Drucksache - DS/1013/IV  

 
 
Betreff: Öffentlichen Raum mit Bürger*innenbeteiligung gestalten - Keine sexistische, diskriminierende und frauenfeindliche Außenwerbung in Friedrichshain-Kreuzberg!
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:B'90 Die Grünen/SPD/DIE LINKE/PIRATENB'90 Die Grünen/SPD/DIE LINKE/PIRATEN
Verfasser:1. Hellmuth, Susanne
2. Mollenhauer-Koch, Tessa
3. Richter, Claudia
Hellmuth, Susanne
Drucksache-Art:AntragDrucksache zurückgezogen
Beratungsfolge:
BVV Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin Vorberatung
29.01.2014 
Öffentliche Sitzung der BVV Friedrichshain-Kreuzberg vertagt   
26.02.2014 
Öffentliche Sitzung der BVV Friedrichshain-Kreuzberg      

Beschlussvorschlag
Anlagen:
Antrag zur DS/1013/IV  

Die Bezirksverordnetenversammlung möge beschließen:

Die Bezirksverordnetenversammlung möge beschließen:

 

Das Bezirksamt wird beauftragt, die Präsentation von sexistischer, diskriminierender und frauenfeindlicher Außenwerbung auf bezirkseigenen Flächen zu untersagen.

Hierzu ist das Bezirksamt aufgefordert zu prüfen, inwieweit bestehende Verträge verändert werden nnen: Bei allen Werbeverträgen, die das Bezirksamt abschließt, sollen Mieter*innen oder chter*innen verpflichtet werden, Werbung zurückzuweisen, die Menschen aufgrund ihres Geschlechts, ihrer sexuellen Orientierung oder Identität herabwürdigt.

Zudem setzt sich das Bezirksamt dafür ein, dass auch der Senat zukünftig nur Werbeverträge abschließt, die eine Präsentation sexistischer Werbung im öffentlichen Raum ausschließen.

Bei der Feststellung, ob sexistische, diskriminierende oder frauenfeindliche Werbung vorliegt, sind folgende Kriterien ausschlaggebend:

"Geschlechterdiskriminierende Werbung (sexistische Werbung) liegt insbesondere vor, wenn

a)      Frauen oder nner auf abwertende Weise dargestellt werden;

b)      die Gleichwertigkeit der Geschlechter in Frage gestellt wird;

c)      Unterwerfung oder Ausbeutung [nicht kritisch] dargestellt oder zu verstehen gegeben wird, dass Gewalt oder Dominanzgebaren tolerierbar seien;

d)      die Person in rein sexualisierter Funktion als Blickfang dargestellt wird, insbesondere rfen keine bildlichen Darstellungen von nackten weiblichen oder nnlichen rpern ohne direkten inhaltlichen Zusammenhang zum beworbenen Produkt verwendet werden.

e)      eine entwürdigende Darstellung von Sexualität vorliegt oder die Person auf ihre Sexualität reduziert wird;

f)        Personen abgewertet werden, die nicht den vorherrschenden Vorstellungen über Zugehörigkeit zu einem Geschlecht entsprechen (z.B. intersexuelle, transgender Menschen).

g)      Werbung für sexuelle Dienstleistungen darf, soweit sie rechtlich zulässig ist, die rde von Menschen, insbesondere von SexdienstleisterInnen, KonsumentInnen oder PassantInnen, nicht verletzen. rper und insbesondere weibliche oder nnliche Sexualität rfen nicht unangemessen dargestellt werden. Dabei ist auch besonders auf die Platzierung und das jeweilige Umfeld des Werbesujets zu achten.

h)      Werbung darf Aufstachelung zum Hass, [...] weder aufweisen, noch billigen, rdern oder verherrlichen. Werbung darf insbesondere kein Material enthalten, das, wenn es im jeweiligen Zusammenhang beurteilt wird, Gewalt gegen Frauen billigt, rdert oder verherrlicht oder dchen und [Jungen] in sexualisierter Weise darstellt.

 

(Quelle: Österreichischer Werberat (Verein Gesellschaft zur Selbstkontrolle der Werbewirtschaft). Vgl. http://www.werberat.at/show_4274.aspx, Zugriff am 01.12.2013)

 

Diese Kriterien des Österreichischen Werberats sind zu evaluieren und ggf. anzupassen.

Im Streitfall ist das Gleichstellungsbüro des Bezirksamts zu Rate zu ziehen.

Der BVV ist im rz 2014 zu berichten.

Begründung:

Mit einem erfolgreichen Einwohner*innen-Antrag machte die Initiative "Amt r Werbefreiheit und Gutes Leben" auf die negativen Folgen der im öffentlichen Raum omnipräsenten Werbung aufmerksam. Dem Ideal eines emanzipierten, bewussten und nachhaltigem Lebens steht Reklame meist entgegen: Denn Werbung setzt überflüssige Kaufanreize und vermittelt Stereotype statt Vielfalt.

Auch wenn der Bezirk - aufgrund der unzureichenden finanziellen und personellen Ausstattung - leider nicht auf alle Werbeeinnahmen verzichten kann, macht die  zunehmende Werbeflut ein Umdenken dringend erforderlich.

hrend Tabak- und Alkoholwerbung bereits seit 2008 untersagt sind, wollen wir auch zum Ausdruck bringen, dass sexistische und diskriminierende Reklame unerwünscht ist. Wir chten auch im öffentlichen Raum ein respektvolles Miteinander rdern. Insbesondere Heranwachsende sollten deswegen nicht  mit vordergründigen Schönheitsidealen, Rollenklischees oder gar Herabwürdigungen von Personen konfrontiert sein, sondern Vielfalt und Selbstbestimmung kennen lernen rfen.

Denn diese Darstellungen sind auf vielschichtigen Ebenen problematisch:

Zum einen existiert auf Werbebildern ein Frauen(körper)bild, das bereits bei Mädchen dazu führt, erst gar kein gesundes bzw. selbstbestimmtes Verhältnis zum eigenen Körper zu bekommen. Sie wachsen mit der Vorstellung eines Ideals auf, das ihnen bedeutet, durch teilweise unerreichbare Ziele (siehe beispielhaft "Barbie-Körpermaße": übertragen auf einen Menschenkörper könnte eine Frau nicht aufrecht gehen geschweige denn überleben mit diesen Maßen²), zu einem "begehrenswerten Menschen zu werden. Auf der einen Seite die Unerreichbarkeit, auf der anderen Seite jedoch das Präsentieren vermeintlicher Lösungen (Diäten, Cremes, kaschierende Kleidung, kalorienreduziertes Nahrungsmittel und vieles Mehr) suggeriert, dass die "Schuld" des Nichterreichens auf der Seite der Frauen liegt. Dies wiederum führt zu Krankheiten wie Essstörungen und Depressionen.

Zudem führt die Präsentation von Frauenkörperteilen als Verkaufsargument für alle möglichen Artikel wie beispielsweise Autos, Brotaufstriche oder Uhren (welche eigentlich in keinem Zusammenhang zur Nacktheit stehen) zu einem Objektwerden: Der Frauenkörper - oder Teile davon - werden schlicht als Dekoration benutzt. Dieser wird somit nicht als menschlich und nicht zu einer handelnden Person zugehörig gewertet. Damit wird der Anschein der sexuellen Verfügbarkeit von Frauenkörper(teilen) erweckt und kann in der Realität zur gesellschaftlichen Legitimation für Grenzüberschreitungen und Übergriffen auf Frauen beitragen.

Des Weiteren werden Frauen immer noch in "alten" Rollenklischees gezeigt. Schön im Sinne der Modeindustrie, heterosexuell - und entweder als Hausfrau (und nur in dieser Rolle darf sie dann mal "kess" sein, was dann fälschlicherweise als emanzipiert gelten soll) oder als Supermodell. Dies hat zur Folge, dass sich Frauen oftmals selbst nicht außerhalb dieses Rahmens vorstellen können. Trotz der Nachweise, dass im Schulalter die Leistungen von Mädchen und Jungen etwa gleichauf liegen, sehen sich Mädchen und Frauen trotzdem meist nicht als Entscheiderinnen und fügen sich dem konstruierten Bilde der zurückhaltenden (angenehmen, schönen, dekorativen) Frau. Dies führt sogar nachgewiesenermaßen dazu, dass Mädchen schlechtere Leistungen in Mathematik erbringen, wenn man sie vorher explizit daran erinnert, dass sie Mädchen sind.¹ Dies ist den Stereotypen geschuldet, die nachweislich falsch sind aber tagtäglich durch Bilder der Außenwerbung unterstützt werden.

Das Bezirksamt arbeitet bereits an einer "Diversity-Richtlinie r die Außendarstellung und Öffentlichkeitsarbeit der Verwaltung in Friedrichshain-Kreuzberg" (DS 0519/IV) - Dieser  Anspruch muss auch in Verträgen mit Dritten zur Geltung kommen, damit diese Richtlinien den öffentlichen Raum nachhaltig positiv gestalten.

Ein weitgehender Unterschied zur bisherigen Regelung ist, dass der "Deutsche Werberat" lediglich Beschwerden von bereits publizierter Werbung bearbeitet.

Zum einen finden dann trotzdem diese Bilder Eingang in das Bewusstsein der Menschen. Zum anderen ist die Kapazität für eine Überprüfung aller Reklamebilder nicht gegeben, sodass es quasi dem Zufall und dem Engagement von einzelnen Bürger*innen geschuldet ist, dass (und dann aber eben auch nur im Nachhinein) eine Werbung nachträglich als beispielsweise sexistisch gerügt wird.  Dieser Zustand ist untragbar. Deswegen fordern wir, dass Rahmenbedingungen geschaffen werden, die es verunmöglichen, dass sexistische, diskriminierende und frauenfeindliche Werbung überhaupt veröffentlicht wird.

 

BVV 26.02.2014

Die Drucksache wird von den Antragsteller*innen zurückgezogen.

(Siehe auch DS/1013-01/IV)

Stammbaum:
DS/1013/IV   Öffentlichen Raum mit Bürger*innenbeteiligung gestalten - Keine sexistische, diskriminierende und frauenfeindliche Außenwerbung in Friedrichshain-Kreuzberg!   B'90 Die Grünen/SPD/DIE LINKE/PIRATEN   Drucksache zurückgezogen
DS/1013-01/IV   Vorbild Österreich: Gegen diskriminierende, frauenfeindliche und sexistische Außenwerbung! Verbindliche Regel für bezirkseigene Werbeflächen   B'90 Die Grünen/SPD/DIE LINKE/PIRATEN   Beschluss
 
 

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