Auszug - Gerichtsfestigkeit bezirklicher Bebauungsplan-Verfahren  

 
 
46. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin
TOP: Ö 8.7
Gremium: Bezirksverordnetenversammlung Beschlussart: beantwortet
Datum: Do, 18.11.2010 Status: öffentlich
Zeit: 16:30 - 22:10 Anlass: ordentliche Sitzung
1889/3 Gerichtsfestigkeit bezirklicher Bebauungsplan-Verfahren
   
 
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion Bündnis 90/Die Grünen 
Verfasser:Ludwig/Centgraf 
Drucksache-Art:Große AnfrageGroße Anfrage
 
Beschluss


 

Zur Beantwortung Herr BzStR Gröhler:

 

Meine Damen und Herren, Frau Centgraf, das Bezirksamt darf die Große Anfrage wie folgt beantworten:

 

Zu 1.

Wir können Ihnen noch nicht genau sagen, welche planerischen Konsequenzen wir aus den Entscheidungen treffen. Ich hatte ja vorhin bereits schon dargelegt, dass die schriftliche Urteilsbegründung im Verfahren Württembergische Straße noch nicht vorliegt und es wäre jetzt ein Stück blauäugig hier, daraus Konsequenzen ziehen zu wollen, wenn wir die eigentlich tragenden Gründe für das Oberverwaltungsgericht noch gar nicht kennen. Die Entscheidung zum Thema Spreestadt liegt uns seit einigen Tagen vor und wird z. Z. ausgewertet und erst wenn beide Entscheidungen gemeinsam ausgewertet worden sind, dann können wir daraus mögliche Konsequenzen ziehen, wenngleich, Frau Centgraf, Sie mir den Hinweis erlauben, dass Wort „Unrechtsetzung“ finde ich in dem Zusammenhang ein wenig weitgehend. Nun ist ja das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf nicht der erste Plangeber, der vor dem Oberverwaltungsgericht mit einem Verfahren auf die Nase gefallen ist. Ich erinnere daran, dass es ja sowohl die Kollegen aus Neukölln waren, als auch vorher schon die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung mit dem Spreedreieck und eins möchte ich an der Stelle auch noch mal sehr deutlich sagen, alle diese Bebauungspläne haben immer die Rechtsprüfung durch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung durchlaufen. Es ist ja nicht so, dass hier irgendjemand im Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf ein wenig dusselig ist und einfach mal Unrechtsetzung, wie Sie es hier nennen, vielleicht noch mutwillig oder absichtlich oder grob fahrlässig vornimmt, sondern das war bisher in Berlin geltende Planungsrechtsauffassung.

 

Ich will gar keine Schelte in Richtung dritter Gewalt machen, das steht mir nicht zu. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass das Oberverwaltungsgericht eine andere Auffassung an der Stelle hat, die in weiten Teilen der Republik von Juristen nicht geteilt wird. Das muss man auch mal ganz deutlich sagen. Einige sagen sogar, wenn die so weitermachen, sind Großstädte nicht mehr zu bebauen vernünftig, weil wir dann in eine Ausuferung kommen und die ganzen grünen Gürtel am Rande der Stadt zuknallen, statt eine Innenverdichtung zu machen, wo die Infrastruktur da ist, wo die U-Bahnlinien, die S-Bahnlinien, die Einkaufszentren, die Schulen, die Straßen usw. da sind, wenn man das will, dass man die Felder draußen bebaut, dann muss man das sagen. Das nur am Rande.

 

Zu 2.

Da fragen Sie, warum die Bauvoranfrage vor der Urteilsverkündung beschieden worden ist? Der erteilte Vorbescheid vom 28. September 2010 ist auf der Grundlage des bis zu dem Zeitpunkt geltenden Bebauungsplans IX-46-2 erteilt worden. Und das Bezirksamt hat gar kein Ermessen, ob es einen Vorbescheid erteilt oder nicht, sondern jeder Eigentümer hat einen Rechtsanspruch auf Bescheidung und das Bezirksamt eine Pflicht zur Bescheidung. Der Bescheid ist auf der geltenden Rechtsgrundlage ergangen und der Grundstückseigentümer wusste natürlich, dass Grundlage dieser Bebauungsplan ist, der natürlich angefochten ist. Das haben wir ihm auch gesagt. Und dementsprechend hat er auch uns gegenüber Erklärungen abgeben müssen, dass dem Land Berlin kein Schaden entsteht, wenn er diesen Vorbescheid auf der zu dem Zeitpunkt geltenden Rechtslage bekommt.

 

Zu 3.

Gar kein Verfahrensschritt hat dazu geführt, dass der Normenkontrollklage stattgegeben wurde, sondern das Oberverwaltungsgericht hat einzelne Festsetzungen des Bebauungsplan VII-272 a beanstandet. Verfahrensmängel wurden nicht gerügt. Nur, dass sich jetzt hier irgendetwas verselbstständigt und behauptet wird, wir haben irgendwelche Verfahrensschritte nicht ordnungsgemäß geführt, sondern die Festsetzung, also der Inhalt des Bebauungsplans ist vom OVG bemängelt worden.

 

Zu 4.

Was unternimmt das Bezirksamt, um nachbarrechtliche Ansprüche gegen das Planerfordernis abzuwägen? Nichts, weil nachbarliche Ansprüche werden nicht gegen ein Planungserfordernis abgewogen. Wenn ein Planungserfordernis besteht, dann ist ein Bebauungsplan auf den Weg zu bringen. Punkt 1.

Nachbarliche Ansprüche werden nie abgewogen, sondern abgewogen werden  nachbarliche Belange im Rahmen gegen öffentliche Belange, und zwar nach § 1 Abs. 7 Baugesetzbuch:

Öffentliche und private Belange sind miteinander abzuwägen und dann ist zu entscheiden, was ist stärker zu gewichten und was ist daraus für ein Ergebnis zu ziehen. Also, private Belange werden nie gegen ein Planerfordernis gestellt, das passt überhaupt gar nicht zusammen, weil Herr Wendt hat ja vorhin auch so eine wörtliche Auslegung von Texten (…), habe ich mir das jetzt auch mal erlaubt.

 

Zu 5.

Bei der Antwort zu 5. geht es mir ein wenig, wie hat die Kollegin Schmiedhofer gesagt, sie versucht mal die Antworten so zu geben, wie sie die Fragen verstanden hat, oder so ähnlich, war vorhin die Einleitung. So geht es mir bei 5. Ich verstehe die Frage nicht.

 

Mein Stadtplanungsamt hat sie auch nicht verstanden, der Baujurist hat sie auch nicht verstanden. Also, es liegt nicht nur an mir, Sie fragen, welche planerische Steuerung wir machen wollen, um rechtsfolgenhafte Planungsunschärfen beim Kudamm-Karree zu vermeiden, damit es nicht zu unzumutbaren Belastungen für einzelne Beteiligte kommt?

Entschuldigung. Also, ich sag noch mal, wir sind jetzt vor einem Aufstellungsbeschluss vor einem Vorhabenbezogenen Bebauungsplan, den werden wir treffen und dann werden wir danach die Träger öffentlicher Belange anhören, dann machen wir eine Zäsur und warten dann ab, was da dann kommen mag, wenn es zu einem Bürgerentscheid kommt und je nach dem, wie es weitergeht sagen sie uns, so oder so. Und im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens werden wir wieder die privaten und die öffentlichen Belange gegeneinander möglichst gerecht abzuwägen haben in der Hoffnung, dass dann das Oberverwaltungsgericht uns mit unserer Argumentation/Festsetzung folgt. Oder möglicherweise hat bis dahin das Bundesbauministerium schon Veränderungen an der Baunutzungsverordnung und an der Vorgabe der GFZ vorgenommen, warten wir es mal ab.

 

 
 

Legende

Ausschuss Tagesordnung Drucksache
BVV Aktenmappe Drucksachenlebenslauf
Fraktion Niederschrift Beschlüsse
Kommunalpolitiker/in Auszug Realisierung
   Anwesenheit Schriftliche Anfragen