Rede am 13.9.2013 zum Jubiläum 30 Jahre Arno-Fuchs-Schule

Bezirksbürgermeister Reinhard Naumann in der Arno-Fuchs-Grundschule

Sehr geehrte Frau Stowasser-Gutkuhn!
Sehr geehrter Herr Uda!
Sehr geehrte Mitglieder der Schulgemeinschaft!
Liebe Schülerinnen und Schüler!
Verehrte Gäste!

Herzlichen Glückwunsch zum 30. Geburtstag!
Früher waren sich Kinder und Jugendliche einig: Trau keinem über 30!
Wenn man älter geworden ist, merkt man, dass man diese Warnung getrost wieder vergessen kann.
Im Gegenteil: 30 ist das beste Alter überhaupt. Man hat Erziehung und Ausbildung hinter sich, ist erwachsen geworden und bereits einige Erfahrungen im Leben gemacht.
Aber man ist noch jung genug, um voller Tatendrang mit großen Zielen Neues anzufangen und auszuprobieren. Dabei wird man die gröbsten Anfängerfehler nicht mehr machen, denn man hat ja schon einiges gelernt.
Das gilt in jedem Fall für die Arno-Fuchs-Schule. Sie ist ja längst eine vielfach ausgezeichnete und bewährte Schule, aber ist auch immer noch und immer wieder bereit, Neues anzufangen und dazu zu lernen.
Dabei ist die Schule genau genommen viel älter als 30 Jahre. 1922 wurde die 4. Hilfsschule Charlottenburg gegründet, aus der in den 1950er Jahren die Arno-Fuchs-Schule wurde, damals noch eine Sonderschule für Lernbehinderte in der Kamminer Straße.
1977 kamen zwei Filialen hinzu, in der Sophie-Charlotten-Straße und in der Kranzallee.
Benannt wurde die Schule also bereits in den 1950er Jahren nach Johann Friedrich Arno Fuchs. Er wurde 1869 in Eisenach als drittes Kind eines Tischlermeisters geboren. In Eisenach besuchte er von 1886 bis 1889 das Lehrerseminar und arbeitete anschießend in verschiedenen Schulen und Heimen. 1894 kam er nach Berlin, und hier wurde er als Magistratsschulrat für den Aufbau des Berliner Hilfs- und Sonderschulwesens verantwortlich. Das machte er so erfolgreich, dass es schließlich zum Vorbild für das ganze Deutsche Kaiserreich wurde. Es entstanden Sehbehindertenschulen, Sprachheilschulen, Erziehungsschwierigenklassen, Schulkindergärten und die Freiluftschule. Als Organisator der ‘Heilpädagogischen Woche’ konnte er 1927 vermelden, dass Berlin das bestausgebaute Sonderschulwesen besaß.
Arno Fuchs setzte sich dafür ein, dass die Heil- und Sonderpädagogik als wissenschaftliches Fach an die Universität kam.
Arno Fuchs kämpfte dafür, dass geistig behinderte und schwach begabte Kinder nicht aus der Gesellschaft ausgeschlossen, sondern dass sie besonders gefördert wurden, um sich in die Gesellschaft integrieren zu können. zur damaligen Zeit war es ein großer Fortschritt, dass auch diese Kinder die Chance auf Bildung bekamen und Schulabschlüsse machen konnten, um danach einfache Tätigkeiten und Berufe ausüben zu können.
Arno Fuchs starb in der Nacht vom 13. auf den 14. Februar 1945 bei den Luftangriffen auf Dresden.
Diese Schule trägt also den Namen eines der Pioniere der deutschen Sonderschulbewegung, und mit diesem Namen verbindet sich der hohe Anspruch, seine Werte und Ideen in die Wirklichkeit umzusetzen und nach heutigen Maßstäben weiter zu entwickeln.
1983 wurden die verschiedenen Vorgänger-Schulen in einer eigenständigen Schule für geistig behinderte Kinder zusammengefasst und diesem neu errichteten Schulgebäude untergebracht. Bis dahin war dieser Zweig immer ein Anhängsel von Schulen für Lernbehinderte. Jetzt also, vor 30 Jahren, gab es zum ersten Mal eine eigenständige Schule, die sich auf den sonderpädagogischen Förderschwerpunkt “Geistige Entwicklung” spezialisierte, wie es heute heißt.
Die Leitung der neuen Schule übernahm Rudolf Uda, der bereits seit 1963 die Vorgängerschule geleitet hatte. Er war ein Glücksfall für die Schule. Ich kenne ihn schon lange, und er ist ein wunderbarer Mensch.
Er ist inzwischen 85 Jahre alt hat den Zweiten Weltkrieg erlebt. Bis heute ist er für unseren Bezirk aktiv als Vorsitzender des Heimatvereins, und vor zwei Jahren ist ein Büchlein von ihm erschienen.
Unter dem Titel „Panzer, Trümmer und Schalmeien” erinnert er sich darin an die Nachkriegsjahre im Kiez. Er hat viel zu erzählen, und er hat aus seinen Erlebnissen die richtigen Schlüsse gezogen: Nie wieder Krieg und nie wieder Faschismus! Und in seinem persönlichen Nachwort schreibt er: “Sollte es zu einer Wiedergeburt kommen, so möchte ich wieder Lehrer werden – auch im 21. Jahrhundert.”
Rudolf Uda war ein Lehrer mit Leidenschaft. Das merkt man noch heute, wenn man mit ihm spricht, und das war ein großes Glück für die Arno-Fuchs-Schule. Ich glaube, alle in dieser Schule sind Dir bis heute dankbar für das, was Du für diese Schule geleistet hast.
1992 wurde Rudolf Uda pensioniert und Sabine Stowasser-Gutkuhn übernahm für ein Jahr kommissarisch die Schulleitung, bevor dann Ilse Rudnick Schulleiterin wurde. Sie bestimmte das Geschick der Schule 8 Jahre lang bis zum Februar 2.000.
Sie kann heute nicht dabei sein, weil sie verreist ist.
Im Februar 2000 übernahm schließlich Sabine Stowasser-Gutkuhn die Leitung offiziell, nachdem sie es ja bereits ein Jahr kommissarisch geübt hatte. Sie ist schon seit 1978 Lehrerin an der Schule, also seit 35 Jahren. Das heißt, sie hat noch die Vorgängerschule kennen gelernt und die Entwicklung der eigenständigen Schule mit dem sonderpädagogischen Förderschwerpunkt “Geistige Entwicklung” mit erlebt und mit gestaltet.
Auch sie ist ein Glücksfall für diese Schule, die sich als “Ort zum Leben” versteht.
Unter der Leitung von Frau Stowasser-Gutkuhn verwirklicht die Schule diesen Anspruch in herausragender Weise. Dabei ist klar, dass auch eine noch so gute Leiterin ohne ebenso gute und engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter keine Chance hätte. Die ganze Schulgemeinschaft ist letztendlich verantwortlich für den Erfolg.
Gerade für eine erfolgreiche Schule ist wichtig, dass sie nicht stehen bleibt, sich nicht auf ihrem Erfolg ausruht. Deshalb hat sich die Arno-Fuchs-Schule immer weiter entwickelt. Eine schöne Bestätigung für diese erfolgreiche Weiterentwicklung gab es dieses Jahr im Frühjahr, als die zweite Inspektion im Rahmen einer unabhängigen Qualitätsprüfung zu einer überdurchschnittlich guten Bewertung führte.
Ablesbar ist die erfolgreiche Arbeit und die Beliebtheit dieser Schule aber auch an der hohen Nachfrage. Die Schule kann nicht alle Schülerinnen und Schüler aufnehmen, deren Eltern sie gerne hierher schicken möchten.
Ein weiteres Zeichen für den Erfolg der Schule ist ein sehr engagierter Förderverein und die hohe Spendenbereitschaft, die ihr immer wieder zugute kommt. So haben wir bereits dreimal den Festsaal im Rathaus Charlottenburg zur Verfügung gestellt für Benefizkonzerte des Philharmonischen Trios.
Der Lions Club Berlin Philharmonie hatte diese Konzerte organisiert und den Erlös der Arno-Fuchs-Schule gespendet, die damit besondere Projekte und Anschaffungen finanzieren konnte.
Und natürlich sprechen für diese Schule auch die vielen Preise und Auszeichnungen, die sie erhalten hat.
Ich will stellvertretend nur einen nennen, weil er auch ein gutes Beispiel ist für die Vielfältigkeit und Lebendigkeit der Arbeit in der Arno-Fuchs-Schule: Das Kollegium hatte sich mit einem Film über die Kunstprojektwoche 2010 unter dem Motto “Eine Woche voller Farben” um den Karl-Miescher-Preis beworben. Dieser Preis wird vom Deutschen Farbenzentrum verliehen. Ausgezeichnet werden herausragende pädagogische und praktische Leistungen, denen Farbe als wesentliches Kriterium zugrundeliegt. 120 Bildungseinrichtungen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz haben sich mit Unterrichtsprojekten beworben.
Der Film, den Frau Holzing, eine Lehreranwärterin der Arno-Fuchs-Schule, über das Schulprojekt gedreht hat, wurde mit einem zweiten Preis ausgezeichnet, der immerhin mit 750 Euro dotiert war.
Vier Lehrerinnen und sechs Schülerinnen und Schüler der Abschlussstufe konnten nach Halle an der Saale fahren, um den Preis entgegenzunehmen.
Aus alledem ergibt sich: Die Arno-Fuchs-Schule leistet hervorragende pädagogische und betreuerische Arbeit.
Ich durfte schon häufig persönlich erleben, zu welch außerordentlichen Leistungen die Schülerinnen und Schüler in der Lage sind. Wer dieses Schulhaus unweit vom Rathaus Charlottenburg besucht, der spürt sofort die gute Atmosphäre, die hier herrscht.
Ich danke der gesamten Schulgemeinschaft für ihr langjähriges Engagement, mit dem sie erfolgreich diesen lebendigen Ort für die Schülerinnen und Schüler geschaffen und gestaltet hat. Ich gratuliere herzlich zum 30. Geburtstag!