Drucksache - 1836/5
Die BVV hat in ihrer Sitzung vom 27.5.2021 beschlossen:
Das Bezirksamt wird gebeten, sich bei den zuständigen Stellen dafür einzusetzen, dass die abendlichen Autokorso-Demonstrationen durch Charlottenburg-Wilmersdorf nicht während der gesetzlichen Ruhezeiten ab 22 Uhr stattfinden. Des Weiteren soll darauf hingewirkt werden, dass in den Abendstunden vor 22 Uhr gemeinsam mit den Anmelder*innen Ausweichrouten außerhalb von dichtbesiedelten Wohngebieten gefunden werden.
Der BVV ist bis zum 31.07.2021 zu berichten.
Annegret Hansen Bezirksverordnetenvorsteherin
Hierzu wird Folgendes berichtet:
Mit Schreiben vom 22.06.2021 hat sich das Bezirksamt mit dem Anliegen der BVV an die Senatsverwaltung für Inneres und Sport gewandt.
Die Senatsverwaltung für Inneres und Sport hat am 20.07.2021 mitgeteilt, dass die Versammlungsfreiheit sowohl im Grundgesetz (Art. 8 GG) als auch in der Verfassung von Berlin (Art. 26 VvB) verbürgt ist und in unserem demokratischen Gemeinwesen ein besonders hohes Gut darstellt. Von dem Grundrecht der Versammlungsfreiheit ist auch das Recht der die Versammlung veranstaltenden Person umfasst, grundsätzlich selbst über den Ort der Durchführung der Versammlung zu bestimmen. Eingriffe in dieses Selbstbestimmungsrecht, wie beispielsweise die Beauflagung einer bestimmten Wegstrecke, kommen nur dann in Betracht, wenn durch die Art und Weise der Durchführung der Versammlung eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit entstehen würde. Die Tatsache allein, dass ein Aufzug durch ein Wohngebiet verläuft, rechtfertigt einen solchen Eingriff regelmäßig nicht.
Die Gestaltungsfreiheit des Veranstalters bzw. der Veranstalterin umfasst zudem das Recht darüber zu bestimmen, auf welche Art sein oder ihr Anliegen vermittelt wird und welche Hilfsmittel hierfür eingesetzt werden. Darunter fällt auch die im Beschluss thematisierte Durchführung der Versammlung als Autokorso. Oftmals ist die Wahl des Hilfsmittels gerade Ausdruck des Versammlungsthemas und soll dieses symbolisch verdeutlichen. Daher unterliegt auch der Einsatz solcher Mittel dem grundrechtlichen Schutz der Versammlungsfreiheit. Gleiches gilt für den Einsatz von Kundgebungsmitteln wie Lautsprecher oder auch das Hupen während der Versammlung.
Aufgrund der grundlegenden Bedeutung der Versammlungsfreiheit sind allgemeine Beeinträchtigungen für nicht an der Versammlung beteiligte Personen im gewissen Umfang hinzunehmen. Dies gilt auch für mögliche Lärmbelästigungen durch die Versammlung. Bei Autokorsos ist zu berücksichtigen, dass diese – anders als bei stationären Versammlungen – aufgrund deren stetiger Fortbewegung regelmäßig nur zu einer kurzfristigen Punktbelastung der Anwohnenden führen. Die Polizei Berlin ist allerdings stets bemüht, insbesondere betroffene Anwohnerinnen und Anwohner rechtzeitig über absehbare Beeinträchtigungen, die durch eine Versammlung entstehen können, zu benachrichtigen.
Im Rahmen der Kooperationsgespräche zwischen Versammlungsbehörde und den die Versammlung anzeigenden Personen im Vorfeld der Versammlung wird auf die einzuhaltenden Lärmschutzvorgaben – insbesondere zu Zeiten der Nachtruhe – hingewiesen. Entsprechende Hinweise auf die Unzulässigkeit einer übermäßigen Beeinträchtigung Dritter durch die Abstrahllautstärke einzusetzender Lautsprecheranlagen sowie zur Vermeidung eines nicht mehr hinnehmbaren Hupens während der Nachtruhe werden auch in die Anzeigebestätigung zur Versammlung aufgenommen. Zudem schreiten die Polizeikräfte vor Ort erforderlichenfalls ein, um übermäßige Lärmbelästigung zu verhindern.
Es kann darauf vertraut werden, dass stets versucht wird, einen angemessenen Ausgleich zwischen dem Anliegen einer Versammlung und dem Einsatz von Lautsprechern oder anderen akustischen Einsatzmitteln einerseits und den damit möglicherweise verbundenen Belästigungen für Anwohnende und andere Dritte anderseits zu finden. Dass sich im Fall von Autokorsos – auch wiederholte – akustische Beeinträchtigungen der unmittelbaren Anwohnerinnen und Anwohner dabei nicht ausschließen lassen, ist angesichts der Bedeutung der Versammlungsfreiheit leider unvermeidbar.
Das Bezirksamt bittet, den Beschluss als erledigt zu betrachten.
Reinhard Naumann Arne Herz Bezirksbürgermeister Bezirksstadtrat
|
||
Legende
Ausschuss | Tagesordnung | Drucksache | |||
BVV | Aktenmappe | Drucksachenlebenslauf | |||
Fraktion | Niederschrift | Beschlüsse | |||
Kommunalpolitiker/in | Auszug | Realisierung | |||
Anwesenheit | Schriftliche Anfragen |