Zur Geschichte des Areals

Anstehen der Autos vor der großen Autowaschhalle in der Teltower Straße in Berlin, 1930er Jahre

Das Dragonerareal ist ein besonderer Ort. Hier treffen sich Geschichte und Geschichten rund um die Themen Allmende, Demokratie und Frieden, Militarismus, Automobilität und nicht zuletzt zum Kampf um eine gemeinwohlorientierte Stadtentwicklung.
Auch städtebaulich lassen sich am Dragonerareal mehrere Epochen ablesen. Von den Ursprüngen als Militärkaserne, über die Berliner „Gründerzeit“ bis hin zur architektonischen Moderne finden sich hier Spuren unterschiedlicher städtebaulicher Traditionen und Stile. Der folgende Überblick kann Ihnen helfen, sich einen schnellen Überblick zu verschaffen.

Vom Upstall zur Garde-Dragoner-Kaserne

Vor seiner Bebauung war das heutige Dragonerareal Teil einer gemeinschaftlich genutzten Weidefläche – dem „Upstall“.

Eine wichtige Grundlage für die Entwicklung des Gebietes wird mit dem Bau des Landwehrkanals zwischen 1840 und 1850 auf der Grundlage einer Planung von Peter Joseph Lenné gelegt. Südlich des Kanals wird 1855 schließlich die Kaserne für das 1. Garde-Dragoner-Regiment gebaut – die dem Areal seinen heutigen Namen gibt. Der Kasernenkomplex umfasste ein Mannschaftsgebäude und mehrere Stall- und Funktionsgebäuden. Der Grundstückszuschnitt folgt den damals bestehenden Wegeverbindungen im Osten (heute Mehringdamm), Norden (heute Obentrautstraße) und Nordwesten (heute nicht mehr existent) sowie den Flurgrenzen.

Im Laufe der Jahrzehnte bis 1918 werden verschiedene Ergänzungen und kleinteilige Umbauten für die Kaserne vorgenommen. Der Hobrechtplan von 1862 definiert die heutigen Straßen und Blöcke. Die Parzellierung der verbliebenden Flächen und deren Bebauung führen ab ca. 1870 zu einer schrittweisen Auffüllung mit Wohn- und Gewerbebauten hoher Dichte (“Mietskasernen“ und Gewerbehöfe).

1902 wird die Hochbahnlinie entlang des Landwehrkanals eröffnet.

Januaraufstand 1919

In der Kaserne ist Anfang des 20. Jahrhunderts das Regiment XXX stationiert, das aktiv an der Niederschlagung des sogenannten “Spartakusaufstandes“ im Januar 1919 beteiligt ist und dabei schwere Übergriffe, darunter Misshandlungen und Erschießungen, begeht.

Ort der Automobilität seit den 1920ern

Seit den 1920er Jahren wird das Kasernengelände nicht mehr militärisch, sondern zivil genutzt: Das Mannschaftsgebäude wird zum Finanzamt, die Stallgebäude sowie die Freiflächen Standorte für Kfz- oder Kfz-affine Betriebe. In dieser Zeit entstehen auch die Tankstelle an der Obentrautstraße und das Bürogebäude “Rheinlandhaus“ in Verlängerung des Mannschaftsgebäudes. Südlich wird mit Ausrichtung zur Yorckstraße das neue Bezirksamt Kreuzberg eingerichtet.

Die Garde-Dragoner-Kaserne in der Zeit des Nationalsozialismus

Im Zweiten Weltkrieg diente das Dragonerareal als ein innerstädtischer Rüstungsstandort.
Von unterschiedlichen Firmen wurden Zwangsarbeiter:innen eingesetzt und auf dem Gelände untergebracht.

Das Areal nach dem 2. Weltkrieg

1952-1958 entsteht für das Rathaus Kreuzberg ein moderner Komplex mit Hochhaus an der Yorckstraße.

1966 werden das Rheinlandhaus und verbliebene Bebauung im Block östlich der Ruhlsdorfer Straße abgerissen, um die direkte Straßenverbindung zwischen Mehringdamm und Wilhelmstraße/Stresemannstraße sowie die Verlängerung der U7 zu realisieren.

Privatisierung oder Re-Kommunalisierung?

2010 bietet die Bundesanstalt für Immobilienangelegenheiten (BImA), in deren Eigentum sich das Areal befindet, zum Kauf an. Der Berliner Immobilienmarkt ist zu diesem Zeitpunkt wieder interessant für Investitionen geworden. Als Reaktion auf den geplanten Verkauf formieren sich erste Initiativen von Bürger*innen, die ein symbolisches Kaufangebot abgeben und Pläne zur Entwicklung des Areals vorlegen.

2012 kauft der Investor ABR German Real Estate das Gelände, das zuvor im Höchstbieterverfahren ausgeschrieben war. 2013 tritt dieser jedoch von seinem Angebot zurück, da in einem Dialogverfahren mit Bezirk und Beteiligten keine Einigung gefunden werden kann. Verschiedenen Bürgerinitiativen mobilisieren im Anschluss gegen eine Privatisierung des Areals, die BImA schreibt das Gelände dennoch erneut zum Kauf aus. Der nächste Kaufinteressent sind die Investoren Piepgras und die EPG GPI aus Wien.

2015 stimmt der Finanzausschuss des Bundesrates jedoch gegen den Verkauf des Geländes an einen privaten Investor, um dort sozialen Wohnraum zu schaffen.

2016 wird das Dragonerareal sowie die umliegenden Flächen unter dem Namen „Rathausblock“ als Sanierungsgebiet ausgewiesen. Mit der Beurkundung der Grundstücksübertragung am 30. November 2018 durch die BImA und die Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) wird das Land Berlin (unter Vorbehalt der Zustimmung durch Bundestag und Bundesrat) Eigentümer der Fläche.

Weitere Informationen zur Geschichte des Dragonerareals

 Tankstelle und Waschhalle in Obentrautstraße 1930, heute LPG, Architekt: Heinrich Kosina

AG Geschichte des Ortes

Die AG Geschichte des Ortes arbeitet seit 2017 gemeinsam daran, wie ein Erinnerungsort auf dem Areal entstehen kann. In diesem Zusammenhang hat die AG April 2018 das Symposium zur Geschichte des Ortes organisiert. Hier finden Sie weitere Informationen. AG Geschichte des Ortes