Drucksache - 0255/4  

 
 
Betreff: Änderung des Landespflegegesetzes
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:CDU/SPD/Grüne/Piraten 
Verfasser:Klose/Süß/Wuttig/Hansen/Dr.Vandrey/Kaas Elias/Schlosser/Pabst 
Drucksache-Art:AntragVorlage zur Kenntnisnahme
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Beratung
14.06.2012 
10. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin ohne Änderungen in der BVV beschlossen   

Sachverhalt
Anlage/n
Anlagen:
Antrag
Beschluss
Vorlage zur Kenntnisnahme

Die BVV möge beschließen:

Die BVV hat in ihrer Sitzung am 14.6.2012 Folgendes beschlossen:

 

Das Bezirksamt wird gebeten, sich über den Rat der Bürgermeister dafür einzusetzen, dass die bestehende Ungleichbehandlung im Landespflegegesetz nach dem Kriterium:

 

„Aufgetreten bis zum 7. Lebensjahr, aufgetreten nach dem 7. Lebensjahr“

 

dahingehend geändert wird, dass zukünftig keine Unterschiede bei der Zahlung von Leistungen an Gehörlose entstehen.

 

Der BVV ist bis zum 30.09.2012 zu berichten.


Das Bezirksamt teilt dazu mit:

 

Der Bezirksbürgermeister hat unter der Vorlagen-Nr. R-125/2012 einen entsprechenden Antrag in den Rat der Bürgermeister am 26.7.2012 eingebracht. Nach der Beratung und Beschluss im Ausschuss für Gesundheit, Soziales, Gleichstellung und Migration am 9.8.2012, hat der Rat der Bürgermeister unter der Vorlagen-Nr. R-132/2012 am 23.08.2012 dem Antrag zugestimmt. Im Rat der Bürgermeister am 18.10.2012 wurde dazu erneut beraten. Für diese Beratung hat die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales unter der Vorlagen-Nr. R-161/2012 die folgende Stellungnahme abgegeben:

 

Gehörlose haben nach § 1 Abs. 1 LPflGG einen Anspruch auf Pflegegeld. Nach § 1 Abs. 4 LPflGG gelten Personen dann als gehörlos, wenn sie an Taubheit oder an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit leiden und wegen schwerer Sprachstörungen ein Grad der Behinderung von mehr als 90 v. H. (= 100 v. H.) gerechtfertigt ist.

 

Personen, deren Taubheit oder an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit angeboren ist oder die sie bis zum siebenten Lebensjahr erworben haben, erhalten hingegen Gehörlosengeld, ohne dass schwere Sprachstörungen nachzuweisen sind.

 

Diese Regelung beruht auf dem Umstand, dass Personen mit einer angeborenen Taubheit oder bei einem frühkindlichen Erwerb dieser Behinderung nicht die Möglichkeit haben, überhaupt sprechen zu lernen. Es ist bei diesem Personenkreis daher zu unterstellen, dass lebenslang schwere Sprachstörungen (schwer verständliche Lautsprache, geringer Sprachschatz) vorliegen, die einen Grad der Behinderung von 100 v. H.  rechtfertigen. Gleichzeitig ist mit dieser Regelung auch eine Verwaltungsvereinfachung verbunden.

 

Die Leistungsvoraussetzungen des LPflGG entsprechen der Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung (Teil B, Nr. 5.1). Auch nach dieser Verordnung erhalten Personen mit angeborener oder bis zum siebenten Lebensjahr erworbener Taubheit einen Grad der Behinderung von 100 v. H. anerkannt. Eine später erworbene Taubheit (bis zum 18.Lebensjahr) rechtfertigt hingegen einen Grad der Behinderung von 100 v. H. nur dann, wenn sie mit schweren Sprachstörungen einhergeht.

 

Ein „Ärztlicher Sachverständigenbeirat Versorgungsmedizinbeim Bundesministerium für Arbeit und Soziales entwickelt die Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung entsprechend dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft und versorgungs-medizinischer Erfordernisse fortlaufend weiter und hat die vorgenannten Feststellungen bisher nicht in Frage gestellt.

 

Da es aus sozialmedizinischer Sicht einen großen Unterschied macht, ob jemand seit Geburt bzw. frühester Kindheit taub ist oder erst in späteren Lebensjahren taub wird, ist die im Landespflegegeldgesetz gemachte Unterscheidung bzgl. der Begutachtung gerechtfertigt;

ungleiche Sachverhalte müssen nicht die gleichen Rechtsfolgen bzw. Leistungen nach sich ziehen. Eine Altersdiskriminierung ist hierin nicht zu sehen.

 

Es ist auch sachgerecht, neben der Taubheit bzw. an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit grundsätzlich zusätzlich auf schwere Sprachstörungen als Leistungsvoraussetzung für das Pflegegeld für gehörlose Personen abzustellen, weil sich erst daraus ein Grad der Behinderung von 100 v. H. ableiten und rechtfertigen lässt. Dafür spricht, dass sich auch für Blinde und hochgradig Sehbehinderte im Sinne des LPflGG aus der Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung ein Grad der Behinderung von 100 v. H. ergibt. Damit ist ein Grad der Behinderung von 100 v. H. als allgemeingültiger Bewertungsmaßstab für Pflegegeldzahlungen nach dem LPflGG anzusehen.

 

Es ist daher weder sinnvoll noch sachgerecht, § 1 Abs. 4 im Sinne des RdB-Beschlusses R-132/2012 zu ändern.

 

 

Der Rat der Bürgermeister hat diese Vorlage der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales zur Kenntnis genommen und die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales für die Bearbeitung zuständig erklärt. Die Möglichkeiten der Einflussnahme auf eine Gesetzesänderung durch das Bezirksamt sind damit erschöpft.

 

Das Bezirksamt bittet, den Beschluss damit als erledigt zu betrachten.

 

 

 

Reinhard Naumann                                                                                                            Carsten Engelmann

Bezirksbürgermeister                                                                                     Bezirksstadtrat

 


 

 
 

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