Drucksache - DS/1750/VII
Das Bezirksamt wurde ersucht zu prüfen, ob bei Genehmigungen von Anträgen auf gastronomische Sondernutzungen im öffentlichen Straßenland (Schankterrassen, welche einen bestehenden Gastronomiebetrieb erweitern) zur Auflage gemacht werden kann, dass die öffentliche Nutzung der WC-Anlage in der zugehörigen Gastronomie auch für Nicht-Gäste ausdrücklich (per Beschilderung) gestattet werden kann.
Das Bezirksamt bittet die Bezirksverordnetenversammlung, Folgendes zur Kenntnis zu nehmen:
Grundsätzlich ist festzustellen, dass es Gaststättenbetreiber/innen frei steht, auch Nichtgästen im Bedarfsfall die Toilettennutzung zu gestatten, ggf. auch gebührenpflichtig.
Gewerberechtlicher Aspekt Nach § 4 der Gaststättenverordnung besteht für Betreiber/innen von erlaubnispflichtigen Gaststätten die Verpflichtung, in Abhängigkeit von der Schank-und Speiseraumgrundfläche, Gästetoiletten bereit zu stellen. Dabei wird aber nur auf die Erfordernisse des Gaststättenbetriebes und die Bedürfnisse der Gäste abgestellt. Eine darüber hinausgehende erhöhte regelmäßige Nutzung durch Nichtgäste ist hierbei nicht berücksichtigt.
Nach § 5 des Bundes-Gaststättengesetzes können Auflagen und Anordnungen gegen Gaststättenbetreiber/innen erlassen werden. Diese müssen aber hinreichend begründet und auch nach Verhältnismäßigkeitsgrundsätzen erforderlich sein. Sie müssen sich ferner nur unmittelbar auf den Geschäftsbetrieb der Gaststätte beziehen. Toilettenservice für Dritte lässt keinen Sachzusammenhang zum Betrieb selbst erkennen.
Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Gaststättengesetzes können jederzeit Auflagen zum Schutz der Gäste und gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 des Gaststättengesetzes zum Schutz der im Betrieb Beschäftigten gegen Ausbeutung, Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sittlichkeit erteilt werden.
Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 3 des Gaststättengesetzes sind Auflagen und Anordnungen gegen schädliche Umwelteinwirkungen oder sonstige Nachteile, Gefahren und Belästigungen von Anwohnern sowie der Allgemeinheit zulässig.
Die Erteilung einer Auflage im Sinne der o. g. Drucksache ist nach § 5 des Gaststättengesetzes nicht möglich, da die Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Eine solche Auflage hätte keinen verwaltungsgerichtlichen Bestand.
Die Gesetzgebung hatte – entgegen der Forderung des Antrages – in den letzten Jahren eine eher entgegengesetzte Tendenz. Stetige Liberalisierung hat Auflagen weitgehend obsolet gemacht. So kann jetzt sogar auf Toiletten ganz verzichtet werden, wenn bei einer Aufenthaltsfläche für Gäste von höchstens 50 m2 nicht mehr als zehn Sitzplätze für Gäste bereitgestellt werden.
Sondernutzungsaspekt Sowohl § 46 Abs. 3 der Straßenverkehrs-Ordnung als auch § 11 Abs. 4 des Berliner Straßengesetzes sehen zwar die Möglichkeiten vor, erforderliche Ausnahmegenehmigungen bzw. Sondernutzungserlaubnisse zum Herausstellen von Tischen und Stühlen mit Nebenbestimmungen versehen zu können. Die Erteilung einer Auflage im Sinne der o. g. Drucksache ist aber auch nach diesen Vorschriften nicht möglich, da die zu fordernde Zurverfügungstellung von Toilettenanlagen für Nichtgäste keinen Sachzusammenhang mit der straßenverkehrsrechtlichen Ausnahmegenehmigung oder mit der straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis aufweist.
Allgemein werden mit einer solchen Auflage Grundrechtseingriffe (Artikel 12 GG Berufs- / Gewerbefreiheit und Artikel 14 GG Eigentumsfreiheit) vermutet. Eine öffentliche Nutzung der Gaststättentoiletten schränke demnach die Nutzbarkeit durch die Gäste der Gaststätte ein, der Gaststättenbetrieb würde durch häufige Frequentierung der Gaststätte durch Nichtgäste gestört, den Gaststättenbetreiber/innen entstünden höhere Kosten wegen erhöhtem Reinigungsbedarf und eventuell zusätzlich vorzuhaltendem Personal. Auch wären die Gaststättenbetreiber/innen gegenüber anderen Gewerbetreibenden über Gebühr benachteiligt, denn andere Gewerbetreibende werden bisher nicht in gleicher Weise in Anspruch genommen.
Das Bezirksamt kann demnach nicht im Wege von Anordnungen und Auflagen die auch hier gewünschte Lösung erreichen. Weiter gilt, dass bei Gewerbetreibenden dafür geworben werden soll, freiwillig solche Angebote zu machen. Ein Anschluss an bundesweite Marketing-Verbünde (etwa „Nette Toilette“) ist dabei anzustreben.
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