Ich frage das Bezirksamt:
- Wie viele ALG II-Empfänger*innen wurden 2012 und 2013 vorzeitig, vor der Vollendung des 65. Lebensjahres, angehalten, eine Frühverrentung zu beantragen?
- Aus welchen Gründen, beziehungsweise nach welchen Kriterien und nach welcher Rechtsgrundlage hat das Jobcenter eine Frühverrentung, meist zum Nachteil der Leistungsempfänger*innen, forciert?
- Von wie vielen wurde die "Zwangsverrentung" rechtlich angefochten und wie viele waren davon erfolgreich?
Nachfragen:
- Wie viele migrantische ALG II-Empfänger*innen waren davon betroffen?
- Gibt es zu wenig Arbeitsangebote für Menschen über 55 Jahre, beziehungsweise wie begründet das Jobcenter die nicht erfolgreiche Arbeitsvermittlung dieser älteren Kunden trotz der Aussage, dass das JobCenter in der Vermittlung 2014 außerordentlich erfolgreich war?
Bezirksamt Friedrichshain- Kreuzberg von Berlin 05.06.14
Abt. Soziales, Beschäftigung und Bürgerdienste -2601
Bezirksstadtrat
Ihre mündliche Anfrage beantworte ich wie folgt:
1. Wie viele ALG II-Empfänger*innen wurden 2012 und 2013 vorzeitig, vor der Vollendung des 65. Lebensjahres, angehalten, eine Frühverrentung zu beantragen ?
Diese Fälle werden statistisch nicht erhoben.
2. Aus welchen Gründen, beziehungsweise nach welchen Kriterien und nach welcher Rechtsgrundlage hat das Jobcenter eine Frühverrentung, meist zum Nachteil der Leistungsempfänger* innen, forciert?
Gesetzliche Grundlage bildet der § 12a SGB II . Demnach sind Leistungsberechtigte verpflichtet, Sozialleistungen anderer Träger in Anspruch zu nehmen und die dafür erforderlichen Anträge zu stellen, sofern dies zur Vermeidung, Beseitigung, Verkürzung oder Verminderung der Hilfebedürftigkeit erforderlich ist. Der Leistungsberechtigte ist jedoch nicht verpflichtet, eine Rente wegen Alters vorzeitig vor Vollendung des 63. Lebensjahres in Anspruch zu nehmen. Eine ungeminderte Altersrente vor Vollendung des 63. Lebensjahres können nur noch Schwerbehinderte erhalten, die vor dem 17.11.1950 geboren sind (nun also 62 Jahre alt sind) oder Personen, die seit dem 31.12.2000 durchgehend berufs- oder erwerbsunfähig sind.
Leistungsberechtigte nach dem SGB II werden ab dem 62. Lebensjahr durch die Jobcenter aufgefordert mittels einer Rentenauskunft der Deutschen Rentenversicherung nachzuweisen, zu welchem Zeitpunkt sie eine Rente wegen Alters mit und ohne Abschläge in Anspruch nehmen können.
Unter Berücksichtigung der Unbilligkeitsverordnung sind folgende Leistungsberechtige nicht verpflichtet, eine Rente wegen Alters vorzeitig in Anspruch zu nehmen:
- Aufstocker bis zum Ende des Bezuges von Arbeitslosengeld I (nach SGB III)
- Leistungsberechtigte in einer sozialversicherungspflichtigen oder selbständigen Beschäftigung mit einem Einkommen ab 450,01 EUR
- Leistungsberechtigte, die in den nächsten drei Monaten eine Erwerbstätigkeit mit einem Einkommen ab 450,01 EUR nachweislich in Aussicht haben
- Leistungsberechtigte, die in den nächsten drei Monaten Anspruch auf abschlagsfreie Altersrente haben
- Bestandschutzfälle nach § 65 Absatz 4 SGB II i.V. m. § 428 SGB III
3. Von wie vielen wurde die "Zwangsverrentung" rechtlich angefochten und wie viele waren davon erfolgreich?
Diese Fälle werden statistisch nicht erhoben.
Nachfrage 1
Wie viele migrantische ALG II-Empfänger*innen waren davon betroffen?
Diese Fälle werden statistisch nicht erhoben.
Nachfrage 2
Gibt es zu wenig Arbeitsangebote für Menschen über 55 Jahre, beziehungsweise wie begründet das Jobcenter die nicht erfolgreiche Arbeitsvermittlung dieser älteren Kunden trotz der Aussage, dass das JobCenter in der Vermittlung 2014 außerordentlich erfolgreich war?
Die Leistungsberechtigten nach dem SGB II werden unabhängig von ihrem Alter in den Vermittlungsprozess eingebunden. Für den Personenkreis 50plus beteiligt sich das Jobcenter Berlin Friedrichshain-Kreuzberg darüber hinaus seit dem Jahr 2006 an dem Bundesprogramm Perspektive 50plus und betreut mit zusätzlichem Personal, welches aus Mitteln des Bundesprogrammes finanziert wird, Leistungsberechtigte ab 50 Jahren mit einem verbesserten Betreuungsschlüssel, um die Vermittlung in Arbeit und den Abbau von Vermittlungshemmnissen zu intensivieren. Im Vergleich zum Vorjahr wurden durch das Jobcenter Berlin Friedrichshain-Kreuzberg mehr Leistungsberechtigte integriert. Ältere konnten davon mehr profitieren als die Gesamtheit der Kunden. Der Anteil der Integrationen ab 50 Jahre ist an allen Integrationen ist um 1,9%Punkte gestiegen. Dennoch gelingt aus unterschiedlichen Gründen nicht in allen Fällen eine erfolgreiche Integration in den Arbeitsmarkt.
Mit freundlichen Grüßen,
Knut Mildner- Spindler