Vorstellung der Beratungsstelle für hörbehinderte Kinder und Jugendliche

Silke Frömming an ihrem Arbeitsplatz in der Hörberatung

Silke Frömming an ihrem Arbeitsplatz in der Beratungsstelle in Friedrichshain

Das Gesundheitsamt ist aufgrund der Pandemie in aller Munde. Zuvor hatte der öffentlichen Gesundheitsdienst mit seinen vielfältigen Angeboten wesentlich weniger Aufmerksamtkeit genossen. Doch seit einem Jahr richten sich in Deutschland alle Augen auf die Amtsärzt*innen und ihre Teams. Die Aufgaben unseres Gesundheitsamtes gehen aber weit über den Infektionsschutz und die Kontaktverfolgung hinaus. Daher möchten wir Ihnen im Bezirksticker nach und nach die einzelnen Fachbereiche des Amtes und seine Mitarbeiter*innen vorstellen, in diesem Monat die Beratungsstelle für hörbehinderte Kinder und Jugendliche.

Wenn Babys schlecht hören

Silke Frömming arbeitet als medizinisch-technische Assistentin für Funktionsdiagnostik in der Beratungsstelle für hörbehinderte Kinder und Jugendliche in Friedrichshain. Dieser Fachbereich des Gesundheitsamtes mit zwei Standorten, in Friedrichshain und in Neukölln, ist für ganz Berlin zuständig. Eine solche Einrichtung gibt es nur im Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg: „Eigentlich gibt es in ganz Deutschland kein Äquivalent für unseren Bereich. Das ist etwas sehr Besonderes, was Berlin den Menschen hier bietet.“ Die Pädaudiometrie ist ein spezielles Feld. Die Hörberatungsstelle des Gesundheitsamtes ist technisch und diagnostisch sehr gut aufgestellt. Das Angebot richtet sich an alle Kinder und Jugendliche von 0 bis 18 Jahren, mit und ohne Überweisung, mit oder ohne Krankenversicherung. „Wir sind für alle da!“ sagt Silke Frömming.

Sie arbeitet seit 2001 in der Hörberatung. „Das ist ein absoluter Glücksfall und genau das, was ich immer machen wollte.“ Für den Arbeitsplatz nimmt sie auch das tägliche Pendeln aus und zurück nach Brandenburg in Kauf: „Das ist es mir wert. Die Zusammenarbeit mit den Kindern macht so viel Spaß. Wir können sie dabei begleiten und unterstützen, hören und sprechen zu lernen. Ich freue mich immer noch, dass es damals mit meiner Bewerbung geklappt hat.”

Die 46-Jährige ist ausgebildete Audiologie-Phoniatrie-Assistentin. Ihre Ausbildung hat sie 1994 in Halle/Saale abgeschlossen, im letzten Jahrgang dieses Ausbildungsberufs. Anschließend kam sie nach Berlin, wo sie erst in einer HNO-Praxis arbeitete und danach bei einem Hörgeräteakustiker. Ein Kollege von ihr bewarb sich in der Hörberatungsstelle des Gesundheitsamtes und wurde nicht genommen, weil er keine medizinische Ausbildung hatte. Die hatte aber Silke Frömming und rief sofort beim Gesundheitsamt an – sie bekam die Stelle.

Die Diagnostik mit den Kindern machen Silke Frömming und ihre Kolleg*innen immer zu zweit. Viel Diagnostik läuft über Spielaudiometrie. Die Kinder sollen auf ein akustisches Signal Becher stapeln. Das Signal wird immer leiser. So finden Mitarbeiter*innen spielerisch die Hörschwelle heraus.

Jährlich kommen in die Hörberatungsstelle rund 700 neue Patient*innen, am Neuköllner Standort sind es etwa nochmal so viele.

Das interdisziplinäre Team besteht aus Ärzt*innen, Sozialarbeiter*innen, Psycholog*innen, Logopäd*innen, Hörgeschädigtenpädagog*innen, medizinisch-technischen Assistent*innen für Funktionsdiagnostik und Verwaltungskräften. An beiden Standorten kümmern sich je zehn Mitarbeiter*innen um Kinder. Die Überweisungen und Empfehlungen an die Hörberatungsstelle kommen aus unterschiedlichen Richtungen, von Kinderärztlichen Praxen, aus den Kitas und Schulen, aber auch von HNO-Ärzt*innen.

„Die meisten Kinder kommen ganz klein zu uns, wenn es beim Neugeborenenscreening nach der Geburt im Krankenhaus eine Auffälligkeit gab. Wir führen dann die Pädaudiometrie durch und können so diagnostizieren, welche Hörstörung oder welcher Grad der Behinderung vorliegt“, erklärt Silke Frömming.

Bei einer Schädigung des Innenohrs bekommen die Babys dann ab dem Alter von drei Monaten ihr erstes Hörgerät. Für die Einstellung des Hörgeräts geben Silke Frömming und ihre Kolleg*innen die Testergebnisse an die Akustiker*innen weiter, die das Hörgerät entsprechend einstellen. Natürlich ist das Einsetzen eines solchen Geräts bei Kleinstkindern eine besondere Herausforderung: „Viele versuchen erstmal, sich das Hörgerät wieder abzureißen.“

Die Kinder werden nach der Erstdiagnose im Säuglingsalter dann bis in die Schulzeit von der Hörberatungsstelle begleitet. „Wie gut der Hörgewinn durch ein Hörgerät ist, zeigt sich ja häufig erst beim Sprechenlernen und später in der Schule dann beim weiteren Lernen der Sprache durch Lesen und Schreiben.“

Die Familien werden vom Team der Hörberatungsstelle sehr engmaschig und ganzheitlich betreut. Es geht nicht nur um die medizinische Diagnose und die Einstellung der Hörgeräte, sondern auch um die Begleitung der Sprachentwicklung, soziale Beratung, die Beantragung und Bewilligung des Integrationsstatus und den Austausch mit Erzieher*innen und Lehrer*innen.

Zu den Patient*innen gehören auch Kinder gehörloser Eltern und Kinder mit Behinderungen, wie Trisomie 21. Wenn Familien mit Sprachbarrieren oder gehörlose Familien zur Hörberatungsstelle kommen, arbeitet das Team mit Sprachmittler*innen und Gebärdendolmetscher*innen zusammen.

Das Team des Friedrichshainer Standortes der Hörberatungsstelle sitzt eigentlich in der Koppenstraße am Ostbahnhof. Da das Dienstgebäude aktuell saniert wird, sind die Mitarbeiter*innen für die Dauer der Bauarbeiten in einem Container im Hof der Petersburger Straße untergebracht. „Aber es ist ein wirklich schöner Container. Wir haben unsere Geräte alle mitnehmen können und sogar eine Hörkabine bekommen, so dass auch im Container alle Untersuchungen durchgeführt werden können.“

- Im April haben wir den Sozialpsychatrischen Dienst des Gesndheitsamtes im Bezirksticker vorgestellt.