Drucksache - DS/1960/IV  

 
 
Betreff: EA 062 - Effektivität von Anzeigen und Beschwerden bei Ruhestörung nach 22 Uhr
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Einwohner*inEinwohner*in
   
Drucksache-Art:Einwohner*innenanfrageEinwohner*innenanfrage
Beratungsfolge:
BVV Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin Vorberatung
25.11.2015 
Öffentliche Sitzung der BVV Friedrichshain-Kreuzberg beantwortet   

Beschlussvorschlag

In der Einwohner*innen-Anfrage vom 23.9.2015 (EA 053 -rmproblematik rund um die Simon-Dach-Straße) erklärte Dr. Peter Beckers, dass der Außendienst des Ordnungsamt in der Regel in der Zeit von 6 bis 22 Uhr tätig ist und das Landeskriminalamt (LKA) die Aufgabe übernimmt, die Einhaltung von Auflagen nach 22 Uhr zu kontrollieren, weiter rät Herr Beckers, den durch Nichteinhaltung der Betreiberpflichten der Gastwirte nach §§ 3-7 LImSchG Bln gestörten Anwohnern, nach 22 Uhr die Polizei zu rufen und anzuzeigen, damit das Ordnungsamt die von der Polizei weitergeleitete Anzeige bearbeiten kann und entweder Auflagen erteilen oder Bußgeldbescheide aussprechen kann.

Da eine Anzeige nicht anonym erfolgt, gab es in der älteren, aber auch jüngeren Vergangenheit Fälle von Repressionen. Diese reichen von verbalen Bedrohungen über Sachbeschädigung bis hin zu Körperverletzung.

Gleichzeitig ergibt sich der Eindruck, dass eine zeitnahe Bearbeitung der Anzeigen nicht erfolgt. Konkret blieb ein im Juli 2015 begangener und gemeldeter Verstoß gegen die Außenschankauflagen für den betroffenen Gastwirt bis Mitte Oktober 2015, und damit bis zum Ende der umsatzstarken Sommersaison, folgenlos.
 

Ich frage das Bezirksamt:

 

  1. Auf wie viele der Anzeigen aus dem Bereich Simon-Dach und Revaler Strasse, Boxhagener Platz, Sonntagstrasse, Ostkreuz im Sinne des Lärmschutzes, sowie Nichteinhaltung bestehender Auflagen für Gasträume und Schankvorgärten wurden Bußgeldbescheide in welcher Höhe der im Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) §17(4) geregelten Berechnungsgrundlage erlassen?
     
  2. Was unternimmt das Ordnungsamt um die durchschnittliche Bearbeitungszeit der eingegangenen Anzeigen wegen Lärm und wegen Verstößen gegen die Auflagen zur Außenbewirtschaftung bis zum Erlaß eines entsprechenden rechtskräftigen Verwaltungsaktes zu verkürzen, damit sich bei den Gastronomen "Lerneffekte" noch während der laufenden Biergartensaison einstellen können?
     
  3. Gibt es zum Schutz der Anwohner vor Repressionen, die mitunter aus der mangelnden Anonymität bei Anzeigen resultieren, konkrete Erwägungen des Bezirksamtes, Hinweise und Anzeigen anonym abzugeben wie es beispielsweise bei Korruptionsmeldungen gehandhabt wird?

 

 

Beantwortung: Herr Dr. Beckers

 

Gestatten Sie mir kurz, die Bemerkung zu machen, dass in der Tat das Verfahren etwas sehr aufwendig ist und für die Beschwerdeführer wenig, sage ich mal, entspannend, sondern eher das Gegenteil ist, ist mir auch klar. Nichtsdestotrotz muss ich Ihre Anfragen wie folgt beantworten:

 

zu Frage 1: Gegen Betreiberinnen von Gaststätten im Bereich Revaler Straße und Sonntagstraße wurde im Jahr 2015 bisher vier Bußgeldbescheide wegen Verstoßes gegen gaststättenrechtliche Lärmschutzauflagen vom Ordnungsamt erlassen. Die Gesamtsumme der Geldbußen belief sich auf 4.200 EUR. Zwölf Bußgeldbescheide wurden wegen Verstoßes gegen die straßenrechtliche Sperrzeitenregelung für Schankvorgärten in der Simon-Dach-Straße erlassen. Die Gesamtsumme der Geldbußen belief sich hier auf 8.900 EUR.

 

zu Frage 2: Nach 22.00 Uhr wird bei Lärmanzeigen die Polizei tätig. Diese Anzeige wird anschließend an das Bezirksamt weitergeleitet. Bestehen keine Auflagen, übernimmt das Umweltamt die weitere Anzeigenbearbeitung. Bestehen gaststättenrechtliche Auflagen, wie in Ihrem Vortext erwähnt, übernimmt das Ordnungsamt die weitere Bearbeitung. Die im Ordnungsamt eingehenden Anzeigen der Polizei wegen Lärms bzw. Nichteinhaltung von Sperrzeiten im Außenausschank gelangen umgehend in die Bearbeitung für Ordnungswidrigkeitenverfahren. Gegen die Verantwortlichen wird zeitnah ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.

Der zeitliche Ablauf vom Eingang der Anzeige beim Ordnungsamt bis zur Anhörung des Betroffenen beträgt in der Regel etwa vier Wochen. Es kann aber auch länger dauern, wenn die Polizei vermutlich aufgrund personeller Engpässe und der Einsatzlage ihre Feststellung nicht sofort weiterleitet oder urlaubs- oder krankheitsbedingte personelle Engpässe im Ordnungsamt bestehen.

Beim gesamten Verfahren sind die Verfahrensvorschriften des Ordnungswidrigkeitenrechts ausnahmslos zu beachten. Das heißt, dazu zählt zwingend die Anhörung des Betroffenen, bevor ein Bußgeldbescheid erlassen wird. Und hier steht es auch noch mal dem Betroffenen frei, sich zum Tatvorwurf zu äern. Und dann, wenn er von seinem Recht auf Anhörung Gebrauch macht, sind diese Einlassungen natürlich auch entsprechend noch zu würdigen. Nach Erlass eines Bußgeldbescheides kann der Empfänger gegen den Bescheid innerhalb von zwei Wochen auch noch mal Einspruch erheben. Nach diesen zwei Wochen ist der Bußgeldbescheid rechtswirksam und kann dann ggf., wenn nicht gezahlt, noch eingetrieben werden.

Um bei auffälligen Gastronomen oder Inhabern von Sondernutzungserlaubnissen schneller eine Wirkung zu entfalten, ist das Ordnungsamt in Einzelfällen, beispielsweise Libauer Straße, dazu übergegangen, solche Verfahren zeitlich zu beschleunigen und in der Bearbeitung vorzuziehen, um eine schnellere Wirkung zu erzielen. Davon unbenommen ist allerdings der Verfahrensablauf, wie eben geschildert.

 

zu Frage 3: Eine falsche Anschuldigung ist eine Straftat und wird auch verfolgt. Um anonyme Anzeigen bis hin zum sogenannten Rufmord zu vermeiden, werden grundsätzlich anonyme Anzeigen nicht verfolgt. Der Schutz von Anzeigen oder des Anzeigenden bleibt grundsätzlich aber gewahrt, denn die Verfolgungsbehörde gibt keine Daten von Anzeigenden an die Adressaten von Bußgeldverfahren preis. Wird im Anhörungs- bzw. Einspruchsverfahren bei der Behörde Akteneinsicht durch Betroffene beantragt, so erfolgt vor Einsichtnahme eine Anonymisierung durch Schwärzung der Daten der Anzeigenden durch die Bußgeldstelle. Die Bußgeldstelle ist angewiesen bezüglich den Anzeigenden auch keine mündlichen Hinweise oder Auskünfte zu erteilen, um den Beschwerdeführer gegen mögliche Repressalien zu schützen.

 

Frau Dollmann: Ich hätte zwei Anschlussfragen. Die erste Frage wäre: Wenn ich das richtig verstanden habe, haben Sie auf die Anzeigen 16 Bußgelderlasse ausgegeben, also die vier plus zwölf glaube ich. Gab es denn auch Bußgeldverfahren, die nicht auf Anzeigen basiert sind? Also haben Sie bei ganz normalen Kontrollen auch Bußgelder quasi verteilt? Das wäre eine Frage.

Und die zweite Frage wäre eigentlich auch an Sie gerichtet und an die Frau Herrmann: Ich hatte in der taz gelesen, das war glaube ich im Frühling dieses Jahres, dass Sie eine zentrale Beschwerdestelle eben dahingehend einführen wollen und dass sie dieses Jahr auch kommen wird. Jetzt sind wir 25. November, kommt die in den nächsten vier Wochen?

 

zu Nachfrage 1: Die kann ich jetzt nicht beantworten, weil ich es nicht weiß, da hatte ich auch nicht nachgefragt, aber Sie kennen das grundsätzliche Problem dieser 22.00-Uhr-Regelung. Ich weiß aber auch gar nicht, ob ich das wirklich möchte, dass das Ordnungsamt die ganze Nacht zuständig ist, weil ohne mehr Personal ist das ein Witz, dann wird nämlich gar nichts mehr verfolgt. Deswegen brauchen wir die Amtshilfe auch der Polizei dabei, um das zu machen. Dass das dann möglicherweise etwas komplizierter ist und länger dauert, okay.

Wir werden auf jeden Fall zusehen, dass wir, so ist es angestrebt, von Mai bis September, gerade in dem Bereich, auch die Mitarbeiter des Ordnungsamtes bis 24.00 Uhr am Freitag und Samstag dort einsetzen werden. Das ist uns nach der Rahmendienstzeitverordnung des Landes Berlin so möglich. Während der Woche ist es aber nicht, da geht es nur bis 22.00 Uhr. Nur ob dann von 22.00 Uhr bis 24.00 Uhr so viel mehr passiert, wir werden es sehen. Wir werden es ausprobieren und ich kann ja dann mal berichten.

 

zu Nachfrage 2: Es gibt ein sogenanntes Anliegen-Managementsystem im Land Berlin, was dem Merker folgen soll. Merker ist so ein Verfahren, wo man mit Ampel schauen kann, rot noch nichts passiert, gelb es wird vielleicht was passieren und grün alles ist abgeräumt und erledigt - theoretisch.

Praktisch ist es so, dass dieses Anliegen-Managementsystem im Augenblick noch im Beteiligungsverfahren sich befindet bei dem Personalrat, bei den Beschäftigtenvertretungen. Das ist übrigens auch nicht nur bei uns im Bezirk sondern auch noch in anderen Bezirken so, dass überwiegend es noch nicht eingeführt ist. Also wird es auch noch ein bisschen dauern.

Dieses Anliegen-Managementsystem, das haben wir so im Bezirksamt besprochen, ist eigentlich geeignet, den Kern einer zentralen Beschwerde oder Anliegenstelle für das gesamte Bezirksamt zu bilden und deswegen ist es natürlich ein etwas größeres Verfahren. Wir haben uns allerdings im Bezirk darauf verständigt, dass das bei der Bürgermeisterin angesiedelt sein soll, weil dort quasi die Bereiche zusammenlaufen und von einer Beschwerde in der Regel drei bis vier, sage ich mal geschätzt, andere Bereiche, die dann nicht im Zuständigkeitsbereich des Ordnungsamtes liegen, auch betroffen sind.

Kurzum: Es wird noch ein bisschen dauern, aber es wird zum Sommer hin, so ist unser Ziel, diese zentrale Beschwerdestelle oder Anliegenstelle, ich kann es ja auch mal positiv formulieren, eingerichtet werden.


 
 

Legende

Ausschuss Tagesordnung Drucksache
Stadtbezirk Aktenmappe Drucksachenlebenslauf
Fraktion Niederschrift Beschlüsse
Kommunalpolitiker Auszug Realisierung
   Anwesenheit Kleine Anfragen

Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin

Postanschrift

Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin
Postfach 35 07 01
10216 Berlin

Barrierefreiheit

Rollstuhlgerecht Behindertenparkplatz Fahrstuhl WC nach DIN 18024

Barrierefreiheit Erläuterung der Symbole

Mehr Hinweise zur Barrierefreiheit bekommen Sie über folgende Datenbanken: