Auszug - Geschlechtergerechte Sportförderung im Bezirk?  

 
 
26. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin
TOP: Ö 8.4
Gremium: Bezirksverordnetenversammlung Beschlussart: beantwortet
Datum: Do, 11.12.2008 Status: öffentlich
Zeit: 16:30 - 22:00 Anlass: ordentliche Sitzung
1111/3 Geschlechtergerechte Sportförderung im Bezirk?
   
 
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion Bündnis 90/Die Grünen 
Verfasser:Ludwig/Dr.Hess/Vatter 
Drucksache-Art:Große AnfrageGroße Anfrage
 
Beschluss

Zur Beantwortung Herr BzStR Naumann

Zur Beantwortung Herr BzStR Naumann

 

Frau Vorsteherin, meine Damen und Herren, sehr geehrte Frau Ludwig.

 

Zu 1.

Das Bezirksamt hatte durch die Fragestellung vermittelte Anregungen gerne aufgenommen und dem Bezirkssportbund Charlottenburg-Wilmersdorf e. V. als Partner des Bezirksamtes hinsichtlich des organisierten Sports die gleichstellungspolitischen Zielsetzungen Charlottenburg-Wilmersdorf zugeleitet.

 

Zu 2.

Die für den Neu- und Umbau von baulichen Anlagen zuständige Abt. Bauwesen hat mitgeteilt, dass zukünftig die Geschlechterdifferenzierung noch stärker berücksichtigt werden könnte. Dies bedeutet jedoch, die bauliche Trennung durch weitere innere und äußere Erschließungsbereiche zu ergänzen. So wäre die Möglichkeit einer parallelen Nutzung von Umkleide-, WC- und Duschanlagen bautechnisch umsetzbar, würde gleichzeitig aber eine Erhöhung der baulichen Kosten bedeuten. An der Stelle eine kleine Anmerkung: Ich kenne auch jene Männer, die unhygienische Umkleidekabinen oder Duschanlagen nicht goutieren. Zumal, und das will ich deutlich sagen an dieser Stelle, Gender Mainstreaming heißt Geschlechtergerechtigkeit und ich nehme die Impulse aus der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen seit geraumer Zeit an der Stelle unter der Überschrift “Frauen” schwerpunktmäßig wahr und das ist dann noch mal politisch an anderer Stelle zu diskutieren, nicht unbedingt heute.

 

Voraussetzung ist auch, dass der benötigte Flächenmehrbedarf hinsichtlich der Grundstücksgröße darstellbar ist. Sogenannte Vorhaltestandorte für Neubauten stehen aufgrund der aktuellen Liegenschaftspolitik kaum zur Verfügung. Insofern wird der Schwerpunkt diesbezüglich bei der Realisierung weitgehender Sanierung des Bestandes liegen. In diesem Zusammenhang weise ich darauf hin, dass die für den Sport zuständige Senatsverwaltung Musterraum und Ausstattungsprogramme zur Anwendung vorgibt. Hier stellt sich die Frage, ob eine intensivere Berücksichtigung des Gender Mainstreaming durch Aktualisierung der entsprechenden Vorgaben auf der Ebene von Senat und Abgeordnetenhaus erreicht werden kann. Das Bezirksamt selbst hat die Betriebskonzeption seiner modernsten Sporthalle in der Forckenbeckstraße 20 den geänderten Bedürfnissen dahingehend angepasst, dass dort ein sogenanntes Wohlfühlkonzept mit warmen Farben, Wand, Ausleuchtung, Fußbodenheizung im Bereich der Sportflächen, dem Angebot von Musikanlagen und einem separaten Gymnastikraum umgesetzt wurde.

 

Durch großzügige Dimensionierung der Außen- und Innenbeleuchtung wird dem Sicherheitsempfinden Rechnung getragen. Stellplätze für Kinderwagen und ausreichende Sitzmöglichkeiten, Vereinbarkeit von Familie und Sport als Stichwort, sind vorhanden. Ferner sind vor diesem Hintergrund die unterschiedlichen Sportflächen für die begleitenden Familienmitglieder einsehbar. Durch die vorgenommene Dreifachteilung der Sporthalle unter weitgehender akustischer Entkopplung der Drittel untereinander, wurde ein großer Schritt in Richtung Sport- Mehrzweckhalle getan, ohne die gesetzliche Forderung nach grundsätzlicher Wettkampfgerechtigkeit, vgl. § 10 Sportförderungsgesetz, außer Acht zu lassen. Dabei wird die Sporthalle besonders für den Gesundheitssport, Wirbelsäulengymnastik, Koronarsport, Entspannungsgymnastik, Sport für Übergewichtige, den Eltern/Kind-Sport, den Fitness-Sport und den tänzerischen Sport vorgehalten, als Schwerpunkt-Sporthalle.

Es wurde darauf geachtet, dass sogenannte Angsträume vermieden werden.

 

Zu 3.

Die für den Fachbereich Sportförderung maßgeblichen Vergabekriterien für die Nutzung öffentlicher Sportanlagen des Landes Berlin sind im Sportförderungsgesetz und in den von der Senatsverwaltung für Inneres und Sport bestimmten Sportanlagennutzungsvorschriften, bekannt als SPAN, geregelt. Werden die dort aufgestellten Kriterien erfüllt, besteht nach Maßgabe vorhandener Nutzungskapazitäten ein Anspruch auf Nutzung. Eine Bevorzugung, meine Damen und Herren, bei der Vergabe von Nutzungsrechten, hinsichtlich geschlechtsspezifischer, altersgerechter und niedrigschwelliger Sportangebote, ist mangels rechtlicher Grundlage nicht möglich. Beachtung findet jedoch u. a., dass Kinder- und Jugendgruppen förderungswürdiger Sportorganisationen in für sie vertretbaren Zeiten Vorrang erhalten. Mit Inkrafttreten der neuen SPAN im nächsten Jahr soll auch u. a. wiederum beachtet werden, dass geschlechtsspezifische Erfordernisse berücksichtigt werden. Dies ist der Fall und dass die Möglichkeit besteht, habe ich mehrfach im Sport und auch im gemeinsamen Gender Mainstreaming- und Sportausschuss für Charlottenburg-Wilmersdorf verdeutlicht.

 

Im Jugendamt, Bereich Jugendförderung, werden insbesondere im Rahmen der geschlechtsbewussten, pädagogischen Arbeit sowohl von der Mädchen- als auch der Jungenarbeit entsprechende Sportangebote gemacht, die sich großer Beliebtheit erfreuen. Diese Sportangebote sind regelmäßiger Bestandteil der Jugendfreizeiteinrichtungen und werden ergänzt, um besondere Veranstaltungen, wie den Mädchensporttag. Für ihre Abteilung hat Frau BzStR’in Schmiedhofer mitgeteilt, im Kinder- und Jugendgesundheitsdienst wird im Haus des Säuglings von einer Sozialarbeiterin mit besonderer Zusatzausbildung ein kostenloser Kurs nach dem Prager-Eltern-Kind-Programm – PEKIP – angeboten. PEKIP-Gruppen richten sich an Eltern mit ihren Babys im ersten Lebensjahr. Der Kurs vermittelt den Eltern Spiel- und Bewegungsanregungen für ihre Kinder. Physiotherapeutinnen des KJGD stellen durch ihre jahrelange Arbeit mit Kindern fest, dass sich durch die geänderten Lebensgewohnheiten weniger Zeit und Raum zum Bewegen die motorische Leistungsfähigkeit verschlechtert hat. Besonders negative Auswirkungen hat das gerade für die Kinder, die zusätzlich noch Schwierigkeiten haben, die Sinne wie Sehen, Hören, Sprechen zu koordinieren. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entwickelten ein kleines Programm namens Spiel, Spaß und Bewegung, das kostenlos für Eltern-Kind-Initiativen und Tagesmütter im Bezirk angeboten wird, um Anregung zu Bewegungsmöglichkeiten und Hilfestellung bei Bewegungsauffälligkeiten zu geben, die sich auch in kleineren Räumen verwirklichen lassen.

 

Die PEKIP-Gruppe  und das Programm Spiel, Spaß und Bewegung sind niedrigschwellig und altersgerecht, aber nicht geschlechtsspezifisch. Auf Anfrage teilt die Geschäftsführerin von PEKIP e.V. mit, dass Änderungen des Programms hinsichtlich Beachtung von Genderaspekten nicht angedacht seien. Im Programm Spiel, Spaß und Bewegung kann nur differenziert auf die unterschiedlichen Bewegungsbedürfnisse von Jungen und Mädchen eingegangen werden.

Im Bereich der Seniorenbetreuung gibt es vielfältige Sportangebote. Der soziale Seniorensport Charlottenburg-Wilmersdorf 50plus, so heißt das, für ältere Mitbürgerinnen und Mitbürger, wird seit vielen Jahren angeboten. Es gibt 13 Sportgruppen in sieben Sportarten: Badminton, Bowling, Schwimmen, Kegeln, Tischtennis, Spaziergänge, Wanderungen. Rund 450 Bürgerinnen und Bürger nehmen das Angebot an und sind generell allen Mitbürgerinnen und Mitbürgern zugängig. Festzustellen ist, dass die Sportgruppen sich gleichmäßig und nicht nach geschlechtsspezifischen Merkmalen aufteilen. Nur in der Schwimmgruppe sind Frauen überproportional vertreten. Es gibt eine Tabelle, die lese ich nicht vor, Sie bekommen das Manuskript, das können Sie nachlesen.

 

Die Sportgruppen werden z. Z. von sechs Gruppenleiterinnen und sieben Gruppenleitern geführt. Es geht in den Sportgruppen nicht um Wettkampf und Leistungsvergleiche, sondern um die Freude am Spiel und der Bewegung. Ab Januar 2009 sollen im Bezirk Spaziergänge speziell für Menschen mit kleinen Handicaps angeboten werden. In den vier bezirklichen Seniorenfreizeitstätten gibt es ein differenziertes Sportangebot. Gymnastik wird in unterschiedlicher Ausprägung und Schwerpunkten, z. B. für Wirbelsäule, Beckenboden und Rücken angeboten. Ebenso gibt es Sitzgymnastik und Yoga. Die vielfältige Palette im  Bereich Tanz ist sehr beliebt. So gibt es Tanzunterricht, meditatives Tanzen, Sitztanz, Linedance, Bauchtanz und Stepptanz. Auch gibt es eine Walking- und Fahrradgruppe. Diese gut ausgelasteten Sportangebote werden von qualifizierten Kursleiterinnen und Kursleitern geführt. Der Anteil der Frauen mit 18 Kursleiterinnen, gegenüber zwei Kursleitern, überwiegt eindeutig.

 

Darüber hinaus fördert die Plan- und Leitstelle der Abt. Soziales niedrigschwellige Sportangebote, indem sie Projekte entwickelt, die mit externen Partnern umgesetzt werden. Als Beispiel ist das Projekt “Power im Park” zu nennen, das in Zusammenarbeit mit dem Sportgesundheitspark Berlin e. V. in der Zeit von Juni bis September des letzten Jahres durchgeführt wurde. Zielgruppe waren Jugendliche ab 12 Jahren, für die drei Mal wöchentlich kostenlose Sportangebote durchgeführt wurden. Orte der Veranstaltungen waren der Volkspark Jungfernheide, der Volkspark Wilmersdorf und der Schloßpark Charlottenburg. Ziele waren, Jugendliche zu mehr Bewegung in der Freizeit anzuregen, spielerisch die Koordination und Ausdauer zu stärken, beim Walken und Joggen  die Parkanlage zu erkunden sowie Kontakte zu anderen Jugendlichen zu knüpfen. Das Angebot lag auf einem symptomatischen Ansatz und war Mädchen  und Jungen gleichermaßen offen. Eine Fortführung wurde nicht in Betracht gezogen, da der Personal- und Materialeinsatz mit jeweils zwei Trainern und einer Vielzahl an Geräten angesichts der nicht hohen Teilnehmerzahl zu aufwendig war. Den Teilnehmerinnen und Teilnehmern wurde aber angeboten, an den Kursen des Sportsgesundheitsparks Berlin teilzunehmen, was einige von Ihnen auch wahrnehmen.

 

Die Plan- und Leitstelle achtet bei der Projektierung und Umsetzung von Projekten grundsätzlich darauf, dass diese geschlechtergerecht, zielgruppenorientiert und altersgerecht durchführbar sind.

 

Zu 4.

Sowohl der Fachbereich Sportförderung als auch der Bezirkssportbund sowie der Bereich Seniorensportbund sind gerne bereit, der Gleichstellungsbeauftragten entsprechende Sportangebote zwecks Information von Frauenorganisation zur Kenntnis zu geben. Das für den Bereich Frauen im Sport zuständige Präsidiumsmitglied des Landessportbundes hat ausdrücklich ihr Interesse an einer Vertiefung der Zusammenarbeit mit den bezirklichen Gleichstellungsbeauftragten bekundet. Beim Landessportbund selbst ist eine detaillierte Broschüre “Frauen im Sport” erhältlich.

 

Zu 5.

Die Auferlegung von Maßnahmen, die sich auf die innere Organisation von Sportvereinen und Verbänden beziehen, ist mangels rechtlicher Grundlage im Bereich Sport nicht möglich. Dem Bezirksamt ist aufgrund der Autonomie des Sports ein Eingriff in Vereinsstrukturen, deren Verwaltungsabläufe und die dortige Aufgabenerfüllung auch im Rahmen der Vergabe von Nutzungsrechten für öffentliche Sportanlagen verwehrt. Hier sei auf Artikel 9 Grundgesetz - die Vereinigungsfreiheit -  hingewiesen. Jedoch bietet in diesem Zusammenhang der Landessportbund, wie in der gemeinsamen Sitzung der Ausschüsse für Sport und Gender Mainstreaming am 13. November ausführlich dargestellt wurde, intensive und kompetente Angebote.

 

Für ihre Abteilung hat Frau BzStR’in Schmiedhofer mitgeteilt, im Bereich der Seniorenbetreuung beträgt der Anteil der Frauen in den Sportangeboten des Bezirksamtes im sozialen Seniorensport 50plus in der Regel 50%. Dies trifft sowohl auf die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, als auch auf die Kursleitungen zu. In den Sportangeboten der Seniorenfreizeitstätten liegt der prozentuale Anteil der Frauen bei Rund 90 %.  Hier liegt das Bestreben eher darin, den Anteil der männlichen Teilnehmer und Kursleiter zu erhöhen. Spezielle Weiterbildungsangebote gibt es nicht.

 

Abschließend: Die für den Bereich Soziales und Sport, also Frau Schmiedhofer und Herr Naumann, zuständigen Bezirksamtsmitglieder werden demnächst mit dem Bezirkssportbund in unserem Bezirk in Kontakt treten, um zu erörtern, ob die verstärkte Teilnahme von Sportvereinen am Tag des Ehrenamtes geeignet sein könnte, den Anteil von Frauen in Ehrenämtern im Sportbereich zu erhöhen.

 

 

 

 
 

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