Drucksache - DS/1854/VII  

 
 
Betreff: Ergebnisse des "Bündnis für Wohnen im Bezirk Berlin-Lichtenberg"
Status:öffentlichAktenzeichen:Schreiben BA v. 19.05.2016 (Zwb.)
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion Die LinkeBezirksamt
   
Drucksache-Art:Antrag zur BeschlussfassungDringl. Vorlage zur Kenntnisnahme (Zwb.)
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg von Berlin Entscheidung
21.01.2016 
52. Sitzung in der VII. Wahlperiode der Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg von Berlin ohne Änderungen in der BVV beschlossen   
Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg von Berlin Entscheidung
15.09.2016 
59. Sitzung in der VII. Wahlperiode der Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg von Berlin mit Zwischenbericht zur Kenntnis genommen   

Sachverhalt
Anlagen:
Antrag DIE LINKE. PDF-Dokument
Schreiben BA v. 19.05.2016 (Zwb.) PDF-Dokument
VzK (Zwb.) PDF-Dokument

Die Bezirksverordnetenversammlung hat das Bezirksamt ersucht,

 

bis zur BVV-Tagung im Juni 2016 in einer Vorlage zur Kenntnisnahme über die Ergebnisse der Arbeit des „Bündnis für Wohnen im Bezirk Berlin-Lichtenberg“ zu berichten. Dabei ist insbesondere auf eine Rechenschaftslegung zu folgenden, im Bündnistext vereinbarten, Punkten einzugehen:

 

-            Standortmarketing Berlin-Lichtenberg,

-            Direktvergabe von Grundstücken,

-            Bearbeitungszeit von Bauanträgen,

-            Verpflichtung der Wohnungsbauakteure zur Durchmischung von unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen innerhalb eines Quartiers,

-            Förderung der sozio-kulturellen Infrastruktur,

-            Zugänglichkeit von Wohnraum für ALG-II-Empfangende,

-            durchschnittlicher Mietpreis bei Neuvertragsmieten,

-            Anteil der mit Wohnberechtigungsschein vergebenen Mieten,

-            Härtefallregelung zu Miethöhen,

-            Verstärkter Einsatz regenerativer Energien und Maßnahmen zur Energieeinsparung.

 

Bei der Rechenschaftslegung wird das Bezirksamt ersucht den konkreten wohnungspolitischen Mehrwert darzustellen, der auf das Bündnis zurückzuführen ist.

 

 

Das Bezirksamt bittet die Bezirksverordnetenversammlung, Folgendes zur Kenntnis zu nehmen:

In Bearbeitung der Drucksache hat das Bezirksamt an alle weiteren Bündnismitglieder einen Fragebogen versandt, der die hier aufgeworfene Themensetzung beinhaltete. Die Rückläufe wurden ausgewertet und von allen Bündnismitgliedern auf der letzten Sitzung des Bündnisses für Wohnen am 10. August besprochen.

 

Im Ergebnis zeigt sich, dass die Ziele des Bündnisses für Wohnen in weiten Teilen erreicht werden konnten, es aber auch Anlass genug für eine Fortsetzung und Neuausrichtung des Bündnisses gibt.

So haben alle Bündnispartner „gute“ bis „hervorragende“ Erfahrungen mit der Bearbeitungszeit von Bauanträgen gemacht. Die hier von Beginn an gute Zusammenarbeit zwischen den Wohnungsunternehmen und dem Bezirksamt konnte kontinuierlich gesteigert werden. Auch bei der Förderung der sozio-kulturellen Infrastruktur haben sich die Bündnispartner betätigt. Dies geschah im Rahmen ihrer unterschiedlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. So wendet die HOWOGE als größtes Bündnismitglied über eine Million Euro pro Jahr auf und unterstützt zahlreiche Projekte mit Spenden, Sponsoring, aber auch mit Werbung in der Mieterzeitung und organisatorischer Hilfe. Auch eigene Projekte wie die KinderUni Lichtenberg werden seit vielen Jahren umgesetzt. Kennzeichnend für die Förderung ist, dass die Unternehmen vorrangig Projekte in der räumlichen Nähe ihres Wohnungsbestandes unterstützen.

 

Die Härtefallregelungen des Bündnisses zu den Miethöhen (Erhöhungen der Nettokaltmiete wird ab 30 % des nachgewiesenen Haushaltsnettoeinkommens [inkl. staatlicher Unterstützungsmaßnahmen] gekappt) wurden von allen genossenschaftlichen Mitgliedern übernommen und sind Bestandteil von Mieterhöhungsschreiben. Die HOWOGE ist über das Berliner Bündnis für soziale Wohnungspolitik und bezahlbare Mieten an die Anwendung einer Härtefallregel gebunden. Die weiteren Mitglieder waren in der Bündnisvereinbarung nicht an Härtefallregelungen gebunden.

Über die in der Bündnisvereinbarung getroffenen Regelungen hinaus hat die Wohnungsbaugenossenschaft Neues Berlin ein wesentlich mieter*innenfreundlicheres Härtefallregime installiert, als es über die Bündnisvereinbarung eigentlich notwendig gewesen wäre. Die Genossenschaft hat eine Härtefallkommission gegründet, in der jeweils ein Vertreter der Mieter*innenschaft, der Seniorenkommission und der Belegschaft gemeinsam feststellen, ob ein Härtefall vorliegt. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn die Nettokaltmiete 30% oder die Bruttowarmmiete 50% des Haushaltseinkommens übersteigt. Aber auch der nachgewiesen dringende Bedarf eines Mietinteressenten nach Wohnraum kann einen Härtefall darstellen. Eine Besonderheit bei der WBG Neues Berlin ist auch, dass nicht nur abgewiesene Mietinteressenten die Härtefallkommission anrufen können, sondern auch der Vorstand selbst, wenn er sich mit schwierig abzuwägenden konkurrierenden Mietinteressenten konfrontiert sieht.

 

Das Standortmarketing der Bündnismitglieder bezieht sich in weiten Teilen auf die Vermarktung des eigenen Wohnungsbestandes und der aktuellen Neubauprojekte. Ein gemeinsames, aufeinander abgestimmtes Marketing für den gesamten „Standort Lichtenberg“ wurde trotz anfänglicher Initiative nicht umgesetzt, da insbesondere Finanzierungsfragen nicht geklärt werden konnten.

Auch mit dem bestehenden Eigen-Marketing tragen die Mitglieder dazu bei, ein positives Image für den Bezirk über seine Grenzen hinaus zu transportieren. Dies gilt insbesondere für Leuchtturmprojekte wie Q216/Q218, Degener Bogen, Hochhaus FA 135 und TheSquare³, welches sogar mehrere internationale Architekturpreise gewonnen hat (auch wenn die Realisierung momentan offen ist, hat es im Sinne des Marketings eine gewisse Wirkung).

Darüber hinaus sorgen u.a. die HOWOGE und die Genossenschaften durch ihr aktives Kiezmanagement für eine Aufwertung ihres Bestandes über die bloße bauliche Qualität hinaus. Da diese Bündnismitglieder den überwiegenden Wohnungsbestand in Lichtenberg verwalten, hebt dieses Engagement für ganz Lichtenberg das Image als lebenswerter Bezirk.

 

Alle Bündnispartner haben Maßnahmen zur Energieeinsparung realisiert. Die Wohnungsbestände sind vollständig energetisch durchsaniert oder bereits nach aktuellen Standards errichtet worden. Darüber hinaus werden auch zahlreiche Pilotprojekte und technisch etablierte Maßnahmen zur konsequenten Steigerung der Energieeinsparungen durchgeführt: Energierückgewinnung aus Abwärme von Abluft, Heizung und Abwasser; Bau von Solar- und Photovoltaikanlagen – teilweise über den Eigenenergiebedarf hinaus; Umstellung auf Fernwärme; Effizienzsteigerung des Maschinen- und Geräteparks durch Optimierung der elektronischen Steuerung und Austausch alt gegen neu und Ersatz der vorhandenen Leuchtmittel durch LED wurden genannt.

 

Die vereinbarungsgemäße Berichterstattung zum Jahresende 2015 hat gezeigt, dass alle drei Genossenschaften im Bündnis den jeweils individuell vorgegebenen Anteil der zur Wiedervermietung anstehender Wohnungen, die an WBS-Berechtigte vergeben werden müssen, weit überschreiten.


 

     IST    SOLL

WBG „Neues Berlin“   40,77 %   26 %

WGLi     28,86 %   18 %

WBG „Humboldt-Universität“  25,00 %  19 %

 

Zur Information (kein Bündnismitglied, aber bestehender Kooperationsvertrag):

FORTUNA    69,39 %  20 %

 

Die HOWOGE ist über das Berliner „ndnis für soziale Wohnungspolitik und bezahlbare Mieten“ verpflichtet, 33 % ihrer im jeweiligen Wohnquartier zur Wiedervermietung anstehenden Wohnungen zur ortsüblichen Vergleichsmiete an Haushalte, die die Berliner Einkommensgrenzen für einen Wohnberechtigungsschein einhalten, zu vermieten. Im Neubau sind es sogar 55%. Andere Bündnismitglieder sind nicht auf Quoten für Wohnberechtigungsscheine verpflichtet.

 

Die Mietpreisentwicklung bei Neuvertragsmieten der Bündnismitglieder ist differenziert zu betrachten. Bei einem Unternehmen sind die Mieten stabil geblieben. Andere berichten von einem Anstieg und betonen dabei, dass dieser Anstieg durch das Bündnis für Wohnen und dem landesweiten Mietenbündnis unterhalb der Marktentwicklung geblieben ist. Ein Unternehmen hat die Grundrisse und Mietpreisgestaltung eines größeren Neubauvorhabens umfangreich abgeändert, um die Anforderungen des Bündnisses für Wohnen zu erfüllen.

Zusammengefasst ist den Antworten zu entnehmen, dass die Neuvertragsmieten insgesamt in den vom Bündnis erfassten Wohnungen gestiegen sind, jedoch ist dieser Anstieg durch vielfältige Maßnahmen – sei es die Einhaltung der in der Bündnisvereinbarung enthaltenen Regelungen oder durch zusätzliche eigene Lösungen – unterhalb der Marktentwicklung geblieben.

 

Die Frage nach der zahlenmäßigen Entwicklung von Neumietverträgen mit ALG-II-Empfängern kann leider nicht beantwortet werden, da die Einkommensquellen der Mietinteressenten regelmäßig nicht gespeichert werden. Dies war im Rahmen der Bündnisvereinbarung auch nicht gefordert, da lediglich die Schaffung von ALG-II-fähigem Wohnraum vereinbart war, nicht jedoch die Vermietung an ALG-II-Empfangende. Alle Bündnismitglieder haben dargelegt, dass Sie ihr in der Bündnisvereinbarung gesetztes Ziel eines 10%igen Anteils von ALG-II-fähigem Wohnraum im Neubau bei weitem übererfüllt haben. Einzelne Wohnbauprojekte erfüllen hier Quoten von über 70%.

 

Das im Bündnis vereinbarte Ziel einer Durchmischung der Quartiere konnte nicht in ausreichendem Maße erreicht werden. Ursächlich ist hier vor allem der mangelnde Leerstand, wodurch eine Steuerung des Bestandes mangels natürlicher Mieter*innenfluktuation verunmöglicht wurde. Die HOWOGE als mit Abstand größtes Bündnismitglied hat hier insoweit reagiert, dass sie über ein aktives Kiezmanagement versucht, die soziale Situation der vorhandenen Mieter*innenschaft zu verbessern und so eine Durchmischung des Quartiers aus sich selbst heraus zu erreichen.

Eine weitere Herausforderung ist die Inklusion von Mieter*innen mit Behinderung. Diese Mieter*innengruppe hat besondere bauliche Bedarfe, die oftmals einen Umbau der Bestandswohnungen erfordert. Die dadurch entstehenden Kosten können durch die neuen Mieter*innen in der Regel nicht getragen werden, da die Mieter*innen größtenteils im Leistungsbezug sind und entsprechende Mietobergrenzen der AV Wohnen gelten. Diese Herausforderung stellt sich auch beim Neubau, da entsprechende barrierefreie Wohnungen aufgrund von Kurvenradien groß geschnitten sind. Die zur Refinanzierung notwendige Miete überschreitet regelmäßig die Grenzen der AV-Wohnen.

 

Bei der Direktvergabe von Grundstücken wird das Bezirksamt seiner Verpflichtung im Kern gerecht, in dem es sich in den zuständigen Gremien bzw. ggü. der Senatsverwaltung für Finanzen für Direktvergaben einsetzt. Das Prozedere der Liegenschaftspolitik des Landes lässt jedoch für solche Entscheidungen nur wenig Spielraum. Es werden lediglich die kommunalen Wohnungsunternehmen beim Erwerb bzw. der Zuordnung von Grundstücken privilegiert. Dennoch konnten im Einzelfall und durch Abstimmung von ansässigem Wohnungsbauunternehmen untereinander, auch Genossenschaften zu Grundstücken im Bereich ihres Bestandsportfolios kommen. In einigen Fällen kollidieren die Bemühungen um Unterstützung von ansässigen Wohnungsbauunternehmen mit dem Infrastrukturbedarf des Bezirkes (Beispiel: Konrad – Wolf – Str. 11, Interesse der WBG Neues Berlin vs. bezirklichen Bedarf nach einer Schule).

 

Auf der letzten Sitzung des Bündnisses für Wohnen wurde auch eine allgemeine Bilanz gezogen. Der Erfahrungsaustausch der Bündnispartner untereinander wird von allen Partnern geschätzt. Die Kommunikationswege haben sich stark vereinfacht, was bei konkreten Bauvorhaben auch die einzelnen Genehmigungsverfahren beschleunigt und somit dem Ziel eines gesteigerten Wohnungsbaus entgegen kommt. Auch die für alle Bündnispartner geltenden Regelungen für Härtefälle und der Begrenzung von Miethöhen und der Kappung von Modernisierungsumlage haben dazu beigetragen, die Mietpreisentwicklung im Bezirk zu dämpfen und einer Entmischung der Wohngebiete entgegenzuwirken.

Alle anwesenden Bündnismitglieder haben ihre Absicht bekräftigt, auch bei einem zukünftigen Bündnis wieder mit dabei sein zu wollen. Außerdem will man sich nach weiteren Partnern umsehen, da sich die Wohnungswirtschaft in Lichtenberg dynamisch weiterentwickelt. Dies sollte sich auch im Bündnis wiederspiegeln. Es wurde verabredet, dass das neue Bezirksamt zum Ende des Jahres 2016 die aktuellen Mitglieder zu einer (Wieder-)Gründungssitzung einlädt.

 

Begründung der Dringlichkeit:

 

Ablauf der Wahlperiode.

 

 
 

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