Auszug - Gedenktafel für Ilse Stöbe  

 
 
41. Sitzung in der VII. Wahlperiode des Ausschusses Kultur
TOP: Ö 6
Gremium: Kultur Beschlussart: erledigt
Datum: Di, 06.10.2015 Status: öffentlich
Zeit: 19:00 - 21:35 Anlass: ordentliche Sitzung
Raum: studio im HOCHHAUS
Ort: Zingster Straße 25, 13051 Berlin
 
Wortprotokoll

Der Ausschuss beschließt den von der Gedenktafelgruppe formulierten Text und empfiehlt der BVV wie folgt zu beschließen:

 

Die BVV beschließt folgenden Text einer Gedenktafel für Ilse Stöbe, Frieda Stöbe und Kurt Müller und ersucht das Bezirksamt, sie am ehemaligen Ort der Wohnung der Genannten, Frankfurter Allee 220, nach alter Nummerierung, anzubringen:

 

Vorderseite, unter einem Familienfoto:

 

Ilse Stöbe, 19. Mai 1911 22. Dezember 1942, Berlin-Plötzensee

Frieda Stöbe, 15. August 1881 19. Januar 1944, Konzentrationslager Ravensbrück

Kurt Müller, 2. Februar 1903 26. Juni 1944, Brandenburg-Görden

 

lebten seit 1932 in der Frankfurter Allee 202 (alte Nummerierung).

 

ckseite:

Die im Arbeitermilieu des Berliner Ostens aufgewachsene Ilse Stöbe arbeitet seit 1928 am liberalen Berliner Tagesblatt und wird 1930 Sekretärin des Chefredakteurs Theodor Wolff. Sie ist mit dem Redakteur und Kommunisten Rudolf Herrnstadt befreundet, der mit dem sowjetischen militärischen Nachrichtendienst zusammenarbeitet. 1935 geht Ilse Stöbe nach Warschau und beginnt als Journalistin für schweizer und Anfang 1939 auch für deutsche Zeitungen zu arbeiten.

Kurz vor Beginn des Zweiten Weltkrieges kehrt Ilse Stöbe nach Deutschland zurück. Im Mai 1940 wird sie Mitarbeiterin des Auswärtigen Amtes. In Berlin setzt sie die von Herrnstadt begonnene Zusammenarbeit mit dem Diplomaten Rudolf von Scheliha fort. Von ihm erhält sie zahlreiche Informationen über den bevorstehenden Überfall auf die Sowjetunion und leitet sie an die sowjetische Botschaft weiter. Ihre Warnungen werden von Stalin ignoriert. Mit dem Einfall deutscher Truppen bricht der Kontakt nach Moskau ab. Der Nachrichtendienst der Roten Armee versucht vergeblich mit Ilse Stöbe wieder Kontakt aufzunehmen. Davon erfährt die Gestapo und nimmt sie am 12. September 1942 fest. Am 14. Dezember werden Ilse Stöbe und Rudolf von Scheliha vom Reichskriegsgericht zum Tode verurteilt und am 22. Dezember in Berlin-Plötzensee hingerichtet.

Im Januar 1943 helfen die Mutter Frieda Stöbe und der Bruder Kurt Müller von der Deportation bedrohten Juden. Die Schwester von Frieda Stöbe, Anna Stappenbeck, versteckt sie in ihrem Haus in Schönwalde bei Berlin. Nach der Aufdeckung wird Frieda Stöbe im September 1943 verhaftet, Ende 1943 in das KZ Ravensbrück verschleppt und kommt dort am 19. Januar 1944 um. Kurt Müller, ebenfalls im September 1943 festgenommen, wird wegen Hochverrats angeklagt, zum Tode verurteilt und im Zuchthaus Brandenburg-Görden hingerichtet. Die Familie Stöbe ist ausgescht.

Von 1971 bis 1990 war eine Berufsschule in Lichtenberg nach Ilse Stöbe benannt.

Abstimmungsergebnis: 11:0:0

 

Die Bezirksstadträtin informiert, dass die Gedenktafel am 12.11.2015 um 10 Uhr enthüllt wird.

 

Auf Antrag von Frau Framke ersucht der Ausschuss das Bezirksamt zu ermitteln, ob Frieda Stöbe, Kurt Müller und Anna Stappenbeck als „Gerechte unter den Völkern“ bei der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem bereits gewürdigt worden sind und dem Ausschuss zu berichten.

Abstimmungsergebnis: 11:0:0

 
 

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