Auszug - Schutz der Wohnbevölkerung vor gesundheitsgefährdenden Lärm- und Luftbelastungen  

 
 
4. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin
TOP: Ö 8.1
Gremium: Bezirksverordnetenversammlung Beschlussart: beantwortet
Datum: Do, 19.01.2017 Status: öffentlich
Zeit: 17:00 - 21:50 Anlass: ordentliche Sitzung
Raum: BVV-Saal
Ort: Otto-Suhr-Allee 100, 10585 Berlin
0034/5 Schutz der Wohnbevölkerung vor gesundheitsgefährdenden Lärm- und Luftbelastungen
   
 
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:SPD-Fraktion 
Verfasser:Wuttig/Dr.Murach 
Drucksache-Art:Große AnfrageGroße Anfrage
 
Beschluss

Die BVV stimmt der Überweisung der Drucksache in den Ausschuss für Bürgerdienste, Wirtschaft, Ordnungsangelegenheiten und Verkehr einstimmig zu

 

Zur Beantwortung Herr BzStR Schruoffeneger:

 

Frau Vorsteherin, meine Damen und Herren, Herr Dr. Murach ich bin Ihnen ausgesprochen dankbar für diese Große Anfrage, weil genau das, was Sie am Ende gesagt haben, es geht darum immer das Bewusstsein für diese Thematik aufrecht zu erhalten und angesichts der vielfältigen sehr erregten Diskussion, die es dann manchmal im Detail gibt, wenn es darum geht irgendwo Tempo-30 anzuordnen oder einen Parkplatzangebot zu reduzieren, sollten wir uns immer wieder klarmachen, um welche Grundsatzfrage es dabei eigentlich geht. Und das erreichen Sie natürlich auch mit dieser Anfrage. Von daher unterstützt das Bezirksamt natürlich die damit verfolgte Intension, nämlich die Bürgerinnen und Bürger unseres Bezirks vor den Auswirkungen des Verkehrs, so wie wir es im Moment haben und wie es beschrieben wurde von Ihnen und diesen negativen Folgen zu schützen.

Eine inhaltlich gerechtlich valide Beantwortung können wir als Bezirksverwaltung kaum machen, da wir erstens nicht die Zuständigkeit und  in viele Fragen auch nicht die entsprechenden Experten bei uns in der Bezirksverwaltung haben. Ich werde daher Ihre Fragen eher aus der allgemeinen Kenntnis, als aus bezirksinternen spezifischen Untersuchungen oder Erkenntnissen beantworten.

Wir werden aber den Antrag, den Sie ja parallel auch eingebracht haben zum Anlass nehmen, um natürlich diese spezifischen auf den Bezirk runtergebrochenen Ergebnisse dann auch bei den zuständigen Senatsverwaltungen abzufragen und in der Konzepterarbeitung, in der Fortschreibung mit zu verwenden.

Grundsätzlich teilen wir Ihre Auffassung, dass insbesondere  Dieselruß ein Riesenproblem ist und ich sage mal, es gibt im Moment wenig Anlass zu sagen, wir wollen einzelne amerikanische Umgangsformen hier bei uns in Deutschland übernehmen. Aber den Umgang der Amerikanischen Justiz mit dem Dieselruß-Skandal finde ich, im Gegensatz zu dem Umgang der Deutschen Behörden mit dem Thema ausgesprochen angemessen.
Das Bezirksamt wird gerne mitwirken, wenn der Senat weitere Konzepte für die Stadt vorlegt. Die bisher vom Senat, also noch in der letzten Wahlperiode vertretene Auffassung, dass nur sehr individuell betroffene Anwohner Klage- und Initiativberechtigt sind, finde ich völlig absurd und ich hoffe sehr, dass diese Position schnellstmöglich von der neuen Senatsverwaltung verändert wird.

Ziel muss es aber unserer Ansicht nach nicht sein, jetzt nur an einzelnen Straßen über ordnungsrechtliche Maßnahmen zur Reduzierung der Belastung zu kommen. Das muss man auch tun, sondern wir brauchen letztendlich ein Gesamtkonzept, was den Schutz aller Bürgerinnen und Bürger vor negativen Gesundheitsauswirkungen durch den Verkehr reduziert. Das ist meiner Ansicht nach ein Teil der Kommunalen Daseinsvorsorge, so verstehe ich diese Aufgabe und so werden wir sie auch wahrnehmen.

Um auf ihre letzte Frage einzugehen. Die gesetzlichen Änderungen, die am 14.12. letzten Jahres in Kraft getreten sind, erleichtern z. B. die Anordnung von Tempo-30-Zonen. Das werden wir, nach Möglichkeit, da wo es Sinn macht, nutzen. Die Senatsverwaltung hat angekündigt, zügig dazu Ausführungsvorschriften vorzulegen. Bisher ist das noch nicht passiert, aber wie gesagt, das Gesetz ist auch erst einen Monat in Kraft.

Ich will bewertend zum Ende noch einmal sagen, dass ich die Auffassung vertreten, dass unser jetziger Umgang mit den gesundheitlichen Belastungen, insbesondere was Stickstoffoxid angeht in unserer Innenstadt, schon fast für eine fahrlässige Körperverletzung halte. Wir haben am Hardenbergplatz z. B. einen Wert von 62 ng/m3 Stickstoffdioxid. Der Grenzwert europäisch liegt bei 40 Nanogramm, d. h. wir überschreiten diesen Grenzwert, der gerade noch als gesundheitlich unbedenklich angesehen wird, um mehr als 50 % und ich finde, das kann man so nicht stehenlassen. Das sieht ja auch die EU-Kommission so, die mittlerweile die Bundesrepublik Deutschland wegen der Nichtbeachtung der Grenzwerte verklagt hat.

 

Wie gesagt, ich glaube, es ist auch unsere kommunale Aufgabe hier alle Handlungsmöglichkeiten auszuschöpfen, dafür gibt es verschiedene Instrumente. Das ist natürlich die Ausweitung und Neudefinition der Umweltzone. Das sind Temporeduzierungen, das sind auch Fahrzeugmaßnahmen, da sind wir dann als Bezirk weniger gefragt. Das ist die Tatsache, dass man auch als Kommune für die Einführung der blauen Plakette eintreten sollte. Wir werden alle Möglichkeiten, die uns zur Verfügung stehen, aktiv nutzen und ganz wichtig ist aber auch die Bewusstseinbildung, Sie haben es angesprochen, die Förderung anderer Mobilitätsformen. Ob es dann die Fahrradverkehrsförderung ist, ob es der ÖPNV ist, ob es aber auch stadtplanerische Fragen sind, Gelände, Quartiere so zu planen, dass nicht so viel Verkehr entstehen muss, um dort zu sinnvoll zu leben, also wohnungsnahe Einkaufsmöglichkeiten etc. All das wird zu den Aufgaben der Stadtentwicklungspolitik, der Verkehrspolitik, aber auch der Gesundheitspolitik eines Bezirks gehören. Und wenn man die Parisverträge ernst nimmt, dann wird es höchste Zeit, dass wir das sehr aktiv anfangen und ich hoffe, dass das mit Unterstützung der BVV passiert.

 

 

 
 

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