Drucksache - 0766/5  

 
 
Betreff: Hilfen gegen das Bürokratiemonster
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:SPD-Fraktion 
Verfasser:Röder/Biewener 
Drucksache-Art:AntragVorlage zur Kenntnisnahme
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Beratung
21.06.2018 
21. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin überwiesen   
Ausschuss für Haushalt, Personal, Wirtschaftsförderung, Informationstechnologie und Gender Mainstreaming Beratung
09.10.2018 
23. Öffentliche Sitzung des Ausschusses für Haushalt, Personal, Wirtschaftsförderung, Informationstechnologie und Gender Mainstreaming mit Änderungen im Ausschuss beschlossen   
Bezirksverordnetenversammlung Beratung
18.10.2018 
24. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin ohne Änderungen in der BVV beschlossen   

Sachverhalt
Anlage/n
Anlagen:
Antrag
Beschlussempfehlung
Beschluss
VzK

 

Die BVV beschließt:

 

Das Bezirksamt wird aufgefordert, Hilfsangebote bei dem Ausfüllen von Formularen und Anträgen anzubieten und soweit möglich barrierefrei und in leichter Sprache.

 

Der BVV ist bis zum 31.01.2019 zu berichten.

 

 

Das Bezirksamt teilt hierzu Folgendes mit:

Grundsätzlich sind Selbstbestimmung und persönliche Autonomie wichtige Aspekte in der Sozialpolitik. Dazu gehört auch das Selbstverständnis, dass Betroffenen ihre Interessen selbständig wahrnehmen und artikulieren sollen. Aus diesem Grund sind alle drei Verwaltungsebenen (Bund, Land und Kommune) am Ausbau der strukturellen Barrierefreiheit beteiligt. Aufgrund der Komplexität der Verwaltungsleistungen und begrenzten Budgets innerhalb der jeweiligen Kommunal-, Landes- oder Bundeszuständigkeit einerseits und der Vielfältigkeit zu berücksichtigender körperlicher Einschränkungen und individueller Hilfebedürftigkeit andererseits ist dieser Ausbau bedarfsgerechter Angebote und das Erreichen eines allgemein gültigen Grads von Barrierefreiheit ein herausfordernder und langwieriger Prozess.

Das Bezirksamt arbeitet kontinuierlich an der Verbesserung barrierearmer Angebote und bietet mittlerweile auf seiner Homepage eine Einstiegsseite in leichter Sprache an:

https://www.berlin.de/ba-charlottenburg-wilmersdorf/de-plain/

Hier sind bisher die bezirklichen Dienstleistungen des Bürgeramtes, des Sozialamtes und der Bereiche Jugend und Gesundheit in den barrierefreien Auftritt integriert, damit sich Menschen mit Lern- und Verständnisschwierigkeiten leicht und ohne große zusätzliche Hilfe orientieren können. Dazu wurden spezielle Nutzer-Tipps und ein Wörterbuch in leichter Sprache angelegt. Eine verlinkte A-Z-Themenliste führt die Nutzer:innen direkt zur richtigen Unterseite.

Für Angebote in Gebärdensprache steht die folgende Seite zur Verfügung:

https://www.berlin.de/ba-charlottenburg-wilmersdorf/dgs/

Diese Seite ist von jeder Webseite des Bezirks aus leicht erreichbar über den Button „Barrierefrei“, der in der Kopfleiste jeder Seite oben rechts zu finden ist. Mit einem weiteren Klick auf „DGS“ wird die Seite mit allen bisher zur Verfügung stehenden Videos erreicht. Das Angebot wird kontinuierlich erweitert.

Darüber hinaus sind alle Bereiche bestrebt, nur noch barrierefreie Dokumente online bereitzustellen.

Zum Bereitstellungsbedarf von barrierefreien Antragsformularen stehen die Fachämter in überbezirklichen Fach- und Leitungsrunden mit den zuständigen Senatsverwaltungen in Kontakt. Da die Mehrzahl der Vordrucke zentral auf Landes- oder sogar auf Bundesebene erstellt wird, bedarf es hier landes- bzw. bundesweiter Angebotslösungen, an denen in den Senatsfach- und Bundesfachverwaltungen gearbeitet wird.

Soweit Antragsformulare in Eigenregie des Bezirksamtes bereitgestellt werden dürfen, wird die Weiterentwicklung zur Bereitstellung von barrierefreien Antragsformularen nebst Ausfüllhinweisen fortgesetzt. Ziel ist es, zunächst vor allem barrierefrei gestaltete Dateien in elektronischer Form zur Verfügung stellen zu können. Erreicht wurde dieses Ziel beispielsweise bereits im Falle der sogenannten Lebensbescheinigung, die durch externe Unterstützung nun auch für Menschen mit Beeinträchtigung der Sehfähigkeit und für blinde Menschen selbständig nutzbar und hörbar ist.

Geplant ist außerdem, Bescheide und Formulare mit einem Hinweis auf die Hilfeangebote zu versehen, die behinderte Menschen bereits jetzt bei Bedarf in Anspruch nehmen können, z.B. persönliche Unterstützung durch die Sachbearbeiter:innen oder die Bereitstellung einer barrierefreien elektronischen Version des jeweiligen Schriftstücks. Auf der Internetseite des Gesundheitsamtes sind bereits mehrere Formulare aus verschiedenen Fachbereichen veröffentlicht, die in elektronischer Form ausfüllbar sind und mit Adobe Acrobat erstellt wurden. Auf dieser Programmbasis ist eine Prüfung der Barrierefreiheit möglich, die konkrete Verbesserungshinweise als Ergebnis auswirft.

Soweit dies möglich und sinnvoll ist, wird schrittweise an der Bereitstellung von Broschüren, Berichten und Antragsleitfäden in leichter Sprache gearbeitet. Inwieweit Ausfüllhinweise punktuell auch in Form von Gebärdensprachvideos zur Verfügung gestellt werden könnten, bedarf der weiteren Prüfung. Erste Erfahrungen haben gezeigt, dass die Qualität von Gebärdenvideos je nach Alterszugehörigkeit der Nutzenden unterschiedlich wahrgenommen werden und dadurch teilweise nur schlecht verstanden werden können. Dieser Umstand stellt für den weiteren Ausbauprozess eine besondere Herausforderung dar und wird je nach Zielgruppe zu berücksichtigen sein.

Für Hilfsbedarfe beim Ausfüllen von Antragsformularen stehen in allen Bereichen die zuständigen Sachbearbeiter:innen im Rahmen eines persönlichen Gesprächs oder Telefonats zur Verfügung. Häufig geht der Beratungsbedarf jedoch weit über die Hilfe zum Ausfüllen von Formularen hinaus und erfordert eine umfassende Beratung zur persönlichen Lebenssituation und individuellen schwierigen Rahmenbedingungen, für die die Möglichkeiten einer Sachbearbeitung nicht ausreichen. Für diese Beratungen stehen deshalb sowohl die Regeldienste (z.B. Soziale Wohnhilfe, Beratungsstelle für Behinderte, Sozialpsychiatrischer Dienst) als auch ergänzende Angebote außerhalb der Behörde zur Verfügung. Als ein solches Ergänzungsangebot hat das Sozialamt eine unabhängige Sozialberatung und über eine Finanzierung des Jobcenters ein sogenanntes "Schreibbüro" eingerichtet, die niederschwellig Hilfe und Unterstützung anbieten: Schreibbüro der Zukunftswerkstatt der GFBM gGmbH (Cauerstr. 16, 10587 Berlin, Tel.: 34 78 74 58).

Für Menschen mit Behinderung steht zusätzlich die zentrale, niederschwellige Erstanlaufstelle „Allgemeine unabhängige Sozialberatung“ bei der Caritas Berlin (Pfalzburger Str. 18, 10719 Berlin, Tel.: 66 63 39 63, Mobil: 0174/ 160 28 25, E-Mail: ausb.charlottenburg-wilmersdorf@caritas-berlin.de) zur Verfügung.

Für Geflüchtete bieten die Integrationslots:innen Hilfe an. Sie verfügen über vielfältige Sprachkompetenzen, um Sprachbarrieren zu überbrücken und können über das Integrationsbüro kontaktiert werden (Otto-Suhr-Allee 100, 10585 Berlin, Tel. 9029-12544, E-Mail: verwaltungslotsen@charlottenburg-wilmersdorf.de).

Zusätzlich gibt es zahlreiche andere Beratungsstellen, wie die Pflegestützpunkte, die unabhängige Teilhabeberatung, die Stadtteil- und Familienzentren, die neben einer sozialen Beratung auch Unterstützung bei der konkreten Antragstellung leisten.

In den bereits auf Hilfen spezialisierten sozialen Bereichen sind zusätzliche Angebote kaum erforderlich, da die Fachdienste in den sozialen Bereichen bereits in enger Kooperation miteinander vernetzt sind, wie das folgende Beispiel verdeutlicht:

Im Bereich des Kinder- und Jugendgesundheitsdienstes gehört eine Beratung und Aufklärung der Kindeseltern bzw. sorgeberechtigten Personen im Zusammenhang mit der Beantragung von durch das Gesundheitsamt empfohlener Hilfen des SGB prinzipiell zu den Aufgaben im Rahmen der Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit komplexem (auch kinder- und jugendpsychiatrischem, pädiatrischem, zahnmedizinischem) Hilfebedarf und deren Familien. Bei den Familien, in denen Elternteile selbst körperlich/geistig oder seelisch eingeschränkt sind und absehbar eine Unterstützung für die Antragstellung erforderlich ist, sind individuell verschiedene Vorgehensweisen, wie z. B. eine direkte Kontaktaufnahme mit den für die Beantragung einer Jugendhilfemaßnahme zuständigen Mitarbeiter:innen beim Jugendamt sinnvoll, um konkret bei der Antragstellung zu unterstützen. Durch eine enge Vernetzung der Fachdienste kann das Antragsverfahren u. U. deutlich vereinfacht werden, so z. B. auch durch gemeinsame Hilfekonferenzen. In anderen Fällen, z. B. bei gehörlosen/taubstummen Eltern, erfolgt der Einsatz von Gebärdendolmetscher:innen. Häufig ist in den Familien, in denen es ein oder zwei schwerwiegend beeinträchtigte Elternteile gibt, schon eine Hilfsperson installiert (z. B. Betreuungshelfer:in/Familienhelfer:in o.ä.), die in den Prozess der Beratung und Antragsstellung mit einbezogen werden kann.

Die Sozialarbeiter:innen des Kinder- und Jugendgesundheitsdienstes im Gesundheitsamt führen an ihren jeweiligen Standorten regelmäßig wöchentliche sozialpädagogische Sprechstunden für die Familien aus dem Bezirk durch. In diesen Sprechstunden können alle Familien das Angebot zur Beratung in ihren Belangen persönlich und auch telefonisch nutzen.

Die Sozialarbeiter:innen geben Auskunft zu den Fragen der Familien und unterstützen sie beim Ausfüllen der jeweiligen Anträge. Eine Integrationslotsin oder der Gemeindedolmetschdienst werden im Falle einer Sprachbarriere in der jeweiligen Sprachanforderung der Familie dann dazu gezogen.

 

Im Bereich der onlinebasierten Angebote wird kontinuierlich daran gearbeitet, anhand der laufend gesammelten Erfahrungen und Feedbacks, Verbesserungen vorzunehmen. Allgemein werden technische Verfahren jedoch nie komplett barrierefrei sein können, da die Bedürfnisse der Bewerbenden sehr individuell sind und sich stetig ändern. Dies gilt auch für das Bewerbungs- und Einstellungsverfahren („Rexx Enterprise Recruitment“), das die Senatsverwaltung für Finanzen in ihrer zentralen Verfahrensverantwortung regelmäßig hinsichtlich seines Stands der Barrierefreiheit prüft und anpasst. Die aktuelle Programmfassung ist für die Nutzenden bereits weitgehend barrierefrei.

 

Insgesamt werden die vielfältigen Bemühungen zum Erreichen des Ziels der Barrierefreiheit in allen Bereichen der Bezirksverwaltung 2023 und im Laufe der kommenden Jahre kontinuierlich fortgesetzt und bereits erreichte Teilergebnisse verstetigt.

 

 

 

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