Auszug - Denkmalschutz für die drei Bachmann-Häuser am WOGA-Komplex  

 
 
49. Öffentliche Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung
TOP: Ö 4.1
Gremium: Ausschuss für Stadtentwicklung Beschlussart: ohne Änderungen im Ausschuss beschlossen
Datum: Di, 29.01.2019 Status: öffentlich
Zeit: 17:30 - 19:00 Anlass: ordentliche Sitzung
Raum: Minna-Cauer-Saal
Ort: Otto-Suhr-Allee 100, 10585 Berlin
1135/5 Denkmalschutz für die drei Bachmann-Häuser am WOGA-Komplex
   
 
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Ausschuss für Stadtentwicklung 
Verfasser:Dr. Timper 
Drucksache-Art:DringlichkeitsbeschlussvorschlagVorlage zur Kenntnisnahme
 
Wortprotokoll
Beschluss
Abstimmungsergebnis

Beschluss zur Empfehlung der Bachmann-Häuser: Der Bericht sei detailliert und die Expertenempfehlung sei der Erhalt der drei Bestandshäuser, so BV Dr. Timper.

 

Böhm-Haus: Dringlichkeitsbeschluss des Stadtentwicklungsausschusses werde aus dem Denkmalbeirat unterstützt. BzStR Schruoffeneger erklärt, dass das Bauantragsverfahren liefe. Der Eigentümer bestätige die Umsiedelung der Bestandsmieter zu alten Mietkonditionen. Der UD habe fachlich zugestimmt. Eine juristische Fassung stehe aus. Bezüglich des Baudenkmals erklärt BzStR Schruoffeneger auf Nachfrage, dass eine Wiederherstellung des alten Zustandes nötig sei. BV Dr. Timper bittet den Stadtrat zukünftig im Ausschuss über den Sachstand zu berichten.

 


 

Der Ausschuss für Stadtentwicklung

empfiehlt der BVV,

die BVV möge beschließen:

 

Das Bezirksamt wird aufgefordert, sich beim Landesdenkmalamt dafür einzusetzen, dass vom LDA geprüft wird, ob die Wohnhäuser in der Albrecht-Achillesstr. 5 und Paulsborner Straße 11 u. 12 des Architekten Jürgen Bachmann aufgrund ihrer herausragenden geschichtlichen, künstlerischen und städtebaulichen Bedeutung unter Denkmalschutz gestellt werden können als konstitutive Bestandteile des Denkmalbereichs (Gesamtanlage) WOGA-Komplex.

 

Der BVV ist bis zum 31.05.2019 zu berichten.

 

 

Begründung:

 

Empfehlung der Expertengruppe des Denkmalbeirats der BVV Charlottenburg-Wilmersdorf

WOGA-Komplex, Häuser Albrecht-Achilles-Straße 5, Paulsborner Straße 11 und 12,
10709 Berlin

Die Bauten des WOGA-Komplexes am Kurfürstendamm, an der Albrecht-Achilles-Straße und der Cicerostraße stehen als Gesamtanlage seit dem 24. September 1982 unter Denkmalschutz und mit den Tennisplätzen seit dem 24. April 1995 in der Denkmalliste. Nicht unter Denkmalschutz stehen jedoch die drei noch erhaltenen Mietwohnhäuser Albrecht-Achilles-Straße 5 und Paulsborner Straße 11 und 12, die 1926/27 nach Plänen von Jürgen Bachmann im Rahmen der WOGA-Gesamtplanung von Erich Mendelsohn (1887-1953) und Jürgen Bachmann (1872-1951) errichtet worden sind. Die Expertengruppe hat die Bauakten der Wohnhäuser von Bachmann an der Albrecht-Achilles-/Paulsborner Straße im Bauaktenarchiv des Bezirksamtes studiert und die Wohnhäuser sowie je eine exemplarische Wohnung in den drei noch erhaltenen Häusern besichtigt.

Empfehlung:

Die Expertengruppe empfiehlt, die bisher nicht denkmalgeschützten, noch erhaltenen drei Wohnhäuser von Jürgen Bachmann als konstitutiven Teil der Gesamtanlage WOGA-Komplex (Denkmalliste Nr. 09011464) aufgrund ihres Denkmalwertes in die Denkmalliste einzutragen.

Gründe:

Die drei noch erhaltenen Wohnhäuser der ursprünglich von Jürgen Bachmann erbauten Wohnzeile an der Albrecht-Achilles-/Paulsborner Straße erfüllen die Merkmale der geschichtlichen, der künstlerischen, der wissenschaftlichen und der städtebaulichen Bedeutung nach § 2 Abs. 2 DSchG Bln. Ihre Erhaltung liegt im Interesse der Allgemeinheit.

Die drei erhaltenen „Bachmann-Häuser“ erfüllen das Merkmal der geschichtlichen Bedeutung, weil sie zur ursprünglichen Planung und Bebauung des WOGA-Geländes durch Mendelsohn und Bachmann in der 2. Hälfte der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts gehören. Das WOGA-Gelände war der damals letzte noch unbebaute, nur zu sportlichen Zwecken genutzte Baublock am Kurfürstendamm; die Bebauung durch Mendelsohn und Bachmann stellt exemplarisch dar, wie sich die beiden Architekten mit ihren konkurrierenden Planungen eine gemischte großstädtische Bebauung am Kurfürstendamm mit Kino, Kabarett, Restaurants, Läden, Hotel, Wohnungen und Tennisplätzen vorstellten. Im Keller des Hauses Paulsborner Straße 11 finden sich noch Spuren der ehemaligen Umkleidekabinen, Duschen und WCs der denkmalgesctzten Tennisanlage im Innenhof des WOGA-Komplexes. Der private Investor Hans Lachmann-Mosse (1885-1944) für die Bebauung des WOGA-Geländes war Schwiegersohn des Zeitungsverlegers Rudolf Mosse.

Die drei erhaltenen „Bachmann-Häuser“ besitzen eine herausragende nstlerische Bedeutung, weil sie ausgezeichnete Wohnungsgrundrisse mit subtil gestalteten Fassaden verbinden:

Die Räume der 21/2-Zimmer-Wohnungen mit Küche und Bad/WC (ca. 75 m²) werden durch eine zentrale Diele erschlossen, die durch einen kleinen Garderoben-Vorflur vom Treppenhaus her erreichbar ist. Die Türen in der Diele zu den Räumen sind symmetrisch angeordnet, die Verkleidungen der Türfutter sind kanneliert, in Höhe der Türstürze befindet sich eine umlaufende breite, friesartig zusammenfassende Holzleiste, dadurch erhält die Diele eine geschlossene räumliche Wirkung. Überdies ist die Diele im Gegensatz zur langen Mittelflur-Erschließung in den Mendelsohnschen Wohnhäusern an der Cicerostraße aufgrund der Abmessungen (Haus Nr. 5: 2,20 x 2,80 m) nicht nur ein Verkehrsraum, sondern ein nutzbarer Wohnraum; Bewohner im Haus Nr. 5 haben mitgeteilt, daß sie die Diele zweitweise als „zimmer“ benutzt haben. Die Küche hat Raum für einen Eßplatz, angeschlossen ist eine Speisekammer und ein Putzbalkon. Das Wohnzimmer mit Parkettfußboden wird durch einen breiten, dreieckig vorspringenden Erker mit zwei Fenstern erhellt.

Die Fassaden der „Bachmann-Häuser“ zeigen Merkmale der Landhausbewegung vor 1914 (Sprossenfenster), des Expressionismus nach 1918 (Dreieckserker) und der beginnenden Neuen Sachlichkeit von 1927 (vertikal durchlaufende Treppenhausfenster), die vom Architekten zu einer beschwingten Fassade komponiert sind. Interessant ist, daß beide Architekten Mendelsohn und Bachmann r die Rhythmisierung der Fassaden wellenförmige Ausbuchtungen verwendet haben: Mendelsohn gebraucht gerundete Balkonbrüstungen, Bachmann spitz vorspringende Erker, die den langen Straßenfassaden Dynamik bzw. Rhythmik verleihen. Die Altersdifferenz von 15 Jahren zwischen beiden Architekten manifestiert sich in einer unterschiedlichen Haltung in der Gestaltung: Bachmann ist deutlich noch der frühen Moderne vor 1914 verpflichtet, Mendelsohn der Neuen Sachlichkeit der 1920er Jahre mit expressionistischen Akzenten.

Die drei noch erhaltenen „Bachmann-Häuser“ besitzen wissenschaftliche Bedeutung, weil das reiche Oeuvre Bachmanns (nach heutigem Kenntnisstand) bisher keine monografische Gesamtwürdigung gefunden hat und weil deshalb diese Wohnbauten von Jürgen Bachmann für die wissenschaftliche Forschung erhalten bleiben müssen. J. Bachmann (bis 1918 zusammen mit Peter Jürgensen) hat vor allem Sakral-, Büro- und Wohnbauten sowie das Rathaus Schöneberg 1911-14 erbaut.

Die drei noch erhaltenen „Bachmann-Häuser“ weisen ebenfalls eine städtebauliche Bedeutung auf, weil sie konstitutiver Bestandteil der Bebauung des WOGA-Geländes von E. Mendelsohn und J. Bachmann sind, auch wenn die Wohnzeile entlang der Albrecht-Achilles-/Paulsborner Straße teilweise im 2. Weltkrieg zerstört worden ist. Zwei der drei erhaltenen Häuser, die Nr. 11 und 12, zeigen die dynamische runde Eckbildung an der Ecke Albrecht-Achilles-/Paulsborner Straße. Die drei Häuser sind wichtige Zeugnisse für die ursprüngliche Planung und den Bau der rhythmisierten Wohnzeile von J. Bachmann als Gegenstück zur Wohnzeile von E. Mendelsohn an der Cicerostraße.

Die Erhaltung der Wohnhäuser von Jürgen Bachmann liegt im Interesse der Allgemeinheit, weil das Werk des Architekten Jürgen Bachmann von weiten Kreisen der Fachwelt in einzelnen Artikeln und in Lexika gewürdigt wird und weil die Häuser an der Albrecht-Achilles-/Paulsborner Straße dem unbefangenen Betrachter als nicht alltäglich und über dem durchschnittlichen Bauschaffen ihrer Zeit liegend erscheinen.

Die Expertengruppe des Denkmalbeirats der BVV Charlottenburg-Wilmersdorf empfiehlt deshalb die Eintragung der drei Wohnhäuser Albrecht-Achilles-Straße 5 und Paulsborner Straße 11 und 12 in die Denkmalliste als konstitutive Bestandteile des Denkmalbereichs (Gesamtanlage) WOGA-Gelände.

R. Brüggemann Dr. W. Fest W. Jockeit Dr. J. Lautsch A. Solmsdorf Prof. Dr. h.c. W. Wang
PD Dr. D. Worbs

Berlin, den 26.11.2018

Literatur:

Hans Vollmer (Hg.): Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler des 20. Jahrhunderts. 6 Bde. Leipzig 1953, Bd. 1, S. 89-90.

Schaubühne am Lehniner Platz (Hg.): Der Mendelsohn-Bau am Lehniner Platz. Erich Mendelsohn und Berlin. Berlin 1981, S. 41-42 (Wohnbauten von J. Bachmann).

Sigrid Achenbach: Erich Mendelsohn 1987-1953. Ideen, Bauten, Projekte. Ausstellung zum 100. Geburtstag aus den Beständen der Kunstbibliothek. Berlin 1987, S. 77 (Wohnbauten von J. Bachmann).

Wolfgang Ribbe, Wolfgang Schäche (Hg.): Baumeister, Architekten, Stadtplaner. Biographien zur baulichen Entwicklung Berlins. Berlin 1987, S. 598 (Kurzbiografie).

 


Abstimmungsergebnis:

 

dafür: einstimmig dagegen:          Enthaltung: 

 
 

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