Drucksache - DS/0652/III  

 
 
Betreff: Krankenversicherung von Erwerbslosen bei Sanktionen
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:B'90 Die GrünenB'90 Die Grünen
  Sengül, Ersoy
Drucksache-Art:Mündliche AnfrageMündliche Anfrage
Beratungsfolge:
BVV Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin Vorberatung
27.02.2008 
Öffentliche Sitzung der BVV Friedrichshain-Kreuzberg beantwortet   

Beschlussvorschlag
Anlagen:
1. Version vom 28.02.2008 PDF-Dokument

Die Bezirksverordnetenversammlung möge beschließen:

Die Bezirksverordnetenversammlung möge beschließen:

 

Ich frage das Bezirksamt:

 

1.      Hat das Bezirksamt Kenntnis davon, dass die ALG II-Empfangenden in Schreiben des Job-Centers bezüglich möglicher Sanktionen darauf hingewiesen werden, dass sie im Falle einer 100%igen Kürzung auch nicht mehr krankenversichert sein würden?

 

2.      Wie oft ist dieser Schritt vom Job-Center Friedrichshain-Kreuzberg seit Einführung des SGB II vollzogen worden?

 

3.      Wie beurteilt das Bezirksamt diese Androhung vor dem Hintergrund, dass die Krankenkassen seit 2007 verpflichtet sind, keinen Antragsteller abzuweisen, damit möglichst alle Menschen in Deutschland krankenversichert sind?

 

Nachfrage:

4.      Was gedenkt das Bezirksamt gegen diese Praxis zu unternehmen?

 

Herr Mildner-Spindler:

Zu 1: Wir haben uns in der Kürze der Zeit von ihrer Fragestellung und Übermittlung gestern gegen Mittag bis heute Mittag bemüht sozusagen die konkrete textliche Aufklärung auch dazu zu bekommen. Ich habe selbst heute nachmittag am Rande einer Veranstaltung noch mal mit dem stellv. Geschäftsführer gesprochen. Der konnte mir eine konkrete textliche Fassung auch nicht benennen. Wir werden da dran bleiben und daraus können sie schlussfolgern, dass es uns in der konkreten Form nicht bekannt gewesen ist, bisher. Ich möchte aber trotzdem zu dem 1. Pkt.  Vielleicht aufklärend noch etwas mehr dazu sagen. Wenn es so ist, wie sie das hier formuliert haben, dass also im Vorfeld möglicher Sanktionen Kunden des Jobcenters darauf hingewiesen werden, was eine Sanktionierung für Konsequenzen haben könnte, dann würde ich das, wenn es so formuliert ist auch für richtig halten, weil es sozusagen im Rahmen einer Anhörung, die ist ja wenn es Konflikte zwischen Jobcenter und Kunden des Jobcenters gibt und eine Sanktionierung erfolgt erst nach Anhörung des Kunden, dem der entspr. Vorwurf gemacht wird, wenn es also in diesem Zusammenhang einen solchen Hinwies gäbe, fände ich das für richtig und würde es unterstützen, weil es dem in einem Konflikt befindlichen im Grunde genommen auch auf die Konsequenzen seiner Auseinandersetzung gen hinweist. Wir gehen ja davon aus, dass sozusagen das SGB II so konstruiert ist, dass der Empfang von Leistungen nach dem SGB II nicht sozusagen ein Blankoempfang ist, sondern das hat der Gesetzgeber so gewollt. Daran werden sich alle Beteiligten Parteien erinnern, dass sozusagen die Betreuung über das Jobcenter und der Erhalt von Leistungen nach dem SGB II an das Gebot der Mitwirkung gebunden ist und das diese Mitwirkung oder die sehr oft unterstellte mangelnde Mitwirkung ja durchaus ja auch anders zu Konflikten und Auseinandersetzungen gibt. Ich möchte gleichzeitig noch etwas aufklärend beitragen, dass sie unterscheiden müssen zwischen einer Kürzung der Regelleistung von 100%. Kürzung der Regelleistung um 100% bedeutet, dass ja dann auch erst mal eine Staffelung mehrerer Sanktionen die Grundsicherungsleistung, also die Leistungen zum Lebensunterhalt bis zu 100% in dem Zeitraum gestrichen werden können. Bei der Kürzung der Regelleistungen um 100% wird in jedem Fall die Kosten der Unterkunft weitergezahlt, auch es werden auch die Sozialversicherungsbeiträge weitergezahlt. Es gibt dann sozusagen noch eine Steigerungsform, das ist die Kürzung aller ALG II Leistungen. Das wäre dann inklusive der Leistungen der Kosten der Unterkunft. Auch in diesem Fall ist es noch nicht gegeben, dass jemand nicht mehr krankenversichert wird, weil dann ist das Jobcenter geboten, dem Sanktionierten Sachleistungen anzubieten, d.h. für den Fall sollte eine 100%ige Sanktionierung aller Leistungen des ALG II geschehen, dann würden Lebensmittelgutscheine ausgereicht werden. Wenn Lebensmittelgutscheine ausgegeben und angenommen werden , dann wäre der Sanktionierte noch Kunde des Jobcenters und dann würden auch weiter Krankenversicherungsbeiträge gezahlt. Wenn aber nach einer 100%igen Sanktionierung alle ALG II Leistungen der Kunde den Kontakt mit dem Jobcenter abbricht, dann ist er nicht mehr Kunde des Jobcenters und dann ist er auch nicht mehr krankenversichert. ZU 2: Wir haben nachgefragt, ob es im Jobcenter Friedrichhain-Kreuzberg (FK) solche Fälle schon gegeben hat. Wir haben das nicht zum ersten mal nachgefragt, wir beschäftigen uns über die Trägervertretung und unseren Anteil in der Trägervertretung des Jobcenters regelmäßig über die Trägervertretung auch mit dem operativen Geschäft des Jobcenters. Das Jobcenter hat bereits im letzten Jahr und auf unsere heutige Anfrage erklärt, dass es keine Statistik gibt, die Sanktionierungen gestaffelt nach Grad der Sanktionierung abbildet. Wie sie vielleicht der Statistik oder der Kollegen aus ihrer Fraktion geben konnten, ist unser Jobcenter FK, was den Grad der Sanktionierung betrifft, ein Jobcenter, was relativ häufig mit Sanktionierungen arbeitet, das wird begründet mit der im Jobcenter gegebenen Betreuungsdichte, d.h. also, wenn es eine aktive Arbeit zwischen Vermittlern, Fallmanagern und Kunden des Jobcenters gibt, dann, also wenn aktiv gearbeitet wird, betreuungsdicht gearbeitet wird, dann gibt es eben auch mehr Konflikte, als wenn eher eine Betreuungsferne da ist. Wir haben im letzten Jahr nachgefragt, ob dem Jobcenter FK konkret aus der Praxis des Jobcenters Fälle einer 100%igen Sanktionierung einer ALG II Leistung bekannt sind. Das ist uns bisher immer verneint worden. Ich kenne aus einer Nachfrage einen konkreten Fall aus dem Januar diesen Jahres, wo es eine 100%ige Sanktionierung aller ALG II Leistungen gegeben haben soll. Das werde ich gegenüber der Geschäftsführung zumindest insofern thematisieren, dass es uns natürlich interessieren wird, wie es zu einem solchen Fall kommen konnte. Zu 3: Eine solche Situation, wie ich sie eben theoretisch geschildert habe, wird das natürlich kontagarien. Das ist völlig klar. Auf der anderen Seite formal betrachtet, für jemanden, der nicht mehr Kunde des Jobcenters ist, erlischt sozusagen diese formale delegierte Funktion des Arbeitgebers im Sozialversicherungsverhältnis. Insofern kann das Jobcenter dann keine Krankenversicherungsbeiträge mehr zahlen und es wäre die Frage, ob dann nicht eben aufgrund dieses Drucks, der über eine solche Sanktionierung oft gemacht wird, derjenige dann doch in ein andersgeartetes Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist. Auf jeden Fall werden wir das weiter thematisieren, um eben genau solche Fälle, wo wir es dann zum Schluss damit zu tun hätten, dass wir als Sozialamt oder als anderer müssten Krankenscheine ausgeben, Krankenhauskosten übernehmen usw. nicht durch die Kommune getragen werden kann. Es kommt aber immer auch wirklich darauf an, wie wird sozusagen das Verhältnis zwischen Jobcenter und Kunde gestaltet. Da gibt es das Mittel der Sanktionierung, das kann man bewerten, wie man will. Wir alle wünschen uns, dass es nicht zu solchen Sanktionierungen kommen muss, aber das ist auch ein Zweierverhältnis zwischen Jobcenter und Kunde. Wir haben jetzt noch 2 Nachfragen. Ich glaube, die Nachfrage 4, habe ich in gewisserweise schon beantwortet. Wir sind sensibel diesem Problem gegenüber. Wir thematisieren es, wir sprechen es nicht nur an, sondern wir haben ja mit dem Jobcenter im Rahmen unser kommunalen Aufgaben im SGB II auch eine ganze Reihe von Kooperationsvereinbarungen abgeschlossen, Kooperationsvereinbarungen, die vor allem dafür gedacht sind, dass wir mit unseren Leistungen als Amt soziale Dienste, aber auch die Zuwendungsempfänger in unserem Bereich psychosoziale Beratung und Betreuung, Suchtberatung und Betreuung. In Konfliktsituationen, in Situationen, wo eine Jobcenter und der Kunde vielleicht aus individuellen Gründen nicht in der Lage ist, in einem solchen Sanktionierungsverfahren seine Interessen zu vertreten, dann eine Unterstützung und Interessensvertretung erhält. Die waren aber unserer kommunaler Verantwortung im Rahmen dieser Kooperation haben wir ja auch über die Fachausschüsse schon desöfteren dargestellt. Also zu so einer Panne, sag ich jetzt mal, das wäre von Seiten des Jobcenters aus der Arbeitssituation geschuldete Panne, sollte es erst mal gar nicht kommen und als letztes darf der Jobcenterkunde darunter nicht der Leittragende sein. Ich werde das ansprechen. Ich hoffe, dass wir eine Antwort darauf bekommen und dann werde ich sie ihnen weitergeben.        

 

Herr Lüdecke:

Vielen Dank für die ausführliche Antwort. Sie haben berichtet, dass das Jobcenter mitgeteilt habe, es habe bisher noch keine solche Fälle gegeben, wo 100% ig gekürzt worden ist. In dem Zusammenhang die Frage, wie kommt es eigentlich , dass als wir damals vermittelnd über den Jobcenterausschuss im letzten Sommer im Arbeitsamt waren, uns , also wir dabei waren, als gerade ein Kunde beraten wurde, der deshalb kam, weil seine Leistungen zu 100% gekürzt worden waren und er deshalb mittellos war. Irgendwie bekomme ich das jetzt mit ihrer Antwort nicht in die Reihe. Gibt das Arbeitsamt ihnen falsche Auskünfte.

 

Herr Mildner-Spindler:

Wie ich schon dargestellt habe, richten wirt unsere Anfragen an die Geschäftsführung des Jobcenters und müssen uns sozusagen ersteinmal auf eine Aussage und Einschätzung der Geschäftsführung des Jobcenters verlassen. Ich habe ihnen dargestellt, dass es keine gestaffelte Statistik gibt aus der sozusagen der unterschiedliche Grad der Sanktionierung aufgearbeitet dargestellt werden kann, auf diese Situation aufmerksam gemacht und die Frage gestellt an die Geschäftsführung des Jobcenters und der Trägervertretung, ob ihnen Fälle bekannt seien, ist diese Frage verneint worden u.a. auch mit dem Hinweis darauf, dass bis zu einer 100%igen Sanktionierung das sozusagen eine sehr lange Zeit der Eskalation eines Konfliktes mit einem Kunden des Jobcenters vorher ziehen müsse, weil es wird ja sozusagen abgestuft sanktioniert, jedes Mal mit der Aufforderung an den Kunden des Jobcenters, sich zu den Vorwürfen, die ganz unterschiedlicher Natur sein können, zu verhalten. Es gilbt also ein Anhörungsverfahren, was dann sozusagen auch dazu bestimmt ist, ein solchen Konflikt zu hebeln, bevor es zur Eskalation kommt, insofern ist eine 100%ige Sanktionierung ein Punkt einer sehr langen Strecke  der Eskalation. Ich selbst kennen einem fall, das habe ich eingeräumt aus dem Januar diesen Jahres, der relativiert diese Aussage der Geschäftsführung des Jobcenters ein Stück. Wir werden da dran bleiben.

 

  

 
 

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