Drucksache - 1456/4  

 
 
Betreff: Wohnungslosigkeit und Kältehilfe 2015/2016
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion Bündnis 90/Die Grünen 
Verfasser:Dr.Vandrey/Wapler/Kaas Elias 
Drucksache-Art:Große AnfrageGroße Anfrage
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Beratung
19.11.2015 
51. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin schriftlich beantwortet   
10.12.2015 
52. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin      

Sachverhalt
Anlage/n
Anlagen:
Große Anfrage
Schriftliche Beantwortung

Wir fragen das Bezirksamt:

 

Wir fragen das Bezirksamt:

 

1.)   Wie viele Frauen, Männer und Familien/Kinder sind in Charlottenburg-Wilmersdorf wohnungslos/obdachlos und wie entwickelt sich diese Zahl gegenüber 2014 und 2013?

 

2.)   Wie geht das Bezirksamt proaktiv auf Wohnungslose zu und bietet ihnen Hilfsangebote wie eine Unterkunft/Wohnung oder medizinische Versorgung an?

 

3.)   Hat das Bezirksamt ausreichend Wohnungen oder Unterkünfte zur Verfügung, Wohnungslose unterzubringen und wenn nicht, wohin können sich die Betroffenen hinwenden, um zumindest eine Unterkunft zu erhalten?

 

4.)   Wie kann Wohnungslosigkeit von Seiten des Bezirksamtes vorgebeugt werden?

 

5.)   Finden ALG-II-Empfänger/innen, die vom Jobcenter aufgefordert werden, in eine günstigere Wohnung zu ziehen, eine solche in unserem Bezirk oder Berlin und wenn nicht, kann die Aufforderung zurückgezogen werden?

 

 

Sehr geehrte Frau Vorsteherin,

 

die Große Anfrage wird wie folgt schriftlich beantwortet:

 

 

1.              Wie viele Frauen, Männer und Familien/Kinder sind in Charlottenburg-Wilmersdorf wohnungslos/obdachlos und wie entwickelt sich diese Zahl gegenüber 2014 und 2013?

 

In unserer Statistik zur Wohnungslosigkeit werden in erster Linie Personen erfasst. Eine Differenzierung nach dem Geschlecht ist dort nicht vorgesehen.

 

Die Entwicklung der Zahlen der Wohnungslosen erkennt man am besten im Vergleich verschiedener Stichtage:

 

Stichtag

Personen

31.12.2013

813

30.06.2014

752

31.12.2014

1041

30.06.2015

1148

 

Insgesamt ist damit eine deutliche Steigerung seit dem 1. Halbjahr 2014 zu verzeichnen. Von ehemals 752 Personen ist die Zahl der wohnungslosen Personen bis zum 30.06.2015 auf 1148 Personen angestiegen. Dies entspricht einer Zunahme von ca 53%. Von einer weiteren Steigerung bis Jahresende muss ausgegangen werden.

 

Wir erfassen auch die Zahl der Haushalte und da kann ich Ihnen berichten, dass sich bei den 1148 Personen am 30.6.2015 insgesamt um 883 Haushalte handelt. Es handelt sich dabei um 757 1 Personenhaushalte, 46 Mehrpersonenhaushalte ohne Kinder und 80 Haushalte mit Kindern.

 

2.              Wie geht das Bezirksamt proaktiv auf Wohnungslose zu und bietet ihnen Hilfsangebote wie eine Unterkunft/Wohnung oder medizinische Versorgung an?

 

Die Zielgruppe Wohnungslose muss zur Beantwortung dieser Frage in zwei Gruppen unterteilt werden:

a) Wohnungslose die untergebracht sind,

b) Wohnungslose die auf der Straße leben.

 

Zu a) Wohnungslose, die auf der Grundlage der AV-Zuständigkeiten in Verbindung mit dem Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG) durch die Soziale Wohnhilfe untergebracht wurden, sprechen in der Regel monatlich oder alle 3 Monate beim Sozialdienst vor. In den Gesprächen wird jeweils die aktuelle Situation erörtert, Selbsthilfepotentiale analysiert und bei Bedarf weiterreichende Unterstützung angeboten. Zusätzlich findet in geeigneten Fällen eine Aufnahme in das Geschützte Marktsegment (GM) statt. Diese Zielgruppe bezieht in der Regel Sozialleistungen gemäß SGB II oder SGB XII ist damit krankenversichert und nimmt die medizinische Versorgung war, die individuell gewünscht wird.

 

Zu b) Auf der Straße lebende Wohnungslose können die bezirklichen und überbezirklichen Angebote der Kältehilfe wahrnehmen. Hierbei handelt es sich im Bezirk um zwei Tagesstätten (City Station, Seelingtreff), 3 Suppenküchen und derzeit 3 Nachtcafés. Darüber hinaus ist es möglich in Einzelfällen einen Streetworker mit einer konkreten Kontaktaufnahme zu betrauen. Die Beauftragung erfolgt über die Soziale Wohnhilfe. Die Abteilung Soziales plant derzeit die Beteiligung an einem durch EU-Mittel (EHAP) geförderten Streetwork-Projekt des Trägers gangway e.V. Ziel des Projektes ist durch aufsuchende Sozialarbeit auf der Straße lebende Menschen in das Hilfesystem zu integrieren. Sobald abschließend über die Projektierung durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales entschieden wurde, wird die BVV umfassend informiert.

Medizinische Versorgung erhalten die Gäste der o.g. Einrichtungen bei Bedarf durch ein Arztmobil, das an einzelnen Tagen vor Ort zur Verfügung steht.

 

 

3.              Hat das Bezirksamt ausreichend Wohnungen oder Unterkünfte zur Verfügung, Wohnungslose unterzubringen und wenn nicht wohin können sich die Betroffenen hinwenden, um zumindest eine Unterkunft zu erhalten?

 

Die Situation des Bezirksamtes ist vergleichbar mit der des Landes Berlin. Ausreichender, bezahlbarer Wohnraum steht kaum zur Verfügung. Die Unterbringung von Wohnungslosen erfolgt zunächst über die Wohnheimplätze, die in der Berliner Unterbringungsleitstelle (BUL)  erfasst sind. Soweit dort aktuell keine Unterbringungsmöglichkeit zur Verfügung steht, wird durch die Soziale Wohnhilfe eine Befürwortung für die Ausstellung eines Gutscheins für ein Hostel ausgesprochen. Je nach Zuständigkeit wird dann von den Leistungsstellen eine Kostenübernahme in Höhe von 25,00 € pro Person und Tag ausgestellt. Der Wohnungslose sucht sich damit selbstständig ein Hostel/Hotel/Pension. Sobald ein Platz in den regulären Unterkünften frei wird, werden die Betroffenen telefonisch informiert und erhalten eine konkrete Zuweisung. Ergänzend ist eine regelmäßige Vorsprache bei der zuständigen Sozialarbeiterin vorgesehen. Darüber hinaus ist es möglich in den Notunterkünften Franklinstraße, Tieckstraße (nur Frauen) oder während der Kälteperiode in den Einrichtungen der Kältehilfe zu übernachten.

 

 

4.              Wie kann Wohnungslosigkeit von Seiten des Bezirksamtes vorgebeugt werden?

 

Das Bezirksamt beugt Wohnungslosigkeit vor, indem Wohnraum durch die Übernahme von Mietschulden erhalten wird, Betreuungsmaßnahmen zum Wohnungserhalt eingeleitet werden und in geeigneten Fällen in betreute Maßnahmen mit Trägerwohnungen vermittelt wird.

 

5.              Finden ALG II-Empfänger/innen, die vom Jobcenter aufgefordert werden, in eine günstigere Wohnung zu ziehen, eine solche in unserem Bezirk oder Berlin und wenn nicht, kann die Aufforderung zurückgezogen werden?

 

In den Fällen, in denen eine Miete nicht den in der AV-Wohnen festgelegten Richtwerten entspricht, ist das Jobcenter verpflichtet ein Kostensenkungsverfahren einzuleiten. Hier werden die Betroffenen aufgefordert, in der Regel in einem Zeitraum von sechs Monaten, die Kosten der Unterkunft zu senken. Dies könnte ggf. durch einen Umzug geschehen, aber auch durch Untervermietung, Wohnungstausch o.ä.

 

Im Rahmen der Kooperationsvereinbarung zwischen Bezirksamt und Jobcenter werden Kopien der Aufforderung die Kosten der Miete zu senken an die zuständigen Sozialdienste weitergeleitet. Der Sozialdienst für Erwerbsfähige und Soziale Wohnhilfe formuliert ein schriftliches Beratungsangebot. In der Beratung werden individuelle Gründe für den Verbleib in der Wohnung geprüft und ggf. ein individuell angemessener Bedarf festgestellt, der die Anerkennung der tatsächlichen Miete nach sich zieht.

 

Wird ein Nachweis erbracht, dass innerhalb der vorgegebenen Frist kein angemessener Wohnraum gefunden wurde, muss die tatsächliche Miete vorerst weiter anerkannt werden.

 

Menschen mit ergänzendem SGB II-Leistungsbezug können in der Lage die Differenz zwischen anerkanntem Richtwert und tatsächlichen Kosten der Unterkunft aus eigenen Mitteln zu finanzieren.

 

Die Kosten für einen Umzug müssen einer Wirtschaftlichkeitsberechnung standhalten.

 

Mit freundlichen Grüßen

Carsten Engelmann

 


 

 
 

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