Senat beschließt Umsetzungsbericht mit Maßnahmen zur Antisemitismusprävention

Antisemitismusbeauftragter

Samuel Salzborn, Ansprechpartner zu Antisemitismus des Landes Berlin, spricht bei einer Pressekonferenz.

Die Dunkelziffer bei antisemitischen Vorfällen ist nach Einschätzung des Berliner Antisemitismusbeauftragten sehr hoch.

Nur etwa 20 bis 25 Prozent der Taten würden angezeigt, gemeldet oder auf anderem Weg bekannt, das hätten Untersuchungen ergeben, sagte Samuel Salzborn am Dienstag (05. April 2022) bei der Vorstellung eines ausführlichen Berichts zu Strategien und Gegenmaßnahmen des Landes in der Senatssitzung.

«Selbstverständlich hat Berlin ein Antisemitismusproblem.»

Salzborn betonte erneut: «Selbstverständlich hat Berlin ein Antisemitismusproblem. Es wäre naiv, das zu leugnen, und würde blind machen für die Auseinandersetzung.» Es gebe einen «kontinuierlichen Anstieg von Vorfällen und Strafverfahren». Das habe vor allem zwei Gründe: zum einen würden mehr Beleidigungen, Drohungen oder Tätlichkeiten als früher bei der Polizei oder den verschiedenen Dokumentationsstellen gemeldet, der vorhandene Antisemitismus werde «sichtbarer». Außerdem verstärke das Internet die Vernetzung und Mobilisierung von Antisemiten. Menschen würden dort Gleichgesinnte finden, sich stärker auf das Thema fokussieren und häufiger in Form von antisemitischen Taten aktiv werden.

Alle Lebensbereiche betroffen

Umfragen unter Juden hätten ergeben, dass Antisemitismus in allen Lebensbereichen wahrgenommen werde und belastend sei: im Alltag, in Schulen, in Kitas, auf der Straße, im Berufsleben und an anderen Orten. Dazu würde oft eine «sehr bedauerliche mangelnde Solidarität» der anderen Menschen empfunden, sagte Salzborn. Antisemitismus sei in allen Bereichen der Gesellschaft festzustellen, das gelte auch für linke, rechte und muslimische Kreise. So sei bei bestimmten Demonstrationen gegen die Corona-Gesetze auch Antisemitismus ein sehr sichtbares Thema gewesen, sagte Salzborn. Dazu kamen 2021 «antisemitische Großdemonstrationen» wegen Israels Politik im Gazastreifen.

Senat beschließt ersten Umsetzungsbericht zu Antisemitismusprävention

Salzborn empfahl für Berlin Präventionsmaßnahmen besonders zum Thema Nationalsozialismus und Erinnerungspolitik. Auch der gegen Israel gerichtete Antisemitismus müsse mit einem Schwerpunkt thematisiert werden. Der Senat beschloss während der Sitzung am Dienstag auf Vorlage der Senatorin für Justiz, Vielfalt und Antidiskriminierung, Dr. Lena Kreck, den ersten Umsetzungsbericht zu Antisemitismus-Prävention. In dem rund 260-seitigen Umsetzungsbericht werden die Maßnahmen in den fünf Handlungsfeldern des Landeskonzepts vorgestellt. Sie umfassen die Bereiche "Bildung und Jugend", "Justiz und Innere Sicherheit", "Jüdisches Leben in der Berliner Stadtkultur", "Wissenschaft und Forschung" und "Antidiskriminierung, Opferschutz und Prävention".

Berlin verankert Antisemitismusbekämpfung als erstes Bundesland im Gesetz

Im Rahmen der Antisemitismusbekämpfung fördert das Land Berlin in umfangreichen Maße zivilgesellschaftliche Projekte. Zudem wurde im Bereich „Justiz und Innere Sicherheit“ ein Leitfaden zur Erfassung antisemitischer Straftaten entwickelt. Schulungen für Polizei, Justiz und Verwaltung wurden verankert und die Zusammenarbeit von Senatsverwaltungen, Bezirken und der jüdischen Community wurde weiter gestärkt und gefestigt. Samuel Salzborn sagte dazu: „Das Landeskonzept verknüpft die drei zentralen Säulen – Prävention, Intervention und Repression – der Antisemitismusbekämpfung integral. Neben zahlreichen Einzelaspekten ist besonders hervorzuheben, dass Berlin das erste Bundesland ist, in dem die Verhinderung antisemitischer Diskriminierung gesetzlich verankert ist. Mittlerweile ist dies Bestandteil in vier Landesgesetzen.“

Autor:in: dpa/BerlinOnline
Veröffentlichung: 6. April 2022
Letzte Aktualisierung: 6. April 2022

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