Asyl- und Flüchtlingspolitik: Auswirkungen auf den Landeshaushalt und investive Anforderungen

An den Kosten der Bundesländer im Bereich der Asyl- und Flüchtlingspolitik wird sich der Bund künftig stärker beteiligen. Das ist das Ergebnis eines Treffens zwischen Bund und Ländern vom 24. September. Der Bundesrat stimmte dem Asyl-Gesetzpaket am 16. Oktober zu. Finanzsenator Dr. Matthias Kollatz-Ahnen unterrichtete den Senat in der heutigen Sitzung über die Auswirkungen der Vereinbarung auf den Berliner Landeshaushalt.

Senator Kollatz-Ahnen: “Dank der vorsichtigen Planung bleibt der Doppelhaushalt 2016/2017 auch bei deutlich gestiegenen Flüchtlingszahlen ausgeglichen und solide. Die Einigung mit dem Bund zur Kostenbeteiligung hat deutlich mehr Mittel zur Folge, als im Juli bei Verabschiedung des Haushalts im Senat von uns veranschlagt wurde. Die zusätzlichen Mittel im Umfang von rund 200 Mio. Euro im Jahr 2016 ermöglichen es, den gestiegenen Kosten aufgrund weiter wachsender Flüchtlingszahlen gerade so zu entsprechen. Es muss aber auch klar sein, dass darüber hinaus keine Mehrausgaben möglich sind. Es bleibt bei einem Haushaltsentwurf ohne Neuverschuldung.”

Wichtiges Verhandlungsergebnis aus Sicht Berlins sind die dynamischen Elemente der Vereinbarung zwischen Bund und Ländern. So sieht der Beschluss eine Beteiligung an den Kosten pro Flüchtling und Monat vor. Dies hatte Kollatz-Ahnen schon früh in der Diskussion gefordert, da so der Kostenentwicklung der Flüchtlingszahlen besser entsprochen wird. Der Bund wird sich ab 1. Januar 2016 pro Flüchtling mit 670 Euro monatlich für einen Zeitraum von fünf Monaten beteiligen. Einbezogen sind alle Personen, die am 1. Januar 2016 im Verfahren sind und im Laufe des Jahres in das Verfahren kommen. Für das Jahr 2016 erhalten die Länder eine Abschlagzahlung. Anfang 2017 wird dann – auf Basis der tatsächlichen Flüchtlingszahlen – personengenau abgerechnet. Der Bund geht gegenwärtig von ca. 800.000 Flüchtlingen pro Jahr aus. Berlin rechnet dagegen deutschlandweit mit jährlich einer Million Flüchtlingen. Für das Land Berlin ergibt sich eine Größenordnung von jährlich etwa 50.000 Flüchtlingen.

Weitere Mittel in Höhe von 350 Mio. Euro bundesweit stellt der Bund für die Betreuung minderjähriger unbegleiteter Flüchtlinge bereit. Hinzu kommen ca. 339 Mio. Euro bundesweit, die durch den Wegfall des Betreuungsgeldes bis 2018 freiwerden. Gegenüber dem Haushaltsentwurf 2016, der bisher von Bundesmitteln in Höhe von 27,5 Mio. Euro ausgegangen war, ergeben sich Mehreinnahmen von 172,5 Mio. Euro bzw. 204 Mio. Euro für die laufenden Aufwendungen zur Flüchtlingsunterbringung, wenn man die Zahl von einer Million Flüchtlingen zugrunde legt. Die Finanzverwaltung veranschlagt ca. 600 Mio. Euro p.a. für laufende Ausgaben; darin sind etwa 80 Prozent für Unterbringung, Ernährung etc. sowie 20 Prozent für ein Basis-Integrationspaket (z.B. Sprachförderung, Integrationslotsen) angesetzt.

Außerdem stellt der Bund ab 2016 jährlich 500 Mio. Euro zur Unterstützung des sozialen Wohnungsbaus bereit. Auch diese Mittel werden nach Umsatzsteuerschlüssel verteilt (5,5 Prozent für Berlin). Somit ergibt sich ein Volumen von 31,5 Mio. Euro für das Land Berlin. Aus den aktuellen Fallzahlprognosen resultiert ein Bedarf an rund 50.000 Plätzen zur Unterbringung von Flüchtlingen. Die Erfahrungen in Berlin zeigen, dass sich ein Teil der Flüchtlinge, etwa neun Prozent, selbst mit Wohnraum versorgen kann, z. B. bei Verwandten. Reduziert um diesen Personenkreis bleibt ein Bedarf an 45.500 Unterkünften bestehen. Derzeit stehen Unterkünfte mit etwa 21.500 Plätzen zur Verfügung, so dass also mindestens 24.000 Plätze gebaut werden müssen.

Die erforderlichen Wohn- und Gemeinschaftsunterkünfte sollen schnell und kostensparend gebaut werden, zudem sollen sie sich für eine Nachnutzung eignen. Hierfür bietet sich die modulare Bauweise an, die in der Regel auch die spätere Veränderung von Grundrissen ermöglicht. Für den Neubau als auch für die Herrichtung von Bestandsgebäuden werden voraussichtlich Investitionen im Umfang von 612 Mio. Euro erforderlich sein.

Schließlich unterrichtete Kollatz-Ahnen den Senat über den Mehrbedarf an Personal. Das erfordert ein jährliches Personalbudget von 25 Mio. Euro. Bereits in der vergangenen Woche hatte sich die Arbeitsgruppe “Wachsende Stadt” auf zusätzliche 145 Stellen für die Bezirke verständigt. Es werden voraussichtlich insgesamt 500 Stellen oder Beschäftigungspositionen über das Integrationspaket hinaus erforderlich. Mehr Personal wird es insbesondere in den Bereichen Bildung, Jugend, Soziales, Inneres sowie Arbeit und Integration geben.

Zusammen mit dem Flüchtlingspaket wurde am 24. September über Regionalisierungsmittel (Nah- und Regionalverkehr) sowie die Mittel des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (GVFG) eine Vereinbarung über 8 Mrd. Euro p.a. seitens des Bundes mit einer Steigerungsrate von 1,8 Prozent p.a. erzielt. Der Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag beriet am 14. Oktober über das Thema; im Ergebnis stehen die Mittel den Ländern zur Verfügung, und der Verteilungsschlüssel wird bis Dezember festgelegt.