Sanierung. Herr BzStR Spallek informiert, dass nach dem Rahmenpapier von Jahn, Mack & Partner nach einer Erhebung aus Mai 2017 das Café 196 qm erfasse (14x14 Meter mit Unterkellerung) und der Preis je Quadratmeter (qm) bei 5,35 € liege. Eine 50%-ige Finanzierung durch AZ sei möglich. Die Inanspruchnahme von Fördermitteln sei ebenfalls möglich, die Mittel müssten jedoch in einem Zeitraum von 10 Jahren eingesetzt werden, andernfalls sei eine anteilige Rückzahlung erforderlich. Nach einer Erklärung von Bildung/Kultur soll die Bibliothek nicht vor 2026 erweitert werden.

 

Herr BzStR Spallek berichtet weiter, dass am 24.11.2017 der Leiter der Stadtbibliothek im Rahmen einer Aktualisierungsabfrage durch das FM bestätigt habe, dass die Erweiterung der Schillerbibliothek Teil des Bibliotheksentwicklungsplan sei und in 2026 erfolgen solle.

 

Frau BV Mayer spricht sich neben der rein finanziellen Betrachtung stark für die Betrachtung des sozialen Mehrwerts des Cafés aus und sichert ebenfalls die Unterstützung zum Erhalt zu. An die Betreiberin richtet sie die Frage, ob die Unterbrechung des Betriebs möglich sei.

 

Herr BV Schug (SPD-Fraktion) äußert seine Verwunderung darüber, dass der Plan zur Erweiterung der Bibliothek nicht vorliege. Herr BzStR Spallek erklärt, dass möglicherweise eine Ausführungsplanung nicht vorliege.

 

Herr BV Schug sieht es nicht als realistisch an, dass der Erweiterungsbau vorgezogen werden könnte, was bedeute, dass eine andere Lösung gefunden werden müsse. Er plädiert dafür, den Erweiterungsbau der Bibliothek an die Maßnahmen des Café Simit Evi anzupassen. Das Café selbst müsse von der Straße gut zu sehen sein.

 

An den BzStR wird die Frage gerichtet, ob der Zustand des Gebäudes die Verlängerung des Mietverhältnisses über den März 2018 hinaus ausschließe. Herr BzStR Spallek erklärt, dass er selbst den Zustand und die Nutzung des Gebäudes nicht beurteilen könne und sich somit an die Einschätzungen der Fachleute stütze. Darüber hinaus sei der Nutzungskonflikt auf dem Rathausvorplatz aufgrund der Baukonzepte von Beginn an transparent gewesen, anders als bei anderen Cafés ähnlicher Art an anderen Standorten.

 

Frau BV Mayer erkundigt sich nach dem weiteren Werdegang im Prozessablauf. Herr BzStR Spallek erläutert, dass der weitere Prozess von mehreren Akteuren in verschiedenen Ämtern abhänge. Ein konkreter Weg sei aktuell nicht gezeichnet. Vertreter*innen seiner Verwaltung sind jedoch der Ansicht, dass es sich nach Sanierung des Cafes um ein neues Gebäude handelt, welches eine Neuausschreibung der Nutzung erforderlich machen würde. Diesbezügliche Anfragen von Interessenten würden bereits vorliegen.

 

Der Vorsitzende bittet Herrn BzStR Spallek den Vorschlag zu prüfen, die Kündigung zum März 2018 aufzuheben, um damit Zeit für die Lösungsfindung zu gewinnen.

 

Herr BV Kociolek (Fraktion Bü90/Die Grünen) spricht sich für die Sanierung aus, unter Kostenbeteiligung durch die Betreiberin bei Reduzierung der Mietkosten. Herr BzStR Spallek erklärt, dass diese Möglichkeit bei weitaus niedrigeren Sanierungskosten ein wirtschaftlicher Weg sein könnte. Die aktuelle Kosteneinschätzung sei für dieses Finanzierungsmodell zu hoch. Die Möglichkeit der Verschiebung des Sanierungsbeginns werde aufgenommen und im Amt geprüft. Die Stilllegung des Betriebs an diesem Standort sei damit jedoch nur aufgeschoben, denn sobald die Baumaßnahmen beginnen, müsse das Café schließen.

 

Herr Bausch (BüDep Bü90/Die Grünen) bittet zusammenfassen um Prüfung der Mietverlängerung um 1 Jahr, um Zeit zu gewinnen für folgende Klärungen:

a)      Kann das Café die Gefahrenabwehr mit eigenen Mitteln unter Kürzung der Miete durchführen.

b)      Falls a) nicht möglich sein sollte, wäre diese Erkenntnis zum 31.03.2019 gesichert geprüft und das Bezirksamt als Mieterin müsste handeln.

c)       Das Bezirksamt würde gebeten zu prüfen, gemeinsam mit dem Aktiven Stadtzentrum, ob das Café nicht in einem anderen Laden in diesem Stadtteil fortgeführt werden könne, um den sozialen Wert des Cafés zu erhalten.

 

Herr BV Konrad von der Gruppe der Piraten schließt sich dem Vorschlag Herrn Bauschs an und schlägt ergänzend vor, diesen Vorschlag als Ausschussantrag in die BVV einzureichen.

 

Abschließend wird im Konsens festgehalten, dass der Ausschussvorsitzende auf Grundlage der Ausführungen von Herrn Bausch den Entwurf für einen fraktionsübergreifenden Dringlichkeitsantrag für die Dezember-BVV erarbeitet und den Fraktionen zeitnah zur Verfügung stellt. Die Fraktionen werden um Rückmeldung gebeten, ob sie den Antrag unterstützen.

 

 
 

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