Drucksache - 0880/VIII  

 
 
Betreff: Zur Einschulungsuntersuchung
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion der CDUBzBmin/BzStRin StadtGesPersFin
Verfasser:Pohle, Dagmar 
Drucksache-Art:Große AnfrageGroße Anfrage
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Beantwortung
31.05.2018 
Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Marzahn-Hellersdorf schriftlich beantwortet   

Sachverhalt
Anlagen:
1. Große Anfrage PDF-Dokument
2. Schriftliche Beantwortung PDF-Dokument

Das Bezirksamt beantwortet die Anfrage wie folgt:

 

  1. Wie bewertet das Bezirksamt die Ergebnisse der Einschulungsuntersuchung?

 

Die Ergebnisse der Einschulungsuntersuchung (ESU) fallen im Bezirk sehr unterschiedlich aus. In den Siedlungsgebieten sind die Ergebnisse auch im gesamtstädtischen Vergleich als sehr gut einzuschätzen, während sie vor allem in den nördlichen Stadtteilen der Großsiedlung verbesserungswürdig sind.

 

  1. Welche Risikofaktoren bzw. Zusammenhänge sieht das Bezirksamt bei Kindern, die

      mit zum Teil komplexen Unterstützungsbedarfen in den Einschulungsuntersuchungen

      ermittelt werden?

Der höchste Risikofaktor besteht im niedrigen Bildungsstand der Eltern, der sich in geringen bzw. fehlenden Schul- und Berufsabschlüssen zeigt. Das Risiko steigt, wenn Probleme, vor allem permanente Multiproblemlagen, in der Familie hinzukommen, insbesondere, wenn z.B. Alleinerziehende keine oder unzureichende (familiäre) Unterstützung erhalten oder die Kinder nicht oder nur kurze Zeit die Kita besucht haben. Der enge Zusammenhang zwischen dem Bildungsstand der Eltern bzw. der Dauer des Kitabesuchs und den unzureichenden Ergebnissen bei der Einschulungsuntersuchung lassen sich durch Auswertung der Einschulungsuntersuchungen eindeutig belegen. In den umfassenden Berichten der Einschulungsuntersuchungen früherer Jahre sind diese Zusammenhänge ausführlich dargestellt  https://www.berlin.de/ba-marzahn-hellersdorf/politik-und-verwaltung/service-und-organisationseinheiten/qualitaetsentwicklung-planung-und-koordination-des-oeffentlichen-gesundheitsdienstes/downloads/#einschulungsuntersuchung

 

  1. Welche Maßnahmen ergreift das Bezirksamt, um negativen, sich verstetigenden Tendenzen zukünftig bereits in der Kita zu begegnen?

 

Die Ergebnisse der Einschulungsuntersuchung weisen aus, dass für 59% der untersuchten Kinder eine schulische Förderempfehlung, davon 13,2% mit sonderpädagogischer Förderempfehlung, ausgesprochen wurde. Der größte Anteil an Förderung besteht im Bereich der sprachlichen Entwicklung.

Grundsätzlich ist anzumerken, dass angesichts zunehmender schwieriger sozialer und familiärer Konstellationen (finanzielle Armut, Bildungsferne, fehlende Tagesstruktur, Alleinerziehung oder konfliktbeladene Paarbeziehung usw.) das Risiko von Entwicklungsverzögerung-störung bei Kindern erheblich zunimmt.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Familie bzw. die Personensorgeberechtigten entsprechend dem Grundgesetz an erster Stelle einen Förderauftrag gegenüber dem Kind zu erfüllen haben. Die Kindertageseinrichtungen ergänzen und unterstützen als sozialpädagogische Bildungseinrichtung die Erziehung des Kindes in der Familie durch eine alters- und entwicklungsgemäße Förderung.

Die Förderempfehlungen, die bei der ESU ausgesprochen werden, sind im Berliner Vergleich mit Sicherheit hoch und haben in den letzten Jahren zugenommen. So lagen die Förderempfehlungen 2011 bei 56,6%; 2012 bei 52,0% und 2013 bei 55,9% und 2015/16 bei 59 %.

Die stärksten Anstiege gegenüber den Vorjahren sind im Bereich der sprachlichen und geistigen Entwicklung sowie der körperlich und motorischen Entwicklung zu verzeichnen.

Mit der Empfehlung für eine Förderung soll frühzeitig auf mögliche Probleme bei der Bewältigung des Schulalltags hingewiesen werden. Es ist ein präventiv formulierter Förderauftrag, der sich forthrend in seiner Aufmerksamkeit an die Schule und deren Fördermöglichkeiten richtet.

Ob eine Förderempfehlung ausgesprochen wird, hängt insbesondere vom sozialen Umfeld des Kindes ab, d.h. hier sind die Möglichkeiten und Fähigkeiten auf Förderung und Unterstützung im Elternhaus entsprechend zu prüfen und davon abhängig.

Im Bezirk Marzahn-Hellersdorf wurden im Kita-Bereich per Stichtag 31.12.2016 Integrationszuschläge für ca. 630 Kinder gewährt. Davon haben 543 Kinder einen erhöhten Förderbedarf und 80 Kinder einen wesentlich erhöhten Förderbedarf.

Ganz entscheidend hängt der Förderbedarf vom Bildungshintergrund der Eltern und ihrem sozialen Status ab.

In Auswertung der Ergebnisse der Einschulungsuntersuchung ist klar erkennbar, dass sich vor allem in den sozial schwächsten Bezirksregionen Marzahn-Nord, Hellersdorf-Nord (beides QM-Gebiete) und Hellersdorf-Ost die Problemlagen der Kinder konzentrieren. Dabei hat Marzahn-Nord mit 78,4% die höchste Förderempfehlung. Am niedrigsten liegt die Förderempfehlung in Mahlsdorf mit 28,2%.

Die Entwicklung der sprachlichen und kommunikativen Kompetenzen der Kinder wird durch vielfältige Faktoren beeinflusst. Ganz prägend erweist sich die Förderung von Sprache und Sprechen in der Familie des Kindes. Im Vergleich zu den Vorjahren ist die Anzahl der Kinder mit Sprachförderbedarfen im Bezirk Marzahn-Hellersdorf gestiegen (27,8%). Auch hier sind Kinder aus sozial benachteiligten Verhältnissen signifikant häufiger betroffen. Es sind Bezirksregionen mit ausgeprägten sozial schwachen Sozialräumen. Die stete Steigerung lässt in diesem Kontext auf sozialräumliche Veränderungen schließen. Der Gesamtförderbedarf im Land Berlin liegt bei 15,61%.

Welche Maßnahmen werden umgesetzt?

Das Jugendamt hat gegenüber den Trägern der Kitas keine Dienst- und Fachaufsicht, sondern kommt seiner Beratungsaufgabe zur Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung in der frühkindlichen Bildung und Erziehung entsprechend nach. In den verschiedensten bezirklichen Arbeitsgruppen oder den Kita-Transfertagen (Format des Austausches von der Praxis für die Praxis...) werden Themen wie Sprachförderung in Kindereinrichtung bearbeitet.

Die Ergebnisse der Einschulungsuntersuchungen werden, gemeinsam mit dem KJGD, hrlich in der AG nach § 78 SGB VIII mit allen Trägern ausgewertet und thematisiert.

Ob Kinder erfolgreich in der Schule sind, hängt entscheidend davon ab, wie gut sie die deutsche Sprache beherrschen und wie resilient sie gegen ungünstige Lebenslagen sind. Vor diesem Hintergrund ist die Sprachförderung eine erklärte und zentrale Schwerpunktaufgabe in den Kindertagesstätten des Bezirkes.

Alle Kindertagesstätten unseres Bezirkes arbeiten nach dem Berliner Bildungsprogramm, das u.a. dem inklusiven Bildungsansatz folgt. Ausgangspunkt bei der Förderung von Kindern mit Förderbedarfen ist der jeweilige Entwicklungsstand des Kindes.

Welche Maßnahmen können gemeinsam mit den Kitas getroffen werden, um den Entwicklungsrückstand auszugleichen?

In Verbindung mit dem KitaFöG sind durch die Vereinbarung über die Qualitätsentwicklung in Berliner Kindertagesstätten - QVTAG die Ziele beschrieben und die Maßnahmen geregelt wie z. B. das Erstellen von hauseigenen Konzepten auf der Grundlage des Berliner Bildungsprogramms (BBP), regelmäßige und bedarfsgerechte Fortbildungen für das Fachpersonal sowie die Beachtung von konzeptionellen Schwerpunktsetzungen bezogen auf Einflussfaktoren für Gesundheit und Lebensqualität.

Die Arbeit mit dem Sprachlerntagebuch sowie die Sprachstandsfeststellung sind weitere qualitative Anforderungen und damit verbindlicher Bestandteil der QVTAG.

Sprachförderung ist daher als integrativer Bestandteil der pädagogischen Arbeit im gesamten Tagesablauf zu verstehen.

Maßnahmen und Projekte wie integrierte Sprachförderprogramme, gezielte Sprachkonzepte, das Projekt „Der kleine Stern“ im QM-Gebiet Hellersdorf-Nord und in den Gemeinschaftseinrichtungen, aber insbesondere das Sprachlerntagebuch unterstützen die Arbeit der Erzieherinnen und Erzieher hinsichtlich der Sprachförderung in den Kindertagesstätten.

Durch die Arbeit mit dem Sprachlerntagebuch erfolgt eine langfristige Beobachtung und Dokumentation der Sprachentwicklung. Die Erzieherinnen und Erzieher verfügen somit über eine fundierte Grundlage, frühzeitig bestehende Defizite zu erkennen, den notwendigen Unterstützungsbedarf zu bestimmen und individuelle Fördermaßnahmen für das Kind abzuleiten.

Die Träger von Kitas haben Leitlinien und kitaspezifische Konzepte hinsichtlich der Entwicklung ihrer pädagogischen Arbeit bzw. ihres pädagogischen Profils entwickelt. Im Rahmen der Evaluationsverfahren wird die pädagogische Arbeit in den Kitas reflektiert und entsprechend weiter qualifiziert.

Die Führung von Qualitätsprozessen in den Kitas obliegt den jeweiligen Trägern, d.h. die Träger entscheiden eigenverantwortlich, für welche strukturierten Instrumente sie sich im Rahmen des Qualitätsmanagement entscheiden. In den Kitas des Bezirkes wurden ab 2007 interne Evaluationen durch eigene und externe Beobachter (geschulte Multiplikatoren) durchgeführt.

Die Gestaltung des Übergangs Kita Grundschule, die Zusammenhänge von Rahmenbedingungen und frühkindlicher Entwicklung, der Bildungsanspruch der Kita im Hinblick auf die Schulvorbereitung, die Personalausstattung, die Bildung von Familienzentren am Standort Kita etc. befördern zum einen den fachlichen Austausch der Träger untereinander und gestalten zum anderen den qualitativen Prozess für den Bezirk. Die AG nach § 78 SGB VIII hat sich in diesem Zusammenhang zu einem wichtigen Steuerungsinstrument entwickelt.

Es muss gelingen, so frühzeitig wie nur möglich gerade Kindern aus sozial schwachen Familien den Kita-Besuch zu ermöglichen. Das bedarf des weiteren Ausbaus von Kita-Plätzen gerade in sozialen Brennpunktgebieten und steht im Fokus der weiteren Planung mit den Trägern von Kindertagesstätten.

Aus sozialmedizinischer Sicht ergibt sich die Forderung nach Verbesserung der vorschulischen Interventionen, um die Bildungs- und Entwicklungschancen der betroffenen Kinder zu erhöhen. Die Betreuung und Förderung in den Kindertagesstätten ist ein besonderer Schwerpunkt in der Intervention. Die Auswertungen der Einschulungsbefunde der letzten Jahre haben eindeutig belegt, dass Kinder mit  längerem Kindertagesstättenbesuch deutlich bessere Ergebnisse bei der Einschulungsuntersuchung gezeigt haben als solche, die nur kurzfristig eine Einrichtung besucht hatten.

Die Zusammenarbeit mit den Eltern und die Stärkung der elterlichen Kompetenz ist eine weitere, komplexe und wesentliche Aufgabe der Kindertagesstten. Diese wird dabei nicht nur auf strukturelle oder organisatorische Faktoren begrenzt, sondern erstreckt sich auf die pädagogische Arbeit in der Familie und der Kita als vorschulische Bildungseinrichtung.

Elternarbeit umfasst die Information und den Austausch zu Lern- und Entwicklungsprozessen der Kinder, stärkt die Eltern in ihrer Erziehungskompetenz, beteiligt sie aktiv und fordert ihre Mitverantwortung in diesem Gestaltungsprozess ein.

In den sozialen Brennpunktgebieten des Bezirkes schließt die Elternarbeit von heute umfangreiche Beratungen sowie die Vermittlung von verschiedenen Fachdiensten im Rahmen der Früherkennung und Prävention ein. Diese intensive Form von Elternarbeit erfordert von den Erzieherinnen und Erziehern eine hohe Kompetenz und viel Engagement.

Darüber hinaus wurden in den letzten Jahren die Kitas zunehmend stärker als Begegnungsstätten wahrgenommen.

Formen wie:

-Eltern-Kind-Spielgruppen

-Elterntreffs

-Elterncafés

-Elternkurse/-schule „Starke Eltern“

-Familienzentren am Standort Kita wurden entwickelt

-Kita im Verbund mit Kinder- und Jugendhilfezentren

-Projekte zur Resilienz in den Kitas

-Bundesprogramme zur Sprachförderung

-Bundesprogramm Kita-Einstieg Brücken bauen

 

rdern dabei die Selbsthilfeaktivitäten der Eltern und zeigen Angebote und Ressourcen für Familien insbesondere in diesen Sozialräumen auf. Durch die enge und vertrauensvolle Arbeit sind die Erzieherinnen und Erzieher oft sehr viel besser in der Lage, den Eltern bedarfsgerechte und individuelle Angebote zu unterbreiten (das setzt jedoch ausreichendes und qualifiziertes Fachpersonal voraus).

Diese Formen von niederschwelligen und differenzierten Angeboten orientieren sich an den Lebenssituationen und Problemlagen der Familien und sind als ein präventiver Ansatz zu verstehen.

  1. Wie erfolgt die Kommunikation der Einschulungsergebnisse an die aufnehmenden Grundschulen?

 

Die Einschulungsergebnisse jedes Schulanfängers werden den Schulen auf dem für das Land Berlin verbindlichen Vordruck „Schul II 109 - Anmeldung und Aufnahme in die Grundschule (07.16)“ schriftlich mitgeteilt.

Die Eltern werden mündlich informiert und zu den Ergebnissen beraten, sie erhalten ebenfalls eine kurze schriftliche Information zum Untersuchungsergebnis.

Beantwortung durch die Außenstelle der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie, Schulaufsicht -10 I 2

Die Grundschulen gewinnen in der Regel wichtige Informationen zu den Kindern auch über die Kooperation mit den Kindertagesstätten. Das Einverständnis der Personensorgeberechtigten ist hierfür die Voraussetzung, insbesondere dann, wenn es sich um Kinder mit besonderem Förderbedarf handelt. Weiterhin sind wichtige Bedingungen der Lernanfänger in den Schulaufnahmegesprächen zu erfahren.

Lehrkräfte und/oder Erzieherinnen und Erzieher besuchen häufig auch die Kindertagesstätten und hospitieren in der Gruppenarbeit bzw. führen Fachgespräche mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kitas auf der Grundlage der informationsrechtlichen Bestimmungen.

Mit dem Einverständnis der Eltern können die Lehrkräfte und pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Schulen auch relevante Informationen von Kindern erhalten, für die bereits ein diagnostisches Verfahren stattgefunden hat.

  1. Welche Unterstützung bekommen Grundschulen, die zunehmend Kinder mit zum Teil komplexen Unterstützungsbedarfen aufnehmen?

 

Beantwortung durch die Außenstelle der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie, Schulaufsicht -10 I 2

 

Der Katalog der Unterstützungsmaßnahmen ist umfangreich. Einige sollen beispielhaft genannt werden:

- sonderpädagogische Förderstunden in den Lerngruppen der Schulanfangsphase (insbe-   

  sondere zur Sprachförderung)

 

- Stunden zur Sprachförderung der Schülerinnen und Schüler (SuS) über alle Jahrgänge  

  (0,15 Stunden pro SuS) - strukturelle Sprachförderung

 

- strukturelle sonderpädagogische Förderung

- individuelle sonderpädagogische Förderung

- Förderunterricht; Nachteilsausgleich, „Übergangsklassen“, temporäre Kleinklassen

- Projektgruppen in Zusammenarbeit mit dem Jugendamt

- Schulhelferstunden

- Hausunterrichtsstunden

 

 

 

 

Dagmar Pohle

 

 
 

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