Drucksache - 1288/4  

 
 
Betreff: Bedarfsplanung Kindertagesstätten in Charlottenburg-Wilmersdorf
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:SPD-Fraktion 
Verfasser:Wuttig/Pinkvoß-Müller 
Drucksache-Art:Große AnfrageGroße Anfrage
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Beratung
18.06.2015 
46. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin beantwortet   

Sachverhalt
Anlage/n
Anlagen:
Große Anfrage
Beantwortung

Wir fragen das Bezirksamt:

 

Wir fragen das Bezirksamt:

 

  1. Welche aktuellen Kenntnisse liegen dem Bezirksamt zur Bedarfsentwicklung vor und wie unterscheiden sich diese Zahlen gegenüber der bisherigen bezirklichen Bedarfsprognose für:

a)     U3-Kinder,

b)     Kita-Kinder beginnend mit dem dritten Lebensjahr?

 

  1. Welche Möglichkeiten sieht das Bezirksamt und was ist geplant, um den Anforderungen bezogen auf

a)     ein erweitertes Kitaplatzangebot,

b)     zusätzlich benötigtes Fachpersonal,

c)      den Rechtsanspruch von Eltern auf einen Betreuungsplatz

begegnen zu können?

 

  1. Wie beurteilt das Bezirksamt die Stellungnahme des Bezirkselternausschusses Kita (BEAK), wonach zukünftig ein Schwerpunkt auf Investitionsmaßnahmen in Neu- und Ausbau auch größerer Einrichtungen gelegt werden müsste, um den Bedarf zu decken, und es somit einer Ergänzung der bisherigen breiten Förderung durch das Landesprogramm "Auf die Plätze, Kitas, los!" bedürfe, die vornehmlich von kleineren Einrichtungen angenommen wurde.
     
  2. Inwieweit ist das Bezirksamt bereit und in der Lage, Kitaplätze für Flüchtlingskinder sicher zu stellen, um die Förderung und Integration der oftmals traumatisierten Kinder ohne Verzögerung zu ermöglichen?

 

 

Zur Beantwortung Frau BzStR'in König:

 

Verehrte Frau Vorsitzende, meine Damen und Herren, Frau Pinkvoß-Müller, Herr Wuttig, ich beantworte die Große Anfrage wie folgt:
 

Zu 1.

Der Bedarf an Kitaplätzen wird in den nächsten Jahren weiterhin steigen, das haben Sie schon ausgeführt, wir rechnen bis zum Sommer 2018 momentan 942 fehlenden Plätzen, wobei sich angesichts der Bauvorhaben, die ja auch in diesem Bezirk noch realisiert werden sollen, das sich auch noch weiterentwickeln kann und sicherlich nach unten, sondern nach oben. Es wird mit einer steigenden Einwohnerzahl und einem Anstieg der Betreuungsquote, insbesondere der Sechs- bis Siebenjährigen gerechnet. Näheres können Sie da zu der Drucksache 1109/4 entnehmen.
 

a.

Die Bedarfsentwicklung der U3-Kinder entspricht der bisherigen bezirklichen Prognose. In den letzten Jahren ist die Betreuungsquote der Ein- bis Dreijährigen leicht gestiegen. Im Jahr 2012 betrug sie 64 %. Im 2014 lag sie bei 67,5 %. In den nächsten Jahren wird mit einer kontinuierlichen Steigerung gerechnet. Wir nehmen für das Jahr 2018 einen Prozentsatz von 71,3 % an. Die Betreuungsquote der unter Einjährigen liegt relativ Stabil bei ca. 3 %. Ich denke, dass angesichts der Regelung des Elterngeldes da auch keine sehr großen Veränderungen zu erwarten sind.
In der Planung wird hier mit einem geringfügigen Anstieg deshalb nur gerechnet.

 

b.

Auch die Bedarfsentwicklung der Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren entspricht den bisherigen bezirklichen Prognosen. Die Betreuungsquote der Drei- bis unter Sechsjährigen beträgt 92,8 %. Das wird bis zum Jahr 2018 mit einem Anstieg bis auf bis 95 % gerechnet. Der Anteil der betreuten Sechs- bis Siebenjährigen wird ab dem Schuljahr 2017/2018 voraussichtlich auf 26,5 % steigen, und zwar durch die erst vor einigen Monaten beschlossene Rücknahme der Früheinschulung. Dadurch entsteht für den Bezirk ein Plus von 400 Kita-Kindern. Das ergibt sich daraus, dass unser Bezirk bisher die niedrigste Rücksteller und folglich die niedrigste Betreuungsquote hatte, nämlich in 2013 nur 8,7 % und in 2014 12 %. Sie entnehmen aus den Prognosen, dass wir da von einer mehr als Verdopplung ausgehen. Dadurch, dass ab dem Schuljahr 2017/2018 ebenfalls vermehrt Sechs- bis Siebenjährige Kinder in der Kita bleiben werden, werden weniger Plätze für jüngere Kinder frei. Deshalb muss weiterhin der U3-Platzausbau durch das U3-Bundesausbauprogramm forciert werden.

 

Zu 2.

Ich beantworte da alles zusammen.
Es wird dabei auf den Zwischen- und Schlussbericht zu dem Thema "Wohin mit unserem Anteil" der Drucksache 1109/4 verwiesen. Und natürlich sind wir uns bewusst, wir wollen auch den Rechtsanspruch von Eltern auf einen Betreuungsplatz weiterhin erfüllen. Deshalb hat die Frage der Steigerung des Kitaplatzangebots im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf höchste Priorität, damit wir ihn bedarfsgerecht erweitern können. In diesem Zusammenhang will ich noch mal darauf hinweisen:

 

Wir sind bisher ungefähr von der Hälfte der jetzt prognostizierten Anstiegszahlen ausgegangen und deshalb war es zunächst einmal, auch aufgrund der Grundstückssituation, die wir hier im Bezirk haben, und der Liegenschaftssituation, die wir hier im Bezirk haben, vorrangige Meinung des Jugendamtes, dass wir den freien Trägern, die sich anbieten oder all denen, die hier Kitas bauen wollen, dass wir sie entsprechend unterstützen und sie beraten. Wir sind weniger an dieser Stelle von Neubauten ausgegangen. Die neuen Zahlen lassen das dauerhaft so nicht zu, das wäre eine Fehlentwicklung, sondern wir müssen schauen, wo wir bei den inzwischen ja sehr begrenzten Angebot an Liegenschaften im Bezirk, wir haben ja in den letzten Jahren, alles, was nicht niet- und nagelfest war weggegeben, überhaupt noch Möglichkeiten haben, das zu gestalten.

 

Das ergänzt auch so ein wenig die Frage, Frau Pinkvoß-Müller, die Sie hatten, warum wir so viele kleine Einrichtungen haben. Es wird uns auch nicht gelingen, da einen sehr großen Umschwung hinzukriegen, weil wir die Grundstücke schlicht nicht mehr haben. Das muss man so deutlich sagen. Und wir werden es auch nicht immer schaffen, dass wir die Plätze und die Regionen bekommen, in denen wir sie dringend brauchen, sondern wir können froh sein, wenn wir es schaffen, mit größeren auch kommunalen Bauten überhaupt im Bezirk noch Flächen finden, um das realisieren zu können. Dafür habe ich in den letzten zwei Monaten zusammen mit dem Jugendamt und meiner eigenen Abteilung einen Arbeitskreis gebildet, so dass wir versuchen, hier abteilungsübergreifende Abstimmung zum einen herbeizuführen und zum zweiten aber auch zu schauen, was wir aus baulicher Sicht überhaupt auf den vorhandenen Grundstücken noch machen kann. Wir haben erste Überlegungen, ich betone Überlegungen, wir haben aber auch einigen Sachen schon angefangen, umzusetzen, dergestalt, dass wir zum einen das vom Liegenschaftsfonds zur Clusterung bereitgestellte Grundstück in der Dillenburger Straße mit einer Entwicklungsperspektive für einen Kitastandort haben und dass auch so gemeldet haben an die BIM. Dergestalt, dass wir für das schon abgegebene Grundstück in der Arcostraße 11 jetzt noch an die BIM eine Begründung nachschieben werden, die deutlich macht, dass wir uns vorstellen, dass dort großflächiger Wohnungsbau entsteht. Das wir auch dort uns vorstellen, dass dort ein eingestreutes Kinderbetreuungsangebot entstehen muss. Das sind nicht die großen Sachen, die wir machen können, aber wir müssen ja gucken, was wir mit den geringen Flächen, die wir haben, überhaupt realisieren können. Und wir prüfen natürlich auch noch einige andere Optionen, u. a. z. B. eine Verdichtung auf dem Standort des Anne-Frank-Heims. Auch da gibt es aus unserer Sicht Potenziale, die allerdings möglicherweise dazu führen können (da habe ich mit dem Kollegen Schulte schon gesprochen, da werden wir uns demnächst noch einmal vertieft dazu unterhalten müssen), dass wir damit möglicherweise die in die SIWA-Liste bereits angemeldete Maßnahme (Erneuerung des Bolzplatzes) noch mal verschieben müssen und uns nicht möglicherweise die Option für einen Kitabau an der Stelle zuzumachen. Wir führen als Jugendamt mit allen potenziellen um im Bezirk ansässigen Trägern Gespräche über mögliche Platzerweiterungen, das ist die zweite Schiene und wir hatten bisher, dass betrifft, was Herr Wuttig schon so ein wenig angesprochen hatte, von dem Sonderprogramm, was es hier auch zur wachsender Stadt für Kitaneubauten gab, nicht profitieren können, sondern der Kitabetrieb Nord-West hat es in Reinickendorf realisiert, weil wir kein Grundstück zur Verfügung stellen konnten. Ich glaube, dass wir da auf einem guten Weg sind, auch noch einige, wenn auch wenige und sicherlich auch nicht immer optimale Standorte überhaupt noch herzufinden.


Alle Neugründer und Neugründerinnen von Einrichtungen mit unterschiedlichen Kitaplatzzahlen erhalten von uns im Rahmen ihrer Beantragung einer Betriebserlaubnis bei der dafür zuständigen Senatsverwaltung vom Jugendamt eine standortbezogene Information und Beratung zum quantitativen und qualitativen Kitaplatzbedarf. Die Vergabeentscheidung zu den Fördermittelanträgen der Kitaträger wird von der Senatsverwaltung auf Grundlage der Förderrichtlinien zum Kitaausbauprogramm getroffen. Die werden also nicht auf Bezirksebene getroffen. Die Anzahl der eingegangenen Förderanträge lag auch im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf für das Förderjahr 2015 deutlich über der Höhe der zur Verfügung stehenden Mittel. Angesichts der schwierigen Haushaltslage des Bezirks ist aber darauf hinzuweisen, dass wir z. Z. nicht über die erforderlichen Finanzmittel für den Neu- oder Ausbau von Kitaplätzen verfügen, sondern uns auch auf die freien Träger und deren Fördermöglichkeiten Fördermittel von Bund und Land zu bekommen, mitstützen müssen. Die müssen dafür allerdings einen hohen Eigenmitteleinsatz leisten, das wird nicht in allen Fällen möglich sein.

Da aus unser Sicht im gesamten Land Berlin ein relativ hoher Ausbaubedarf an Kitaplätzen besteht, obwohl wir im Vergleich zu anderen Bundesländern noch ganz gut dastehen, halten wir es auch für dringend erforderlich, dass sich die bestehenden Förderprogramme auf der Landes- und Bundesebene fortgesetzt und wenn möglich, ausgebaut werden.

Das Bezirksamt unterstützt in allen Fachgremien auf Landes- und Bundesebene die Förderung, dem Fachkräftemangel, auch in den Kindertageseinrichtungen entgegenzuwirken. Weitere Möglichkeiten haben wir nicht, aber ich glaube, die haben wir Alle auf der politischen Ebene und ich glaube, dass der Fachkräftemangel ganz erheblich damit zu tun hat, dass die sozial- und erzieherischen Berufe in unserem Land, übrigens typische Frauenberufe, deutlich zu schlecht bewertet werden, im Verhältnis zu anderen Berufen. Ich glaube, wenn es uns gelingt, an der Stelle einen gesellschaftlichen Konsens dafür zu erzielen, dass wir diese Berufe anders bewerten müssen, dann werden wir auch ein Stück weiterkommen, ausreichend Fachkräfte für diese Berufe zu bekommen.

zu 3
Zukünftig muss ein Schwerpunkt auf dem Neu- und Ausbau größerer Einrichtungen gelegt werden, das sehen wir auch so. Einerseits ist das aufgrund des hohen Platzausbaubedarfs notwendig, deshalb müssen wir eigentlich mindestens drei große Tagesstätten in der Größenordnung von mindestens 150 Plätzen schaffen. Ich sage aber ganz offen, ich weiß nicht, auf welchen Grundstücken wir das realisieren können. Da arbeiten wir noch dran. Andererseits hat der Bezirk bereits jetzt sehr viele Kleinsteinrichtungen, nämlich 115 mit höchstens 15 Plätzen. Diese Entwicklung könnte sich durchaus noch verstärken mit den Möglichkeiten, die wir versuchen, bei größeren Neubauvorhaben auch zu eingestreuten Kinderbetreuungseinrichtungen zu kommen, weil wir in der Region möglicherweise keine Standortreserven haben. Das hat aber die Folge, dass wir natürlich damit auch erhöhte Personalkapazitäten im Jugendamt binden, weil die natürlich sehr viel Betreuungsintensiver sind und sie gleichzeitig in aller Regel, weil die Personalkapazitäten da nicht so flexibel sind, auch wesentlich schwierigere Bedingungen haben und flexiblere Öffnungszeiten anzubieten, die für viele Berufe dann auch notwendig sind.
 

Nur damit Sie noch mal eine Größenordnung für sich im Kopf haben, auch für die Kolleginnen und Kollegen im Stadtplanungsausschuss. Für pro 100 Wohneinheiten rechnet man mit neuen Kitaplätzen. Das Bezirksamt hofft und setzt sich dafür ein, dass das SIWA-Programm im nächsten Jahr so fortgesetzt wird, dass auch die fünf Kitaeigenbetriebe wieder mit eigenen Mitteln für den Neubau von Kindertagesstätten gefördert werden. Wir werden uns sehr bemühen bis dahin mit unseren Planungen hier gemeinsam mit meinem Liegenschaftsbereich soweit zu kommen, dass wir beim nächsten Mal, wenn es darum geht, dann nicht und darüber ärgern müssen, dass ein anderer Bezirk zum Zuge kommt, weil wir kein Grundstück anbieten können, sondern das wir auch dafür Angebote vorhalten können.

zu 4.
Der überwiegende Anteil der Flüchtlingsunterkünfte befindet sich in der Region 3, also im weitesten Sinne im Westend. Derzeit leben hier ca. 113 nicht schulpflichtige Flüchtlingskinder. In der Region gibt es ausreichend Kitaplätze. Es gibt bereits Kooperationen mit den Kitas, die Plätze für Flüchtlingskinder anbieten.
In den Unterkünften wird ausführlich über den Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz informiert. Allerdings ist, glaub ich auch, verständlich, dass angesichts der Situation mit der die Familien hier ankommen, der aktuelle Bedarf die Kinder in eine außerfamiliäre Betreuung zu geben nicht so groß ist, sondern eher der Wunsch zunächst erst einmal ist, mit der Familie zusammen zu bleiben, um auch die Erfahrung, die man gemacht hat, gemeinsam verarbeiten zu können. Deshalb wird von Vielen tatsächlich eine Fremdbetreuung, vor allem der Kleinkinder, abgelehnt. Das ist der eine Grund, der andere ist natürlich der, dass viele natürlich wissen, sie werden noch mal innerhalb Berlins umziehen müssen, dann ihren Kindern nicht noch mal eine erneute Veränderung zumuten wollen. Aber um den dadurch mittelfristig doch entstehenden Betreuungsbedarf abdecken zu können sind wir im Moment dabei, potentielle Kitastandorte im Bereich der Eschenalle zu prüfen. Schönen Dank.
 


 


 

 
 

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