Drucksache - 1980/2
Die BVV
beschließt: Der Senat
wird aufgefordert, in Verbindung mit der Arbeit mit dem Sprachlerntagebuch in
der Kita einen verbindlichen Sprachstandstest für alle Kinder einzuführen, die
das 4. Lebensjahr vollendet haben. Ausgehend
von den Ergebnissen dieses Sprachstandstests sind für die Kinder passgerechte
Fördermaßnahmen zu ergreifen, die ihnen helfen sollen, noch bestehende
Sprachdefizite bis zum Schuleintritt abzubauen. Die
Erzieherinnen und Erzieher sind auf diese Aufgabe vorzubereiten und dafür
umgehend zu qualifizieren. Kinder, die
keine Kita besuchen, sind anderweitig, z.B. über die ärztliche
Vorsorgeuntersuchung U8, zu erfassen, um ihnen dann eine entsprechende
vorschulische Förderung zu ermöglichen. Der BVV ist
bis zum 30.11.2006 zu berichten. Dr. Marianne Suhr Bezirksverordnetenvorsteherin Das Bezirksamt teilt dazu mit: Die Senatsverwaltung
für Bildung, Wissenschaft und Forschung hat zu dem o.a. Beschluss der BVV
Charlottenburg-Wilmersdorf folgende Stellungnahme übersandt: “Die
Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung geht weiterhin davon
aus, dass mit der flächendeckenden Einführung der Sprachlerntagebücher in allen
Kindertagesstätten und künftig auch in der Tagespflege aufgrund der
differenzierten Beobachtung und Dokumentation der sprachlichen Entwicklung
jedes Kindes zu jedem Zeitpunkt individuelle Fördermaßnahmen ergriffen werden
können, die nicht in Abhängigkeit zu einem bestimmten Zeitpunkt, z.B. im Alter
von vier Jahren, stehen. Damit
schließen wir uns der fachlichen Meinung der Trägerverbände an, die die
prozesshafte Dokumentation über Ergebnisse der Förderung – insbesondere
der Sprache – gegenüber Sprachstandstests, favorisieren. Mit dem
Sprachlerntagebuch kann selbstverständlich auch der erreichte Stand der Sprachentwicklung
im Alter von 4 Jahren nachgewiesen werden und eine noch intensivere
individuelle Förderung erfolgen. Die
umfassenden Qualifizierungen der Erzieherinnen und Erzieher erfolgen bereits
durch die Trägerverbände und die landeseigene Fortbildungsstätte und werden
weiter intensiviert. Der
jetzt in Berlin angewandte Sprachstandstest DEUTSCH PLUS ist kein
förderdiagnostisches Instrument, sondern ein niedrigschwelliger Test. Er klärt
nicht die Ursachen fehlender sprachlicher Kompetenzen oder Zusammenhänge über
die Sprachentwicklung des Kindes. Dieses Verfahren stellt nur rechtzeitig vor
der Einschulung fest, bei welchen Kindern die Deutschkenntnisse so gering sind,
dass ernsthafte Probleme im Schulanfang zu erwarten wären, wenn vor der
Einschulung keine gezielte Förderung im Gebrauch der deutschen Sprache erfolgt. Die
Ergebnisse der Sprachstandserhebungen DEUTSCH PLUS zeigen die positiven Effekte
einer längerfristigen vorschulischen Förderung in den Kindertageseinrichtungen
gegenüber den Kindern, die keine Kita besuchen. Es ist
daher weiterhin Ziel des Senats, dass alle Kinder vor der Schule diese
langfristige Förderung erhalten und besonders Kinder nichtdeutscher
Herkunftssprache möglichst frühzeitig die Kita besuchen und die planmäßige
Sprachförderung dort mit dem ersten Tag beginnt. Eine
frühzeitige Erfassung des erreichten Entwicklungsstandes im vorschulischen
Alter ist für die Planung und Durchführung von Fördermaßnahmen im Bereich der
Kindertagesstätten bereits in § 9 Abs.
1 und 2 KitaFöG geregelt. Durch
die Einführung des beitragsfreien letzten Kita-Jahres vor der Einschulung
ergibt sich nunmehr eine tragfähige Konzeption vor allem auch für die
Integration der Kinder, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht an einer
vorschulischen Förderung teilgenommen haben. Die
Anregung, Kinder, die keine Kita besuchen, über eine ärztliche
Vorsorgeuntersuchung zu erfassen, erscheint naheliegend. Eine Verpflichtung der
Eltern, diese auch tatsächlich wahrzunehmen, ist allerdings aus rechtlichen
Gründen nicht möglich. Die Inanspruchnahme von ärztlichen
Früherkennungsuntersuchungen (U 1 bis U 10) ist grundsätzlich freiwillig.
Darüber hinaus unterliegen alle im Rahmen dieser Untersuchungen erhobenen
Befunde der ärztlichen Schweigepflicht und können nur mit Erlaubnis der Erziehungsberechtigten
weitergegeben werden. Es ist daher nicht gesichert, dass ärztlich empfohlene
Fördermaßnahmen tatsächlich umgesetzt werden. Auf
Bundesebene wird derzeit geprüft, wie die Verbindlichkeit der
Früherkennungsuntersuchungen erhöht werden kann. Vorgesehene Maßnahmen sind
z.B. die Beauftragung geeigneter Stellen mit der Information und Motivation für
die freiwillige Inanspruchnahme von Vorsorgeuntersuchungen, die Schaffung einer
Rechtsgrundlage für ein verbindliches Einladungswesen für die Vorsorgeuntersuchungen
ab der U 6, die Schaffung der datenschutzrechtlichen Grundlagen, damit die
Kassen die Nichtinanspruchnahme von Vorsorgeuntersuchungen an geeignete Stellen
in den Ländern übermitteln können usw. In Anbetracht der auf Bundesebene verfolgten Strategien halte ich es für angebracht, sich zunächst auf die anfangs beschriebenen Maßnahmen zur Verbesserung der Sprachförderung in Berlin zu konzentrieren.” Außerdem
weist in diesem Zusammenhang die Senatsverwaltung auf die zu diesen Themen im
Abgeordnetenhaus erörterten und veröffentlichten Drucksachen hin. Als größter Träger von
Kindertagesbetreuung im Bezirk hat die Geschäftsleitung des
Kita-Eigenbetriebes “Nordwest” zu dem Beschluss der
Bezirksverordnetenversammlung folgendes mitgeteilt: “Der KEB Nordwest favorisiert aus fachlichen Gründen
die prozesshafte Dokumentation über Ergebnisse der Förderung, hier insbesondere
der Sprache, wie sie durch das eingeführte Sprachlerntagebuch in einer
pädagogisch sinnvollen Art und Weise geschieht. Ein Sprachstandstest wird aus methodischen und pädagogischen
Gründen nicht für wenig sinnvoll und geeignet erachtet. Der KEB NW hat sich auch schon in der Vergangenheit für die
Ablösung des Sprachstandstestes durch das Sprachlerntagebuch ausgesprochen. Die
Schulung der Erzieherinnen und Erzieher ist auch für den Umgang mit dem
Sprachlerntagebuch eine notwendige Voraussetzung.” Es wird gebeten, die beiden Stellungnahmen zur Kenntnis zu
nehmen. Monika Thiemen Reinhard
Naumann Bezirksbürgermeisterin Bezirksstadtrat |
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