Technisches Problem

Aufgrund eines Technischen Darstellungsproblems, werden Tabellen zum Teil nicht korrekt dargestellt. Dies betrifft Tabellenzellen, die mehr als eine Zeile oder Spalte einnehmen.

Wir bitten Sie, diesen Darstellungsfehler zu entschuldigen.
Es wird bereits an einer Lösung gearbeitet.

Schreiben vom 19. Juni 2012 (Archiv)

ARCHIV: Schreiben vom 19. Juni 2012

über Hilfe zur Pflege nach §§ 61 ff. SGB XII; Behandlungspflege in vollstationären Pflegeeinrichtungen nach § 43 SGB XI

Bezug: Schreiben vom 21.05.2007 und vom 04.06.2009

Mit dem Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) wurde Versicherten in vollstationären Pflegeeinrichtungen nach § 43 SGB XI, die für mindestens sechs Monate einen besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege haben, ab dem 1. April 2007 ein Anspruch auf Behandlungspflege nach § 37 Abs. 2 Satz 3 SGB V gegen ihre Krankenkasse eingeräumt.

Die nach § 37 Abs. 6 SGB V hierzu erforderlichen Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) sind am 11.08.2008 in Kraft getreten. Diese haben den Anspruch nach § 37 Abs. 2 Satz 3 SGB V konkretisiert.

Danach liegt ein besonders hoher Bedarf an medizinischer Behandlungspflege dann vor, wenn „die ständige Anwesenheit einer geeigneten Pflegefachkraft zur individuellen Kontrolle und Einsatzbereitschaft oder ein vergleichbar intensiver Einsatz einer Pflegefachkraft erforderlich ist, insbesondere weil
  • behandlungspflegerische Maßnahmen in ihrer Intensität oder Häufigkeit unvorhersehbar am Tag und in der Nacht erfolgen müssen oder
  • die Bedienung und Überwachung eines Beatmungsgerätes im Sinne der Nr. 8 der Anlage am Tag und in der Nacht erforderlich ist.“

Laut amtlicher Begründung hatte der Gesetzgeber bei der Schaffung dieses Leistungsanspruchs besonders langzeitbeatmete Bewohnerinnen und Bewohner und Bewohnerinnen und Bewohner im Wachkoma im Blick.

Aus der amtlichen Begründung geht weiterhin hervor, dass die Krankenkassen – im Rahmen ihres Sicherstellungsauftrags – Verträge nach § 132a Abs. 2 SGB V mit den entsprechenden Pflegeeinrichtungen zu schließen haben.

Nach bisherigem Kenntnisstand geht der Anspruch nach § 37 Abs. 2 Satz 3 SGB V jedoch bisher weitestgehend ins Leere.

Zum einen hat in Berlin bislang noch keine Krankenkasse einen Vertrag nach § 132a Abs. 2 SGB V mit einer vollstationären Pflegeeinrichtung nach § 43 SGB XI abgeschlossen.

Zum anderen ist es laut Mitteilung der AOK Nordost dort auch noch zu keiner Leistungsbewilligung nach § 37 Abs. 2 Satz 3 SGB V gekommen. Vor dem Hintergrund des hohen Marktanteils der AOK Nordost kann diese Aussage als repräsentativ für die Kassenlandschaft in Berlin angesehen werden. Auch Einrichtungsträger mit Wohngruppen für Pflegebedürftige im Wachkoma haben jüngst die Ablehnung aller bisherigen Anträge nach Begutachtung der Pflegebedürftigen durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung bestätigt.
Die Gründe für diese Umsetzungsprobleme könnten darin liegen, dass die in den Richtlinien des G-BA festgelegten Leistungskriterien zu eng gefasst sind. Denkbar ist aber auch, dass die Richtlinien durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung zu eng ausgelegt werden. Ich versuche derzeit, hierzu Aussagen der Verantwortlichen zu erhalten.

Unabhängig von den aufgetretenen Umsetzungsproblemen möchte ich an dieser Stelle deutlich machen, dass ein Anspruch auf medizinische Behandlungspflege nach § 37 Abs. 2 Satz 3 SGB V von der Krankenkasse jedenfalls nicht mit der Begründung abgelehnt werden kann, dass ein Vertrag nach § 132a Abs. 2 SGB V mit dem betreffenden Pflegeheim nicht abgeschlossen worden ist. Die Betroffenen haben bei Vorliegen der Leistungsvoraussetzungen einen Rechtsanspruch. In derartigen Fällen ist ggf. der Rechtsweg zu beschreiten.

Hervorzuheben ist ferner, dass die Träger der Pflegeheime im Rahmen der sozialen Betreuung verpflichtet sind, Ansprüche auf Sozialleistungen für ihre Bewohnerinnen und Bewohner zu sichern.
Da nach den Richtlinien des G-BA auch für die Behandlungspflege in Pflegeheimen eine ärztliche Verordnung notwendig ist, haben die Träger insbesondere ärztliche Verordnungen zur medizinischen Behandlungspflege einzuholen sowie den Krankenkassen Pflegeprotokolle wie Beatmungs- und Absaugprotokolle vorzulegen. Ich werde die Verbände der Einrichtungsträger bitten, ihre Mitglieder auf diese Pflichten hinzuweisen.

Trotz der aufgetretenen Probleme haben langzeitbeatmete Bewohner und Bewohnerinnen sowie Bewohner und Bewohnerinnen im Wachkoma weiterhin ihre Ansprüche auf Leistungen nach § 37 Abs. 2 Satz 3 SGB V geltend zu machen; entsprechende Erstattungsansprüche nach § 104 SGB X sind für den Sozialhilfeträger anzumelden. Das gilt im Einzelfall auch dann, wenn wegen anderer Krankheiten oder Behinderungen ein vergleichbar hoher Bedarf an medizinischer Behandlungspflege für mindestens sechs Monate vorliegt. Über ein ggf. eingeleitetes Musterstreitverfahren bitte ich mich zu informieren.

Sollten Ihnen zwischenzeitlich Leistungsbewilligungen von Krankenkassen nach § 37 Abs. 2 Satz 3 SGB V vorliegen, bitte ich um Nachricht.

Hier erhalten Sie weitere Informationen:

  • Schreiben vom 21. Mai 2007 über Hilfe zur Pflege nach §§ 61 ff. SGB XII; Inkrafttreten des GKV-WSG; Neuregelungen zur häuslichen Krankenpflege und Palliativversorgung (insb. Pkt. 3)
  • Schreiben vom 04. Juni 2009 über Hilfe zur Pflege nach §§ 61 ff. SGB XII; Behandlungspflege in vollstationären Pflegeeinrichtungen nach § 43 SGB XI (Ziffer 3 des Schreibens vom 21. Mai 2007)