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Rundschreiben Soz Nr. 05/2019 über die Umsetzung des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG); Änderungen durch das Zweite Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht

vom 20.08.2019

Das Zweite Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht (BGBl. I S. 1294) ist am 20.08.2019 im Bundesgesetzblatt verkündet worden und tritt damit am 21.08.2019 in Kraft.

Mit dem Gesetz sind die nachfolgend dargestellten Änderungen am AsylbLG verbunden.

1. § 1 Abs. 4 (neu) AsylbLG

1.1 Überbrückungsleistungen

Der neue Absatz 4 sieht vor, dass vollziehbar ausreisepflichtige Leistungsberechtigte, denen von einem anderen EU-Mitgliedstaat oder einem am Verteilmechanismus teilnehmenden Drittstaat (Island, Norwegen, Liechtenstein oder Schweiz) internationaler Schutz gewährt worden ist, keinen Anspruch auf Leistungen haben, falls der internationale Schutz fortbesteht.
Die Anwendung der Leistungseinschränkung setzt voraus, dass der Fortbestand des internationalen Schutzes bzw. des aus anderen Gründen gewährten Aufenthaltsrechts im Ausland eindeutig geklärt ist.

Bei Hilfebedürftigkeit werden längstens für eine Dauer von zwei Wochen eingeschränkte Leistungen gewährt, um den Zeitraum bis zur Ausreise zu überbrücken. Leistungen sind über den Zeitraum von zwei Wochen hinaus zu erbringen, soweit dies im Einzelfall auf Grund besonderer Umstände zur Überwindung einer besonderen Härte und zur Deckung einer zeitlich befristeten Bedarfslage geboten ist.
Die Überbrückungsleistungen werden nur einmalig in einem Zeitraum von zwei Jahren ab Erhalt dieser Leistungen gewährt.

Die Überbrückungsleistungen sollen als Sachleistung erbracht werden und beinhalten Leistungen für den Lebensunterhalt nach § 1a Abs. 1 (neu, vgl. unten, Nr. 2.1.1) und für die medizinische Versorgung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2.
Die medizinische Versorgung ist durch Aushändigung eines Behandlungsscheins (U-Schein) entsprechend der Vereinbarung gemäß § 264 Abs. 1 SGB V zwischen dem Land Berlin und der AOK Berlin zu decken. Der Behandlungsschein ist für die Dauer der Bewilligung der Leistungen nach § 1 Abs. 4 AsylbLG zu befristen. Ist im Einzelfall eine stationäre Behandlung erforderlich, werden die Kosten dafür im Rahmen der Vereinbarung mit der AOK Nordost vom 27./30. September 2005 abgerechnet.
Soweit Leistungsberechtigte, die die Voraussetzungen des § 1 Abs. 4 erfüllen, bereits eine elektronische Gesundheitskarte besitzen, kann diese befristet weiterhin genutzt werden. Sie ist am Ende des Bewilligungszeitraums einzuziehen.

Zur Überwindung einer besonderen Härte sind über die Leistungen nach § 1a Abs. 1 hinaus Leistungen nach den §§ 3, 4 und 6 zu gewähren, soweit besondere Umstände dies im Einzelfall erfordern.

1.2 Härtefälle

§ 1 Abs. 4 sieht Härtefallregelungen für die Qualität und Dauer der Überbrückungsleistungen vor. In diesem Zusammenhang sind auch die Vorgaben der EU-Aufnahmerichtlinie in Bezug auf besonders schutzbedürftige Personenkreise zu berücksichtigen (vgl. 2.2). Beispielsweise werden Minderjährigen auch dann Leistungen nach den §§ 3, 4 und 6 zu gewähren sein, wenn sie dem Grunde nach dem Personenkreis nach § 1 Abs. 4 zuzuordnen sind.

1.3 Reisekosten

Leistungsberechtigten Personen sind neben den Überbrückungsleistungen auf Antrag die angemessenen Kosten für die Rückreise zu gewähren. Die darlehensweise Erbringung der Rückreisekosten kommt auch für die Personen in Betracht, deren Hilfebedürftigkeit allein durch die Kosten der Rückreise herbeigeführt wird. Die Rückreisekosten sind durch den Leistungsberechtigten zu beantragen.

Über Überbrückungsleistungen und die Möglichkeit der Übernahme von Rückreisekosten sind die Leistungsberechtigten zu informieren.

2. § 1a (neu) AsylbLG

§ 1a Abs. 1 sieht nunmehr vor, dass alle Leistungsberechtigten, auf die § 1a anwendbar ist, statt der Leistungen nach §§ 2, 3 und 6 nur noch Leistungen zur Deckung des Bedarfes an Ernährung, Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege haben. Liegen im Einzelfall besondere Umstände vor, können weitere Leistungen des notwendigen Bedarfs erbracht werden. Die eingeschränkten Leistungen sollen als Sachleistung erbracht werden.
Die Leistungseinschränkungen beziehen sich auf die laufenden Leistungen zum Lebensunterhalt, während die medizinische Versorgung hiervon unberührt bleibt.

2.1 Fallkonstellationen

Die Leistungseinschränkung nach § 1a ist ausschließlich in folgenden Fallkonstellationen anwendbar.

2.1.1 – Abs. 1 (entspricht dem bisherigen Absatz 2)

Nach Abs. 1 sind vollziehbar ausreisepflichtige Leistungsberechtigte betroffen, für die Ausreisetermin und -möglichkeit feststehen, sofern die Ausreise nicht aus Gründen gescheitert ist, die sie nicht zu vertreten haben. Die Leistungseinschränkung ist in diesen Fällen ab dem auf den Ausreisetermin folgenden Tag anwendbar.
Der Ausreisetermin ergibt sich für abgelehnte Asylbewerberinnen und -bewerber aus dem Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge bzw. für andere vollziehbar Ausreisepflichtige aus dem Verstreichen einer aufenthaltsrechtlichen Ausreisefrist oder eines Ausreisetermins.
Steht nach dem Verstreichen der Ausreisefrist jedoch ein in naher Zukunft liegender Termin zur freiwilligen Rückkehr fest, soll bis zu diesem Zeitpunkt von einer Kürzung der Leistung abgesehen werden. Der Zeitraum sollte einen Monat nicht überschreiten.

Eine abstrakte Ausreisemöglichkeit muss gegeben sein. Ist z. B. aufgrund blockierter Reisewege eine Rückkehr ausgeschlossen, kommt die Leistungseinschränkung nicht zum Tragen.
Dasselbe gilt, wenn individuelle Gründe der Ausreise entgegenstehen. Dies ist z.B. der Fall, wenn vollziehbar ausreisepflichtige Personen aus gesundheitlichen Gründen reiseunfähig sind. Diese individuellen Gründe müssen vom Leistungsberechtigten vorgetragen werden, es sei denn, sie sind offenkundig.

2.1.2 – Abs. 2 (entspricht dem bisherigen Absatz 1)

Abs. 2 gilt für Leistungsberechtigte mit Duldung sowie vollziehbar Ausreisepflichtige und deren Familienangehörige, die eingereist sind, um Leistungen nach dem AsylbLG zu erlangen.

2.1.3 – Abs. 3 (entspricht dem bisherigen Absatz 3)

Abs. 3 ist anwendbar auf Leistungsberechtigte mit Duldung sowie vollziehbar Ausreisepflichtige und deren Familienangehörige, soweit aus von ihnen selbst zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können. Die Leistungseinschränkung gilt ab dem auf die Vollziehbarkeit einer Abschiebungsandrohung oder -anordnung folgenden Tag.

2.1.4 – Abs. 4 (entspricht dem bisherigen Absatz 4)

Satz 1 bezieht sich auf Leistungsberechtigte Asylsuchende und vollziehbar Ausreisepflichtige, die sich entgegen einem Beschluss zur Umsiedlung innerhalb der EU hier aufhalten. Satz 1 ist weiterhin nicht umsetzbar, da auf EU-Ebene noch keine Verteilungen in Abweichung von der Regelzuständigkeit stattfinden.
Satz 2 betrifft Asylsuchende (zuständig LAF), denen von einem anderen EU-Mitgliedstaat oder einem am Verteilmechanismus teilnehmenden Drittstaat (Island, Norwegen, Liechtenstein oder Schweiz) internationaler Schutz oder aus anderen Gründen ein Aufenthaltsrecht gewährt wurde, soweit diese Rechte fortbestehen.
Nach Satz 3 gilt dasselbe für vollziehbar ausreisepflichtige Leistungsberechtigte, denen von einem anderen EU-Mitgliedstaat oder einem am Verteilmechanismus teilnehmenden Drittstaat aus anderen Gründen als dem internationalen Schutz ein Aufenthaltsrecht gewährt wurde, soweit dieses Aufenthaltsrecht fortbesteht.

2.1.5 – Abs. 5 (entspricht teilweise dem bisherigen Absatz 5)

Abs. 5 ist anwendbar auf Asylsuchende und Folge- bzw. Zweitantragstellerinnen und -antragsteller (zuständig LAF), die gegen Mitwirkungspflichten im Rahmen des Asylverfahrens verstoßen, indem sie
  • nach unerlaubter Einreise nicht unverzüglich einen Asylantrag stellen,
  • ihren Pass nicht vorlegen,
  • erforderliche Urkunden und sonstigen verfügbaren Unterlagen nicht vorlegen,
  • nicht an der Beschaffung eines Identitätspapiers mitwirken und nicht auf Verlangen alle Datenträger, die der Feststellung der Identität und Staatsangehörigkeit dienen, vorlegen,
  • nicht die vorgeschriebenen erkennungsdienstlichen Maßnahmen erdulden,
  • nicht den Termin zur förmlichen Antragstellung beim Bundesamt wahrnehmen oder
  • sich weigern, Angaben über Identität oder Staatsangehörigkeit zu machen.

Die Leistungseinschränkung kommt nicht zum Tragen, wenn Angehörige des Personenkreises die Verletzung der Mitwirkungspflichten nicht selbst zu vertreten haben oder ihnen die Mitwirkung aus wichtigen Gründen nicht möglich war.

Die Leistungsbehörde hat für jeden Einzelfall zu prüfen und zu begründen, welche Leistungen zu gewähren bzw. welche Kürzungen verhältnismäßig sind. Hierbei sind auch die Vorgaben der EU-Aufnahmerichtlinie zu berücksichtigen (vgl. 2.2).

Um die Erfüllung der Voraussetzungen für eine Anspruchseinschränkung nach Abs. 5 einschätzen zu können, sind substantiierte Informationen und Belege über die Verletzung der Mitwirkungspflichten erforderlich. Diese sind den Leistungsbehörden nach § 8 Abs. 2a AsylG vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zu übermitteln.

Der Umstand, dass in einer Aufenthaltsgestattung der Zusatz „Die Angaben zur Person beruhen auf den Angaben des Inhabers. Ein Identifikationsnachweis durch Originaldokumente wurde nicht erbracht.“ angekreuzt ist, stellt kein ausreichendes Indiz für einen Verstoß gegen Mitwirkungspflichten dar.

Die Anspruchseinschränkung endet, sobald die Mitwirkung nachgeholt worden ist.

2.1.6 – Abs. 6 (neu)

Abs. 6 ist anwendbar auf volljährige Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG, die vorsätzlich oder grob fahrlässig Vermögen, das vor Eintritt von Leistungen aufzubrauchen ist, nicht angeben oder Änderungen in den Vermögensverhältnissen nicht unverzüglich mitteilen und deshalb zu Unrecht Leistungen beziehen.

2.1.7 – Abs. 7 (neu)

Abs. 7 ist anwendbar auf Asylbewerberinnen und Asylbewerber sowie vollziehbar ausreisepflichtige Leistungsberechtigte, falls deren Asylantrag durch Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge als unzulässig abgelehnt worden ist, weil ein anderer Staat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist, und eine Abschiebung in den für das Asylverfahren zuständigen Staat angeordnet wurde. Dies gilt auch, wenn die Entscheidung noch nicht unanfechtbar ist.
Die Leistungseinschränkung gilt jedoch nicht, wenn ein Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung angeordnet hat.

2.2 – Grenzen der Leistungseinschränkung

Eine Leistungseinschränkung kommt ausschließlich dann in Betracht, wenn die Leistungsbehörde Kenntnis davon hat, dass die Voraussetzungen nach § 1a erfüllt sind, also z.B. das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge einen Verstoß gegen asylrechtliche Mitwirkungspflichten festgestellt hat.
Die Leistungseinschränkungen nach § 1a Abs. 4 S. 2 und 3 sind ausschließlich dann anwendbar, wenn der Fortbestand des internationalen Schutzes bzw. des aus anderen Gründen gewährten Aufenthaltsrechts im Ausland eindeutig geklärt ist.

Da die Leistungsberechtigten die Gründe für die Leistungseinschränkung selbst zu vertreten haben müssen und die juristische Handlungsfähigkeit erst mit Vollendung des 18. Lebensjahres eintritt, sind Minderjährige von der Anspruchseinschränkung auszunehmen. Sie erhalten folglich auch weiterhin reguläre Leistungen nach § 3 AsylbLG einschließlich der BuT-Leistungen, auch wenn die Eltern einer Leistungseinschränkung nach § 1a AsylbLG unterliegen.

Besondere Sorgfalt ist in der Rechtsfolgenabwägung der Regelungen des § 1a geboten, wenn Menschen betroffen sind, die besonders schutzbedürftig im Sinne der EU-Richtlinie 2013/33/EU vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (EU-Aufnahmerichtlinie), sind. Die EU-Aufnahmerichtlinie sieht unter anderem vor, dass die Mitgliedstaaten die spezielle Situation besonders schutzbedürftiger Personen berücksichtigen. Hierzu gehören insbesondere

  • Minderjährige,
  • unbegleitete Minderjährige,
  • Menschen mit Behinderung,
  • ältere Menschen,
  • Schwangere,
  • Alleinerziehende mit minderjährigen Kindern,
  • Opfer von Menschenhandel,
  • Personen mit schweren körperlichen Erkrankungen,
  • Personen mit psychischen Störungen und
  • Personen, die Folter, Vergewaltigung oder sonstige schwere Formen psychischer, physischer oder sexueller Gewalt erlitten haben, wie z.B. Opfer der Verstümmelung weiblicher Genitalien.

Zu beachten ist in Bezug auf § 1a wie bei anderen Anspruchseinschränkungen nach dem AsylbLG, dass diese nach § 14 auf sechs Monate zu befristen sind. Danach ist die Anspruchseinschränkung nur fortzusetzen, wenn die Prüfung des Falles ergibt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen dafür weiterhin erfüllt sind.

3. Änderung des § 2 Abs. 1 AsylbLG; Übergangsregelung nach § 15 (neu) AsylbLG

Mit dem Gesetz wird die Frist nach § 2 Abs. 1 von bisher 15 Monaten auf 18 Monate verlängert. Erst nach dieser Zeit ist die Gewährung von Leistungen in entsprechender Anwendung sozialhilferechtlicher Regelungen („Analogleistungen“) möglich.

Die Übergangsregelung nach § 15 (neu) sieht hierzu vor, dass die bisherige 15-monatige Frist für diejenigen Leistungsberechtigten weiterhin gilt, die am Tag des Inkrafttretens des Gesetzes bereits Anspruch auf Leistungen nach § 2 AsylbLG gehabt haben. Damit ist eine „Zurückstufung“ aus den Leistungen nach § 2 auf Leistungen nach § 3 aufgrund der gesetzlichen Fristverlängerung ausgeschlossen.

4. Änderungen der §§ 5 Abs. 4, 5a Abs. 3 und 5b Abs. 2

Die Verweise auf die Sanktionierung entsprechend § 1a AsylbLG sind an die geänderte Fassung des § 1a angepasst worden und nehmen nunmehr auf den dortigen Absatz 1 Bezug. Es handelt sich hierbei lediglich um redaktionelle Anpassungen.

5. Ergänzung des § 11 Abs. 2 AsylbLG

§ 11 Abs. 2 stellt durch den neuen Satz 2 klar, dass die Behörde am Aufenthaltsort auch dann regelmäßig nur eine Reisebeihilfe übernehmen darf, wenn ein Verstoß gegen eine Wohnsitzauflage vorliegt.