Verfassung von Berlin - Abschnitt VIII: Das Finanzwesen

Artikel 85

(1) Alle Einnahmen und Ausgaben müssen für jedes Rechnungsjahr in dem Haushaltsplan veranschlagt werden; er wird durch ein Gesetz festgestellt (Haushaltsgesetz). Durch Gesetz kann eine Veranschlagung und Feststellung für einen längeren Zeitabschnitt und in besonderen Ausnahmefällen ein Nachweis von Einnahmen und Ausgaben außerhalb des Haushaltsplans zugelassen werden.

(2) Jedem Bezirk wird eine Globalsumme zur Erfüllung seiner Aufgaben im Rahmen des Haushaltsgesetzes zugewiesen. Bei der Bemessung der Globalsummen für die Bezirkshaushaltspläne ist ein gerechter Ausgleich unter den Bezirken vorzunehmen. Zum Jahresschluß wird das erwirtschaftete Abschlußergebnis auf die Globalsumme für den nächsten aufzustellenden Bezirkshaushaltsplan vorgetragen.

Artikel 86

(1) Das Haushaltsgesetz bildet die Grundlage für die Verwaltung aller Einnahmen und Ausgaben.

(2) Haushaltsmittel dürfen nur in Anspruch genommen werden, soweit es eine sparsame Verwaltung erforderlich macht.

(3) Der Haushaltswirtschaft ist eine fünfjährige Finanzplanung zugrunde zu legen. Der Finanzplan ist dem Abgeordnetenhaus spätestens im Zusammenhang mit dem Entwurf des Haushaltsgesetzes für das nächste Haushaltsjahr vorzulegen.

Artikel 87

(1) Ohne gesetzliche Grundlage dürfen weder Steuern oder Abgaben erhoben noch Anleihen aufgenommen oder Sicherheiten geleistet werden.
(2) Kredite dürfen nur aufgenommen werden, wenn andere Mittel zur Deckung nicht vorhanden sind. Die Einnahmen aus Krediten dürfen die Summe der im Haushaltsplan veranschlagten Ausgaben für Investitionen nicht überschreiten; Ausnahmen sind nur zulässig zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts. Das Nähere wird durch Gesetz geregelt.

Artikel 88

(1) Haushaltsüberschreitungen dürfen nur mit Zustimmung des Senats im Falle eines unvorhergesehenen und unabweisbaren Bedürfnisses vorgenommen werden.

(2) Für Haushaltsüberschreitungen ist die nachträgliche Genehmigung des Abgeordnetenhauses einzuholen.

(3) Erhebt der mit der Leitung des Finanzwesens beauftragte Senator gegen eine Haushaltsüberschreitung Einspruch, so ist ein Beschluß des Abgeordnetenhauses herbeizuführen.

(4) Für Haushaltsüberschreitungen in den Bezirken können durch Gesetz entsprechende Regelungen getroffen werden.

Artikel 89

(1) Ist der Haushaltsplan zu Beginn des neuen Rechnungsjahres noch nicht festgestellt, so ist der Senat zu vorläufigen Regelungen ermächtigt, damit die unbedingt notwendigen Ausgaben geleistet werden können, um bestehende Einrichtungen zu erhalten, die gesetzlichen Aufgaben und die rechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen, Bauvorhaben weiterzuführen und eine ordnungsgemäße Tätigkeit der Verwaltung aufrechtzuerhalten. Für den Bezirkshaushalt ist das Bezirksamt zu ergänzenden Regelungen ermächtigt.

(2) Soweit nicht auf besonderem Gesetz beruhende Einnahmen aus Steuern, Abgaben und sonstigen Quellen oder die Betriebsmittelrücklage die Ausgaben gemäß Absatz 1 decken, darf der Senat die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftsführung erforderlichen Mittel bis zur Höhe eines Viertels der Endsumme des abgelaufenen Haushaltsplans im Wege des Kredits flüssig machen.

Artikel 90

(1) Vorlagen und Anträge über Maßnahmen, die eine Minderung der Einnahmen oder eine Erhöhung der Ausgaben gegenüber dem Haushaltsplan zur Folge haben, müssen vom Abgeordnetenhaus in zwei Lesungen beraten werden, zwischen denen in der Regel 48 Stunden liegen sollen.

(2) Die Beschlüsse müssen Bestimmungen über die Deckung enthalten.

Artikel 91

Die Mitglieder des Senats und der Bezirksämter sowie die übrigen Angehörigen des öffentlichen Dienstes, die gegen die Bestimmungen der Verfassung über das Finanzwesen schuldhaft verstoßen, haften für den daraus entstandenen Schaden. Eine Verpflichtung zum Schadensersatz ist jedoch nicht gegeben, wenn die Handlung zur Abwendung einer nicht voraussehbaren dringenden Gefahr erfolgte und die Verletzung der Vorschriften nicht über das durch die Notlage gebotene Maß hinausgegangen ist.

Artikel 92

Organisation, Verwaltung, Wirtschaftsführung und Rechnungswesen der nichtrechtsfähigen wirtschaftlichen Unternehmen Berlins (Eigenbetriebe) werden durch Gesetz geregelt. Das Rechnungswesen ist so einzurichten, daß ein klarer Einblick in die laufende Betriebsführung und die Ergebnisse möglich ist.

Artikel 93

(1) Die Umwandlung von Eigenbetrieben und von einzelnen Anlagen von bleibendem Wert in juristische Personen bedarf eines Beschlusses des Abgeordnetenhauses.

(2) Die Veräußerung von Vermögensgegenständen wird durch Gesetz geregelt.

Artikel 94

(1) Im Laufe der ersten neun Monate des folgenden Rechnungsjahres hat der Senat dem Abgeordnetenhaus über die Einnahmen und Ausgaben der Haushaltswirtschaft und über Vermögen und Schulden Rechnung zu legen.

(2) Nach Prüfung der Haushalts- und Vermögensrechnung durch den Rechnungshof beschließt das Abgeordnetenhaus über die Entlastung des Senats. Es beschließt über einzuleitende Maßnahmen und kann bestimmte Sachverhalte ausdrücklich mißbilligen.

Artikel 95

(1) Der Rechnungshof ist eine unabhängige, nur dem Gesetz unterworfene oberste Landesbehörde. Seine Mitglieder besitzen richterliche Unabhängigkeit.

(2) Der Rechnungshof wird von dem Präsidenten geleitet. Dieser wird auf Vorschlag des Senats vom Abgeordnetenhaus mit der Mehrheit seiner Mitglieder gewählt und vom Präsidenten des Abgeordnetenhauses auf Lebenszeit ernannt. Der Präsident des Rechnungshofes untersteht der Dienstaufsicht des Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin.

(3) Der Rechnungshof prüft die Rechnungen (Artikel 94) sowie die Wirtschaftlichkeit und Ordnungsmäßigkeit der gesamten Haushalts- und Wirtschaftsführung Berlins. Er berichtet darüber jährlich dem Abgeordnetenhaus und unterrichtet gleichzeitig den Senat.

(4) Das Abgeordnetenhaus und der Senat können den Rechnungshof ersuchen, Angelegenheiten von besonderer Bedeutung zu untersuchen und darüber zu berichten.

(5) Das Nähere wird durch Gesetz geregelt.

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