Digitale Entwicklung im Kulturbereich

Innovationsfonds zur digitalen Entwicklung im Kulturbereich

Der Innovationsfonds soll Mittel für die digitale Entwicklung des Kulturbereichs bereitstellen. Im Sinne einer diskursiven Kulturpolitik sieht die Konzeption dazu zunächst einen moderierten Findungsprozess vor, bei dem es vor allem um den Austausch zwischen den Einrichtungen der Landes- und Bezirksebene, der Freien Szene, der Kulturverwaltung sowie weiteren Stakeholdern geht, um den Status quo und die Bedarfe zu klären. Gemeinsam mit Akteuren des Kulturbereichs soll nun auch praktisch erprobt werden, auf welchen Feldern der Fonds finanzielle Mittel zur Verfügung stellen soll, wo der größte Mehrwert zu erzielen ist und welche Kooperationen sinnvollerweise zu pflegen sind. Die gewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen sollen in strategische Projekte eingebracht und erprobt werden, bevor eine Förderrichtlinie formuliert wird.

Ausgangslage

Die Errichtung eines Innovationsfonds ist gemäß Koalitionsvereinbarung und Richtlinien der Regierungspolitik vorgesehen. Die Publikumsentwicklung mit digitalen Mitteln ist zudem eine wichtige kulturpolitische Zielsetzung der Europäischen Union.

Die Zielrichtung einer digitalen Entwicklung im Kulturbereich geht über die „Digitalisierung“ im Sinne der Erzeugung digitaler Kopien von analogen Kulturgütern hinaus bzw. setzt das Vorhandensein digitalisierter kultureller Inhalte teilweise voraus. Die digitale Entwicklung reicht in alle Werk- und Wirkbereiche des Kulturbetriebs und erfordert, dass das Digitale in eine Gesamtstrategie eingebunden und stets mitgedacht wird.

Der Innovationsfonds soll sich auf die Nutzung digitaler Möglichkeiten für die Modernisierung von Geschäftsprozessen und auf neue Angebote in Vermittlung, Aufbereitung und Interaktion richten. Auch die Nachnutzung von bereits vorhandenen digitalisierten Inhalten (Digitalisaten) steht im Fokus.

Für die Entwicklung der Förderrichtlinie stehen Haushaltsmittel in Höhe von 250.000 € (2018) und 500.000 € (2019) zur Verfügung.

Strategischer Ansatz

Ziel des Innovationsfonds soll es sein, das Digitalbewusstsein und die Digitalaffinität der Kulturakteure zu fördern, d.h. die Bereitschaft und die Fähigkeit, sich auf die Möglichkeiten, Chancen, Anforderungen und Zwänge des digitalen Wandels in Wirtschaft und Gesellschaft einzulassen. Ausgangspunkt sind und bleiben die eigenen Handlungsmaximen, die insbesondere auf eine digitale Nutzer- und Besucher*innenschaft erstreckt werden. So entwickelt sich die Fähigkeit, den digitalen Raum als Handlungsfeld wahrzunehmen und zu bespielen bzw. zu nutzen.

Vision

Kulturakteur*innen denken das Digitale stets mit, entwickeln und setzen digitale Strategien kontinuierlich um. Dabei erschließen sie professionell die Möglichkeiten der technischen Entwicklung, um eine möglichst breite Teilhabe am (geförderten) Kulturangebot zu erreichen.

Leitbild

Der Schwerpunkt der durch den Innovationsfonds voranzubringenden digitalen Entwicklung des Kulturbereichs liegt auf den (potentiellen) Besucher*innen. Für den Kulturbereich bedeutet digitale Entwicklung, die Kultur, die Praktiken, die Prozesse und Technologien des Internetzeitalters zu kennen und zu nutzen, um

  • bisherige wie auch neue Anforderungen besser oder wirtschaftlicher zu bedie-nen
  • gestiegenen Erwartungen gerecht zu werden,
  • und die eigenen Ziele besser zu erreichen.

Technik ist kein Selbstzweck. Sie soll unter keinen Umständen die Aura des Originals oder die bewährten Formen der analogen Kulturarbeit ersetzen. Vielmehr tritt die digitale Entwicklung tendenziell als neue Daueraufgabe neben das bisherige Aufgaben-spektrum. Der Begriff der Innovation verlangt hier nicht nach Neuheit im Weltmaßstab, sondern ist eher im Sinne von „Modernisierung“ zu verstehen.

Strategische Fragestellungen

Virtuelles und Körperliches vereinen sich und bilden gleichberechtigte Tatsachen. Digital und analog sind keine Gegensätze, sie greifen wie Zahnräder eines gemeinsamen Getriebes ineinander. Als Resultat der digitalen Wissensgesellschaft wirken die Rezipient*innen aktiv an der Meinungs- und Wissensbildung mit. Sie treten tendenziell immer öfter als „Prosumer“, d.h. professionelle Konsument*innen auf, die sich klickend, scannend, sehend, lesend und hörend durch den multimedialen Raum bewegen. Die Aufnahme von Informationen und Eindrücken erfolgt also nicht nur linear und vorgegeben, sondern vielmehr flexibel, d.h. individuell, selektiv und on demand. Das führt zu den folgenden strategischen Fragen:

  • Welchen Einfluss hat der digitale Wandel auf den Kulturbereich?
  • Was meinen wir heute und in Zukunft, wenn wir von dem Museum, der Galerie, dem Theater oder dem Projektraum sprechen?

Chancen und Potential

Lineare Vermittlungsansätze können, dort wo es sinnvoll ist, aufgebrochen bzw. um diskursive und partizipative Elemente ergänzt werden. Digitale Entwicklung eröffnet Spielräume für innovative Kontextualisierungen, neue Vermittlungs- und Rezeptionsmöglichkeiten und neue Zugänge zur Kultur. Sie kann insbesondere dabei helfen, neue Zielgruppen zu erschließen, vor allem unter jüngeren Menschen aber auch räumlich und im Bereich von Menschen mit Behinderung, nichtdeutscher Muttersprache etc. Digitale Entwicklung bewahrt die Deutungshoheit des Kulturbereichs durch Sichtbarkeit, Reichweite und Breitenwirkung.
Althergebrachte Kategorien und bewährte Formate der Kulturvermittlung werden dabei nicht abgeschafft. Es soll auch kein Ersatz für den Besuch der Einrichtung entwickelt werden. Kultureinrichtungen werden durch digitale Entwicklung in Ihrer Funktion als soziale Begegnungsorte gestärkt. Eine „Auswanderung ins Netz“ ist, wie Erfahrungen digital vorangeschrittener Einrichtungen zeigen, nicht zu befürchten.

Die digitale Entwicklung des Kulturbereichs steht auf zwei Säulen

Säule 1: Digitalbewusstsein und Digitalaffinität

Ziel des Innovationsfonds soll es einerseits sein, das Digitalbewusstsein und die Digitalaffinität der Kulturakteure zu fördern, sodass Aktivitäten im digitalen Raum als zusätzliche Aufgabe verstärkt mitgedacht werden. Dafür sind Workshops und Netzwerkveranstaltungen zur Etablierung von Partnerschaften sowie Gespräche mit den Stake-holdern der Berliner Kulturlandschaft geplant.
Diese Aktivitäten sollen mittelfristig in ein dauerhaftes Serviceangebot münden.

Säule 2: Förderprogramm zur Umsetzung von Maßnahmen der Digitalen Entwicklung

Andererseits sollen strategische Projekte gestartet werden, die neue Formate mit digitalen Technologien erproben und das Potential der digitalen Entwicklung sichtbar machen.
Mittelfristig: Durchführung einer finanziell angemessen ausgestatteten Förderung auf Basis einer Richtlinie, die nachhaltige Maßnahmen mit hohem Beispielwert finanziert.

Implementierung

Mit der Technologiestiftung Berlin hat die Senatsverwaltung für Kultur und Europa eine Partnerin zur Durchführung des eingangs bezeichneten Findungsprozesses gefunden. Die Technologiestiftung Berlin übernimmt hierbei das operative Geschäft in enger Zusammenarbeit mit der Senatsverwaltung für Kultur und Europa und unter strategischer Einbeziehung einer möglichst breiten Zielgruppe von Akteur*innen aus landes- und bezirksgeförderten Kultureinrichtungen sowie der Freien Szene, auf deren fachliche Expertise sie zurückgreift. Damit die Einrichtungen und die Akteur*innen der Freien Szene direkten Kontakt mit der Technologiestiftung Berlin aufnehmen kann, ist unter https://www.technologiestiftung-berlin.de/kulturbdigital/ ein Kontaktformular geschaltet.

Nach einer Initialphase der Bedarfsanalyse werden in Workshops und Design Sprints Prototypen und erste Handlungsempfehlungen für die Innovationsfonds-Planungen der Senatsverwaltung für Kultur und Europa entwickelt. Dabei geht es um übertragbare Anwendungsbeispiele für mehrere Einrichtungen und Akteur*innen. Im Zuge einer Konferenz zur digitalen Entwicklung im Kulturbereich am 05. Dezember 2018 in Berlin soll die digitale Entwicklung im Kulturbereich mit praktischen Beispielen, neuen Erkenntnissen und Ideen weiter angeschoben werden.

Eine Microsite unter http://www.kultur-b-digital.de/ dient als zentrale Plattform für die Dokumentation der Ideen, (Zwischen-) Ergebnisse, Best-Practice-Beispiele und Termine.

Bedarfsgerechtes Förderprogramm

Die gewonnenen Erkenntnisse aus der so durchlaufenden Findungsphase fließen in eine Förderrichtlinie der Senatsverwaltung für Kultur und Europa zur digitalen Entwicklung im Kulturbereich ein und bilden ein bedarfsgerechtes Förderprogramm mit entsprechender finanzieller Mittelausstattung ab 2020, das einer indikatorenbasierten Eva-luation unterliegen und ggf. hinsichtlich der Ausrichtung, Zielsetzung und Instrumentenwahl zu überarbeiten sein wird.