Drucksache - DS/0868/III  

 
 
Betreff: Alte Ziegelei Rädel e.V.
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:CDUCDU
  Müller, Götz
Drucksache-Art:Große AnfrageGroße Anfrage
Beratungsfolge:
BVV Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin Vorberatung
16.07.2008 
Öffentliche Sitzung der BVV Friedrichshain-Kreuzberg beantwortet     

Beschlussvorschlag
Anlagen:
1. Version vom 23.07.2008 PDF-Dokument

Ich frage das Bezirksamt:

Wir fragen das Bezirksamt:

1.      Sind die in den Medien veröffentlichten Meldungen (z.B. Berliner Zeitung vom 4. Juli 2008) über die Vorfälle in der Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung „Alte Ziegelei Rädel e.V.“ bekannt?

2.      Wie bewertet das Bezirksamt diese Vorfälle?

3.      Welche Konsequenzen zieht das Bezirksamt aus den Vorfällen?

4.      Gab es vor dem Bekanntwerden in den Medien Hinweise auf Kindeswohlgefährdungen in dieser Einrichtung an das Bezirksamt? Wenn ja, wie wurde darauf reagiert?

5.      Nach welchem pädagogischen Konzept bzw. Therapieansatz (Zielgruppe, zeitlicher Horizont, eingesetzte Mittel) arbeitet die vorgenannte Einrichtung; wie bewertet das Bezirksamt das pädagogische Konzept bzw. den Theorieansatz der Einrichtung?

6.      Wie viele Kinder und Jugendliche aus Friedrichshain-Kreuzberg sind bzw, waren in der vorgenannten Einrichtung untergebracht?

7.      Bei wie viel Kindern und Jugendlichen aus Friedrichshain-Kreuzberg hatte die dort angewandte Therapie den gewünschten Erfolg und worin liegt dieser?

8.      In welcher Höhe wurden und werden Haushaltsmittel im Zusammenhang mit der Einrichtung durch das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg eingesetzt? (Um Beantwortung getrennt nach Haushaltsjahren einerseits und nach durchschnittlichen jeweiligen Fallkosten andererseits wird gebeten.)

 

 

Sehr geehrte Bezirksverordnete,

 

Ihre Anfrage beantworte ich wie folgt:

 

1.   Sind die in den Medien veröffentlichten Meldungen ( z.B. Berliner Zeitung vom 4.Juli 2008 ) über die Vorfälle in der Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung „ Alte Ziegelei Rädel e.V.“ bekannt?

Die Meldungen in den Medien sowie die diesen zugrunde liegenden Vorgänge sind dem Jugendamt bekannt.

 

2.   Wie bewertet das Bezirksamt die Vorfälle?

Seit dem Bekanntwerden der Vorfälle stand das Jugendamt in besonders engem Kontakt mit der Einrichtung und dem Landesjugendamt Brandenburg. Trotz der offensichtlichen Mängel in der Einrichtung bestanden nach übereinstimmender Einschätzung der die Einrichtung aufsuchenden Sozialarbeiter/innen des Jugendamts Friedrichshain-Kreuzberg keine Kindeswohlgefährdungen, die eine sofortige Herausnahme von dort untergebrachten jungen Menschen erforderlich gemacht hätte.

Auch nach gegenwärtigem Stand geht das Landesjugendamt Brandenburg nicht von einer Kindeswohlgefährdung aus (Infoveranstaltung des LJA für die unterbringenden Jugendämter am 10.7.08). Mehrere belegende Jugendämter berichten von positiven Entwicklungen der jungen Menschen.

Die Mitarbeiterin Frau G., gegen die sich Vorwürfe der Misshandlung richten, versieht seit dem 21.5.08 nicht mehr alleine in der Kinderbetreuung ihren Dienst, mit Wirkung vom 3.7.08 ist sie beurlaubt und vom LJA wurde eine Beschäftigungsuntersagung ausgesprochen. Das LJA geht nach Zusage der Staatsanwaltschaft davon aus, dass bis zum 15.8.08 die Ermittlungen abgeschlossen sein werden.

Die ermittelnde Staatsanwaltschaft Potsdam hat teilweise weitere Verfahren schon niedergeschlagen, weil die Vorwürfe nicht haltbar waren (so der zuständige Staatsanwalt zum Missbrauchsvorwurf gegenüber dem LJA am 11.7.08, beim Verfahren wegen Veruntreuung sei das Ende absehbar, auch hier wurden keine Anhaltspunkte gefunden).

3.   Welche Konsequenzen zieht das Bezirksamt aus den Vorfällen?

Nach Bekanntwerden der Vorfälle im März 2008 wurde sofort ein gesonderter Besuch zur Überprüfung der Einrichtung durchgeführt, die Einrichtung wurde zudem von den verschiedenen fallzuständigen Sozialarbeitern im Zusammenhang der Hilfeplanungen aufgesucht. Es gab parallel eine enge Abstimmung mit dem Landesjugendamt zur möglichen Gefährdung dort untergebrachter junger Menschen.

Die Eltern der dort untergebrachten jungen Menschen wurden über die Vorwürfe und strukturellen Mängel informiert und es wird ihnen eine Verlegung ihrer Kinder angeboten.

Es gab seit März 2008 keine Empfehlung des Jugendamts Friedrichshain-Kreuzberg an antragstellende Eltern, ihr Kind in dieser Einrichtung unterzubringen. Laut Auflage des LJA vom 10.7.08 dürfen zunächst bis 15.8.08 keine jungen Menschen neu in der Einrichtung untergebracht werden.

Mit Wirkung vom 10.7.08 erteilte das LJA der Einrichtung weiterhin folgende Auflagen:

·        Es muss bis 01.09.08 ein/e Diplom-Sozialpädagoge/in mit dreijähriger Erfahrung im stationären Jugendhilfebereich ausschließlich für die pädagogische Leitung des Jugendhilfebereichs eingestellt werden.

·        Beschreibund der Zusammenarbeit mit den Eltern und der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen

·        Erstellung von Stellen- und Aufgabenbeschreibungen aller Mitarbeiter/innen

·        Für alle Mitarbeiter/innen muss ein persönlicher Qualifizierungsplan erstellt werden, insbesondere den Heilerziehungspflegern soll die Möglichkeit eingeräumt werden, sich berufsbegleitend zum Erzieher/in ausbilden zu lassen

Zur Zeit (10.-14.7.08 ) befindet sich ein externer Berater, der vom Ministerium in Potsdam bezahlt wird, täglich 8 Stunden in der Einrichtung um den Betrieb zu beobachten, er kann an allen Gesprächen teilnehmen, alle Dokumente einsehen, er soll eine Einschätzung der pädagogischen Arbeit abgeben, eine erste Auswertung wird mit ihm am 16.7.08 stattfinden, er wird bis zum 20.8.08 eine ausführliche schriftliche Expertise abgeben

Der zuständige Schulrat war ebenfalls vor Ort. Die Vorwürfe, das Unterrichtsniveau sei zu niedrig, haben sich nicht bestätigt. Alles entspräche den Maßstäben der Waldorfpädagogik. Es werden noch Hospitationen im Unterricht durchgeführt

 

4.   Gab es vor dem Bekanntwerden in den Medien Hinweise auf Kindeswohlgefährdungen in dieser Einrichtung an das Bezirksamt? Wenn ja, wie wurde darauf reagiert?

Wie bereits erläutert, gab es bereits seit März Informationen über Mängel der Einrichtung. Eine wesentliche Rolle spielten dabei auch Vorwürfe einer Mutter eines vom Jugendamt Friedrichshain-Kreuzberg in der Einrichtung untergebrachten jungen Menschen, so dass sich die zuständigen Fachkräfte unmittelbar mit Vorwürfen der Kindeswohlgefährdung, aber auch Hinweisen auf massive Mängel in der Kooperation zwischen Eltern und der Einrichtungsleitung auseinandersetzen konnten. Es wurde sofort das Landesjugendamt einbezogen, eine Dienstreise zur Einrichtung durchgeführt und Gespräche mit dem betroffenen jungen Menschen, seinen Eltern und der Einrichtungsleitung geführt. Deutlich wurden die massiven strukturellen Mängel der Einrichtung, u.a. unzureichende Leistungsbeschreibungen, hohe Mitarbeiterfluktuation, nicht ausreichende Personalressourcen, fehlende eigenständige pädagogische Leitung.

 

5.   Nach welchem pädagogischen Konzept bzw. Therapieansatz ( Zielgruppe, zeitlicher Horizont, eingesetzte Mittel ) arbeit die vorgenannte Einrichtung; wie bewertet das Bezirksamt das pädagogische Konzept bzw. den Theorieansatz der Einrichtung?

Die Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung „Alte Ziegelei Rädel“ arbeitet auf anthroposophischer Grundlage und der daraus entwickelten Waldorfpädagogik. Es handelt sich nicht um eine psychologisch-therapeutische Einrichtung. Die Waldorfpädagogik ist ein pädagogisch-ganzheitlicher Ansatz.

Besonderes Merkmal der Einrichtung ist die Beschulungsmöglichkeit auf dem Einrichtungsgelände. Dem Unterricht liegt der Lehrplan der Waldorfpädagogik zugrunde. Es handelt sich um eine staatlich anerkannte Ersatzschule der Erziehungshilfe.

Es wurden gute Erfahrungen mit der Unterbringung junger Menschen in der Einrichtung gemacht, bei denen insbesondere die schulische Entwicklung gefährdet war.

Ob ein solches Leistungsangebot die geeignete und notwendige Hilfeform ist, wird in jedem Einzelfall in der Hilfeplanung durch den RSD, die Eltern und die betroffenen jungen Menschen entschieden.

 

6.   Wie viele Kinder und Jugendliche aus Friedrichhai n und Kreuzberg sind bzw. waren in der vorgenannten Einrichtung untergebracht?

Es sind aktuell 3 jungen Menschen aus Friedrichshain- Kreuzberg dort untergebracht. Im Jahr 2007 waren es insgesamt 8 junge Menschen.

 

7.   Bei wie vielen Kindern und Jugendlichen aus Friedrichshain-Kreuzberg hatte die dort angewandte Therapie den gewünschten Erfolg und worin liegt dieser?

Es werden keine psychologischen Therapien in der Einrichtung durchgeführt. Mit den jungen Menschen wurde pädagogisch nach dem ganzheitlichen Konzept der Waldorfpädagogik gearbeitet.

Die jungen Menschen, ihre Eltern und die Kollegen des ASD beschreiben den Erfolg folgendermaßen: die jungen Menschen sind viel ausgeglichener, sie lernen Methoden, sich zu beruhigen, sind wieder in der Lage schulisch zu arbeiten, sie können sich wieder konzentrieren, sich in eine Gruppe integrieren und kooperieren freiwillig zu ihrer eigenen Zufriedenheit.

Wirkungen werden nur im Einzelfall beschrieben, aber nicht einrichtungsbezogen gesammelt erfasst. Der oben beschriebene pädagogische Erfolg wurde nach den Erfahrungen des RSD bei ca. 2/3 der dort untergebrachten jungen Menschen in vollem Umfang beobachtet.

 

 

 

 

8.   In welcher Höhe wurden und werden Haushaltsmittel im Zusammenhang mit der Einrichtung durch das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg eingesetzt? ( Um Beantwortung getrennt nach Haushaltsjahren einerseits und nach durchschnittlichen jeweiligen Fallkosten andererseits wird gebeten).

Im Haushaltsjahr 2007 wurden insgesamt 324.293,65 € für die Unterbringungen in der alten Ziegelei Rädel nach Rechnungslegung angewiesen. Der monatliche Durchschnittsbetrag pro Fall auf der Grundlage des täglichen Entgelt in Höhe von 145,59 € beträgt 4.428,36 € zuzüglich Nebenkosten für Bekleidung, Taschengeld und einmalige Beihilfen(z.B. Erstausstattung, Ferienzuschuss, Geburtstagsgeld, Weihnachtsgeld) von monatlich durchschnittlich 60,00 €.

Die bisherigen Ausgaben für 2008 belaufen sich auf 208.090,15 €. Die Entgelterhöhung auf täglich 148,22 € führen zu monatlichen Durchschnittskosten pro Fall von 4508,36 € zuzüglich o.g. Nebenkosten von ca. mtl. 60,00 €.

 

 

 

 

 

 

 

 

Monika Herrmann

 

 
 

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