Auszug - Entwicklung des bezirklichen Wohnungsbestands  

 
 
50. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin
TOP: Ö 8.3
Gremium: Bezirksverordnetenversammlung Beschlussart: beantwortet
Datum: Do, 17.03.2011 Status: öffentlich
Zeit: 16:30 - 22:00 Anlass: ordentliche Sitzung
2036/3 Entwicklung des bezirklichen Wohnungsbestands
   
 
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion Bündnis 90/Die Grünen 
Verfasser:Ludwig/Dr.Lehmann 
Drucksache-Art:Große AnfrageGroße Anfrage
 
Beschluss


 

Zur Beantwortung Herr BzStR Gröhler:

 

Frau Vorsteherin, meine Damen und Herren, das Bezirksamt darf die Große Anfrage von Ihnen, Herr Dr. Lehmann, wie folgt beantworten und erlauben Sie mir zwei einleitende Bemerkungen aus der Debatte, die gerade stattgefunden hat: Ich würde nicht soweit gehen, dass man im Moment tatsächlich von einer Wohnungsnotlage, Frau Schmitt-Schmelz, sprechen sollte. Wir haben eine starke Nachfrage in der Tat, aber eine starke Nachfrage bedeutet nicht immer gleich Notlage. Das hat für mich zwei Konsequenzen. Zum einen muss man den Menschen, die hier leben, nicht jeden Tag, wenn sie morgens aufstehen, vermitteln, oje, ihr seid in eurem Wohnungsbestand bedroht. Am besten, ihr geht gar nicht aus der Haustür. Punkt 1. Und Punkt 2: Eine hohe Nachfrage bedeutet ja auch eine hohe Attraktivität und man sollte, wenn man sehr attraktiv ist, nicht gleich sagen, jetzt besteht eine Notlage. Also, insofern finde ich, dass man vielleicht auch ein Stück weit mit den Bemerkungen und mit den Formulierungen zurückhaltender sein sollte, weil es möglicherweise an der einen oder anderen Stelle Ängste auslöst, die in der Form gar nicht notwendig sind.

 

Zu der Frage vorhin, von Herrn Dr. Lehmann, warum das Bezirksamt den Bebauungsplan für die Hotelbebauung am Adenauer Platz noch nicht so richtig voran gebracht hat? Ich könnte Ihnen jetzt antworten, weil ich immer noch die große Hoffnung habe, dass der Investor seine Pläne für ein Hotel aufgibt und dort eine Wohnbebauung etabliert, aber Sie wissen auch, dass u. a. der konservative Baustadtrat mit dafür gesorgt hat, dass überhaupt ein Wohnanteil in dem Neubauvorhaben vorgesehen ist und ich mich damals sehr quergelegt habe, als dort Wohnungen abgerissen werden sollten und nur ein Hotel oder drei Hotels entstehen zu lassen.

Zu Ihren Fragestellungen im Einzelnen:

 

Vorbemerkung:

Das Bezirksamt selbst führt keine eigene Statistik über alle Fragen, die Sie gestellt haben. Das heißt, alle Angaben, die das Bezirksamt Ihnen machen kann, basieren immer auf Zahlen des statistischen Landesamtes.

Zweite Vorbemerkung:

Zu Ihrer Frage, wie hoch ist die Anzahl der Haushalte, die in andere Bezirke gezogen sind? Darüber führt das Land Berlin keine Statistik. Nicht über die Zahl der Haushalte, sondern nur über die Zahl der umgezogenen Personen. Nur, damit wir da erstmal sozusagen einen gleichen Sachstand haben.

Für das Jahr 2010 können wir Ihnen noch keine Gesamtzahl nennen, weil beim statistischen Landesamt bisher nur das dritte Quartal abgeschlossen ist in der Frage der Veröffentlichung.

 

Lassen Sie mich aber so antworten: Aus Charlottenburg-Wilmersdorf sind  in 2009 und in den ersten drei Quartalen 2010 24.000 Personen weggezogen. Aus Tempelhof-Schöneberg waren es 26.000 Personen und aus Steglitz-Zehlendorf 16.500. Nur damit Sie mal in etwa eine Relation haben, dass jetzt offensichtlich keine Irrsinns-Flucht aus dem teuren Charlottenburg-Wilmersdorf anbricht, weil Bezirke, die deutlich teurer sind, dort ziehen weniger Leute oder Bezirke wie Tempelhof-Schöneberg, die durchaus vergleichbar sind, dort ist es in etwa die gleiche Zahl. Also, Sie können in der Statistik keine signifikante Situation ablesen, dass z. Z. eine Flucht von Menschen aus Charlottenburg-Wilmersdorf raus besteht, weil hier die Wohnungsmietensituation exorbitant schlecht wirkt und jetzt schauen wir uns mal an, wo sind Menschen hingezogen. Sie ziehen von Charlottenburg-Wilmersdorf in erster Linie nach Steglitz-Zehlendorf. Also, in ein noch teureres Wohnpflaster oder sie ziehen nach Tempelhof-Schöneberg oder nach Mitte. Das sind die drei beliebtesten Bezirke beim Wegziehen aus Charlottenburg-Wilmersdorf.

 

Sie ziehen weniger nach Lichtenberg oder nach Marzahn-Hellersdorf. Da ist das Mietengefälle ein anderes. Also, wir können keine Tendenz ablesen, dass z. Z. wirklich ein Ausweichen aus teuren Wohnraumsituationen in Charlottenburg-Wilmersdorf in irgendeiner Form festzustellen ist.

Ich kann Ihnen aber an der Stelle aber noch sagen, falls Sie das interessiert, wie hoch der Mieterbestand in öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau ist. Dort kann ich Ihnen zumindest die Zahl der Wohnungen nennen:

Charlottenburg-Wilmersdorf hat mit Stand vom 28.02.2011 11.534 Wohnungen, die sozial gefördert sind. Der Wohnungsbestand liegt bei 191.000, also 11.500 bei 191.000, Sie sehen, wie gering die Marge ist der Wohnungen aus dem sozialen Wohnungsbau, wenn es darum geht, auf den Mietenmarkt einzuwirken.

 

Zu 2.

Auch hier gibt es wieder statistische Probleme, weil das statistische Landesamt erfasst neugebaute Wohnungen und Wohnungen. Wo liegt der Unterschied? Teilweise werden Wohnungen zusammengelegt oder Wohnungen werden vergrößert und die tauchen in der Statistik auf, so dass es keine ganz saubere Aussage gibt über den Zugewinn an Quadratmeterwohnraum, sondern die zählen immer nur Wohnungen. Also, da mag es dann statistisch Unschärfen geben und da muss ich Ihnen sagen, dass die Zahl der Genehmigungen im Land Berlin für Baugenehmigungen überhaupt sich in 2011 gegen 2010 um 8 % erhöht hat, aber die Anzahl der Wohnungen ist etwas gesunken. Im Jahre 2010 waren es 5.470 Wohnungen und im Jahre davor 5.603. Allerdings ist auch vielleicht dieser Rückgang relativ klein im Land Berlin. Für Charlottenburg-Wilmersdorf sieht die Zahl wie folgt aus: 200 Baugenehmigungen, das ist im Bezirksvergleich etwa eine mittlere Zahl und die Zahl der geplanten neubebauten Wohnungen in 2010 betrug in unserem Bezirk 297 und im Jahr 2009 221. Also, eine leichte Tendenz nach oben, allerdings auch keine signifikante Aussage, weil nur mal sich eine Jahresspitze sich entwickelt.

 

Zu 3.

Etwas  besser können wir Ihre Frage beantworten, wie hoch das Bezirksamt die Wohnbaureserve schätzt. Wir gehen davon aus, dass für den Wohnungsbau in relevanten und planungsrechtlich vorbereiteten Potenzialflächen etwas 2.900 Wohneinheiten realisierbar wären. Darüber hinaus ließen sich zusätzlich, ich sage es, weil Sie gefragt haben, ich bitte allerdings auch zu erkennen, dass da nicht mein politisches Herzblut hinter dieser Zahl steht, darüber hinaus kommen zusätzlich ca. 450 Wohneinheiten, die auf Kleingartengelände errichten werden, wo die Kleingartenflächen eine Schutzfrist haben, die 2020 ausläuft. Ja, also unterstellt, der Senat verlängert die Schutzfrist für Kleingärten nicht, dann könnte auf den Flächen, die als Wohnstandorte ausgewiesen sind, bis 2020 450 Wohneinheiten entstehen. Ich sage das mit aller politischen Vorsicht.

 

Darüber hinaus sehen wir die Möglichkeit, dass durch Baulückenmanagement noch mal 300 weitere Wohneinheiten entstehen. Hier sind insbesondere die Häuser aus den 50er Jahren gefragt, die teilweise verhungert sind sozusagen, weil sie die übliche Berliner Traufe aus Gründerzeit ja häufig nicht erreichen und mit Flachdächern enden. Inwieweit es tatsächlich wirtschaftlich vertretbar ist, solche Häuser noch aufzustocken oder inwieweit es bautechnisch, statisch überhaupt möglich ist, lassen wir jetzt mal völlig außen vor, sondern wir sagen nur, welche Potenzial dort etwa besteht. Also, unterm Strich könnten Sie davon ausgehen, dass noch, wenn man alles ausknautscht, etwa 4.000 Wohneinheiten in Charlottenburg-Wilmersdorf entstehen können, wenn man mal von größeren Abrissen und Neubauten absieht.

Also, sicherlich könnte man über den einen oder anderen Abriss aus den 50er Jahren nachdenken, um viel ökonomischer und ökologischer neu zu bauen, aber das haben wir jetzt mal wegen der politischen Dimension auch ein Stück außen vor gelassen. Häufig ist es durch die Bildung durch Mieteigentum inzwischen auch sehr sehr schwierig geworden, bekommen Sie mal 20 Eigentümer in einem Haus tatsächlich unter einen Vertrag, dass sie gemeinsam ihr Haus abrechen und neu bauen. Da braucht nur einer nicht zu unterschreiben und schon ist die Sache vom Tisch. Also, Sie sehen, bei 191.000 Wohneinheiten könnten etwa noch 3.000 Wohneinheiten dazu kommen.

 

Zu 4.

Das Bezirksamt verfügt über keine Statistik über den Leerstand von Gewerberäumen oder Büroräumen. Eine derartige Statistik wird im Land Berlin auch nicht geführt. Soweit Sie darüber nachdenken, Büro- oder Gewerberäume zu Mietwohnraum umzuwandeln, ergeben sich hier aus meiner Sicht zwei Probleme:

Das eine Problem ist die planungsrechtliche Situation, das war ja auch gestern schon Thema am Rande des Bauausschusses, als Sie mich auf Heilbronner Straße ansprachen und das andere Problem ist schlicht und ergreifend, dass häufig die Grundrissbildung in den Büroräumen einer Umwandlung unter ökonomischen Maßstäben einer Umwandlung zu Mietwohnungen häufig im Wege stehen. Also, Sie können nicht einfach jedes Bürogebäude in ein Wohngebäude umwandeln. Da, sage ich mal, gibt häufig das Gebäude es schon nicht mehr her.

 

Zu 5.

Da ist die Frage, wie viele Umnutzungen gab es und was machen die Bebauungspläne am Kurfürstendamm? Eine Statistik über Umnutzung wird nicht geführt bis auf die öffentlichen, geförderten Wohnungen aus dem sozialen Wohnungsbau. Da hat mir der Kollege Krüger zugeliefert, dass dort eine Zweckentfremdung grundsätzlich den Förderrichtlinien widerspricht und deshalb verfolgt werden könnte. Hier liegen z. Z. keine Anträge auf erlaubte Zweckentfremdungen vor. Also, die Tendenz dort scheint sehr sehr gering zu sein.

Und zu Ihrer Frage, warum die Bebauungspläne zum Schutz der Wohnbebauung am Kurfürstendamm noch nicht tatsächlich fertig gestellt wurden? Das liegt einfach an unseren Personalkapazitäten und daran, dass wir einige Stellen im Stadtplanungsamt nicht wiederbesetzen konnten und sie uns zahlreiche, neue Bebauungspläne politisch ja mit auf den Weg gegeben haben, die auch eine sehr hohe Priorität hatten oder teilweise sogar vorgezogen werden mussten. Denken Sie jetzt an das Aufstellungserfordernis zur Abwehr großflächigen Einzelhandels im Bereich Quedlingburger Straße und ähnliches. Wir gehen aber davon aus, dass die Bebauungspläne noch im Jahre 2011 tatsächlich zu Ende bearbeitet werden können und eine Festsetzung 2011 spätestens Anfang 2012 anstehen.

 

 
 

Legende

Ausschuss Tagesordnung Drucksache
BVV Aktenmappe Drucksachenlebenslauf
Fraktion Niederschrift Beschlüsse
Kommunalpolitiker/in Auszug Realisierung
   Anwesenheit Schriftliche Anfragen