Senatorin Breitenbach zum Weltflüchtlingstag: „Wir wollen mehr gegen die humanitäre Katastrophe tun!“

Pressemitteilung vom 19.06.2020

Die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales teilt mit:

Erneut hat der Berliner Senat seine Bereitschaft erklärt, Menschen aus den überfüllten Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln in Berlin aufzunehmen. Dieses Angebot richtet sich nicht nur an unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, sondern auch an Schwangere und Alleinerziehende sowie an alte und erkrankte Menschen. Mit diesem Angebot will sich Berlin als Land über das Aufnahmeprogramm der Bundesregierung hinaus engagieren.

Integrationssenatorin Elke Breitenbach erklärt dazu: „Jeden Tag sind wir Zeugen einer humanitären Katastrophe. Deshalb wollen wir für besonders schutzbedürftige Geflüchtete mehr tun, als es der Bund vorsieht. Wir müssen mehr tun, damit diese Menschen in Not und gesundheitlicher Bedrohung schneller und umfassender Hilfe erhalten, als es bislang der Fall ist. Die Pandemie hat diese Schutzbedürftigkeit noch einmal verstärkt. Viele Berlinerinnen und Berliner haben sich auch in dieser herausfordernden Zeit für Geflüchtete eingesetzt, beispielsweise die Kinder beim Homeschooling in den Flüchtlingsunterkünften unterstützt. Das überaus große Engagement der Zivilgesellschaft ist seit 2014 deutlich sichtbar in unserer Stadt, so wie auch die Menschenkette gegen Rassismus und soziale Ungleichheit vom vergangenen Sonntag wiederholt ein Zeichen für Solidarität und Toleranz gesetzt hat.“

Dennoch haben Menschen mit einer Fluchtgeschichte noch immer mit Vorurteilen und Aggressionen ihnen gegenüber zu kämpfen. Sie kommen oftmals in einem anderen Land lange nicht an und nicht zur Ruhe. Über eine längere Zeit brauchen sie weiter Hilfe und Unterstützung durch das Land, durch Träger, Institutionen, Vereine und durch freiwillig Engagierte. Das gilt auch für den Austausch darüber, wie das Miteinander in einer vielfältigen Gesellschaft gelebt werden kann.

Die Koordinierungsstelle Flüchtlingsmanagement der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales hat deswegen gemeinsam mit der AG Akzeptanz von Vielfalt die Dialogreihe „Vielfalt leben!“ initiiert, um innerhalb der Unterkünfte für Geflüchtete Begegnungen von Menschen unterschiedlicher Religionen und Kulturen zu fördern. So kamen bislang rund 50 Bewohnerinnen und Bewohner von zwei landeseigenen Unterkünften Neukölln mit jeweils vier Vertreterinnen und Vertretern unterschiedlicher Weltanschauungen (Christentum, Islam, Judentum, Atheismus) ins Gespräch. Dabei waren Fragen zu Werten, zu Rechten und Regeln des Zusammenlebens von großer Bedeutung und wurden mehrsprachig diskutiert.

Klaudia Höfig vom Internationalen Pastoralen Zentrum des Erzbistums Berlin als Teilnehmerin der Dialoge: “Sehr beeindruckend und ermutigend. Es waren zwei Stunden des intensiven Austausches! Alle, die mitdiskutiert haben, waren mit Herz und Seele dabei. Als Christin würde ich von Glaubenszeugnissen sprechen, denn da wurde alltägliches Leben und persönlicher Glaube oder Haltung offenbar gemacht.”

Auch Yonatan Weizman von der Initiative Shalom Rollberg ist vom Ansatz der Dialogreihe überzeugt: „Nach der Veranstaltung war ich bewegt und dankbar über die Möglichkeit, sich so offen und ehrlich mit Menschen verschiedener Kulturen und Religionen auszutauschen und über die Unterschiede, aber auch die Gemeinsamkeiten unserer Lebensanschauungen zu sprechen. Für mich war es sehr spannend und bereichernd, Menschen mit so unterschiedlichen Geschichten zu treffen.“

Ender Çetin, Pädagoge und islamischer Theologe: „Im Gegensatz zu dem, was womöglich die meisten in Europa über geflüchtete Menschen denken, zeigte sich mir und auch den anderen bei der interreligiösen Veranstaltung “Vielfalt erleben” ganz deutlich die Vielfalt. Man kann nicht einfach nur über “die Muslime”, “die Araber” etc. reden. Es gab Atheisten, Agnostiker, Jesiden, Philosophen, religiöse Muslime, traditionelle Menschen, Menschen aus verschiedenen Kulturkreisen im Gesprächskreis. Selbstverständlich verstanden sie sich untereinander gut, da sie gemeinsame Schicksalswege hatten, aber auch in ihren eigenen Herkunftsländern ist diese Vielfalt ja sehr spürbar. Es freute mich, dieses nochmal hier erleben zu dürfen. Schade war, dass die Zeit nicht ausreichte, da viele wichtige Fragen kamen, die leider unbeantwortet blieben.”

Die Leiterin der Koordinierungsstelle Flüchtlingsmanagement Sybill Schulz ist sicher, dass sich diese Dialoge nicht nur unter den Geflüchteten in den Unterkünften bewähren werden. „Der Austausch und die Begegnungen mit der Nachbarschaft sowie mit Menschen unterschiedlicher Lebensweisen und Weltanschauungen sind sehr wichtig, besonders in Zeiten von vermehrten Anfeindungen, Übergriffen und Ausgrenzungen von Menschen. Denn auf diesem Wege können neben möglichen Unterschieden auch verbindende Gemeinsamkeiten festgestellt werden. Deshalb werden wir diese Projekte in den Berliner Flüchtlingsunterkünften fortführen.“

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