Klimawandel und Stadtstress lassen Berlins Straßenbäume massiv leiden

Straßenbaum-Zustandsbericht "Berliner Innenstadt 2020"

Pressemitteilung vom 24.09.2021

Straßenbaum-Zustandsbericht für die Innenstadt 2020 zeigt höchsten Schadensstand seit vier Jahrzehnten: Erstmals sind mehr als die Hälfte aller City-Bäume geschädigt

Der aktuelle Straßenbaum-Zustandsbericht für das Jahr 2020 belegt eine massive Verschlechterung der Baumgesundheit in den vergangenen Jahren. Die jetzt finalisierte Untersuchung, die alle fünf Jahre per Luftbild und Stichprobe die Vitalität von Straßenbäumen in Berlins Innenstadtlagen analysiert, kommt zu dem Ergebnis, dass die Straßenbaumschäden seit Beginn der Untersuchungen im Jahr 1979 auf einem Höchststand liegen – mit einer sich beschleunigenden Verschlechterungsrate in den vergangenen fünf bis 15 Jahren. So zeigen die vier untersuchten Arten Linde, Ahorn, Rosskastanie und Platane, die zusammen mehr als drei Viertel des City-Baumbestands ausmachen, im Jahr 2020 zu 56,6 Prozent Schädigungen der Stufen 2 bis 4 (leicht bis extrem geschädigt). Komplett gesunde Straßenbäume (Stufe 1) gibt es in Berlins Innenstadt – wozu der S-Bahn-Ring sowie die dicht bebauten Quartiere in den Stadtteilen Steglitz, Weißensee, Pankow und Wedding zählen – nur noch zu 43,4 Prozent: Das ist der niedrigste Wert seit mehr als vier Jahrzehnten.

Regine Günther, Senatorin für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz: „Wir sehen auch am Zustand der Straßenbäume, dass die Erderhitzung in Berlin angekommen ist. Sie leiden an Hitze und Trockenheit und zeigen gravierende Schäden. Erstmals nach langen Jahren des Sparens haben wir deshalb in dieser Wahlperiode deutlich mehr Geld für die bezirkliche Baumpflege bereitgestellt. Die Anstrengungen zum Baumschutz gilt es nun konsequent auszuweiten: Die Straßenbäume brauchen unsere Pflege – und wir brauchen unsere Straßenbäume und ihre schattenspendenden Kronen für eine lebenswerte Stadt mehr denn je.“

Als Grund für die jüngste Verschlechterung der Baumvitalität nennt der Bericht insbesondere die trocken-heiße Witterung in den Jahren 2018 bis 2020 – die auch schon Berlins Waldbäumen extrem zugesetzt hat (vgl. Waldzustandsbericht 2020). Die in diesen Jahren gehäuften langen Phasen ohne Niederschlag bei teils sehr hohen Temperaturen hatten unterschiedlich starke Auswirkungen auf die verschiedenen Baumarten: Während sich die Linden noch am robustesten zeigen (44 Prozent geschädigte Bäume), weisen Ahorne und Platanen jeweils zu rund 70 Prozent Schädigungen auf. Am härtesten sind Rosskastanien betroffen, bei denen fast 90 Prozent der Bäume geschädigt sind.

Urbane Straßenbäume sind dabei nicht nur den Folgen der Erderhitzung ausgesetzt, die sich auch in den Städten immer mehr auswirkt, sondern auch dem typischen Stadtstress von Bauarbeiten, Hunde-Urin, Verkehrsunfällen, Bodenversiegelung und –verdichtung sowie Tausalz im Winter. Der Bericht stellt fest, dass vor allem Bauarbeiten und Verkehr seit 1990 in Berlin stark zugenommen haben, was immer mehr Bäume leiden oder gar absterben lässt. Schädlinge wie die Kastanienminiermotte nehmen dabei ebenso zu wie etwa der Befall mit Pilzen, Milben oder Mehltau.

Als Maßnahmen gegen diesen Trend haben die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz und die Bezirksämter bereits seit Beginn dieser Legislaturperiode begonnen, mit gezielten Interventionen die Gesundheit der Berliner Straßenbäume zu stärken. Berlin setzt dabei auf eine bessere Baumpflege durch die bezirklichen Straßen- und Grünflächenämter, auf die vermehrte Pflanzung von Baumarten, die dem steigenden Klimastress besser gewachsen sind sowie auf insgesamt mehr Raum für das Stadtgrün, um insbesondere der Versiegelung und Bodenverdichtung entgegenzuwirken.

Für Pflege und Unterhaltung des Straßenbaumbestandes erhalten die zuständigen Bezirksämter kontinuierlich mehr Finanzmittel. Mit dem Doppelhaushalt 2020/2021 wurden diese Finanzmittel mit rund 37 Millionen Euro im Jahr nahezu verdoppelt. Ferner erhalten die Bezirksämter seit Herbst 2017 etwa 23 Millionen Euro an Sondermitteln für die Bäume, etwa für zusätzliche Wässerungen gerade von Jungbäumen. Künftig werden zudem Baumarten benötigt, die langanhaltende Hitze- und Trockenperioden überleben können. Der Arbeitskreis Stadtbäume der Deutschen Gartenamtsleiterkonferenz (GALK) forscht im Rahmen von Testreihen gezielt an einer Auswahl möglichst klimaresilienter Baumsorten für Straßenstandorte, die in einigen Bezirken bereits erprobt werden. Bei Neupflanzungen von Straßenbäumen werden die Bezirksämter seit 2012 zudem von der Berliner Stadtbaumkampagne, einer mit Landesmitteln aufgestockten Spenden-Aktion, unterstützt. Damit konnten inzwischen mehr als 12.000 zusätzliche Straßenbäume (225 verschiedene Baumsorten) gepflanzt werden. Für diesen Herbst sind weitere rund 700 Pflanzungen bereits geplant.

Der Straßenbaum-Zustandsbericht Berliner Innenstadt 2020 steht im Internet unter: Informationen zur Berliner Stadtbaumkampagne gibt es hier: Aktuelle Pflanzempfehlungen der Deutschen Gartenamtsleiterkonferenz (GALK) sind hier zu finden: