Auszug - Wohnungsmangel in Charlottenburg-Wilmersdorf?!  

 
 
42. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin
TOP: Ö 8.6
Gremium: Bezirksverordnetenversammlung Beschlussart: erledigt
Datum: Do, 20.05.2010 Status: öffentlich
Zeit: 16:30 - 22:00 Anlass: ordentliche Sitzung
1725/3 Wohnungsmangel in Charlottenburg-Wilmersdorf?!
   
 
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:SPD-Fraktion 
Verfasser:Verrycken/Schmitt-Schmelz 
Drucksache-Art:Große AnfrageGroße Anfrage
 
Beschluss

Zur Beantwortung Herr BzStR Krüger:

Zur Beantwortung Herr BzStR Krüger:

 

Frau Vorsteherin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kollegin Schmitt-Schmelz, ich möchte die Große Anfrage für das Bezirksamt folgendermaßen beantworten:

 

Zu 1. und 2.

Vorab muss ich zum wiederholten Male daran erinnern, dass wir im Rahmen der Großen Anfrage, DS-Nr. 1343/3 der Kollegen Frau Ludwig, Dr. Hess und Dr. Lehmann eine ähnliche Diskussionslage hatten, muss ich zum wiederholten Male feststellen, dass unser bezirkliches Wohnungsamt allein für das Segment der öffentlich geförderten Wohnungen, also des sozialen Wohnungsbaus und auch dort nur insofern zuständig ist, als durch die Vergabe von Wohnberechtigungsscheinen und die Kontrolle der Vermietung dieser Wohnungen an Berechtigte den Grundregeln staatlicher Förderung im Wohnungsbau entsprochen wird. Über die Umwandlung von Wohnungen ohne Sozialbindung in Eigentumswohnungen gibt es dem Wohnungsamt naturgemäß gegenüber keine Anzeigepflicht durch die privaten Besitzer oder durch Gesellschaften, so dass statistische Aussagen unserseits hierzu nicht getroffen werden können und schon gar nicht effektive Einflussnahmen unserseits geltend gemacht werden können, zumindest solche, die sich auf gesetzliche Basis und Verordnungsbasis stützen können. Dasselbe gilt für Mieten und Mieterhöhung.

 

Auch wenn wir uns ansehen, dass im Bereich der Abteilung des Kollegen Gröhler ja bei der Umwandlung in Wohnungseigentum eine erforderliche Abgeschlossenheitserklärung vorab zu beantragen ist, so lassen die dort nachvollziehbaren Zahlen auch wenig Aussagen über die Zahl der tatsächlich umgewandelten Wohnungen zu. Ich darf hier vielleicht zwei, drei kurze Zahlen nennen:

Wir hatten im Jahr 2007 1.916 Anträge auf Abgeschlossenheitserklärung. Im letzten Jahr waren es 1.142. Dies sind aber nur Zahlen, ob es tatsächlich vollzogen worden ist, kann das Wohnungsaufsichtsamt an dieser Stelle uns nicht sagen. Schließlich haben wir Zahlen  aus dem Bereich des Vermessungsamtes, das immer dann tätig wird, wenn ein größeres Objekt aus der Mietpraxis in Eigentum übergeht und hier kann ich Zahlen nennen, etwa im Vergleich zwischen dem Jahr 2004 und dem Jahr 2009.

Im Jahr 2004 hat es 33 Objekte gegeben, die ins Wohnungseigentum überführt worden sind, im Jahre 2009 waren es 51, also durchaus eine deutliche Steigerung. Aber auch diese Zahlen können uns keine Aussage bringen, z. B. über die Mietpreisentwicklung nach der Umwandlung in Eigentumswohnungen.

 

Zu 3.

Das Wohnungsamt erhält bei Mieterhöhungen allein durch die Stellung eines Folgeantrag auf höheres Wohngeld zwar punktuelle Kenntnis von Veränderungen in der Regel natürlich von Mietsteigerung, dies kann jedoch seriöserweise nicht von statistisch einwandfreien Aussagen über die Mietpreisentwicklung zusammengefasst werden, bestenfalls kann man hier Trends formulieren. Lediglich bei einer örtlichen oder aber auch eine vermietende Gesellschaft bezogene Problemhäufung, z. B. bei Mietsteigerungen oder bei Nebenkostenabrechnungen können wir eine gewisse grundlegende Kenntnis dadurch erlangen, wenn eine Häufung von Beratungsbedarf im Rahmen der durch die Bürgerämter angebotenen Mieterberatung des Berliner Mietervereins erfolgen würde. Eine konkrete Datenermittlung an dieser Stelle verbietet allerdings schon der Datenschutz.

 

Generale Aussagen zur Mietpreisentwicklung bei Neuvermietungen sind durch den Bezirk aufgrund nicht vorhandener Gesetze oder Verordnungen, die eine Anzeigepflicht beinhalten würden, unmöglich. Das scheint und ich wiederhole mich da zur Beantwortung der letzten Großen Anfrage zu diesem Thema, dass scheint ja der Gesetzgeber auf Landesebene auch nicht zu wollen, denn er hat in den letzten Jahren diesbezüglich keinerlei Aktivitäten unternommen. Sie wissen im Gegenzug, dass ja gerade nach der Vereinigung der beiden Stadthälften solche Einrichtungen, wie sie noch in der ehemaligen DDR, also im Ostberliner Teil, existierten, von den Regierungen abgeschafft worden sind und das war ja immer parlamentsgedeckt und hier hat sich auch nichts in den letzten Jahren geändert.

 

Zu 4.

In unserem Bezirk existieren, Datum ist der 31.12.2008, rund 190.800 Wohnungen. Davon sind lediglich 11.559 in Sozialbindung. Also, die Wohnungen über die wir tatsächlich noch genauere Kenntnis und Einflüsse haben. Diese Zahlen im Vergleich etwa zum Jahre 2004 sind doch erheblich verändert. Wir haben kaum eine Steigerung im gesamten Wohnungsangebot, hier sind lediglich rein rechnerisch rund 650 Wohnungen im gesamten Bezirk dazugekommen. Wir haben aber zugleich bei den Wohnungen mit Sozialbindung eine Abnahme in diesen fünf Jahren von rund 2.500 Wohnungen. Beschränkt auf die Sozialwohnungen, also auf diese 11.559 im Bezirk, und die gesetzliche Pflicht, deren Leerstand nach sechs Monaten gegenüber dem Wohnungsamt, also meiner von mir vertretenden Behörde, anzuzeigen, stehen derzeit im Bezirk 112 Wohnungen länger als 12 Monate leer.  Das sind 0,97 % der mit Sozialbindung versehenen Wohnungen, also ein, wie Sie zugeben werden, sehr geringer Satz. Aber auch in diesen Fällen kommt das Wohnungsamt den Gesellschaften bei Beantragung, diese Wohnungen durch Mieter ohne soziale Berechtigung zugänglich zu machen, großzügig nach, muss jedoch Einzelfallprüfungen natürlich vornehmen.

 

Zu 5.

Zur Einschätzung, die Wohnungsknappheit im Bezirk habe sich seit 2004 eher vergrößert, kann man folgende Informationen heranziehen: Es gibt einen Berliner Wohnungsmarktbericht aus dem Jahr 2009, erstellt von der Investitionsbank Berlin, und hier wird festgestellt für unseren Bezirk, dass er sich wegen des hohen Altersdurchschnitts der Mieter eines negativen Bevölkerungssaldos sich gegenüber findet aber zugleich beim Wanderungssaldo, also bei dem Wunsch der Menschen, in unseren Bezirk zu kommen, im Plus liegt. Eine überdurchschnittliche Zahl der Einzelpersonenhaushalte und zugleich die höchste durchschnittliche Wohnfläche pro Kopf in ganz Berlin, zeichnet den Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf aus oder sagen wir vorsichtiger, weist ihn aus.

 

Mittlere Haushaltseinkommen liegen im Verhältnis zur Stadt höher, die Arbeitslosenquote im Durchschnitt geringer, aber das sind auch Kenntnisse, die wir aus anderen Bereichen haben. Wenn man sich die Marktlage und immer noch in der Einschätzung dieses Berichts, des Berliner Wohnungsmarktsberichts der Investitionsbank, wenn man sich die Marktlage für Eigentumswohnungen im Bezirk anschaut, da wird diese als ausgewogen bezeichnet, für Einfamilienhäuser eher leicht angespannt. Ebenfalls für Mietwohnungen im mittleren Preissegment. Während im oberen Preissegment, und das stellen wir immer wieder fest, wenn man dann durch die besseren Wohnlagen des Bezirks, die Spitzenwohnlagen, geht, wie etwa im Bereich des Grunewalds, da findet man schon eher mal den Hinweis auf eine freie Wohnung, aber man muss natürlich auch ganz schnell gucken, wie dort die Preise sind und dass das praktisch unerschwinglich für den Normalbürger ist.

 

 

 

Dieser Bericht stellt fest, dass die besondere Problematik in unserem Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf insbesondere im Mangel an seniorengerechten Mietwohnungen liegt. An Eigentumswohnungen im sanierten Altbau und natürlich auch an weniger teuren Wohnungen. Wir haben im Bezirk, und das vielleicht auch noch mal zur Information, Mietspannen zwischen 5,55 Euro bis zu 8,06 Euro pro qm und mit einem Durchschnitt mit 6,56 Euro liegen wir erheblich über dem Berliner Durchschnitt, also über dem Durchschnitt aller Bezirke dieser Stadt. Wenn man dazu ein Resümee zieht und das wäre dann auch die Stellungnahme des Bezirksamtes, dann müssen wir feststellen, dass wir die Aussage, die hier in 5. angesprochen wird, teilen. Insbesondere auch das untere und mittlere Preissegment der Mietwohnungen im Bezirk aber auch bei Wohnungen mit besonderen Anforderungsprofilen für Senioren und Behinderte. Es bleibt immer wieder festzustellen, dass leider die Möglichkeiten des Bezirks hier mitzuwirken und Chancen zu entwickeln, auch Durchsetzungsfähigkeit zu entwickeln, etwa im Sinne von Bremsung, von Mietpreissteigerung nicht vorhanden sind. Sie sind durch den Gesetzgeber nicht gewollt. Wir können immer wieder und das tun wir natürlich gerne, das kann ich immer wieder nur versichern, appellieren an die Betroffenen, hier den Bogen nicht zu überspannen, aber die Gesellschaften und die Einzelnen wissen natürlich auch sehr genau, was sie nach der Gesetzgebung an Mietpreisen durchsetzen können und in einem Bezirk, wo in aller Regel die Nachfrage sehr viel höher ist, als das, was angeboten werden kann, können dann natürlich auch sicherlich immer im Rahmen der Möglichkeiten, die das Gesetz gibt, solche Erhöhungen durchgesetzt werden.

 

 

 
 

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