Drucksache - DS/0596/IV  

 
 
Betreff: EA/010 Umwandlung von Wohnraum in Ferienwohnungen
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Einwohner*inEinwohner*in
   
Drucksache-Art:Einwohner*innenanfrageEinwohner*innenanfrage
Beratungsfolge:
BVV Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin Vorberatung
27.02.2013 
Öffentliche Sitzung der BVV Friedrichshain-Kreuzberg beantwortet   

Beschlussvorschlag

In dem von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung im Jahre 2011 beauftragten und im April 2012 veröffentlichen GEWOS-Gutachten wird auch für den Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg ein stark angespanntes Wohnraumangebot bzw

In dem von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung im Jahre 2011 beauftragten und im April 2012 veröffentlichen GEWOS-Gutachten wird auch für den Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg ein stark angespanntes Wohnraumangebot bzw. Wohnraummangel insbesondere auch für den Standort des Wohnhauses Kochstraße 16-25 ausgewiesen.

 

Ich frage das Bezirksamt:

 

  1. Ist der BVV und dem Bezirksamt bekannt, dass der Eigentümer des Hauses Kochstraße 16-25 seit seinem Erwerb des Hauses durch freihändigen Verkauf an ihn durch den Insolvenzverwalter der Wohnungsbaugesellschaft im Jahre 2011 die Mieten für nahezu alle (mit Ausnahme von zwei Mietern) bisherigen Mieter des Hauses um 100 und mehr Prozent erhöht hat, die letzten Mieterhöhungen seit der wirksamen Eigentumsübertragung an ihn am 9. Dezember 2011 sogar auf der Grundlage der für eine Mietpreiserhöhung seinerseits nicht mehr geltenden gesetzlichen Bestimmungen für den sozialen Wohnungsbau?

 

  1. Ist der BVV und dem Bezirksamt bekannt, dass der Eigentümer durch diese Mieterhöhungen bereits 20 der 32 Mieter erfolgreich aus ihren Wohnungen vertrieben hat und diese so freigewordenen Wohnungen in Ferienwohnungen umgewandelt hat?

 

  1. Ist in der geplanten "Neufassung der Prüfkriterien für die Umsetzung der sozialen Erhaltungsverordnung in den Erhaltungsgebieten nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg: "Bergmannstraße-Nord", "Boxhagener Platz", "Chamissoplatz", "Graefestraße", "Hornstraße", "Luisenstadt"" auch das Haus Kochstraße 16-25 erfasst?

 

 

Wenn nicht, stelle ich folgende Nachfragen:

 

  1. aus welchen Gründen wird das Haus nicht von dieser Verordnung erfasst, obwohl die dort vom Eigentümer betriebene Praxis doch genau der in der Verordnung aufgeführten zu versagenden Nutzungsänderung entspricht; Zitat:

 

"Eine Nutzungsänderung im Sinne eines ferienwohnungsähnlichen Charakters liegt dann vor, wenn die Überlassung gewerblich und nur von kurzer Dauer ist (bis zu 28 Tagen). Gewerblich bedeutet, dass eine auf Dauer angelegte Tätigkeit vorliegt, in der Absicht, in eigenem Namen und auf eigene Rechnung Gewinn zu erzielen."

 

  1. welche Hilfe haben die restlichen Mieter, gegen die der Eigentümer mit massivem Druck durch Mahnschreiben zu angeblichen Mietrückständen und sogar Räumungsklagen vorgeht, um auch sie aus ihren Wohnungen zu vertreiben, damit er auch daraus Ferienwohnungen machen kann, seitens des Bezirksamtes und der BVV zu erwarten?

 

 

 

 

Beantwortung: Herr Dr. Schulz

 

Ich will vielleicht eine Bemerkung machen, auch zur Einordnung dieser EinwohnerInnenfrage. Wir sprechen heute über die ., erneut über dramatische soziale Auswirkung einer Entscheidung aus der letzten Koalition, nämlich zur Entscheidung, bei großen Wohnungsbaubeständen auszusteigen aus der Anschlussförderung. Und darüber reden wir heute, welche Auswirkungen das hat. Das möchte ich nur mal sehr deutlich machen, damit es eingeordnet werden kann.

 

Zu Frage 1: Dem Bezirksamt ist das bekannt, was Sie hier beschreiben. Ich will auch vorweg sagen, dass ja Sie von einem Mitarbeiter des Wohnungsamts sehr eng begleitet werden dort und wir wissen, dass wir ein besonders brachialen Eigentümer haben, der dort Entmietungen vornimmt. Das Bezirksamt war auch . ja, deshalb maßgeblich daran beteiligt, die Informationen der Mieter über die endgültige Eigentumsübertragung durch die IBB einzufordern. War ja ein schwieriges Verfahren. Wir haben auch dem Eigentümer sofort nach Eintragung im Grundbuch durch das Wohnungsamt mitgeteilt, dass die Sozialbindung zum 09. Dezember 2011 beendet ist und damit nach der Wohnaufwendungsverordnung die ortsüblichen Vergleichsmitte gilt. Das gilt ja dann auch mit der Konsequenz, dass die Mieten nicht mehr nach dem Kostenmietenprinzip zu betrachten sind, sondern nach dem Vergleichsmietenprinzip. Gegen diesen Bescheid ist der Eigentümer in Widerspruch gegangen mit der Folge, dass das Verfahren nun beim Verwaltungsgericht ausgetragen wird.

 

Zu Frage 2: Ja, dem Bezirksamt ist bekannt, dass sehr viele Mieter skrupellos aus ihrer Wohnung vertrieben wurden und werden. Das Schicksal dieser Haushalte aus diesen Objekten Kochstraße war auch bereits Thema gewesen des damaligen Runden Tisches, den wir anlässlich dieses Wegfalls von Anschlussförderung hier im Bezirk eingerichtet hatten. Wir sehen das als einen der vielen handwerklichen Fehler des Wohnraumgesetzes Berlin an, dass die Mieter nach dem Übergang von den Kosten wieder zu ortsüblichen Vergleichsmiete nur noch zivilrechtlich gegen Mieterhöhungen und zu hohen Mieten vorgehen können. Das Bezirksamt hat allen Mietern, die sich zur Wehr gesetzt haben oder auch noch setzen werden und sich beim Bezirksamt melden, sprich Wohnungsamt, die rechtlich möglichen Hilfen gegeben.

Zur Nutzung der Wohnung als Ferienwohnung ergibt sich folgende Differenzierung: Bis zum 09. Dezember 2011, also bis zur Eintragung in das Grundbuch, wären die Nutzung als Ferienwohnung sowieso nicht nach dem Wohnungsbindungsgesetz zulässig gewesen. Nach dem 09. Dezember 2011 ist die Nutzung als Ferienwohnung wohnungsrechtlich möglich, innerhalb des Rahmens, den die Verwaltungsgerichte Berlin zu diesem Thema aufgemacht haben und die sind eindeutig, wenn man sich das letzte Verwaltungsgerichtsurteil Berlin anschaut, vermieterfreundlich. Also eine Wohnung, die im Drei-Monats-Takt vermietet wird, ist keine Ferienwohnung, sondern eine Wohnung, schon auf Dauer und auf Häuslichkeit ausgerichtet, so betrachtet worden.

Dieses Thema wird man nur und das sage ich hier noch mal so deutlich, angehen können, in den Griff bekommen können, wenn wir das Zweckentfremdungsrecht bekommen. Erst dann hätten wir die Möglichkeit, auch gegen die Umnutzung von nicht belegungsgebundenen Wohnungen, keine soziale Bindung mehr haben, vorzugehen. Daneben gehen wir aber dennoch bauordnungsrechtlich gegen diese Umwandlung vor im Rahmen dieser sehr, sehr beschränkten Möglichkeiten, die wir dort durch die rechtlichen Regelungen haben.

 

Zu Frage 3: Die Kochstraße 16 - 25 ist nicht Teil von einem sozialen Erhaltungsrechtsgebiet. Die Prüfkriterien, auf die Sie abstellen in dieser Frage, gelten allerdings nur in diesen Gebieten.

 

Zu Nachfrage 1: Ich habe jetzt vom Text her die erste Nachfrage, die Sie gestellt haben, einen ganz anderen Text. Ja und zwar auch eine sehr lange Nachfrage, die auch sehr viele Details erfragt. Ich will Ihnen einfach nur noch mal zu dieser ersten Nachfrage deutlich machen: Das letzte Urteil vom Verwaltungsgericht Berlin, das sich mit diesem Thema beschäftigt, also mit der Frage der Abgrenzung zwischen Wohnung und einer Ferienwohnung als Beherbergungsbetrieb ist zum Ergebnis gekommen, dass die damalige Klägerin gegen das Bezirksamt Mitte recht hat, weil sie sagte, ich vermiete die Wohnung länger als drei Monate und zwischendrin auch ab und zu mal tageweise. Das Verwaltungsgericht hat gesagt okay, wenn das so ist, dann ist der Vorwurf des Bezirksamts Mitte nicht zutreffend, dass es Ferienwohnungen sind, sondern es sind Wohnungen.

Vor dem Hintergrund ist eine Kontrolle durch Behörden und Verwaltung eigentlich nicht möglich, denn wenn sie dann vorhalten würden, also ihre Wohnung ist ja gar nicht drei Monate, sondern wir konnten aus dem Internet feststellen, sie haben da an dem Tag zwei Tage und an den anderen Tag einen Tag, da sagten die dann, der Betreiber oder der Vermieter kein Problem, das ist ja innerhalb der Spannbreite, die das Verwaltungsgericht gesagt hat, die noch nicht eine Ferienwohnung definiert, sondern schon eine Wohnung.

Deshalb sagen wir nicht erst seit diesem Verwaltungsgerichtsurteil, wir haben ja das bisherige davor, das baurechtlich, nächstes Thema, nicht greifbar ist, nicht steuerbar ist, nicht im Sinne der betroffenen Mieterinnen und Mieter zu lösen ist, sondern wir ein Zweckentfremdungsrecht brauchen. Das muss nämlich nicht mit Blockwart spielen, irgendeine Wohnung und mit Strichliste zählen, wie viele Male einmal oder dreitägig da diese Wohnung vergeben worden ist, sondern ich kann sagen, wenn eine Wohnung leer steht, für einen bestimmten Zeitraum, dann ist das Zweckentfremdung. Dann ist eine Umnutzung von einer Wohnung in eine gewerbliche, vermietete und verwendete Wohnung passiert. Und das ist ein Begriff, der sich nicht auf das Baurecht beziehen muss und deswegen ist das ein wichtiger Weg und ich bezeichne den immer als Königsweg. Ich bezeichne ihn auch deshalb als Königsweg, weil wir diese Hilfskonstruktion in den sozialen Erhaltungsrechtsgebieten auch nur als Hilfskonstruktion haben. Sozusagen eine erhaltungsrechtliche Definition von Umwandlung oder Umwidmung von Wohnung in Mietwohnung zu machen.

So, das Zweckentfremdungsrecht ist Teil der Koalitionsvereinbarung. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hat definitiv das Thema angefasst. Im ersten Quartal 2013 sollte das Zweckentfremdungsrecht vorgestellt werden und wir sind gespannt, ob das wirklich so kommt. Wir haben gehört, dass es da in der Koalition knirscht und wir werden sehen, ob sozusagen wirklich im Sinne der betroffenen Mieterinnen und Mieter ein Zweckentfremdungsrecht kommt, das nicht einfach nur so ein zahnloser Bettvorleger ist, sondern tatsächlich eine Steuerung, eine Umsteuerung in diesen boomenden Markt bringt.

 

Zu Nachfrage 2: Wir haben glaube ich dort ein Beispiel von besonders brachialen Vorgehen eines Vermieters gegen die Mieter. Also ich glaube, das ist schon etwas Besonderes und wir sind auch ., wir haben auch die Einschätzung, dass der einkalkuliert, dass die Mieter nicht den Langmut aufbringen, diese ganzen existenziellen Auseinandersetzungen durchzustehen. Und deswegen her auch den Rechtsweg beschreitet im Wissen, dass solche Verwaltungsgerichtsverfahren lange dauern, die Mieter sind in der Ungewissheit. Er hat in der Zeit die Möglichkeit, weiter Druck auszuüben und Ähnliches.

Das ist ja sehr deutlich zu erkennen, dass, nachdem ihm mitgeteilt worden ist zum Zeitpunkt der Eintragung im Grundbuch, dass die Sozialbindung wegfällt und damit der Wechsel vom Kostenmietensystem ins Vergleichsmietensystem ansteht, dass er ja trotzdem noch Mieterhöhungen machte nach dem alten System, als würde sozusagen die neue rechtliche Situation gar nicht gelten. In dieser Situation hilft in der Tat nur, dass sie sich untereinander solidarisieren, dass sie Mieterberatung aufsuchen, dass sie zivilrechtlich vorgehen und ich sage noch einmal, auch politischen Druck machen auf Abgeordnetenhaus und Senat, dass das Zweckentfremdungsrecht kommt. Wissen Sie, das reicht eben nicht, was seit Jahren das Bezirksamt und hier die Bezirksverordnetenversammlung dauernd beschließt. Wir brauchen das Zweckentfremdungsrecht. Ich glaube, dass es auch notwendig ist, um da auch ein bisschen Feuer unterm Hintern zu machen beim Senat und Abgeordnetenhaus, dass die Bevölkerung und so betroffene Mieter wie Sie deutlich zu machen, dem Senat gegenüber deutlich machen, dass dieses Recht notwendig ist, bald notwendig ist, jetzt notwendig ist.

In diesem Sinne kann ich Ihnen nur sagen, unterstützt Sie nicht nur das Bezirksamt, sondern ich kann Ihnen auch sagen, die ganz, ganz große Mehrheit hier in der Bezirksverordnetenversammlung.

 

 
 

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