Drucksache - DS/0035/IX  

 
 
Betreff: Lösung für Falkenhöhe 1932 mit Respekt und Augenmaß
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion Die LinkeBezirksamt
  BzStRin OrdUmVer,
Drucksache-Art:Antrag zur BeschlussfassungVorlage zur Kenntnisnahme (Abb.)
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg von Berlin Entscheidung
09.12.2021 
3. Sitzung in der IX. Wahlperiode der Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg von Berlin ohne Änderungen in der BVV beschlossen   
Vorlagen zur Kenntnisnahme
29.02.2024 
11. Sitzung in der IX. Wahlperiode Sitzung der Vorlagen zur Kenntnisnahme      

Sachverhalt
Anlagen:
Antrag DIE LINKE. PDF-Dokument
Austauschexemplar Antrag DIE LINKE. PDF-Dokument
VzK (Abb.) PDF-Dokument
VzK (Abb.) Anlage 2  
VzK (Abb.) Anlage 2  
VzK (Abb.) Anlage 3  

Die BVV hat beschlossen:

 

„Das Bezirksamt wird ersucht zur Lösung der Konflikte um den Neuabschluss von Pachtverträgen und die Höhe der Pacht für Erholungsnutzung in der Garten- und Siedlungsanlage Falkenhöhe 1932 einen Runden Tisch einzurichten.

Es ist ein Abschluss des Runden Tisches bis Ende Februar 2022 anzustreben.“

 

Das Bezirksamt bittet die BVV, Folgendes zur Kenntnis zu nehmen:

 

Die Anlage Falkenhöhe 1932 war bis Ende 2018 noch als Kleingartenanlage verwaltet; auch alle bestehenden Pachtverträge waren daher zu Erholungszwecken mit entsprechenden kleingärtnerischen Zielen abgeschlossen worden. Mit der Beendigung sowohl des vom Land Berlin mit dem Bezirksverband der Kleingärtner abgeschlossenen Zwischenpachtvertrages über die gesamte Anlage, als auch der einzelnen Unterpachtverträge durch den Bezirksverband in der Konsequenz aus einem geführten Zivilrechtsstreit um die Rechtsgrundlagen für die Pachtverhältnisse, ergab sich für das Land Berlin als Grundstückseigentümer daher die Notwendigkeit, alle Pachtverhältnisse nun neu regeln zu müssen, um den bisherigen Unterpächter:innen die Weiternutzung der Pachtparzellen zu ermöglichen. Dabei sollten alle Pächter:innen auch nach den neu abzuschließenden Verträgen die Pachtparzellen zu den bereits im früheren Pachtverhältnis vereinbarten Umfang weiternutzen können.

Zur Frage des Fortsetzens einer früheren Nutzung der Baulichkeiten zu Wohnzwecken: Im Zuge des Einigungsvertrages erfolgte mit § 20a des Bundeskleingartengesetzes (BKleingG) im Interesse des Bestandsschutzes eine Regelung zum dauerhaften Wohnen in Lauben in bestehenden Kleingartenanlagen. Danach ist eine vor dem Wirksamwerden des Beitritts zur Bundesrepublik Deutschland bestehende Befugnis des Kleingärtners, die Laube dauernd zu Wohnzwecken zu nutzen, unberührt, soweit andere Vorschriften der Wohnnutzung nicht entgegenstehen. Die das Bundeskleingartengesetz konkretisierende Verwaltungsvorschrift (VV) über Dauerkleingärten und Kleingärten des Landes Berlin von 2009 sowie der Muster-Zwischenpachtvertrag regeln Dauerwohnverhältnisse. Nach § 12 Absatz 1 VV werden zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestehende rechtmäßige Wohnnutzungen im Sinne der §§ 18 Absatz 2, 20 a Nr. 8 BKleingG von den Vertragspartner:innen geduldet. Bei Beendigung des Unterpachtvertrages endet das Recht zur Wohnnutzung. Mit Stichtag 03.10.1990 hatten danach einige Pächter:innen ein personenbezogenes Dauerwohnrecht erworben bzw. hatten dies bereits vor 1990. Nach 1990 wurden die Pachtparzellen in der Anlage aufgrund eines Zwischenpachtvertrages des Landes Berlin mit dem Bezirksverband der Kleingärtner Hohenschönhausen von diesem an die einzelnen Nutzer:innen zu kleingärtnerischen Zwecken verpachtet. Infolge eines von einem der Pächter:innen gegen das Bezirksamt geführten Zivilrechtsstreits (Urteil des Amtsgerichts Lichtenberg vom 26.10.2018 zum AZ – 2 C 223.17 - und Beschluss des Landgerichts vom 11.04.2019 zum AZ 67 S 5/19 -) wurde dann festgestellt, dass die Pachtverhältnisse in dieser Anlage nicht mehr dem BKleingG unterfallen. U. a. diese Entscheidung sowie auch das Loslösen des in der Anlage ansässigen Vereins aus den kleingärtnerischen Strukturen führten dazu, dass von Seiten des Bezirksverbandes zum 31.12.2018 sowohl der bestehende Zwischenpachtvertrag mit dem Land Berlin als auch die Unterpachtverhältnisse mit den einzelnen Parzellennutzern gekündigt wurden. Für zukünftige Pachtverhältnisse ist das BKleingG damit nicht mehr anwendbar.

Für alle Grundstücke und Parzellen gilt weiterhin Bestandsschutz für baurechtlich genehmigte bzw. rechtmäßig errichtete bauliche Anlagen und Nutzungen.

Das Bezirksamt steht seitdem vor der Aufgabe, ohne Zwischenpächter:innen mit jedem einzelnen Pächter bzw. jeder einzelnen Pächterin einen Vertrag abzuschließen.

Aufgrund der sehr unterschiedlichen Auffassungen zu den Vertragsbedingungen der neuen Verträge (u.a. zur angemessenen Pachthöhe und der Fortsetzung von nach Kleingartenrecht gewährten Dauerwohnerlaubnissen) wurde auf das o.g. Ersuchen der BVV hin in 2022 ein Runder Tisch eingerichtet. Der Runde Tisch wurde am 15.02.2022 mit Vertreter:innen der BVV, dem Vorstand des Vereins Falkenhöhe 1932, Pächter:innenn, die nicht Vereinsmitglieder sind, dem Verband Deutscher Grundstücksnutzer e.V. (VDGN) sowie der bezirklichen Verwaltung eingesetzt; im Rahmen des Runden Tisches wurden nach intensiven Beratungen  - unter möglichst weitgehender Berücksichtigung früher vereinbarter Regelungen - drei Vertragsvarianten im Einvernehmen erarbeitet: Die Pachtverträge berücksichtigen dabei die Möglichkeit der Nutzung als Erholungsnutzung für nach den früheren Pachtverhältnissen rechtmäßige Dauerbewohner:innen, als kleingärtnerisch genutzte Fläche sowie zur Nutzung als Erholungsgrundstück (siehe Anlagen 1, 2 und 3). Zur angemessenen Pachthöhe für eine Erholungsnutzung konnte am Runden Tisch ein Einvernehmen erzielt werden, das in den neuen Pachtverträgen berücksichtigt wird. Die Verständigung bezieht sich neben der Pachthöhe, auch auf die Pachtdauer sowie Art und Nutzung der Pachtfläche.

Die nach Aufgabe des Status als Kleingartenanlage eingetretene vertragslose Situation konnte insoweit aufgelöst werden, als im Einvernehmen mit den Beteiligten am Runden Tisch Falkenhöhe 1932 Musterpachtverträge erstellt werden konnten, welche den bisherigen Nutzer:innen zur Unterzeichnung vorgelegt werden konnten. Dazu gab es im Jahr 2022 mehrere Sitzungen.

Für die insgesamt 292 betroffenen Pachtparzellen sind mittlerweile 211 neue Vertragsverhältnisse begründet worden. Es werden aktuell in unregelmäßigen Abständen neue Pachtverträge geschlossen; aktuell gibt es 81 Parzellen, für die noch keine neuen Pachtverträge abgeschlossen worden sind, wobei in dieser Zahl auch Kündigungen, Sterbefälle und Sonderfälle enthalten sind. Das Bezirksamt verfolgt eine Gleichbehandlung. Da die Muster-Pachtverträge das Ergebnis eines großen Runden Tisches und im Rahmen von diversen Arbeitsgruppen sind und dadurch für die überwiegende Zahl der betroffenen Nutzer:innen als auch für das Bezirksamt Lichtenberg als Verpächter Rechtssicherheit bezüglich der bis dato ungeklärten vertraglichen Situation geschaffen werden konnte, strebt das Bezirksamt weiter an, dass diejenigen, die ihre Parzellen weiter nutzen wollen, auch einen entsprechenden Pachtvertrag unterzeichnen, um eine Ungleichbehandlung von der Mehrheit der Pächter:innen, die bereits einen Pachtvertrag unterzeichnet haben, zu vermeiden.

Aktuell stagniert der Vertragsabschluss mit den Nutzer:innen, die sich selbst als Dauerbewohner verstehen, bei denen jedoch kein Nachweis dafür vorliegt, dass im Rahmen eines früheren Pachtverhältnisses eine personengebundene Wohnlaubenerlaubnis erteilt worden war oder eine baurechtliche Genehmigung zur Errichtung eines Wohngebäudes vorliegt. Das Bezirksamt verwendet sich weiterhin dafür, dass alle Pächter:innen, die bis zum 31.12.2018 einen Pachtvertrag mit dem Bezirksverband Hohenschönhausen geschlossen hatten, auch auf Lebenszeit bzw. bis zu einer eigenen Kündigung auf Wunsch der Pächter:innen verbleiben können. Es gibt die Möglichkeit, dass Nachpächter:innen vorgeschlagen werden können. Grundlage für einen Verbleib der vorbezeichneten Gruppe von Pächter:innen kann aber nur der Abschluss eines Vertrages in Gestalt einer der erarbeiteten Vertragsvarianten sein, da der vertragslose Zustand gerade beendet werden soll. Das Bezirksamt führt individuelle Gespräche und plant weiterhin, sich mit diesen Pächter:innen ins Benehmen zu setzen, um sie davon zu überzeugen, den angebotenen Vertrag mit dem Bezirksamt Lichtenberg einzugehen.

Die Pachtverträge dienen der nötigen Klarstellung, zu welchem Zweck die Pachtparzellen genutzt werden können. Sie klären die gegenseitigen Verpflichtungen zwischen Pächter:in und Verpächter und bringen Klarheit für die ab 01.01.2022 vom Bezirksamt als Verpächter unter Beachtung der haushaltsrechtlichen Verpflichtungen der grundstücksverwaltenden Stelle zu erhebenden Pachthöhe.

Folgende falsche Annahmen scheinen unter einigen Pächter:innen verbreitet zu sein:

-          Es gäbe ein Urteil, wonach es sich bei dieser Anlage um eine „Wohnsiedlung“ handeln würde, in der das dauernde Wohnen allgemein zulässig wäre. So ist dem entgegenzuhalten, dass es ein solches Urteil tatsächlich nicht gibt. Es gibt lediglich ein Urteil von einem der Pächter erwirkt in dem festgestellt wird, dass auf die Pachtverträge in dieser Anlage das Bundeskleingartengesetz nicht mehr angewendet werden kann, weil die vorhandenen Baulichkeiten schon am 03.10.1990 nicht mehr dem BKleingG entsprochen haben. Zur baurechtlichen und planungsrechtlichen Zulässigkeit der Gebäude und ihrer Nutzung in dieser außerhalb des Siedlungsgebiets Berlins gelegenen Anlage (Außenbereich nach § 35 BauGB) hat das Gericht jedoch gar keine Entscheidung getroffen.

-          Ebenso wenig führt hier eine Anmeldung eines Wohnsitzes eines Pächters/einer Pächterin nach dem Meldegesetz auf einer für kleingärtnerische Zwecke oder Erholungszwecke gepachteten Parzelle zu einem Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung bzw. Nutzungsänderungsgenehmigung für ein Gebäude oder einen Anspruch gegen den Verpächter hier das SGA auf den Abschluss von neuen Pachtverträgen für eine Nutzung zu Wohnzwecken. Dies ergibt sich schon aus dem ganz unterschiedlichen Zweck und Regelungsgehalt von Melderecht und Baurecht. Die gegenteilige Ansicht, die einzelne Pächter:innen vorbringen, ist rechtlich nicht haltbar und kann daher vom Verpächter den dringend abzuschließenden Pachtverträgen gar nicht zugrunde gelegt werden.

-          Auch die Argumentation, schon an der Bezeichnung des früheren Verpächters als „Verband der Kleingärtner, Siedler und Kleintierzüchter“ („VKSK“) sei ersichtlich, dass in dieser Anlage auch Pachtverträge für „Siedler“ geschlossen werden konnten und damit auch zukünftig eine dauerhafte Wohnnutzung durch Pächter ermöglicht werden müsse, ist nicht tragfähig, denn bei dem VKSK, der erst seit den 50er Jahren in der DDR existierte, handelte es sich um eine Massenorganisation der DDR, in der u.a. die früheren Kleingartenvereine aufgegangen waren. Daher wurden auch die in dieser Anlage zu DDR-Zeiten vor dem 03.10.1990 - geschlossenen Pachtverträge zu Erholungszwecken für eine kleingärtnerische Nutzung mit der Kleingartensparte“ des VKSK abgeschlossen. Zur Existenz eines eigenständigen Siedlervereins oder auch nur einer entsprechenden Sparte bzw. Abschluss von Bodennutzungsverträgen zur Errichtung eines Eigenheims ist jedoch für diese Anlage nichts bekannt. 

Die o.g. in der Anlage teilweise verbreiteten unzutreffenden Auffassungen verunsichern bedauerlicherweise einige Nutzer:innen der Anlage offensichtlich sehr und halten diese nun davon ab, die vom Runden Tisch gemeinsam ausgearbeiteten neuen Erholungspachtverträge annehmen zu wollen. Diesen Pächter:innen legt das Bezirksamt nahe, nicht im Vertrauen auf diese nicht tragfähige Argumentation für sie nachteilige Entscheidungen zu treffen (z.B. bestehenden Wohnraum außerhalb der Anlage aufgeben).

Da eine Klärung der (Muster-)Pachtverträge herbeigeführt werden konnte, ist der Runde Tisch Falkenhöhe 1932 mit der Zielsetzung der o.g. Drucksache beendet. Bei Bedarf führt das Bezirksamt Gespräche mit einzelnen Pächter:innen und zukünftigen Pachtinteressierten.

Zusammengefasst wird festgehalten, dass das Bezirksamt auf Beschluss der BVV einen Runden Tisch zur Erarbeitung von Musterpachtverträgen eingesetzt hat, der mehrmals tagte. Er tagte letztmals am 13.09.2022. (Ein Abschluss des Runden Tisches bis Ende Februar 2022, wie in der vorliegenden Drucksache gefordert, war aufgrund weiteren Abstimmungsbedarfs unter den Beteiligten nicht möglich.) Der Abschluss des Runden Tisches wurde mit der gemeinsamen Erarbeitung dreier Muster-Pachtverträge erreicht. Die breite Akzeptanz der Muster-Pachtverträge zeigt, dass Konflikte um den Neuabschluss von Pachtverträgen und die Höhe der Pacht für Erholungsnutzung in der Garten- und Siedlungsanlage Falkenhöhe 1932 gelöst werden konnten. Das Bezirksamt bietet Gespräche an, um diejenigen Pächter:innen, die bislang noch nicht unterschrieben haben, zur Vertragsannahme zu ermutigen.

 

 
 

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