Drucksache - 0257/VII
Die Umsetzung wirksamer Maßnahmen zur Gewinnung von Pflegeeltern ist entsprechend der Vereinbarungen mit dem Bezirk Marzahn- Hellersdorf ein Schwerpunkt der Arbeit des freien Trägerverbundes proFam gGmbH und Sozialarbeit und Segeln gGmbH, die sich zum Pflegekinder-Service Marzahn-Hellersdorf zusammengeschlossen haben. In der strategischen Weiterentwicklung dieses Bereiches stützen sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Trägerverbundes aktuell auf die umfassende Branchenstudie „Gewinnung von Pflegeeltern durch mediale Kommunikation“.
Der vom Senat geförderte Träger „Familien für Kinder“ hat im Herbst 2010 die Studie „Gewinnung von Pflegeeltern durch mediale Kommunikation“ in Auftrag gegeben, um herauszufinden, ob und wie die gesamtstädtische Werbung und Öffentlichkeitsarbeit noch effektiver gestaltet werden kann.
Zentrale Fragestellungen waren:
· Welche Medien und Aktionen sollten zur Gewinnung neuer Pflegeeltern verwendet werden?
· Welche Inhalte sollten in der Kommunikation in welcher Form angesprochen werden?
Hierzu wurden qualitative Interviews mit Pflegeeltern geführt. Die Kommunikationsmedien ausgewählter Träger in Berlin und deutschlandweit wurden inhaltlich und visuell analysiert. Beiträge in Publikumsmagazinen und im Internet zum Thema Pflegeeltern wurden ausgewertet.
Inhaltliche und visuelle Analyse der Kommunikationsmedien
Die Kommunikationsanalyse ergab, dass Berlin im Vergleich zu anderen Bundesländern eine sehr spezielle Struktur in der Pflegekinderhilfe hat: Dezentral aufgestellte Jugendämter arbeiten mit verschiedenen Trägern zusammen, die ähnliche Angebote haben. Das wirkt auf die Interessentinnen und Interessenten bei der Informationssuche verwirrend und erschwert der Zielgruppe den Zugang zum Thema. In der Studie wurde unterschieden zwischen Push- und Pull-Kommunikation (passiv und aktiv). Die Push-Kommunikation erfolgt passiv, d. h. die Personen gelangen durch Zufall an das Thema und dabei wird ihr Interesse geweckt. Dagegen erfolgt die Pull-Kommunikation durch aktives Handeln, d. h. die Personen sind bereits am Thema interessiert und suchen nach Informationen. Die künftige Kommunikation des Themas muss entsprechend ausgerichtet sein und sowohl die Push- als auch die Pull-Kommunikation berücksichtigen sowie geeignete Medien nutzen. Die Analyse ergab, dass das Internet maßgeblich bei der aktiven Suche nach Informationen genutzt wird und dass der am häufigsten genutzte Suchbegriff das Wort „Pflegekinder“ ist. Online-Kommunikation gewinnt immer mehr an Bedeutung und die Nutzung dieser Möglichkeit wächst altersübergreifend stetig.
Interviews mit Pflegeeltern
Die Auswertung der Interviews mit den Pflegeeltern ergab u.a., dass die meisten durch Freunde, Bekannte, Arbeitsumfeld und Medien auf das Thema Pflegekinder gestoßen sind. Viele wussten gar nicht mehr, woher sie es das erste Mal gehört haben. Hat sich dann die persönliche Situation geändert, brauchte es nur noch eine Initialzündung: Potentielle Pflegeeltern mussten noch einmal mit dem Thema in Kontakt kommen – von da an wurde aktiv nach Informationen gesucht. Bei den Informationsquellen waren Erfahrungsberichte von Pflegeeltern eine positive Empfehlung. Als genauso wichtig wird die mediale Kommunikation zur Gewinnung von neuen Pflegeeltern angesehen. Pflegeeltern nannten als Hauptgrund für die Aufnahme eines Pflegekindes: „Lebendigkeit“ und „Abwechslung erfahren“ sowie „Liebe und Fürsorge“.
Fazit
Die Studie belegt, dass durch ein gesamtstädtisches Angebot (einfache Strukturen, zentrale Anlaufstelle) mehr Interessenten gewonnen werden können als nur mit dezentralen Strukturen. Interessenten sind bereits mehrfach mit dem Thema in Berührung gekommen, bevor Sie sich auf den Bewerbungsweg machen, d.h. die „Früchte der Öffentlichkeitsarbeit“ können nur zeitversetzt geerntet werden. Gerade hier ist es von großer Bedeutung, dass es eine Konstanz und Kontinuität in der Trägerschaft des gesamtstädtischen Angebotes gibt.
Aufbauend auf diese Ergebnisse hat der Pflegekinder-Service Marzahn-Hellersdorf
· die Website angepasst · die Flyer und Plakate neu gestaltet, um sie an Orten von öffentlichem Interesse auszulegen.
In regional relevanten Medien im Bezirk Marzahn-Hellersdorf wurden diverse Artikel und ergänzend Annoncen platziert.
· Berliner Woche Hier werden monatlich Anzeigen geschaltet. 5-mal im Jahr erscheinen Artikel, die dem Leser den Alltag einer Pflegefamilie näher bringen sollen. Es wurde bereits nach zwei bisher erschienenen Artikeln festgestellt, dass diese oft und gerne gelesen werden und ein gedanklicher Anstoß für zukünftige Pflegeelternbewerber sein können. · Eastgate-Zeitung · Familienwegweiser für Marzahn-Hellersdorf
Des Weiteren wurden Infowände und Roll-Ups angefertigt, um diese in den Bürgerämtern der Regionen aufzustellen. Dafür wurde leider keine Genehmigung erteilt. Auch in den stark von Bürgern frequentierten Eingängen der Rathäuser durften diese nicht aufgestellt werden. Kurzzeitig wurde ein Roll-Up im Warteraum der Kita-Gutscheinstelle platziert.
Weiterhin trat und tritt der Trägerverbund in nachstehenden Veranstaltungen aktiv in Erscheinung: · Sozialtage im Eastgate · Berlinweiter jährlicher Pflegefamilien-Tag · regionales Pflegefamilienfest des Pflegekinder-Service Marzahn-Hellersdorf in der Villa Pelikan in Anwesenheit der zuständigen Bezirksstadträtin und des Bezirksbürgermeisters.
Ziel der Arbeit des Trägerverbundes ist es, zufriedene Pflegeeltern als eine wertvolle Ressource in der Werbung weiterer Pflegefamilien zu nutzen. Diese Strategie hat sich bewährt und wird so weiter gefördert. Die Rückmeldungen einer überwältigenden Mehrheit „unserer“ Pflegeeltern zeugen von einer großen Zufriedenheit mit dem Angebot des Pflegekinder-Services Marzahn-Hellersdorf und führten in der Konsequenz zu einer hohen Bereitschaft, Werbemittel im Bezirk (Kinderarzt, Kita, usw.) zu verteilen und im persönlichen Umfeld für diese „Berufung“ zu werben.
Ergebnis
Im Ergebnis dieser Maßnahmen gibt es seit November 2011 deutlich gestiegene Zahlen an Interessenten und Bewerbern. Dies schlägt sich in der Praxis in einer hohen Anzahl laufender Überprüfungsprozesse nieder.
Im ersten Quartal 2012: 11 neue Pflegeeltern, 7 erfahrene Pflegefamilien, die weitere Kinder aufnehmen möchten
Im Vergleich dazu im Jahr 2011: 22 Überprüfungsgespräche insgesamt, davon 15 erfolgreich
Einschränkend ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die breit aufgestellte Werbung auch Menschen anspricht, die den Anforderungen an Pflegeeltern (formal, in Bezug auf Erziehungs- und Reflexionsfähigkeit) nicht gerecht werden können, so dass sich ebenso die Zahl abgelehnter Interessenten und Bewerber erhöht.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Trägerverbundes sensibilisieren im Rahmen ihrer Vernetzungstätigkeit u.a. in Kitas, Schulen, bei Therapeuten und Kinderärzten für die Lebenswelt von Pflegekindern und Pflegefamilie mit dem Ziel, das Ansehen von Pflegeeltern in der Öffentlichkeit und die Attraktivität dieser Tätigkeit zu erhöhen. Am Ende des Jahres wird es eine ausführliche Auswertung der Vorhaben des Trägers mit dem Bezirksamt geben mit dem Ziel, an der fortlaufenden Weiterentwicklung der bisherigen Werbestrategien zu arbeiten.
Juliane Witt Bezirksstadträtin für Jugend und Familie Weiterbildung und Kultur |
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