Am Rande erlebt

Warnzeichen mit Kind

von Christa-Dorit Pohle

Eine Fahrt mit der Straßenbahn von 30 Minuten Dauer kann auch sehr erlebnisreich sein. Das stellte ich vor einigen Tagen fest, als ich mit der M 6 in Richtung Alexanderplatz unterwegs war. Eine junge Frau mit einem ca. 4-jährigen Sohn, einem sehr niedlichen, jungen Hund auf dem Arm und einem Transportkäfig stiegen ein.

Vorher war beruhigte Zone im Abteil, aber das änderte sich nun schlagartig. Der sehr unruhige Knirps wollte nicht neben seiner Mutter sitzen bleiben, er suchte sich einen Platz neben dem Fahrkartenautomaten. Obwohl die Mutter protestierte, begann der Knirps nun auf dem Gestänge, welches den Automaten umgibt, herum zu klettern.

Da die Straßenbahn immer mal ruckelte, war der Knirps in Gefahr, sich zu verletzen. Die Mutter rief den Sohn unzählige Male, nun schon mit etwas lauterer Stimme, zur Ordnung. Das amüsierte den Knirps sichtlich und spornte ihn an, weiter zu klettern. Nun bekamen wir anwesenden Fahrgäste Herzklopfen, denn der Knirps wäre beinahe bei einem stärkeren Ruck der Tram abgestürzt.

Nachdem Kommentare zu hören waren, dass die Mutter doch nun endlich ihren Sohn zu sich holen müsste, verlor sie die Nerven. Das vor Aufregung zitternde, junge Hündchen, welches auf ihrem Schoß saß, wurde unsanft in den Käfig gesteckt. Dann folgte ein Sprung zum Sohn, um diesen am Weiterklettern zu hindern. Die Mutter hatte nicht bemerkt, dass ihr Sohn mit einem Fuß zwischen den Automaten und die Stange geraten war.

Als sie ihn nun gewaltsam runter nehmen wollte, hätte er sich beinahe den Fuß verletzt. Nun mischten sich einige Fahrgäste ein und schimpften mit der Mutter. Endlich saß die Frau nun wieder mit dem nun tobenden Knirps auf dem Schoß. Dieser wollte sich wieder auf einen anderen Platz setzen und brüllte wie am Spieß.

Der Umklammerungsgriff der Mutter wurde stärker. Der Knirps brüllte weiter, schlug mit seinen Füßen gegen die Knie seiner Mutter und gab ihr einige Backpfeifen. Nun rastete die Mutter aus und wollte den Sohn gewaltsam festhalten. Da brüllte der Knirps „Du erwürgst mich noch“. Wieder folgten Tritte gegen die Knie und Backpfeifen.

Als ein Fahrgast eingreifen wollte, stieg die Frau mit ihrem Anhang aus. Die Fahrgäste tauschten noch ihre Gedanken aus zu diesem Vorfall. Ein Herr meinte:“Wenn diese Frau nicht bald Hilfe in Anspruch nimmt, um das Verhalten ihres Sohnes in normale Bahnen zu lenken, kann das sehr böse Folgen haben.“

Nun hatte ich auch mein Fahrziel erreicht. Aber es ging mir so schnell nicht aus dem Sinn, wie sich diese Mutter gefühlt haben muss, als sie nicht verhindern konnte, von diesem kleinen Knirps geschlagen zu werden.