Auszug - Bühnen am Kurfürstendamm vs. Bürgerentscheid  

 
 
46. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin
TOP: Ö 8.1
Gremium: Bezirksverordnetenversammlung Beschlussart: beantwortet
Datum: Do, 18.11.2010 Status: öffentlich
Zeit: 16:30 - 22:10 Anlass: ordentliche Sitzung
1871/3 Bühnen am Kurfürstendamm vs. Bürgerentscheid
   
 
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:SPD-Fraktion 
Verfasser:Verrycken/Wuttig 
Drucksache-Art:Große AnfrageGroße Anfrage
 
Beschluss


 

Zur Beantwortung Herr BzStR Gröhler:

 

 

Frau Vorsteherin, meine Damen und Herren, sehr geehrter Herr Wuttig, das Bezirksamt darf die Große Anfrage wie folgt beantworten und bei den ersten beiden Fragen stütze ich mich auf eine Zulieferung meines Kollegen Krüger:

 

Zu 1.

Sie wissen ja, das Bezirksamt hat den Termin des Bürgerentscheids auf den 16. Januar 2011 festgesetzt. Das bezirkliche Wahlamt arbeitet z. Z. mit Hochdruck an der Vorbereitung dieses Termins, da im Gegensatz zu den landesweiten Wahlen das Bezirksamt ja alles selbst machen muss, also das Landeswahlamt kann ja keine Unterstützung leisten, ist hier ein besonders großer Arbeitsumfang zu bewältigen, d. h. es müssen sämtliche Unterlagen alleine hergestellt werden, Stimmzettel und Umschläge für die Briefabstimmung und für die Wahl selbst müssen nach Ausschreibung beschafft werden. Das ITDZ ist inzwischen beauftragt worden, die Abstimmungsbenachrichtigungen und die entsprechende Bekanntmachung für rund 238.000 Abstimmungsberechtigte zu drucken, einzutüten und dann versandfertig dem Postdienstleister zum 14. Dezember 2010 zu übergeben, damit der Versand dann pünktlich stattfinden kann. Der allgemeine Blinden- und Sehbehindertenverein ist einbezogen worden, um die entsprechende akustische Unterrichtung und die Schablonen herzustellen und mit der Deutschen Post wurde vereinbart, dass die roten Abstimmungsbriefe dann entgeltfrei befördert werden. Die Amtsblattveröffentlichungen sind vorbereitet worden und mit dem Amt für Statistik Berlin-Brandenburg sind die entsprechenden Absprachen hinsichtlich der technischen Unterstützung durchgeführt worden. Die Stimmbezirke sind festgelegt, mit den Betreibern der möglichen Abstimmungslokale ist Kontakt aufgenommen worden bzw. bei entsprechenden räumlichen Veränderungen sind Ersatzmöglichkeiten gesucht worden und mit Abstimmungshelferinnen-  und helfern ist erster Kontakt aufgenommen und der Herr Kollege Krüger sagte mir, dass es da einen positiven Rücklauf gibt und die ersten Abstimmungsvorstände bereits gebildet werden konnten. Die Briefwahlabstimmung wird am 14. Dezember beginnen und dementsprechend damit der Versand der Unterlagen.

 

Zu 2.

Die Fragestellung zum Bürgerentscheid mussten die Initiatoren nicht neu überarbeiten und einreichen, da es ja bereits beim Bürgerbegehren eine Fragestellung gab und die unverändert zum Bürgerentscheid übernommen werden muss und ich darf mit Genehmigung des Vorstehers noch einmal zitieren, die Frage lautet:

 

„Stimmen Sie folgendem Ersuchen zu: Das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin wird aufgefordert, den Erhalt der beiden Schauspielhäuser Komödie und Theater am Kurfürstendamm am Kurfürstendamm 206 – 209 in ihrer Nutzung und in ihrem baulichen Bestand zu sichern und dafür alle geeigneten planungsrechtlichen Instrumente auszuschöpfen“.

 

Zu 3.

Dem Bezirksamt ist aus zahlreichen Gesprächen mit dem potenziellen Investor und mit dem Grundstückseigentümer bekannt, und das hat er auch mehrfach noch einmal öffentlich Kund getan, dass bei einer Einhaltung des heutigen Planungsrechts, also ohne Überschreitung des entsprechenden Nutzungsmaßes, also der möglichen Ausschöpfung des Grundstücks, er an seinen Plänen der Neuerrichtung des Kurfürstendamm-Karrees nicht festhalten möchte.

Er hat für uns mehrfach glaubhaft dargestellt, dass die wirtschaftliche Tragfähigkeit einer derart großen Investition aus dem alten Planungsrecht der 70er Jahre so nicht zu generieren ist, wenn denn in den Neubau eben ein aus seiner Sicht subventioniertes privates Theater und weitere kulturelle Einrichtungen unterkommen sollen.

Das Bezirksamt konnte seine Angaben insoweit verifizieren, dass wir zum einen den Markt auch selbst einschätzen können, auch die Baukosten einer derartigen Investition nachvollziehen können und auch man durchaus sehen muss, dass er durch die lange Zeit der Diskussion, die erforderlich war, auch entsprechende, ja, ich sag mal Finanzierungen anstrengen musste, insofern sind seine Darlegungen für uns durchaus nachzuvollziehen.

 

Zu 4.

Dem Bezirksamt ist bekannt, dass es zwischen dem Grundstückseigentümer und dem heutigen Betreiber der beiden Theater eine Absprache gibt, inwieweit die jetzt tatsächlich vertraglich fixiert ist, entzieht sich unserer Kenntnis, aber eine Absprache gibt es, dass nach dem Neubau der jetzige Betreiber über viele Jahre in ein privates Theater betreiben kann für ihn sehr günstige Konditionen. Dem Bezirksamt ist auch aus vertraulichen Gesprächen mit dem heutigen Theaterbetreiber bekannt, welche eigenen finanziellen Möglichkeiten er heute und zukünftig hat. Und ich verrate auch kein Geheimnis, wenn ich zu ihm gesagt habe, als er mir damals sagte, was er tatsächlich meint, für ein Theater monatlich tragen zu können, dass er zu dem Quadratmeterpreis eigentlich am Kudamm nicht einmal Lagerräume bekommt. Das war meine spontane Reaktion drauf. Ich glaube, er hat es auch damals so verstanden, wie ich es meinte. Insofern wird, wenn ich das auch hinzufügen darf, oder würde es schwer werden für den Theaterbetreiber, einen anderen Theaterstandort am Kurfürstendamm zu diesen Konditionen überhaupt zu finden, wenn es nicht sogar unmöglich wäre.

 

Zu 5.

Da befinden wir uns natürlich völlig im Bereich der Spekulationen. Aber ich teile die Auffassung des Herrn Bezirksverordneten Wuttig in seiner Begründung der Großen Anfrage, dass wir jetzt die einmalige Chance haben, dass Areal des Kurfürstendamm-Karrees städtebaulich neu zu strukturieren und ins 21. Jahrhundert zu bringen oder wir dauerhaft mit einem, aus heutiger Sicht, unbefriedigenden städtebaulichen Zustand leben müssen, weil eins muss auch mal den Initiatoren des Bürgerentscheids klar sein, und davor können sie aus meiner Sicht auch nicht die Augen verschließen, das Kudamm-Karree ist heute so, wie es dasteht, tot. Das muss man doch mal ganz ehrlich sagen. Da geht man doch freiwillig nicht komplett von der Lietzenburger bis zum Kudamm und auch umgekehrt, man geht doch nicht komplett durch, wenn es regnet vielleicht oder eine Abkürzung nehmen will, sonst hat es doch außer Theater und Story of  Berlin, ich will da niemanden zu nahe treten, aber keinen weiteren Anziehungspunkt und viele Flächen sind inzwischen heute so verbaut, ich hatte das ja auch mal im Ausschuss technisch erklärt, durch Feuerwehrzufahrten, durch Abstandssituation, dass sie auch gar nicht anders nutzbar sind und davor kann man einfach die Augen nicht verschließen, meine Damen und Herren. Und ich habe die große Sorge, dass wenn der Bürgerentscheid erfolgreich wäre und der Investor seine Ankündigung wahr macht, sich dann zurückzuziehen, wofür ich durchaus Verständnis hätte, dass wir dann mit unterschiedlichen Szenarien rechnen müssen, die für uns alle nicht positiv sind.

 

Das eine Szenario ist, er verkauft das Grundstück oder versucht es zu verkaufen, es ist wieder auf dem Markt und es dümpelt wieder vor sich hin und es kommt wieder ein Neuer mit neuen Konzepten und wir begeben uns wieder in eine jahrelange Situation der Unsicherheit, auch Unsicherheit für den Theaterbetreiber und das hat ja auch Martin Woelffer sehr deutlich gesagt, dass er diese Unsicherheit nicht weiter ertragen will. Das andere Szenario ist, der jetzige Eigentümer kann das gesamte Gebäude abbrechen.

Dafür braucht er nicht einmal eine Genehmigung. Auch das muss allen Betroffenen sehr klar sein. Es reicht ein sogenanntes Anzeigeverfahren und dann kommt die Abrissbirne und dann geht es los. Und anschließend steht da eine Brache. Nun will ich den Teufel nicht an die Wand malen, aber das sind Szenarien, die rechtlich möglich wären, die wirtschaftlich vielleicht auch interessant sein könnten und die muss man sich einfach mal durch den Kopf gehen lassen.

 

Letzte Bemerkung, auch das muss man als Szenario sehen, er könnte auch die Theater natürlich rauskündigen, er kann auch alle anderen Nutzer rauskündigen und kann das Haus einfach zumachen und leer dastehen lassen. Auch diese Situation ist, glaube ich, für den Kurfürstendamm und für die City West, und ich sehe, der Kollege Schulte nickt zustimmend, eine unerträgliche Vorstellung, die können wir alle nicht wollen und insofern muss ich den Initiatoren des Bürgerbegehrens zurufen und insbesondere Frau Eichstädt-Bohlig, weil sie ja politisch auch erfahren ist, man muss die Sache auch vom Ende hier neu überdenken und man darf die Augen nicht davor verschließen, dass man möglicherweise mehr kaputtmacht, als man jemals erreichen kann, wenn man am Ende des Tages mit dem Kopf durch die Wand will.

 

 
 

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