Auszug - Kältehilfe und Wohnungslosigkeit im Bezirk. Bericht der Stadtmission und des „Warmen Ottos“ über die vergangene Kältehilfesaison, Anforderungen an den Bezirk und den Senat für die kommende Kältehilfeperiode und für den generellen Umgang mit Wohnungslosigkeit.  

 
 
9. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Soziales und Gesundheit
TOP: Ö 6.2
Gremium: Soziales und Gesundheit Beschlussart: erledigt
Datum: Di, 11.07.2017 Status: öffentlich
Zeit: 17:35 - 20:17 Anlass: ordentlichen Sitzung
Raum: Sitzungsraum 121
Ort: Karl-Marx-Allee 31, 10178 Berlin
 
Wortprotokoll

 

Herr Neugebauer berichtet anhand einer Powerpoint-Präsentation über die statistische Auswertung der Berliner Stadtmission zur Kältehilfe-Saison 2016/17 und gibt Erläuterungen dazu. Gerade bei Rollstuhlfahrern habe sich die Zahl der Unterkunftssuchenden enorm vergrößert. In Berlin gebe es keine Möglichkeit, Rollstuhlfahrer/-innen unterzubringen. Die meisten seien bei der Stadtmission im Wartebereich der Ambulanz untergebracht. Es werden bereits zwei Pfleger beschäftigt, die sich abends um die Reinigung kümmern. Auch die Zahl der Kranken steige immer weiter an. Die Stadtmission forderte das Berliner Abgeordnetenhaus auf, eine Einrichtung zu schaffen, in der Kranke sich auch tagsüber aufhalten können und gepflegt werden. Auch die Tuberkulose (Tbc) trete in den Einrichtungen vermehrt auf. Dabei seien nicht nur Hilfesuchende betroffen, auch die Mitarbeiter/-innen seien stark gefährdet. Es wurden bereits zwei Mitarbeiter positiv auf Tbc getestet.

 

Frau BV Fischer (SPD)chte wissen, warum der Anteil der Frauen so gering sei und ob das mit der Anzahl der zur Verfügung stehenden Plätze zu tun habe? Herr Neugebauer teilt mit, dass Frauen sich teilweise andere Möglichkeiten der Unterbringung suchen und es auch reine Fraueneinrichtungen gebe. Frauen leben hauptsächlich in Partnerschaften und suchen eine Unterkunft bei der Stadtmission.

 

Eine weitere Frage beantwortet Herr Neugebauer wie folgt: Er führt aus, dass die Menschen elektronisch registriert werden und man somit eine Auswertung von 2013 bis heute durchführen konnte. Somit könne man auch feststellen, wer regelmäßig auftauche.

 

Frau BV Stein (Grüne) bemerkt, weil die Altersstruktur bei den älteren Jahrgängen abnehme möchte sie wissen, warum das so sei? Herr Neugebauer bemerkt, die Lebenserwartung von Menschen, die auf der Straße leben, sei sehr gering. Sterbefälle gebe es bei 30-50-Jährigen. Man müsse klären, ob man die Menschen nur versorge, wie es derzeit der Fall sei, oder ob man nachhaltige Hilfe schaffen könnte. Die Kältehilfe sei kein Instrument, um die Situation langfristig zu ändern.

 

Des Weiteren fragt Frau Stein nach, ob die Rollstuhlfahrer/-innen erst im Laufe ihrer Obdachlosigkeit oder vor dieser Zeit auf den Rollstuhl angewiesen waren? Herr Neugebauer schätzt, dass es bei 90% eine schleichende Gesundheitsverschlechterung gegeben habe. Bei einigen anderen sei es in Folge eines Unfalls oder andere Umstände führten zu einer Lähmung.

 

Herr BV Freitag (Piraten) weist auf eine heute auf der TO stehenden Drucksache hin, wonach Hunde mit in die Einrichtungen dürfen. Herrn Neugebauer teilt mit, das Tiere jeglicher Art in der Kältehilfe erlaubt seien. Ihm sei nicht bekannt, welche Einrichtung Tiere verbiete.

 

Herr BzStR Gothe bedankt sich für das Engagement der Stadtmission im Bezirk Mitte. Im Stadtentwicklungsausschuss wurde vor einiger Zeit der Ausbau des Standorts Lehrter Straße besprochen, so dass die Hilfsangebote verdoppelt werden konnten. Intern habe man mit einer Berichterstattung der GEBEWO vorbereitet, welche dem Ausschuss zur Verfügung gestellt wurde. Herr BzStR will in diesem Zusammenhang wissen, ob es in den letzten zehn Jahren zu einer Verdoppelung der belegten Plätze kam. Herr Neugebauer erläutert, dass es immer, wenn eine neue Einrichtung aufmache, es zu einem Einbruch der Zahlen kam. In der Lehrter Straße gebe es durchgehend eine Überbelegung.

 

Herr BV Kurt (Grüne) dankt Herrn Neugebauer für die Ausführungen und möchte wissen, wie der Planungsstand der kommenden Kältehilfesaison sei. Herr BzStR Gothe informiert, dass mit Frau Senatorin Breitenbach eine Strategieausarbeitung im Hinblick auf die Unterbringung in Kältehilfen besprochen wurde. Ziel sei es, dass die neue Struktur ab der Wintersaison 2018/19 geben soll. Sie traf auch die Aussage, ab nächstem Winter die zur Verfügung stehenden 800 Plätze pro Tag auf 1000 auszubauen. Sie bat die Bezirke, bei der geeigneten Standortsuche zu helfen. Herr BzStR Gothe machte den Vorschlag, den Parkplatz des Hauses der Statistik anzubieten, der durch seine zentrale Lage gut angenommen werden könnte. Eine Ausschreibung für weitere Plätze der Kältehilfe sei in Planung.

 

Herr BV Kurt (Grüne) meint, dass der Bericht der GEBEWO deutlich mache, dass Mitte der einzige Bezirk sei, in dem es mehr Bedarfe als Plätze in der Kältehilfe

 

Der Vorsitzende, Herr Lötzer, möchte wissen, ob es mittlerweile nötig sei, eine ganzjährige Notunterbringung zu organisieren. Herr Neugebauer vermittelt, dass er dies gemischt sehe. Er rate aber davon ab, eine Einrichtung im Sinne der Kältehilfe ganzjährig anzubieten. Die Notunterbringung in der Franklinstraße halte er für einen guten Ansatz, müsste jedoch noch weiterentwickelt werden.

 

Herr Lötzer meint, dass die Problematik der Obdachlosen aus EU-Ländern nicht auf Bezirksebene, sondern auf Landesebene gelöst werden müsse. Das Bezirksamt sollte jedoch aktiv darauf hinwirken.

 

Herr Marien greift den Abbruch der Zahlen der Statistik bei 60+ auf. Er berichtet, dass bei der Wohnungslosenhilfe auch das Thema Pflege angekommen sei. Es gebe hier die Möglichkeit, Obdachlose in „normale Wohnungen“ überzuleiten, bei denen die KdU auch getragen werde. Dort kann dann im Rahmen der Hilfe zur Pflege auch ambulante Pflege angeboten werden. In schon bestehenden Einrichtungen sollten weitere Betten eingerichtet werden, Ambulante Pflegedienste sollten in ihre Kompetenz in der Versorgung Wohnungsloser verbessern und Wohnungsbaugesellschaften/Träger sollten angesprochen werden, um ihre Wohnungen für die Pflege in „normalen Wohnungen“ zu öffnen.

 
 

Legende

Ausschuss Tagesordnung Drucksache
BVV Aktenmappe Drucksachenlebenslauf
Fraktion Niederschrift Beschlüsse
Sitzungsteilnehmer Auszug Realisierung
   Anwesenheit Kleine Anfragen