Drucksache - 0407/5
Die BVV beschließt:
Das Bezirksamt wird aufgefordert, am Volkstrauertag die Gedächtnishalle im Rathaus Charlottenburg mit echten Blumen und Pflanzen würdig zu gestalten.
Der BVV ist bis zum 31.01.2018 zu berichten.
Ursprungstext: Das BA wird aufgefordert, nach Möglichkeiten zu suchen, die Gedächtnishalle im Rathaus Charlottenburg mit echten Blumen/ und Pflanzen würdig zu gestalten. Dazu ist eine Kooperation mit einer Initiative/ Verband für die Bepflanzung und weitere Pflege zu prüfen. Der BVV ist bis zum 31. Oktober 2017 zu berichten.
Annegret Hansen Bezirksverordnetenvorsteherin
Das Bezirksamt teilt dazu Folgendes mit:
Das Berliner Gesetz über die Sonn- und Feiertage bestimmt: „Der Volkstrauertag (vorletzter Sonntag vor dem 1. Advent) ist Gedenk- und Trauertag.“ Als Gedenk- und Trauertag für Opfer aller Nationen von Krieg und Gewalt im Herbst wurde er in den 1950er-Jahren etabliert. Ursprünglich wurde er nach dem Ersten Weltkrieg vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge als Gedächtnis für die Kriegsgefallenen initiiert, ab 1925 in Form einer jährlichen Staatstrauer (im Frühjahr) begangen und im Nationalsozialismus zum kriegsverherrlichenden „Heldengedenktag“ umfunktioniert.
Die Gedächtnishalle im Rathaus Charlottenburg stammt aus der Entstehungsphase des Volkstrauertages und war ursprünglich den Gefallenen des Ersten Weltkrieges gewidmet. Sie ist damit ein typisches Beispiel für das dezentrale Gedenken an diesen Krieg im öffentlichen Raum (wie auch auf Friedhöfen, in Betrieben (bspw. Siemens-Hauptverwaltung), Kirchen, Verwaltungsgebäuden, Bahnhöfen (bspw. U-Bhf. Nollendorfplatz) etc.). Wie an vielen dieser Orte, hat sich auch hier die Gruppe derer, denen gedacht wird, mit der Bedeutung des Volkstrauertags gewandelt.
Zum ersten dauerhaften, staatlichen und zentralen Gedenkort im Zusammenhang mit dem Ersten Weltkrieg wurde die Neue Wache Unter den Linden nach ihrer Umgestaltung durch Heinrich von Tessenow 1931. Die Neue Wache wurde nach Zerstörungen im Krieg und mehrfachen Umgestaltungen in der DDR in ihrem heutigen Zustand, der mit Ausnahme der Plastik am Zustand von 1931 anknüpft, am Volkstrauertag 1993 eingeweiht und dient als „Zentrale Gedenkstätte der Bundesrepublik Deutschland für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft“. Die Neue Wache spiegelt damit die Formen kollektiven Erinnerns bzw. staatlicher Deutung des Volkstrauertags wider und war Kristallisationspunkt für entsprechende gesellschaftliche Debatten. Sie kann damit auch als Referenzpunkt für Gedenkveranstaltungen anlässlich des Volkstrauertages betrachtet werden.
Nach allen recherchierbaren Aufnahmen werden zu diesem Anlass in der Neuen Wache ausschließlich (durch Repräsentant*innen der Verfassungsorgane) Kränze niedergelegt. Auf weitere Gestaltungselemente wird dabei in der ohnehin schlicht ausgestalteten Gedenkstätte verzichtet. Eine Internetrecherche zu weiteren Gedenkveranstaltungen zum Volkstrauertag landesweit liefert durchweg das gleiche Bild: sie werden fast ausschließlich mit Kränzen bestritten. Weitere Pflanzen als Elemente kommen in zwei Fällen vor. Ausnahmen bilden in Mahnmalen unter freiem Himmel integrierte Pflanzstellen/Beete, sowie temporär aufgestellte Pflanzen wie bei der Feierstunde im Plenarsaal des Deutschen Bundestag, also für einen nicht eigens zum Gedenken errichteten und normalerweise einer anderen Nutzung dienenden Raum. Ein vielfältigeres Bild in Abgrenzung zum staatlichen Gedenken am Volkstrauertag geben die anlässlich der christlichen Totengedenktage Allerseelen und Totensonntag geschmückten Gräber ab.
Die recherchierten Ausnahmesituationen liegen bei der Gedenkhalle im Rathaus Charlottenburg nicht vor. Versuche in der Vergangenheit, hier eine Dauerbepflanzung zu etablieren, scheiterten an den Lichtverhältnissen, da Tageslicht architektonisch bedingt nur in gedämpfter Form eintritt. Die vom Bildhauer Max Reinhold Krause ausgestaltete Halle weist stattdessen ursprünglich zahlreiche Pflanzenmotive auf, von denen, wie zum Beispiel die ursprünglich mit Pflanzenformen als Stuck besetze Gewölbedecke, nicht alle erhalten sind.
Im Lichte der Recherchen beabsichtigt das Bezirksamt daher auch zukünftig zum Volkstrauertag auf echte Blumen und Pflanzen in Form von Kränzen zurückzugreifen. Hierbei kommt nach Ansicht des Bezirksamts die würdevolle Art gelebten, kollektiven Erinnerns am Volkstrauertag zum Ausdruck.
Das Bezirksamt bittet, den Beschluss damit als erledigt zu betrachten.
Arne Herz Oliver Schruoffeneger Stellv. Bezirksbürgermeister Bezirksstadtrat
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